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#983029 - 18.10.13 22:09 Über Hunsrück und Eifel an die Küste
DieterFfm
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 357
Dauer:18 Tage
Zeitraum:30.5.2013 bis 16.6.2013
Entfernung:2300 Kilometer
Bereiste Länder:beBelgien
deDeutschland
nlNiederlande

Es folgt ein ziemlich ausführlicher Bericht meiner diesjährigen Radreise. Wem das zu viel Text ist, kann sich ja mit den Bildern begnügen...

1.Tag Nach Wahlenau: Rhein und Hunsrück

  • Donnerstag 30.5.(Fronleichnam)
  • Tacho: 149 km
  • Höhe: 1136 m
  • Sattelzeit: 9:15 Std.
  • Schnitt: 16,1 km/h
  • Übernachtung: 30€


Dieses Jahr ist es ziemlich unsicher, ob ich meinen Radurlaub starten kann, ob ich zum geplanten Termin starten kann und wohin ich überhaupt fahre. Und schuld daran ist das Wetter.

In 2013 hatten wir einen langen Winter, noch bis Mitte April konnte ich wegen kaltem Mistwetter kaum Tagestouren fahren. Dann war endlich für 3 Wochen normales Wetter, bis Anfang Mai eine weitere Phase mit heftigem Sauwetter einsetzte.

Mein Tourenplan stand bereits seit Wochen fest: in die Dolomiten sollte es gehen. Sogar Schweizer Franken hatte ich mir schon besorgt. Doch eine Woche vor dem Start wurde mir klar, dass ich auch einen Plan B brauchte. Es sollte heute und in den nächsten Tagen in den Alpen heftigst schneien, mit Überschwemmungen, Murenabgängen und unpassierbaren Straßen. Bei solchem Wetter konnte ich unmöglich in die Berge fahren. Und als letzten Freitag auch noch die Etappe des Giro d’Italia über das Stilfser Joch abgesagt wurde, weil der gerade freigemachte Pass unter einem Meter Neuschnee zugeschüttet lag, war mir klar, dass ich ein zweites Ziel brauchte.

Selbst hier in Frankfurt war es unterirdisch kalt. Wo sollte es am wärmsten sein? Im Nordosten Deutschlands. Weil mein Bruder und ich letztes Jahr praktisch von Usedom geflüchtet waren und ich mir die Insel noch mal in Ruhe anschauen wollte, stand fest: Plan B geht wieder nach Usedom, diesmal über die Werraquellen, an die Saale, die Elbe, nach Brandenburg, an die Oder, usw.

Und vorgestern war der Wetterbericht eine einzige Katastrophe: Im gesamten Alpenraum, im gesamten Osten und Süden sollte es ab heute (Donnerstag) zwei- bis dreihundert Liter Wasser auf den Quadratmeter regnen. Das wäre eine Wetterlage für ein Jahrhundert-Hochwasser, schlimmer als 2002.

Also brauchte ich noch einen Plan C: wo sollte es am wenigsten gießen? In den Niederschlagskarten bei wetterzentrale.de sollte es in ganz Deutschland regnen, allerdings im Westen nur an einem Tag: heute und / oder morgen. Also hatte ich mir vorgestern (Dienstag) Abend auf die Schnelle eine Tour in den Westen zusammengestellt: in den Hunsrück (den Hunsrück-Radweg wollte ich schon vor zwei Jahren mal fahren), dann in die Eifel, das Hohe Venn (der Vennbahn-Radweg war laut Presseberichten gerade fertiggestellt.), an der Maas abwärts ein Stückchen holländische Radwege genießen, dann etwa am nördlichen Rand der Mittelgebirge nach Osten, südlich am Harz vorbei an die Saale, und dann wie im Plan B, nur umgekehrt, zurück an den Main.

Zusätzlich hatte ich noch eine weitere Aufgabe zu erledigen: ich wurde gefragt, ob ich zu Hochzeit meiner Ältesten als Brautvater ein paar Wort sprechen wollte. Natürlich war ich sofort dazu bereit, allerdings mangelte es mir an Ideen bezüglich des Themas. Auch wollte ich nicht irgendeine Internet-Rede halten, es sollte schon etwas selbst zusammengestelltes sein. Viele Wochen vergingen und immer konnte ich die Lösung des Problems auf meine Radreise verschieben, da sollte ich genügend Zeit haben, mir etwas besonders auszudenken. Hoffentlich klappt’s.

Jetzt ist es Donnerstagmorgen 5 Uhr, der Wecker hat gerasselt, ich stehe auf und bin immer noch im Unklaren, wohin und ob ich überhaupt fahren konnte, oder erst morgen oder übermorgen? Zunächst ist es draußen trocken, das ist ja schon mal positiv. Dann starte ich den PC und schaue mir die Niederschlagskarten an. Im Westen, also Hunsrück und Eifel, soll es morgen regnen, und zwar nur morgen. Den einen Tag Regen kann ich schon verkraften. Und wie es dann weitergeht, steht sowieso in den Sternen, wenn ich erst mal unterwegs bin, muss ich Regentage halt nehmen wie sie kommen.

Also wird es Plan C!

Ich mach mich fertig, es wird kurz gefrühstückt und die letzten Sachen sind schnell verstaut. Gegen 6:10 Uhr schaffe ich die Packtaschen vor die Tür. Die Nachbarin geht gerade zur Arbeit und wünscht mir noch eine gute Reise. Durch den neuen Packsack, der die Liegematte und den Schlafsack enthält, habe ich immerhin ein Bündel weniger zu verstauen als die letzten Jahre, jedoch ist der Sack zwar leicht, aber enorm groß. Damit wird mein Rad so richtig breit und unübersehbar.



Es sind überraschend viele Leute unterwegs, was wollen die am Feiertag Morgen auf den Beinen? Über die Ostparkstraße und die Flößerbrücke geht’s an den Main. Der hat bereits Hochwasser, das reicht jedoch nicht, um den Radweg zu überfluten. Am Eisernen Steg lümmelt sich eine Gruppe junger Leute auf der Wiese und der Bank davor, die haben wohl die Nacht durchgemacht. Auf der Friedensbrücke haben Strickguerillas die Statue des Hafenarbeiters mit einem ‚I love Ffm‘ Strickpulli „verschönert“. Das musste ich einfach fotografieren, ich fahre schließlich jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit dort vorbei.

Weiter geht’s den Main entlang, über die neue Farbwerke-Umfahrung, Richtung Mainz. Langsam kommt sogar die Sonne durch, es ist aber noch reichlich kühl. Zum zweiten Frühstück kehre ich um 8:30 Uhr ins Café Oesterreich in Mainz Kostheim ein, hier mache ich immer Zwischenstation, wenn ich in diese Gegend komme. In Mainz-Kastel geht’s dann auf der mächtigen Brücke über den Rhein. Auch der hat reichlich Wasser. Ich halte mich auf dem Rhein-Radweg in Richtung Bingen. Vor Ingelheim stoße ich auf einen Radler Anfang 70 mit noch mehr Gepäck als ich. Er ist schon seit drei Wochen unterwegs und hat eigentlich keinen richtigen Plan, wo er hin will. Er kommt aus Thüringen und schimpft über dieses Mistwetter. Wenn der wüsste, was laut Vorhersage noch alles kommen soll… Und weil er jetzt einen Platz zum Frühstücken sucht, fahre ich alleine weiter. Sein Tempo war mir dann doch zu gemütlich.










Bis Bingen sehe ich in ein, zwei kleineren Orten Vorbereitungen zum Feiertags-Umzug, und es wird auch immer voller. Man merkt halt, dass der Rhein-Radweg auch bei der einheimischen Bevölkerung sehr beliebt ist.

Hinter Bingen kann ich dann endlich die langen Klamotten ausziehen, dafür beginnt ein Kampf gegen Heerscharen von Mücken, die sich auch denken, vor dem Regen noch mal die Sonne zu genießen. Unterhalb der Burg Rheinstein hat die Freiwillige Feuerwehr einen Grillstand am Radweg aufgebaut. Ich überlege kurz, ob ich mir eine Bratwurst leisten soll, fahre dann aber doch weiter, weil ich mein Mittagessen schon dabei habe und mir die dummen Sprüche der dort bereits pausierenden Tagesradler über mein Gepäck („So viele Sachen wie der am Rad hat, hab ich nicht mal zu Hause“) doch zu dumm sind.

Nur einen Kilometer weiter gibt’s schließlich einen schönen Rastplatz für mich alleine und hier kann ich einer meiner selbst mitgebrachten kalten Bratwürste ohne Kommentare verdrücken. Ein Pärchen aus Holland gesellt sich zu mir, sie sind seit ca. 4 Wochen unterwegs, von Budapest bis kurz vor ihrer Heimat. Meine vorderen Packtaschen sind schon die ganze Zeit heftig am Klappern und ich versuche, mit meinem mitgebrachten Werkzeug, die Schrauben des Frontträgers fester anzudrehen. Das hat leider nur den Erfolg, dass ich jetzt schmutzige Hände habe, das Klappern wird mich die ganze Tour begleiten. Leider gibt’s keine Gelegenheit, die Hände zu waschen. Egal, das muss auch so gehen.

