............Jetzt lassen wir aber den Jürgen ...
Na denn!
............................Von Neuss nach Rom in kleinen Schritten ............................Teil IV: Lausanne . Santhia Lausanne . Martigny Vor mir liegt der Lac Léman im Nieselregen. Da hinten links gibt es ein Tal, aus dem sich die Rhône in den See ergießt. Ich werde morgen dorthinein fahren und schauen, ob sich meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten. Ja doch, auch wenn es Hilfsmittel zur Überwindung der Berge gibt, ist es mein Wunsch, aus eigener Kraft oben anzukommen. Radfahrend? Schiebend? Ich weiß nicht so recht, was mich erwartet und habe arge Bedenken.
Der Große Sankt Bernhard hat noch Wintersperre.
Zurückblickend möchte ich sagen, dass ich der eigentlichen Via Francigena in Frankreich und der Schweiz nur etappenweise gefolgt bin und dies ein wenig bereue, denn Pilgergefühle mit dem Kontakt zu den anderen, die auch auf dem Weg sind, ergaben sich nur am Rande. Ich möchte deshalb die weitere Strecke nach Rom möglichst nahe an der Via Francigena ausrichten und habe zunächst an Landkarten nur den Führer aus dem Rother Verlag dabei.
"Mehr braucht es nicht," habe ich eingangs schon erwähnt. Der erste wichtige Tipp ist der Hinweis auf eine Fährverbindung von Lausanne zum Château de Chillon.
Neben netten Begegnungen mit anderen Radlern, die sich an der Hafenmole zum Selfie treffen, lerne ich Eddie und Alistair kennen. Ein Australier und ein Schotte laufen seit Canterbury Brian und Shirley hinterher. Zunächst hatten die noch 6 Tage Vorsprung. Jetzt sind es nur noch 3 Tage. Ich solle ihnen bitte einen lieben Gruß ausrichten.
Wow! Durch meinen Urlaub sind die beiden an mir vorbei. Es wäre klasse, sie wiederzusehen. Es wäre mir Freude und Wunsch zugleich. Der Begriff
"Radio Francigena" sollte mich noch des Öfteren ein- und überholen.
Auf der Fahrt mit dem Schiff faszinieren mich die bewährte Technik der Schweizer Motoren von 1910, die grandiose Uferlandschaft und die unkomplizierte Verbindung von Menschen, die mit dem gleichen Ziel unterwegs sind.
Vom Château de Chillon führt die
Rhône -Route zunächst über ausgeschilderte Radwege und der N1 bis Martigny. Die ersten 120 von 2130 Höhenmetern sind erledigt.
Auf dem Campingplatz in Martigny zeige ich meinen Pilgerausweis und muss 21,- Franken zahlen. Meine Verwunderung ist groß und schlägt ins extreme Gegenteil um, als ich erfahre, dass Pilger für den Preis ein geheiztes 6-Bett Zimmer mit allem PiPaPo bekomme. Selbst das Abendessen in der Stadt ist erschwinglich und von herausragender Qualität.
Im Aufenthaltsraum des Campings lerne ich noch Birgitta und Dieter aus Deutschland kennen. Sie sind in Lausanne gestartet und möchten nach Aosta. Am nächsten Morgen sehe ich sie nicht. Frühaufsteher starten immer gegen sechs. Das ist mir entschieden zu früh. Vorerst.
Der Berg ruft.........Teil I Der erste Brunnen in Martigny ist im strahlenden Sonnenschein DIE Einladung, Kalorien zu tanken und das perfekte Frühstück mit selbstgebrautem Espresso zu genießen, bevor ich langsam die N21 in Angriff nehme. Sie ist hervorragend ausgebaut, hat einen breiten Seitenstreifen und führt ständig mit moderaten 6%-8% gen Himmel. Der Pilgerweg ist im ersten Teil ein Klettersteig oberhalb der Dranse. Für Radfahrer unmöglich.
Obwohl die N21 gut zu fahren ist, nutze ich jede Gelegenheit, die kleinen Ortsdurchfahrten mitzunehmen. Zu schön sind die am Hang gelegen kleinen Dörfer.
Auf dem Weg von Reims nach Châlons schrieb ich eingangs:
„Mein Klingeln freut die beiden umso mehr, als dass ich der erste bin, den sie seit ihrem Start in Canterbury mit dem Ziel Rom treffen.“ Die Freude ist auf beiden Seiten groß, und diesmal hat Brian meinen Namen besser hinbekommen.