Kurz darauf erreiche ich Niederheimbach, hier biege ich links ab auf den Hunsrück-Radweg. Und sofort geht’s bergauf, so ca. 6% Steigung im Schnitt, manchmal auch bis 10%. Die Straße durch den Ort ist ziemlich eng und zugeparkt, aber im nächsten Ort Oberheimbach ist Sackgasse, für normale Autos ist hier Schluss. Der Radweg aber verläuft weiter auf einem geteerten Wirtschaftsweg durch das wunderschöne Heimbachtal.

Leider finde ich in beiden Orten keinen Brunnen, um mir die Hände zu waschen. Nach etlichen Höhenmetern empfinde ich die schmutzigen Hände dann doch als störend, und als im Graben neben dem Weg ein kleiner Bach fließt, mache ich eine kurze Reinigungspause. Bedauerlicherweise ist der Rand des Seitengrabens von der Nässe der letzten Tage so durchweicht, dass er mein Gewicht nicht halten kann. Ich rutsche ab und falle rücklings in den Graben und kann mich mit den Ellenbogen gerade so abstützen. Beide Füße mit Schuhen und Socken sind nass, die Arme und Beine sind verdreckt. Zum Glück habe ich kurze Klamotten an, Arme und Beine kann ich mit dem Wasser des Bachs schnell vom Matsch befreien, und … endlich die Hände waschen. Ich klettere wieder aus dem Graben. Zum Lufttrocknen der Schuhe am Lenker ist es leider zu kalt, egal, irgendwann sollten sie schon wieder trocken werden. Wenige Minuten später fährt ein Auto an mir vorbei. Wenn mich der Fahrer wie einen Maikäfer rücklings im Graben liegen gesehen hätte, wäre er bestimmt vor Lachen vom Weg abgekommen und ins Tal gestürzt.





Eine gute Stunde nach dem Abzweig vom Rhein bin ich oben auf 460mNN und froh, es wieder etwas rollen lassen zu können. Dann geht es aber schon wieder etwa 100Hm hinunter nach Rheinböllen. Auf einer Bank an der Ortsstraße mache ich meine zweite Mittagspause und esse die zweite mitgebrachte Bratwurst. Außerdem kann ich die Socken auswringen.

Dann geht’s weiter Richtung Simmern. Ich kenne die Strecke schon von einer Tour vom September letzten Jahres und weiß, dass es jetzt lustig rauf und runter geht, also nichts zum Ausruhen, eher die anstrengende Variante. Deshalb bin ich froh, dass es nach Simmern hinein dann nochmal rauschend abwärts geht und ich im Ort so gegen 15 Uhr eine Eisdiele finde. Hier ziehe ich die nassen Schuhe und Socken aus und esse mein Eis barfüßig. So können die immer noch eiskalten Füße etwas anwärmen. Die Bedienung sieht es nicht, oder tut wenigstens so.

Normalerweise suche ich mir spätestens zu dieser Zeit mein Etappenziel aus. Aber bei dem zu erwartenden Wetter will ich mein Zelt nicht aufbauen, außerdem ist in meiner Fahrtrichtung weit und breit kein Campingplatz auszumachen. Also werde ich mir zu passender Gelegenheit ein Zimmer suchen.

Weiter geht’s jetzt über Kirchberg nach Sohren, ständig rauf und runter, kein Wunder, dass hier kein Reiseradler zu sehen ist. Langsam werde ich platt. Bei Buchenbeuren steigt direkt vor mir ein Passagierflugzeig aus dem Wald auf, der ist keine 100m hoch in der Luft. Hier muss der Flughafen Frankfurt-Hahn direkt um die Ecke liegen.

Im nächsten Ort Wahlenau habe ich dann genug für heute, im Dorfgasthof frage ich nach einem Zimmer. Die Wirtin schickt mich zu einer Pension, die ist allerdings belegt, aber man weiß mir zu helfen und telefoniert kurz. Dann kann ich zur Familie Kölzer fahren, die Privatzimmer vermietet. Hier erfahre ich, dass die Wahlenauer Zimmervermieter sich zu einem Verbund „Hotel Wahlenau“ zusammengeschlossen haben und untereinander die Gäste vermitteln. Ich lande also im „Haus Angelika“ und kann mein Gepäck in ein schönes Doppelzimmer im 2. Stock hinauftragen. Dusche und Bad sind auf dem Flur und ich muss sie mit einem anderen Gast teilen, einem Golflehrer aus England, den ich allerdings nicht zu sehen bekomme.

Ich dusche und rufe zu Hause an. Dann gehe ich zurück in den Gasthof zum Abendessen. Die Wirtin kennt mich noch, sind doch Radwanderer hier eine Seltenheit. Da kein Tisch frei ist, setze ich mich zu einem einheimischen Pärchen, so Ende 40 Anfang 50 Jahre alt, an den Tisch. Und weil ich mit meiner Lenkertasche unter dem Arm und der Radfahrerkarte, die ich bald auspacke und auf dem Tisch ausbreite, unweigerlich als Radwanderer erkennbar bin, haben wir bald ein angeregtes Gespräch. Wir bestellen auch noch dasselbe Essen, ein Steak vom einheimischen Rind. Die Beiden sind häufig auf abenteuerlichen Urlaubstrips in diversen Wildnissen unterwegs und können gut davon berichten. Da kann ich mit meinen Radreisen in Mitteleuropa nicht dagegen anstinken.

Schließlich kommen wir auch noch auf das Thema Hochzeit zu sprechen und dass ich als Brautvater eine Rede halten darf. Da geht ein Lächeln über Beider Gesichter und sie berichten mir, dass sie vor kurzem auch auf einer Hochzeit eingeladen waren. Als hier der Brautvater aufstand, um ebenfalls eine Rede zu halten, zog er ein Manuskript von 8 Seiten aus der Tasche. Nach den ersten Worten sah man, dass der Braut alle Gesichtsmuskeln erschlafften und sie sich am liebsten unter dem Tisch verkrochen hätte. Auf den 8 Seiten waren die peinlichsten Peinlichkeiten aus dem Leben der Braut beschrieben und der Vater hat sie gnadenlos vorgetragen. Sollte das auch ein Thema für meine Rede bei der Hochzeit meiner Tochter sein? Ich könnte diese Anekdote erzählen, aber meine Tochter so bloßstellen? Niemals!

Als ich dann bezahle, erklärt mir der Mann der Wirtin noch stolz, dass das Gasthaus früher eine Mühle war und zeigt mir die ganzen Maschinen der Müllerei, die im ersten Stock noch funktionsfähig zu besichtigen sind. Er sagt mir auch, dass meine beiden Tischnachbarn der Dorfarzt des Nachbardorfs war, und seine Frau auch einen Doktortitel hat. Na so was.

Ich gehe zurück zu meinem Zimmer und bespreche noch mit der Vermieterin, dass ich morgen um 7 Uhr früh-stücken möchte, dann aber meine Abreise vom Wetter abhängig machen möchte. Es soll ja heftig regnen.


2.Tag Nach Metzdorf (Sauer): Hunsrück und Ruwer

  • Freitag 31.5.
  • Tacho: 139 km
  • Höhe: 1007 m
  • Sattelzeit: 8:20 Std.
  • Schnitt: 16,6 km/h
  • Übernachtung: 23,50€


Heute ist also der Tag des Wetters, besser ohne Wetter, oder noch besser: Tag des Schweinewetters.

In der Nacht regnet es, ich höre die Tropfen an die Scheibe klopfen. Als ich am Morgen gegen 6:30 Uhr aufstehe, ist der Spuk allerdings erst mal vorbei. Ich schaue aus dem Fenster und es sieht aus, als wären die Wolken auf Grund gelaufen. Eigentlich sieht es besser aus, als ich befürchtet hatte.

Um 7 Uhr hat Frau Kölzer ein Frühstück aufgefahren, das es in einem Hotel sonst kaum am Buffet gibt: frische Brötchen, Wurst, Käse, Marmelade, Honig, Saft, Kaffee, Joghurt, Obst. Ich kann so viel gar nicht essen. Dann schauen wir uns das Regenradar an. Auch hier sieht es eigentlich ganz gut aus. Ich schätze, dass in etwa einer Stunde nochmal eine Schauerzone durchzieht, dann sollte das Gröbste gegessen sein. Vielleicht schaffe ich es ja rechtzeitig bis nach Morbach, dort könnte ich den Regen durchziehen lassen, während ich in einem Café mein zweites Frühstück zu mir nehme. Also gibt es keinen Schlechtwetter-Pausentag. Mit dem K-Way angezogen bin ich zumindest obenherum vor Wasser von außen geschützt. Wenn ich schwitzen sollte, hat das allerdings einen negativen Effekt, dann bin ich innen genauso nass wie außen.

Schnell ist das Rad bepackt und gegen 7:45 Uhr geht’s weiter. Alles ist trüb, grau in grau, aber wenigstens ist es von oben trocken. Die Strecke ist eigentlich sehr schön, allerdings immer noch anspruchsvoll. Ein heftiger Rückenwind hilft mir bei den Steigungen. Dann geht’s durch ein größeres Waldstück, hier ist der Waldweg allerdings durch die Regenfälle der Nacht und der letzten Tage sehr pfützig, alles ist nass, aber der Weg trotzdem fest. Ich kann um die Wasserflächen im Slalom herumfahren.





Leider setzt jetzt der erwartete Regen ein, früher als erwartet, und auch stärker. Der Wind frischt richtig auf, dabei schützt der Wald zwar, aber von den Bäumen tropft es noch zusätzlich zum Regen. Es ist einfach nur ungemütlich.

Vor Morbach gibt es dann noch eine Baustelle, durch die ich mit dem Rad nicht durchkomme, es ist viel zu schlammig. Also muss ich die beschilderte Umleitung für die Autos fahren, rauf auf 500mNN, dann runter zur B327 und zwischen dem normalen Wahnsinnsverkehr auf gut 2,5 km bis zur nächsten Abfahrt nach Morbach. Uff, das hätte ich schon mal überlebt!

In Morbach finde ich ein schönes Café, das hätte mit dem Schauer so gut klappen können. So komme ich tropfnass an und darf mich trotzdem auf die Polstersitze setzen. Die Leute hier sind ziemlich lustig, alle bedauern mich (oder veräppeln die mich nur?). Jedenfalls bietet mir der Chef ein Zimmer im angeschlossenen Hotel an, um das Wetter auszusitzen. Aber jetzt bin ich schon unterwegs, jetzt ziehe ich das durch!

Nach einer halben Stunde Frühstückspause ist die angebliche Regenzone immer noch nicht durchgezogen und so raffe ich mich gegen 9:45 Uhr wieder auf. Hinter Morbach beginnt allerdings die Pampa, d.h. nur noch Wald, auf zig Kilometer. Zunächst geht’s in einem kleinen Tal hinauf. Ich muss dabei noch zwei Holztransporter vorbei lassen, die bleiben zwar rücksichtsvoll auf dem engen Waldweg stehen, aber ich muss mich durch die nassen Büsche und über die nasse Wiese an ihnen vorbei zwängen. Egal, die Schuhe schwimmen sowieso schon. Danach sehe ich für die nächsten 1,5 Std keine Menschenseele mehr. Schnell habe ich 600mNN erreicht, dann bleibt der breite Waldweg in etwa auf diesem Niveau.

Eigentlich ist der Weg genial schön zum Radeln, wenn nur das Mistwetter nicht wäre. Ich erinnere mich noch dunkel, dass ich hier schon mal geradelt bin, das war 2002 und damals war das Wetter genial. Jetzt schufte ich mich den Weg entlang, bis es schließlich auch noch weiter hinauf geht. Der Erbeskopf ist über 800mNN hoch, und die fehlenden 200Hm müssen ja noch überwunden werden. Der einzige Lichtblick ist, dass die letzten 2km über einem geteerten Zufahrtsweg führen. Eine Gruppe Motorradfahrer überholt mich, die bleiben allerdings nicht lange oben. Bis ich es hinauf geschafft habe, kommen sie mir bereits wieder entgegen. Und dann sehe ich auch, weshalb: hier oben pfeift der Wind in Sturmstärke, man sieht einfach gar nichts. Ich stelle mein Rad kurz unter den Holzturm, den ich bereits 2002 erklommen hatte, mache ein Beweisfoto und verabschiede mich sofort vom höchsten Punkt von Rheinland Pfalz (und meiner Radreise).




Nun sollte es etwas weniger mühevoll werden. Sollte. Zwar geht’s erst mal abwärts, das ist der Vorteil, wenn man irgendwo oben ist. Außerdem ist der Weg jetzt geteert, auch das hilft ungemein. Aber die Hoffnung, oder besser die Erinnerung, dass es jetzt nur noch abwärts geht, erweist sich als falsch. Es geht auch wieder rauf! Und das ist dann noch anstrengender, als es von den Steigungsprozenten her eigentlich sein sollte. Da spielt bestimmt auch die Psyche mit: eine unerwartete Anstrengung empfindet man viel stärker, als eine vorher bekannte. Erst als nach ca. 7km der Rheinland-Pfalz-Radweg zum Hunsrück-Radweg dazu stößt, geht’s wieder abwärts, und das jetzt ziemlich heftig. Bei der andauernden Bremserei hören sich die hinteren Bremsbeläge nicht mehr so dolle an. Sollte der ganze Dreck die Beläge abgeschliffen haben? Das muss ich demnächst kontrollieren.

Kurz vor Thiergarten erreicht der Weg jetzt eine Landstraße, dann geht’s wieder auf geteerten Wirtschaftswegen Richtung Hermeskeil. Bei einem kurzen Richtungswechsel merke ich erst, wie heftig der Wind von hinten gedrückt hat, jetzt muss ich erst mal dagegen ankämpfen. Und als ich mich gegen den Wind an einem Friedhof eine heftige Steigung hochkämpfe, kommt plötzlich trotz leichtem Nieselregen die Sonne ganz kurz heraus, so als wolle sie mich verhöhnen. Der Spuk ist allerdings so schnell vorbei, wie er kam.

Jetzt bin ich in Hermeskeil, und am Anfang der Fußgängerzone sehe ich das Schild eines Gasthofs, auf dem ein Mittagsmenü angeboten wird. Dadurch werde ich spontan zu meiner Mittagspause animiert. Das Menü enthält eine Suppe und ein Schnitzel mit Pommes und Salat. Ich sitze in einer Ecke des Gastraums und kann die Socken ausziehen und unter dem Tisch heimlich auswringen. Das hilft zwar nicht gegen das Gepatsche der Schuhe, vielleicht können sie aber dadurch irgendwann besser trocknen.

Die Pause ist leider viel zu kurz, um auch nur annähernd etwas trockener zu werden. Ich muss weiter…

Es geht hinunter zum Bahnhof und hier beginnt eine umgebaute Bahnstrecke, der Ruwer-Hochwald-Radweg. Der Weg ist von bester Qualität und führt auf 48km auf der alten Bahnstrecke von Hermeskeil nach Trier-Ruwer. Zunächst bin ich überrascht, hier einen so schönen Radweg zu finden. Es geht erst ein paar Höhenmeter hinauf nach Reinsfeld, dann nur noch hinunter. Nach wenigen Kilometern bin ich begeistert, das ist der schönste Bahntrassenradweg, den ich in Deutschland bisher gefahren bin. Selbst der Vulkanradweg kommt da nicht mit. Schade ist nur, dass das Wetter so schlecht ist, es will einfach nicht aufhören zu regnen. Die Wegeführung ist ein einziger Genuss, bei schönem Wetter wäre es ein Hochgenuss geworden.

Durch einen schönen Wald geht’s von Reinsfeld hinunter nach Kell am See. Dort sehe ich in einer Seitenstraße eine Gruppe Radler an einem Bus stehen, alle haben dieselben gelben Jacken an (das fällt schon auf), aus einem Lokal wird ihnen zugewunken. Ich schätze mal, dass die hier mit dem Bus hochgefahren wurden, im Lokal gegessen haben und jetzt in den Radweg einsteigen.

Ich genieße die Abfahrt, kann es richtig gut rollen lassen und dabei die schöne Landschaft bewundern. Bei Mandern wird auf einem Schild erläutert, dass hier vor kurzem der Biber wieder heimisch wurde. Und ein paar Ziegen (wo kommen die denn her) wollen mich um etwas Futter anbetteln. Bei einer Pinkelpause bemerke ich, dass eine Horde Radler mit eingeschaltetem Licht den Radweg hinunter saust. Ich sehe zu, dass ich schnell wieder aufs Rad steige und weiterfahre.





Wenige Kilometer später trennt sich der Hunsrück-Radweg vom Bahntrassenradweg und ich mache ein Foto von den Erläuterungsschildern. Dabei saust dann diese wilde Truppe an mir vorbei. Jetzt kann ich erkennen, dass es sich um eine Gruppe von etwa einem Dutzend Radlern auf E-Bikes handelt, alle in gelben Jacken. Das war dann wohl die Gruppe, die ich in Kell am Bus habe stehen sehen. Braucht man zum Herunterrauschen auch noch E-Bikes?