Jorgen Orsières liegt im reinsten Blau des Himmels auf 887m, bietet ein Pfarrhaus mit dem äußerst liebenswürdigen Pater Klaus und lädt mich ein, zu bleiben und nun was ganz anderes zu tun.
Gestern dort und heute hier, erkunde ich das Dorf, sitze im Café National mit den Füssen fast auf der Straße, treffe Dieter und Birgitta wieder. Zusammen mit Pater Klaus
kochen wir bekocht uns Birgitta in der Küche der Herberge. Gemeinsam trinken wir Roten aus dem Valais. Das Essen schmeckt tausendmal besser als das in der
örtlichen Dorfschänke. Pater Klaus kommt aus dem Aostatal und gibt uns wertvolle Hinweise auf die kommende Strecke.
"Selbstverständlich nimmt der Postbus auch 5 Fahrradtaschen mit nach oben." Das erste Mal mit anderen Pilgern in einem Raum schlafend, befürchte ich, dass mein Schnarchen sie wecken könne. Birgitta und Dieter schlafen prima.
Morgen starte ich um sieben.
Ein paar Bilder aus Orsières: Der Berg ruft.........Teil IIEs ist kalt am frühen Morgen in Orsières und der Pass sei immer noch geschlossen, sagt der Wirt im Straßencafé. Nein, sagt der Polizist, Radfahrer kommen durch. Blödsinn meinte der aus der Touristeninformation gestern noch. Da komme keiner durch!
.......... Vor zwei Tagen sah es oben am Sankt Bernhard noch so aus:
Danke an Roberto für dieses Bild. Für sich selber Urlaub zu beantragen und zu genehmigen, bringt durchaus Vorteile mit sich. Vor zwei Tagen wäre oben am Pass kein Durchkommen möglich gewesen.
Nun gut, ich folge der Straße, die von Auto- und Motorradfahrern verschont bleibt. Dann da oben kommt eh keiner durch. So beschränkt sich der Verkehr auf diejenigen, die hier im Ortsverkehr unterwegs sind.
Im Sommer? Am Wochenende? Niemals!
Schier überwältigt vom Alpenpanorama und der Situation, mich dem hohen Berg da hinten links zu nähern und immer wieder eine andere Perspektive wahrzunehmen, bin ich glücklich. Manchmal radle ich, manchmal gehe ich zu Fuß und schiebe die 50kg den Berg hoch. Das mache ich sogar an Stellen, die nur 4% bis 5% ansteigen. Es sollte nicht das letzte Mal auf dieser Reise sein, so langsam und intensiv unterwegs zu sein.
Tagesschnitt 50Km/Tag. Warum?
Das erste Mal scheint es mir, selbst auf dem Rad zu schnell zu sein. Es gibt zu viele Eindrücke, die verarbeitet sein wollen. Der Pass gehörte in meiner Motorradzeit nicht zu meinen beliebtesten. Ich bin ihn zweimal gefahren. Es war eher eine schnelle Verbindung als ein Genuss. Viel zu simpel, wenig spektakulär. Heute gehört dieser Pass mir. Der Titel:
„Neuss . Rom in kleinen Schritten.“ krabbelt erstmalig auf der schönsten Butterblumenwiese der Welt in meinen Kopf. Auf 1530m koche ich Espresso, knabber Kekse und probiere erstmalig den Selbstauslöser meiner Fuji mit Serienbildfunktion. Es ist die höchste Stelle, die ich jemals auf dem Rad erreicht habe. So langsam nimmt dieser Reisebericht hier Form an.
Ein paar Bilder:
Von rechts kommen Brian und Shirley.
In Bourg-Saint-Pierre treffe ich Birgitta und Dieter. Im Innenhof der Herberge gibt’s einiges zu lachen.
Alle zusammen bestellen wir im Restaurant ein 3-Gang Menü für 22,- Franken.
der Tag aus australischer Sicht:
It's always a happy event..... Zwei Dinge sind hier sicher:
Frösche trinken keinen Wein und Milch kommt aus dem Hydranten.
Der Berg ruft.........Teil III Schon wieder Sonnenschein für das Glückskind. Cappu im Bivouac Napoléon. Straßenzustandsbericht einholen.
Endspurt, Bergwertung, die Luft wird dünn……………….. bis zum See fahre ich 5 Kilometer. Danach noch einen.
Mich überholen vielleicht 5 Autos und ein Radfahrer. Mopeds? Fehlanzeige!