Ich entscheide mich, nicht weiter dem Hunsrück-Radweg zu folgen, sondern auf diesem tollen Ruwer-Hochwald-Radweg bis an die Mosel zu rollen. Bald sehe ich die Gruppe auf dem Radweg stehen, die machen dort auch eine Pinkelpause. Ich bleibe bei ihnen stehen und es beginnt eine nette Unterhaltung. Sie kommen aus Basel und wollen noch bis nach Amsterdam. Die Gruppe ist altersmäßig recht heterogen zusammenstellt. Ich frage aber nicht, wie dieser Trupp sich so gefunden hat. Jedenfalls sause ich mit ihnen weiter den Radweg durch das tolle Tal der Ruwer hinunter. Bald merke ich aber, dass es ziemlich riskant ist, mit knapp 30kmh diesen Weg in einer so großen Gruppe entlang zu rasen. Bei der nächsten Gelegenheit, nämlich einer Straßenquerung, sage ich tschüss und fahre an ihnen vorbei vorneweg. Ich hab sie nicht wieder gesehen.

Auf dem Radweg geht es endlos abwärts, toll ausgebaut, immer nur abwärts. Kurz vor dem Ende bei Schloss Grünhaus sehe ich ein Hinweisschild zu einer Eisdiele, und weil es mal wieder Zeit ist (15:30 Uhr), nehme ich den Abzweig. Der erweist sich allerdings als ziemlich anstrengend, es geht nämlich in den Ort Mertesdorf, und zwar hinauf, und zwar mit über 10% Steigung, und zwar ganze 100Hm hinauf. Als ich nach 20 Minuten endlich die Eisdiele sehe, bin ich richtig sauer über diesen unnötigen Umweg. Das Schild war halt taktisch clever postiert und hat mich im falschen Moment, nämlich einem hungrigen Moment, erwischt. Aber das Eis ist gut und der Chef der Eisdiele richtig nett. Außerdem kann ich mal wieder meine nassen Klamotten etwas trocknen lassen.

Runter kann ich‘s dann gut laufen lassen, mit über 50kmh habe ich die 100Hm schnell wieder abgegeben. Genauso schnell erreiche ich auch den Mosel-Radweg und biege nach Trier ab. Zunächst geht’s auf eine stark befahrene Landstraße (mir kommt sofort eine Gruppe Radwanderer mit Kids entgegen), dann auf eine Nebenstraße nach Trier hinein. Hier ist etwas Berufsverkehr und ich finde mit Hilfe das Navis die Porta Nigra und die Kaiser-Wilhelm-Brücke über die Mosel. Auch die Mosel hat viel Wasser, aber für Überflutungen reicht es nicht. Später höre ich, dass die Hochwasserwelle Trier schon verlassen hat und der Pegel schon sinkt.

Am nördlichen Moselufer finde ich dann auch sofort den Mosel-Radweg. Und noch etwas Bemerkenswertes passiert: endlich hört es auf zu regnen. Erst kann ich es nicht glauben, aber es fängt wirklich auch nicht mehr an. Trotzdem will ich mir heute nochmal ein Zimmer nehmen, ich kann mir nicht vorstellen, dass auf einem Campingplatz eine Wiese auch nur annähernd wenig mit Pfützen versehen ist, um ein Zelt aufzustellen.

Also beginne ich gegen 17 Uhr mit der Zimmersuch. Den ersten Versuch starte ich in Igel an der Mosel, im Hotel ist alles belegt. Der nächste Versuch scheitert in Langsur. In Mesenich gibt es zwar Privatzimmer, aber nicht für mich. In Metzdorf will man nicht an eine einzelne Person vermieten, aber in der Nachbarschaft täte man. Dort macht aber niemand auf. Ich versuche es sogar auf der Luxemburger Seite im Hôtel de la Sûre, nix (zum Glück, hier qualmen sie im Schankraum aus allen Mäulern).

Damit gebe ich es auf. In Metzdorf gibt es auch einen Campingplatz, es regnet jetzt schon über eine Stunde nicht mehr, warum sollte es nicht ein halbwegs trockenes Plätzchen für ein Zelt geben? In der Rezeption habe ich die Duschmarke schon in der Hand, bin gerade beim Bezahlen und erwähne kurz, dass ich eigentlich ein Zimmer gesucht hätte und man mir nirgends eines vermieten wollte, da sagt man nur: „Zimmer haben wir auch.“ Also tausche ich die Duschmarke gegen einen Zimmerschlüssel, muss zwar noch Handtücher und Bettwäsche extra bezahlen, bin aber immer noch mit den 23,50€ gut bedient. Duschen und WC befinden sich auf dem Flur, aber das hatte ich ja gestern schon. Ich schaffe meine Taschen aufs Zimmer und vor dem Duschen kann ich noch mein Rad mit einer Gießkanne entschlammen und die hinteren Bremsbeläge wechseln, die waren wirklich völlig herunter. Für die Schuhe kriege ich ein paar Blätter der gestrigen Zeitung, die sind dann morgen hoffentlich trocken.

Dann wird geduscht und meine liebe Frau wartet auch schon ungeduldig auf ein Lebenszeichen von mir. In Frankfurt und dem Rest von Deutschland muss es wie verrückt geschüttet haben, da waren die paar Tropfen heute einfach lächerlich.

Zum Essen gehe ich ins Lokal, es gibt Schnitzel mit Spargel.


Fortsetzung folgt ...
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#983073 - 19.10.13 09:14 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
joeyyy
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 999
...oh, ein voll beladenes Interconti lach

Das erinnert mich an meinen Alaska-Begleiter.

Respekt erst mal für die durchschnittlichen Tageskilometer. Mit einem voll beladenen, vollgefederten Reiserad ist das keine Selbstverständlichkeit.

Ansonsten freue ich mich auf die Fortsetzung.
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#983173 - 19.10.13 18:17 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: joeyyy]
DieterFfm
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 357
In Antwort auf: joeyyy
...oh, ein voll beladenes Interconti lach

Das erinnert mich an meinen Alaska-Begleiter.


Und ich hab gedacht, ich hätte das einzige Interconti grins Na gut, hier im Forum gibt's noch ein paar Wenige ...
Meins hat übrigens letzte Woche die 110Tkm erreicht. Die Kilometer sind natürlich nicht spurlos an ihm vorbei gegangen, wie in der Fortsetzung meines Berichts nicht unerwähnt bleiben wird.

Viele Grüße
Dieter
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#983177 - 19.10.13 19:04 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
DieterFfm
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 357
... und weiter geht's mit den Tagen 3, 4 und 5


3.Tag Nach Stadtkyll: An der Prüm durch die Eifel
  • Samstag 1.6.
  • Tacho: 113 km
  • Höhe: 1313 m
  • Sattelzeit: 7:49 Std.
  • Übernachtung: 15,00€

Um 5:30 Uhr bin ich wach, es ist hell und es regnet nicht! Ich hatte kein Frühstück bestellt, das hätte es erst nach 8 Uhr gegeben, also mache ich mich fertig und kurz nach 6 Uhr bin ich wieder auf Achse. Bei Temperaturen im einstelligen Bereich muss ich etwas treten, um warm zu werden.

Der Sauertal-Radweg führt jetzt auf einer alten Bahnstrecke (mal wieder, das sind einfach die besten Radwanderwege) nach Norden. Er nimmt jede Schleife des Flusses mit, bleibt dafür immer im Tal und es geht fast ständig unter noch nassen Bäumen hindurch. Eine Strecke von ca. 200m wurde zum Schutz der Feuchtgebiete sogar „aufgeständert“, d.h. er verläuft auf einem Metallgitterbelag am steilen Ufer entlang.

Drei Versuche, in angrenzenden Orten eine Bäckerei zu finden, scheitern kläglich, hier wird noch nicht mal der Fuchs begraben, einfach nur totes Land. In Ralingen verpasse ich dabei fast ein Highlight dieses Radwegs, den 336m langen Ralinger Tunnel.


Ralinger Tunnel

In Minden mündet die Prüm in die Sauer und ich biege auf den Prümtal-Radweg ab. Hier ist jetzt Schluss mit gemütlich auf einer alten Bahntrasse fahren, jetzt geht’s weiter auf Wirtschaftswegen, die zwar geteert, aber beileibe nicht flach sind. Erst gegen 7:30 Uhr finde ich in Irrel eine Bäckerei und es folgt ein ausgiebiges Frühstück. Mir fällt auf, dass hier viele Autos mit Luxemburger Kennzeichen sowohl fahren als auch vor den Häusern stehen, als ob hier viele Leute in Luxemburg arbeiten, oder auch Luxemburger hier wohnen.

Aus Irrel heraus fahre ich wieder zurück zum Prümtal-Radweg und biege wieder nach Norden ab. Der Weg führt sehr schön am Fluss entlang und durch einen Wald, ist noch nass und häufig mit abgebrochenen Ästen und Zweigen übersät. Bald gibt es an der Prüm einige Stromschnellen, das sind die Irreler Wasserfälle, die durch den Regen der letzten Tage vermutlich stärker rauschen als sonst.


Seltsame Unterkünfte im Prümtal

Das Wetter ist immer noch sehr wolkig, aber ich bin schon froh, dass es von oben trocken ist. Außerdem ist ein heftiger kalter Wind zu spüren, und da er aus Norden kommt, kommt er natürlich von vorne. Um 9 Uhr habe ich bereits 300Hm geschafft, obwohl ich an einem Fluss-Radweg fahre, und es sieht nicht so aus, als ob es flacher würde. In Holsthum zweigt der Enztal-Radweg Richtung Neuerburg ab, dort hatte ich 2009 in einem Gasthof übernachtet. Jetzt fahre ich oft an Hopfenfeldern vorbei, ein Gruß von der Brauerei aus Bitburg im Nachbartal.

Die nächsten anderthalb Stunden schlängelt sich der Prümtal-Radweg tendenziell im Prümtal, das heißt aber nicht, dass er am Fluss entlang führt. Im Gegenteil, es werden diverse Auf- und Abfahrten mitgenommen. Ich will mich ja auch nicht beschweren, denn die Wegeführung ist wunderschön, aber halt auch anstrengend.

Gegen 10:30 Uhr erreiche ich den Stausee Bitburg. An der Mauer mache ich ein Foto, dann geht’s auf einem Wanderweg bis etwa zur Hälfte des Sees. Leider ist damit der Fluss-Abschnitt des Prümtal-Radwegs zunächst einmal beendet. Ich muss nach Westen abbiegen und durch Biersdorf geht’s jetzt richtig rauf, mindestens 7% Steigung. Als ich endlich das Ortsende erreiche, habe ich die Hoffnung, dass ich oben bin. Aber mitnichten, auf einer Straße geht es immer weiter rauf, jetzt wieder nach Norden, und ohne Wald, dafür aber mit heftigem kaltem Gegenwind. Der nächste Ort heißt Niederweiler und liegt schon ganz schön weit oben, 100Hm habe ich bereits erkämpft. Aber wo es ein Niederweiler gibt, muss es auch ein Oberweiler geben, und wo liegt das? Natürlich oberhalb von Niederweiler, und zwar nochmal 50Hm höher. Aber auch dann ist es nicht geschafft. Der Wind wird erst durch ein kleines Waldgebiet zurückgehalten, nur um dann am Ende des Waldes noch kräftiger zuschlagen zu können.

Mit immer 7-9% Steigung geht’s weiter rauf, dann knacke ich sogar die 500mNN. Wer hätte gedacht, dass die Eifel so hoch ist? Ich bin schon ziemlich platt. Wer wollte in die Alpen?

Dann biegt der Radweg von der Straße ab und es geht leider 50Hm hinunter ('leider' weil ich weiß, dass die verlorenen Höhenmeter wieder erkämpft werden müssen) nach Plütscheid. Und weil es bereits kurz von 12 Uhr und meine Mittagszeit schon längst überschritten ist, frage ich im Gasthaus Geimer, ob ich eine Kleinigkeit zu essen bekommen könnte. Im Saal ist eine große Tafel schön eingedeckt, so als ob eine größere Gesellschaft erwartet würde. Die Wirtsfrau schaut den Chef mit einem flehentlichen Blick an, der meint dann, heute wäre geschlossen, obwohl er gerade ein Bier zapft. Ich frage nicht weiter nach, wer nicht will, der hat. Als ich gerade wieder auf mein Rad steige, kommt eine lange Armada von Autos an. Also nicht geschlossen, eher geschlossene Gesellschaft. Warum sagt er es dann nicht?

Leider war das die einzige Möglichkeit, im Ort etwas Essbares zu bekommen, also muss ich weiter. Und der nächste Ort liegt natürlich wieder oben. Im Navi sehe ich ein Bauerncafé, aber das ist um diese Zeit noch geschlossen. Also weiter. Jetzt erklimme ich den mit 550mNN höchsten Punkt dieses Fleckchens Erde und habe einen tollen Rundblick über das Prümtal und die umliegenden Hügel. Es sieht aus wie auf einer Alm. Also doch wieder Alpen. Und auch die Sonne schafft einen ersten kurzen Durchbruchsversuch durch die Wolken.

Wenn man den höchsten Punkt erreicht hat, heißt es, dass es ab sofort nur noch abwärts gehen kann. Und der nächste Ort Waxweiler liegt ganze 200Hm unterhalb von mir. Also kann ich es jetzt laufen lassen. In nur 10 Minuten habe ich die Höhenmeter wieder aufgebraucht, die ich in der letzten guten Stunde mühsam erkämpft habe.

In Waxweiler finde ich eine Döneria. Leider ist der Döner, den ich dann herunterwürge, nicht vergleichbar mit den richtig guten Dönern zu Hause. Nach einiger Zeit merke ich, wie er mir schwer im Magen liegt.

Jetzt beginnt der etwas gemütlichere Teil des Tages. Auf der ehemaligen Trasse der Stichbahn von Waxweiler nach Pronsfeld kann ich relativ gemütlich nach Norden gleiten. Die Sonne hat sich inzwischen auch hervorgewagt und eigentlich stört nur der kalte Nordwind. In Lünebach treffe ich für ca. 5km auf die Strecke, die ich 2009 gefahren bin. Damals war ich in Pronsfeld auf einem weiteren Bahnradweg nach Nordwesten Richtung Bleialf abgebogen, jetzt bleibe ich auf der Bahnlinie, die von Pronsfeld Richtung Prüm führt.



Köf II in Pronsfeld


Prümtal-Radweg


Gegen 14:30 Uhr biege ich vom Radweg, der um Prüm herumführt, in den Ort ab und finde an einem Kreisverkehr eine Eisdiele. Die hervorgekommene Sonne hat die Betreiber ermutigt, draußen die Tische freizumachen und es hat sich schon eine Handvoll Eissüchtiger eingefunden. Die Bedienung ist sich nicht einig darüber, ob sie ihre Strickjacke an- oder ausziehen soll, jedenfalls kommt sie immer abwechseln mit und ohne Jacke vorbei. Der Wind ist einfach noch zu frisch.

Durch die heutigen witterungs- und orographisch bedingten Gegebenheiten bin ich schon ziemlich KO, aber um 14:30 Uhr kann ich noch nicht Feierabend machen. Laut Karte ist der Bahnradweg hier zu Ende und es sind noch ein paar Höhenmeter zu schaffen. Der nächste Campingplatz soll in einem Seitental kurz vor Stadtkyll liegen, den will ich heute noch erreichen. Dann sollte ich eigentlich morgen, am Sonntag, keine Probleme mit einem Frühstück haben, in Stadtkyll gibt es sogar zwei Tankstellen.

Der Radweg führt jetzt auf einer Landstraße, die parallel zur autobahnähnlich ausgebauten B51 verläuft. Hier ist kein Verkehr, deshalb bin ich etwas verärgert, dass zwischen Wilwerath und Olzheim ein schlechter Waldweg zum Radweg ausgerufen wird. Hinter Reuth bin ich dann endlich wieder oben, diesmal auf knapp 600mNN. Aber jetzt geht’s wieder abwärts, ich kann es gut laufen lassen. Es geht hinab ins Wirfttal, der Weg ist jetzt zwar etwas uneben und auch nicht mehr geteert, aber ich habe ja eine gute Federung.

Vor Stadtkyll liegt dann der Campingplatz an einem kleinen Teich, ein riesiges Freizeitgelände von einem holländischen Konzern geleitet. Die junge Frau in der Rezeption schickt mich zunächst auf das Gelände und gibt mir eine Liste mit freien Platznummern mit. Leider gibt es keine Wiesenplätze, aber die wären wegen der Nässe wohl sowieso nicht nutzbar. Also wähle ich einen Platz mit einer gemäßigten Schotterunterlage, da hatte ich schon schlimmere Unterlagen. Meine Nachbarn sind eine Großfamilie aus Duisburg mit vielen Kids aller Altersklassen, die mich sofort mit Hallo begrüßen. Na gut, bei der Enge könnte es heute Nacht etwas unruhiger werden.

Der Aufbau des Zelts dauert etwas länger, da fehlt noch etwas die Übung. Die Duschen sind auch nicht der Brüller, der Platz ist eindeutig zu teuer. Da muss ich wohl das Hallenbad und die Saune mitfinanzieren. Aber am Platz gibt’s noch ein Hotel mit einem guten Restaurant, das ich dann auch in Anspruch nehme. Bei meinem Anruf zu Hause ergahre ich, dass in Süddeutschland alles überflutet wäre und im Osten hätte es an der Saale und anderen mittelgroßen Flüssen mehr Wasser gegeben, als zur Jahrhundertflut 2002. Zum Glück bin ich nicht in diese Richtung aufgebrochen.

Heute läuft das Pokal-Endspiel Bayern gegen Stuttgart, am Platz haben sich einige Grüppchen vor den Fernsehern versammelt. Meine Gruppe sitzt wie im Stuhlkreis vor einem Lagerfeuer, das keine 5m neben meinem Zelt qualmt. Der Wind kommt zum Glück aus der richtigen Richtung. Ich darf mich dazu setzen und kriege auch eine Flasche Radler gesponsert. Bald stinken meine Klamotten vom Qualm.