Es besteht die Möglichkeit in Bourg-Saint-Pierre und am See-zwischen der Galerie und dem Tunnel- den Bus durch den Tunnel zu nehmen. Aber nur der Frühbus gegen 09:00 Uhr nimmt Räder mit.
Im Prinzip ist alles geschrieben. Ein paar Bilder:
Die letzten Kehren sind mit Gepäck und 13% unanständig steil. Meine Waden schmerzen; die Achillessehne brennt; um 13:22 Uhr habe ich es geschafft.
Da haben sich die richtigen getroffen. Fünf Menschen sitzen glücklich vor dem Hospiz. Kein einziger von uns kommt auch nur ansatzweise auf die Idee, weiter zu gehen. Nach Aosta sind’s ca. 38km. Heute? Warum?
Gemeinsam lassen wir es uns gut gehen, erkunden das Hospiz, schauen nach Italien und verbringen einen herzlichen Abend in fröhlicher Runde.
Der letzte Tag in der Schweiz aus der Sicht von Brian:
Birgitte, Dieter and Jorgen having a celebratory drink. Ein paar Bilder und ein Willi als Zugabe. Leider fehlt in meiner Ausrüstung ein
Milchkännchen Als ich so im Bett liege und die letzten Tage Revue passieren lasse, bin ich froh, es so gemacht zu haben, wie ich es gemacht habe.
Die französischen Regentage und manch andere Überraschungen sind passé. Morgen geht’s nach Italien.
Buena Notte. Der Berg ruft.........abwärts! Das Frühstück ist im SuperDuperHalbpensonsPilgerpreis enthalten. Den Stempel gab’s gestern schon gratis dazu. Vor mir liegt ein Schneefeld, das den gesamten motorisierten Verkehr stoppt und für Radfahrer ein unvergessliches Erlebnis bietet. Neben der Schneefräse wirkt mein Patria zwar mickrig, hat dafür aber andere Qualitäten.
Alleine traue ich mich nicht. Ich könnte im Schnee einsinken. So gehen Birgitta und Dieter mit mir gemeinsam über die schneebedeckte Grenze.
Es gibt die letzten Erinnerungsphotos. Meine Nase schnäuze ich wehmütig erst außer Sichtweite. Bye, bye.
1713 Abwärtsmeter in einem Rutsch fast ohne Gegenverkehr.
Ein Traum wird wahr. Bevor ich mich ins Tal stürze, riskiere ich einen letzten Blick zurück. Wahnsinn.
Doch, an der ersten Kehre schon, ziehe ich beide Bremshebel gleichzeitig, steige ab und lausche der Stille.
Kein Auto, kein Motorradfahrer, kein Radfahrer. Niemand. Ruhe. Ruhe? Nicht ganz.
Ein paar Murmeltiere liegen in der Sonne, fiepen um die Wette und aalen sich auf dem warmen Asphalt. Da darf der Radler wirklich nicht stören und geht zu Fuß den schönen Pass hinunter.
Naja, der Radler läuft nicht ganz bis Aosta. Das wäre ja noch schöner!
Immer wieder geht der Blick rätselnd nach oben? Wo mögen die anderen sein? Ich sehe sie nicht wieder und bleibe in Gedanken bei Ihnen.
Birgitta und Dieter werden bis Aosta laufen und der Francigena im nächsten Jahr weiter folgen.
Brian und Shirley laufen durch bis Rom. Sie ertragen unvorstellbare Hitze. Als ich über ihre Ankunft in ihrem Blog lese, muss ich mir schon wieder die Nase schnäuzen.
Ich danke euch ganz herzlich für die gemeinsame Zeit. Im AostatalMein linkes Knie tut erstmalig nach der OP wieder weh und die Achillessehne funkt Signale. Die ungewohnte Bewegung von gestern fordert ihren Tribut. Mit viel Voltaren in der Socke rolle ich gemütlich hunderte von Höhenmetern abwärts und staune über Hinweisschilder auf die Francigena, die alle Nase lang aufgestellt sind. Über Saint Rhemy erreiche ich Etroubles und stelle später fest, dass das Albergo la Clusaz an der SS27 noch im Winterschlaf liegt. Schade!
Der weitere Weg ist wunderbar. Es rollt sich von alleine bis zur Herberge in Aosta, die leider belegt ist.
Eine Schwester telefoniert für mich und findet ein preiswertes Zimmer im Hotel Al Caminetto. Glück gehabt.