Als es dunkel wird, habe ich genug von den Familien-Internals und gehe schlafen. Natürlich kriege ich weiterhin alles mit, schließlich liege ich keine 5m von den Feiernden entfernt. Es hört sich an, als würden sie auf den Tischen tanzen, nur halt ohne Tisch. Allerding bin ich trotz des Lärms überraschend schnell eingeschlafen. Nur gegen 1 Uhr werde ich nochmal wach, da hat sich aber alles schon in Wohlgefallen aufgelöst.

Übrigens hat Bayern 3:2 gewonnen.



4.Tag Nach Mulartshütte: Schneifel und Vennbahn-Radweg
  • Sonntag 2.6.
  • Tacho: 132 km
  • Höhe: 884 m
  • Sattelzeit: 7:44 Std.
  • Übernachtung: 11,00€

Die heutige Etappe sollte auf kleinen Sträßchen zunächst nach Sankt Vith in Belgien führen. Ich hatte mir zu Hause auf die Schnelle einige Markierungspunkte zusammengeklickt, war mit aber nicht sicher, ob diese Route so fahrbar wäre. Gestern war mir auf der Karte ein Weg aufgefallen, der auf der anderen Seite des Höhenzugs der Schneifel, um den ich gestern eigentlich herumgefahren war, durch den Wald verläuft, der sieht als Alternative recht ansprechend aus.

Die Nacht ist ziemlich windig. Anscheinend schlafe ich in Erwartung von Regen doch nicht so gut, weil ich jedes Lüftchen mitbekomme. Gegen 5:30 Uhr bin ich richtig wach und stehe auf. Vor dem Waschhaus muss ich 5 Minuten warten, es wird gerade gereinigt. Beim Abbauen strenge ich mich nicht besonders an, leise zu sein, waren die Nachbarn gestern Abend ja auch nicht. Es ist 5°C kalt, das Zelt ist aber durch den Wind trocken. Nasse Hände wären bei der Kälte auch nicht so schön gewesen.

Gegen 6:30 Uhr fahre ich los, wie immer zunächst auf der Suche nach einem Frühstück. Leider hat sonntags um diese Uhrzeit auch in einem Städtchen wie Stadtkyll keine Bäckerei offen, da kann ich erst in einer Stunde mit Brötchen rechnen. Aber es gibt ja noch eine Tankstelle am Ortsausgang. Leider auch hier nur Fehlanzeige, es ist zwar jemand im Verkaufsraum, aber die Tür bleibt für mich verschlossen. Ein Schild zeigt an, dass erst um 7:30 Uhr geöffnet wird. Und wenn ich hätte tanken wollen?

Dann fahre ich halt weiter. Nur wenige Kilometer entfernt liegt am Radweg der Kronenburger See, auch mit einem Freizeitzentrum versehen. Aber auch hier ist alles zu. Und weil meine vorgeplante Route ab jetzt keine Ortschaft mehr anfährt, auf der Schneifel-Alternative zwei Orte zumindest die Chance einer geöffneten Bäckerei bieten, entscheide ich mich für die alternative Route.

Leider gibt’s auch in Hallschlag und in Ormont nichts zum Frühstücken. Ich muss also die Snickers-Variante wählen. Hinter Ormont geht’s diesmal auf einer Straße wieder mal den Berg hinauf in den Wald. Die Strecke ist wunderschön, es fährt kein Auto und als ich endlich die 700mNN erreiche, lässt es sich sogar gut rollen. Hier in der Schneifel wird im Winter viel Wintersport betrieben, bei den Temperaturen sollte ich mir vielleicht Langlauf-Ski unter die Reifen klemmen. Wenn es jetzt auch noch feucht-kalt wäre, könnte ich ein Paar Handschuhe gebrauchen. Die Straße verläuft mehr in südlicher Richtung, da sollte doch eigentlich der Nordwind die Fahrt unterstützen. Leider hält der Wald den Wind ab und so spüre ich nichts von einer günstigen Prise.


Prüm Air Station


Schließlich ist der Höhenzug zu Ende und ich sause hinunter nach Bleialf. Dort finde ich gegen 8:30 Uhr endlich einen geöffneten Tante-Emma-Laden und es gibt zwei Schoko-Croissants und einen großen Pott heißen Kaffee.

Hinter Bleialf treffe ich dann wieder auf die Strecke von 2009, den Eifel-Ardennen-Radweg. Damals war ich begeistert von der Wegeführung bis zur Grenze nach Belgien. Es geht wieder durch den 400m langen Bleialfer Tunnel und dann ins wunderschöne Ihrenbachtal, wo es eine Biberkolonie gibt. Und anders als vor vier Jahren ist die Strecke nach der Belgischen Grenze in hervorragendem Zustand, die Bahntrasse wurde wohl inzwischen umgebaut.


Einfahrt nach Belgien


Inzwischen hat sich auch die Sonne wieder durchgekämpft und es ist trotz des immer noch kalten Gegenwinds angenehm zu fahren. Man merkt auch, dass in Belgien viel Rad gefahren wird, trotz des Sonntag morgens sind einige Tagesradler unterwegs.

Schließlich führt die Strecke auf einem separaten Weg hinauf nach Sankt Vith. Hier ist der Vennbahn-Radweg als Anschluss gut ausgeschildert, so dass ich ihn, ohne suchen zu müssen, gleich finde. Der Vennbahn-Radweg ist noch in genau demselben Zustand wie 2009, mehr oder weniger gut geschottert. Und die Landschaft ist ebenfalls genauso schön wie 2009, was sollte sich da auch geändert haben. Das Hohe Venn ist hier Naturschutzgebiet und da darf man auch in Belgien nichts umbauen. Allerdings ist auf der flachen Heidelandschaft der heftige Nordwind ein ernstzunehmendes Hindernis, es gibt zu wenige Bäume, um dem Wind wirkungsvoll etwas entgegenzusetzen. In Born, hinter der großen Brücke, versuche ich nochmals, das Klappern am Lowrider-Träger (Vaif) zu beheben, leider ohne Erfolg.

Kurz vor Waimes, dort war ich 2009 vom Radweg abgebogen, ist der Weg jetzt ganz frisch geteert, glatt wie ein Kinderpopo. Ein Schild weist mich auf die Brasserie Cyrano hin und weil ich um 11:30 Uhr schon wieder hungrig bin, fahre ich vom Radweg herunter zur Brasserie. Die Küche wird leider erst um 12:00 Uhr angeheizt, aber ich kriege eine kalte Boulette und zwei Cola. Und das für locker 8€, na gut, besser als nichts.

In Waimes zweigt vom Vennbahn-Radweg ein Zubringer nach Malmedy nach Westen ab, ich nehme die Hauptroute. Sie führt nach Osten weiter in Richtung Bütgenbacher See und ist von allerbester Qualität, ich bin einfach nur begeistert. Auf der feinen Strecke sind zu dieser Zeit viele Tagesradler unterwegs, in großen und kleinen Gruppen, alleine, und auch Skater treiben sich hier anscheinend gerne herum. Außerdem stachelt der Sonnenschein die Leute an, aus ihren Behausungen auf die Fahrräder zu steigen.

Nach einer Dreiviertelstunde Genuss stehe ich hinter dem renovierten Bahnhof von Sourbrodt plötzlich vor einer Absperrung, eine Umleitungsbeschilderung ist nicht zu erkennen. Weil aber ein Rennradler einfach um die Absperrung herumfährt, dahinter ist vom Feinsten geteert, fahre ich ihm hinterher. Nach 1,5km ist aber endgültig Ende, der Weg hört einfach auf. Nur ein Trampelpfad führt neben dem Gleis durch die mit Büschen eng bewachsene Pampa. Vier Radler stehen vor dem Ende des Wegs und diskutieren. Wie geht’s weiter? Umkehren, und dann? Man entschließt sich zum Umkehren.


Vennbahn-Radweg I


Vennbahn-Radweg II


Pseudo-Vennbahn-Radweg I


Pseudo-Vennbahn-Radweg II



Ich sehe aber, wie ein Pärchen, ihre Räder schiebend, über den Trampelpfad auf mich zukommt und warte, bis sie da sind. Der Trampelpfad ginge nur etwa 1,5km, sagen sie, dann käme grober Schotter und dann mittlerer Schotter bis zur Grenze nach Deutschland. Der Weg wäre also zu bewältigen. Na gut, dann schiebe ich halt los.

Das ist zwar mit dem schweren Rad nicht ganz so einfach, aber der Pfad zeigt den Weg. Ich muss öfter mal durch Büsche hindurch, steige auch mal auf das Gleis und schiebe von dort aus. Nach gut 200m kommt mir wieder ein Pärchen mit Rädern entgegen, sie schätzen noch mindesten 2km Buschwerk. Da sieht man mal wieder, wie schwer solche Strecken abzuschätzen sind. Nach einer knappen halben Stunde erreiche ich die Piste mit dem groben Schotter, ich hatte vorher auf meinen Tacho geschaut und bis hierher ca. 1200m gemessen. Der grobe Schotter währt nur ca. 400m, dann habe ich es überstanden, jetzt kann ich wieder normal radeln.