.......... der Berg da hinten ist der, um den ich halb herumgefahren bin. Es ist das Bergmassiv des Grand Combin. Radreisen bildet
Aosta ist ein Straßendorf voller Leben, Eiscafés, verwinkelter Gassen und, ja wie sollte es auch anders sein, mit hervorragender Küche.
ein paar Bilder:
So muss ich am nächsten Morgen noch einmal dort vorbei, wo ich am Abend Tagliatelle mit Speck und Käse aus der Region vertilgt hatte.
Es waren die besten Tagliatelle ever. Im Restaurant werden übrigens die Produkte verwendet, die man im Laden kaufen kann. Ein Geheimtipp.
Am Ende der Fußgängerzone, quasi hinter der Stadtmauer am ersten Kreisverkehr, treffen sich in jeder Stadt in ganz Italien am Morgen alle. Immer.
Der Stopp an der ersten Bar für alle, sollte Ritual auf meiner weiteren Tour durch Italien werden. Zwei gefüllte Croissant, vier Café, 6,- Euro. So soll es sein.
Während sich die Francigena links durch die Hügel schlängelt, bleibe ich im Tal auf der SS26, die sich trotz heftigen Gegenwindes gut fahren lässt und beende in
Verrès, im Pilgerhauptquartier, den Tag. Ein Einzelzimmer zu bekommen, habe ich nur meiner Sturheit zu verdanken.
"Dann fahr ich ebend weiter!" Eigentlich waren die Zimmer für eine große Wandergruppe reserviert. Jetzt müssen andere zusammenrücken. Wir Pilger sitzen an einem Tisch. Pierre und sein Bruder begleiten mich durch die Teller. Das
Gelati al Lemon sollte allerdings noch besser werden.
Verrès . Santhia So langsam endet das Aostatal. Aber bevor es soweit ist, fordert mich der Weg bei der Sperrfestung von Bard noch einmal kräftig heraus. Ich verlasse die Landstraße, um durch den alten Ortskern, hier werden die Besonderheiten eines jeden Hauses auf einer Tafel separat beschrieben, zu einem Stück alter Römerstraße zu gelangen. An ihrem Ende, im Torbogen von Donnas, gibt sie den Blick auf die beginnende Poebene bei Port-Saint-Martin frei. Der Weg ist allerdings wegen Abrutschgefahr gesperrt. Ich gewinne 200hm extrasteil.
Der Blick ist fantastisch.
Hinter Port-Saint-Martin beginnt das Piemont. Ich ahne den Duft von Trüffel, Risotto und Maronen. Gute Weine soll es hier auch geben.
Der Hinweis auf das süße Leben darf natürlich nicht fehlen.
.......... zur Mittagszeit in Ivrea bekomme ich einen Eindruck neuester italienischer Mode. Radfahrerland
Nach 63km mit maximal 17% aufwärts und 22% abwärts suche ich die Herberge in Santhia. Von 8 Betten ist noch eins frei. An der Wand hängt ein Schild:
B&B 18,- Euro. Ich bin untröstlich. Die Visitenkarte ist weg. Wenn ich sie finde, bitte ich die Moderation, einen Link einzufügen.
Warum?
Weil der Blick von der Dachterrasse im 5. Stock einmalig ist. Weil die supernette Gastgeberin die Wäsche wäscht und ein Frühstück serviert, das ich so noch nicht erlebt habe. Sensationell.
Der Ort der Gastlichkeit ist hier:
Klickmich Bevor ich mich im nächsten Beitrag der Poebene widme, möchte ich vom Abend noch etwas erzählen.
Gegen 18:00 Uhr wird ein Fahrradkorso der besonderen Art erwartet. E-Bikes wollen sich hier treffen und gemeinsam nach Mailand radeln. Von dort starten sie zu einer Tour in die Türkei und zurück. Strom? Nein, Strom aus der Dose brauchen sie nicht. Sie sind autark.
Das Schauspiel schaue ich mir genauer an:
.......... meine Gastgeberin im weißen Outfit
Wer mehr über dieses Spektakel wissen möchte, kann sich hier informieren:
Milan . Antalya . Milan Beim Pilgermenu sitzen ein Ehepaar aus Chateauneuf de Pape, eine Berlinerin und ich zusammen. Sie heißt Aylin und fragt mich:
"Kennst Du Roberto? Hast Du ihn getroffen?" "Roberto? Nein. Roberto kenne ich nicht."
"Radio Francigena!" Da war doch was?
.......... Die Verabschiedung am Morgen ist genauso freundlich, wie der ganze Aufenthalt. Die Temperatur klettert auf 35°.
Fortsetzung folgt…………………………………………..