Nach einem Kilometer auf dem feineren Schotterweg kommt mir ein Rentnerpärchen zu Fuß entgegen und wir unterhalten uns auch über die Situation auf dem Radweg. An dieser Stelle brütet eine seltene Vogelart und Naturschützer haben den Ausbau des Radwegs gestoppt. Bis die Umleitungsstrecke gebaut ist, die soll im Juli fertig sein, würde eine Alternative an der Straße im Tal angeboten. Leider war an der Absperrung davon nichts zu erkennen.

Ab der Deutschen Grenze, hier ist eine Draisinen-Station mit vielen Menschen drumherum, ist der Radweg wieder vom Feinsten. Leider hat sich der Gegenwind immer noch nicht beruhigt, und da die Bahnstrecke relativ weit oberhalb des Rurtals verläuft, Monschau ist weit unten zu erkennen, habe ich immer noch mehr als notwendig zu treten. Ich versuche, unsere Freunde in Bebra anzurufen, beide haben heute Geburtstag, aber mein Handy erreicht nur einen belgischen Anbieter und ich will nicht noch die Auslandsgebühr bezahlen.

Oberhalb von Konzen mache ich dann gegen 14:15 Uhr an einem Würstchenwagen eine kurze Kaffeepause. Witzig hier ist, dass die linke Seite der Straße in Belgien liegt und die rechte Seite in Deutschland. Der Verkäufer erzählt noch, dass die Bahntrasse, auch wenn sie durch Deutsches Gebiet führt, trotzdem Belgisches Hoheitsgebiet ist. Sehr kompliziert.

Dann führt der Weg über einen Schotterweg durch ein Naturschutzgebiet und hinter Lammersdorf wird’s dann gemütlich. Ich bin nämlich immer noch auf über 560mNN und jetzt geht’s abwärts. Meine schwere Beladung gibt mir so viel Schwung, dass mich kaum ein Radler mehr überholt. Mit locker über 30kmh sause ich auf der alten Bahntrasse hinunter. Ich klemme mich hinter einen Rennradler, er versucht vergeblich, mich abzuhängen.

Vor Roetgen wird’s dann ziemlich voll auf dem Radweg und eine Radlerfamilie gibt mir einen guten Tipp zu einer Eisdiele im Ort. Der Kaffee vorhin war einfach zu wenig, also mache ich die nächste Pause bei Eis und Cappuccino. Draußen sitzen die Leute in der prallen Sonne, alles ist voll, also setze ich mich neben die Theke ins leere Lokal. Beim Bezahlen (ich gebe wie immer ein Trinkgeld) frage ich die Bedienung, ob es den Campingplatz in Mulartshütte noch gibt. Der junge Mann weiß es nicht, aber ich bin wohl als Radreisender zu erkennen. Und als ich bei meinem Rad stehe und schon fast aufgestiegen bin, kommt er zu mir gelaufen und meint, er habe im Internet nachgeschaut und den Platz gefunden. Das ist mal ein Service! Vielen Dank dafür.

Also steht mein Tagesziel für heute fest. In Mulartshütte hatte ich 2009 auch schon gezeltet. Dieses Jahr nehme ich aber nicht den direkten Weg, sondern fahre noch die weite Schleife des Vennbahn-Radwegs über Rearen in Belgien bis nach Schmithof wieder in Deutschland. Hier biege ich ab und nehme einen schönen Waldweg bis zum Campingplatz Vichbachtal in Mulartshütte.

Der Platz ist OK, wie vor 4 Jahren und die Wiese sogar relativ trocken. Allerdings gibt’s kein Klopapier, dafür wollen sie einen Euro extra. Aber ich habe ja alles dabei. Nachdem das Zelt steht, versuche ich es nochmals mit dem Front-Träger. Dafür leihe ich mir sogar bei einem Dauercamper einen größeren Schraubenzieher. Das geht zwar besser, aber es ist immer noch nicht gut. Außerdem tausche ich auch die Bremsbeläge am Vorderrad.

Zum Abendessen gehe ich ins Hotel „Altes Jägerhaus“, kaum 200m weiter. Hier war ich schon 2009 vom Abendessen begeistert, und auch diesmal werde ich nicht enttäuscht. Für nur 16,90€ gibt’s ein leckeres Spargel-Büffet. Am Nachbartisch sitzt ein Pärchen im gehobenen Alter und ein Mann so Ende 30. Der Senior erzählt von Abenteuerurlaub in Afrika, die Seniorin ist total hin und weg davon. Ein Enkel des Seniors hat sich zum bestandenen Abitur einen Abenteuerurlaub in Kenia mit seinem Opa gewünscht, was diesen natürlich sehr stolz macht. Na ja, Abenteuerurlaub hab ich auch und zum Glück ist es nicht so heiß wie in Afrika.


5.Tag Nach Venlo (NL): Von Aachen an die Maas
  • Montag: 3.6.
  • Tacho: 146 km
  • Höhe: 504 m
  • Sattelzeit: 8:34 Std.
  • Übernachtung: 8,80€

Apropos „heiß in Afrika“. Woher weiß ich denn immer, wie warm oder kalt es ist? Nun, in meinem Fahrradtacho, also eigentlich ein Fahrrad-Computer, gibt’s zum barometrischen Höhenmesser auch noch ein Thermometer. Und heute Morgen bin ich fest der Überzeugung, dass der Tacho kaputt ist. Wie sonst kann es Anfang Juni an einem Morgen gegen 5 Uhr in Deutschland nur Null Grad haben? Null Grad Celsius! Gut, in der Nacht war es sternenklar, so tolle Sterne kann man in Frankfurt nie sehen, und das Vichtbachtal liegt geschützt in einer Mulde. Bisher hatte ich es auf einer meiner Radreisen morgens nur einmal kälter, das war 2004 in Zell am See in Österreich, damals war das Zelt innen und außen mit einer Eisschicht bedeckt. Und heute bin ich knapp davor!

Mit nassen und klammen Händen baue ich ab und um 6 Uhr geht’s weiter. Zuerst muss ich 50Hm erklimmen, das wärmt erst mal. Dann geht’s wieder abwärts. Handschuhe wären jetzt von Vorteil, der eiskalte Fahrtwind tut richtig an den Händen weh. Im nächsten Ort Kornelimünster finde ich sogar dieselbe Bäckerei wie vor 4 Jahren. Zum Frühstück futtere ich ein Bulettenbrötchen mit Senf, eigentlich irgendwie irre. Aber der Kaffee wärmt und im Laden ist es auch nicht kalt. Die Titelseite der Bildzeitung berichtet von den heftigen Überflutungen an der Donau, vor allem in Passau, und den Nebenflüssen der Elbe. Irgendwie hatte ich wohl Glück mit meiner Routenwahl.

Direkt an der Bäckerei vorbei führt wieder der Vennbahn-Radweg und so gegen 7 Uhr bin ich gestärkt für die nächsten Stunden. Es sind zwar immer noch nur 5°C, aber es fühlt sich bei Weitem nicht mehr so frostig an und ich kann die abschüssige Strecke Richtung Aachen genießen.

In Aachen angekommen, suche ich den Dom. Es ist zwar Montags-Berufsverkehr, aber einen Reiseradler mit so viel Gepäck lässt man überall gerne den Vortritt. Ich stelle das Rad vor einem Nebeneingang des Doms und gehe auf eine kleine Besichtigungstour. Aber selbst am Nebeneingang steht im Dom ein Bewacher, und als ich Anstalten mache, die herrliche bunte Fensterglaskuppel zu fotografieren, werde ich auf das Fotografier-Verbot hingewiesen. Also gibt’s halt keine Besichtigung, ich habe sowieso kein gutes Gefühl, mein Rad hier länger unbeobachtet stehen zu lassen.


Mini-Dom zu Aachen

Dann wird es trotz Navi schwierig, Aachen wieder zu verlassen. Ich finde eine Route über den Hexenberg, der seinem Namen echt Ehre macht, dann muss ich an der TH eine Umleitung fahren, weil eine Fußgängerbrücke über die Straße neu gebaut wird. Anschließend geht es vorbei an der imposanten Uniklinik von Aachen, die mit ihren 24 Treppenhaustürmen aussieht wie eine riesige Fabrikanlage. Das Klinikum hat über 1600 Betten und 52 Operationssäle und wurde 1984 eingeweiht. Der Bau kostete umgerechnet gut eine Milliarde Euro und war zeitweise die größte Baustelle Europas.

Es geht vorbei am Golfplatz von Aachen und kurz darauf überschreite ich unbemerkt die Grenze zu den Niederlanden. Eigentlich merke ich es nur daran, dass einige Schilder seltsam aussehen, und dass neben der N278, der Verlängerung der Deutschen B1, ein breiter Radweg auf beiden Seiten entlang führt. Hier lässt es sich gut radeln.

Aber Holland ist nicht nur flach. Ich fahre wie 2009 Richtung Maastricht und hinter Gulpen geht’s mal wieder 100Hm hinauf. Als ich endlich oben bin (mir kommen viele Schüler aller Altersklassen auf ihren Rädern entgegen), biege ich von der Hauptstraße ab, diese kenne ich ja noch. Außerdem soll es laut Navi auf der Nebenstrecke auch mindestens zwei Cafés geben, da kann man ja mal ein kurzes Päuschen machen. Später erfahre ich, dass in Holland in Cafés auch Cannabis verkauft wird, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass heute am Vormittag keines meiner besuchten Cafés geöffnet war. „Gesloten“ steht meist dran, süß.

Mein Rad macht jetzt seltsame Schleifgeräusche, ich kann aber nicht sofort erkennen, wo die herkommen. Es hört sich an, als ob mal wieder der Frontträger spinnt. Zwischen Aachen und Maastricht gibt es eine Reihe von Campingplätzen, an dreien fahre ich direkt vorbei. Kein Wunder, dass hier auch viele Wohnwagen fahren.

Dann geht es herunter nach Maastricht, es gibt sogar eine Serpentine. Direkt am Ortsrand biege ich nach rechts ab, Großstädte sind mir ein Gräuel. Hier verläuft ein Radweg direkt nach Norden. Und Norden heißt mal wieder Gegenwind. Will das denn nie aufhören?

An einer breiten Grundstückseinfahrt mache ich eine kleine Inspektions-Pause. Ich nehme beide Lowrider-Taschen ab und fahre damit ein paar Meter, keine Änderung an den Schleifgeräuschen. Dann kann es also nicht am Frontträger liegen, die müssen von hinten kommen.

Die Radweg-Beschilderung führt nun Richtung Maas, aber erst mal muss ich über den Julianakanaal, der hier parallel zur Maas verläuft. Die Maas bildet die Grenze zu Belgien, ich bleibe aber immer auf der Ostseite, also in Holland. Hier treffe ich auf die Maasroute Lf3, einem Radweg, der auf 220km von Maastricht nach Arnheim führt und daran orientiere ich mich für die nächsten Stunden.

Kurz vor 11 Uhr mache ich an einem Rastplatz bei einem Aussichtspunkt, der auf einem aufgeschütteten Berg angelegt wurde, die nächste Pause. Jetzt nehme ich auch das hintere Gepäck ab und kann erkennen, dass die Befestigungsschraube des Schutzblechs bei den Federungsbewegungen am Rahmen schleift. Es sieht so aus, als ob das Hinterrad nicht mehr mittig zwischen dem Rahmenstreben verläuft. Ohne Gepäck macht das nichts, aber jetzt kommt die Schraube dem Rahmen so nahe, dass sie bei jeder Einfederung am Rahmen kratzt. Das muss ich bei der nächsten Inspektion bei meiner Werkstatt mal erwähnen. Also versetze ich das Schutzblech etwas nach innen und es schleift nichts mehr. Allerdings ist es jetzt etwas unter Spannung, das ist auch nicht gut. Egal, die Rahmenstrebe hat schon einen ziemlich tiefen Kratzer, da ist die Spannung am Schutzblech weniger schlimm.

Ich lade das Gepäck wieder auf, da kommen zwei Mädels und stellen ihre Räder ab. Dann steigen sie die 70 Stufen zum Aussichtspunkt hoch, bleiben kurz oben und kommen wieder herunter. Gibt’s da oben etwas zu sehen? Sie zeigen mir die drei Fotos, die sie oben gemacht haben, und ziehen wieder von Dannen. Also muss ich mir das da oben ebenfalls anschauen. Ich steige die Stufen hinauf und sehe die Maas, eine Wiese und … eine Großbaustelle. Viele Tieflader schaffen Erde weg, es soll wohl ein Überflutungsbereich für die Maas geschaffen werden. Na toll.

Als ich weiterfahre, ist das Schleifen endlich verschwunden. Der nächste größere Ort heißt Stein und hier biege ich vom Radweg ab und eine Passantin schickt mich auf den Marktplatz. Da gibt’s nämlich ein Einkaufszentrum mit Essensmöglichkeiten. Ich stelle meinen Packesel an einen Fahrradstellplatz und gehe hinein. Ein Lokal am Eingang macht erst um 12 Uhr auf. Die Viertelstunde will ich nicht warten, es gibt hier noch andere Möglichkeiten. In einem Laden kriege ich ein Baguette frisch belegt, mal wieder Frikadelle, aber diesmal warm, und mit Salat. Auf dem Gang des Einkaufszentrums finde ich eine freie Bank, das Baguette muss schließlich vorsichtig wie ein Döner gegessen werden. Trotzdem saue ich mir die Hände richtig ein. Auch die beiden Mädels vom Aussichtspunkt tauchen auf, aber sie beachten mich nicht. Nachdem ich mir im Laden bei der netten Verkäuferin (übrigens kommt sie aus Deutschland) zwei weitere Servietten besorgen kann, sind wenigstens die Hände wieder fast sauber. Außerdem erstehe ich bei ihr noch eine Tüte mit einer Mischung aus diversen Nusssorten. Man weiß ja nie, ob man die mal braucht.

Dann geht’s wieder weiter, irgendwie immer zwischen der Maas und dem Julianakanaal pendelnd. Und immer wieder finde ich die Maasroute, ohne dass eine Absicht dahinter liegt. Ich fahre nämlich öfters eine Abkürzung, muss ja nicht jeden Schlenker des Radwegs mitnehmen.

Bereits anderthalb Stunden später kann ich in Echt nicht an einer Eisdiele vorbei radeln, ich muss einfach einkehren. Und weil ich vom Mittagessen eigentlich noch satt bin, schaffe ich die riesige Portion kaum. Ein hübsches junges Pärchen führt die Eisdiele, er hat noch Renovierungsklamotten an und saust bald wieder weg zum Streichen.

Hinter Echt nehme ich mehr Kurs nach Osten bzw. Nordosten und kann endlich mal radeln, ohne gegen den Wind treten zu müssen. In Sint Odilienberg bewundere ich die 'Basilika St. Wiro, Plechelmus und Otgerus', dann geht’s an der Roer wieder Richtung Maas. Und endlich, es ist bereits 14 Uhr, kann ich die langen Klamotten trotz des kalten Winds ausziehen, die Sonne hat genug Kraft und wärmt.


Basilika Sint Odilienberg

Hinter Roermont mache ich auf einem Rastplatz die nächste Pause, ich muss ja noch ein Tagesziel aussuchen. Bei Venlo gibt’s laut Archies.com drei Campingplätze, da sollte doch einer zu finden sein. Zunächst geht’s aber weiter auf der Maasroute (auch die Maas hat einiges an Wasser), und dann auf der Straße (es gibt hier auch Straßen ohne Radweg daneben) über Tengelen Richtung Venlo. Am „Maasveldpad“, dem Uferweg zwischen Tengelen und Venlo, stehen einige architektonisch interessante Häuser, eines davon hat die Form eines Schif-fes. Im Hafen von Venlo gibt’s eine Reihe Geschäfte für die Hautevolee.

Hinter Venlo verlasse ich die Maasroute und fahre Richtung Velden. Vor dem ersten Campingplatz befindet sich ein Restaurant an der Straße, das wird gleich gecheckt, es hat allerdings geschlossen. Ich bleibe trotzdem beim Campingplatz, die Kilometer des Tages reichen mir völlig. Zwei Tage Übung genügen, dass ich das Zelt wieder recht flott aufbauen kann. In Wind und Sonne ist es schnell trocken.

Geschwind habe ich auch geduscht und mich zu Hause gemeldet, dann muss ich die schwere Essensfrage klären, da das Restaurant an der Straße heute nicht geöffnet hat. Der Chef meint, am nächsten Campingplatz wäre ein Lokal, und wenn das geschlossen wäre, müsste ich in den nächsten Ort Velden fahren. Eigentlich will ich nach meiner Tagesetappe nicht mehr radeln, aber die Entfernungen hier sind doch zu weit zum Laufen.

Natürlich hat auch das Lokal am Nachbar-Campingplatz geschlossen, Montag ist halt kein guter Tag für die Essenssuche. Velden ist noch zwei weitere Kilometer entfernt, und hier muss ich mit einer Frittenbude Vorlieb nehmen. Irgendwie fahre ich an mindestens zwei Restaurants vorbei (entdecke ich später im Internet), ohne sie zu bemerken. Ich esse einen Hamburger (dann doch lieber bei McDonalds) und fahre wieder zurück. Am Hauptgebäude findet sich eine windgeschützte Ecke mit Tisch und Bank, hier kann ich in Ruhe meinen Bericht schreiben. Und was macht meine Rede zur Hochzeit? Immer noch keine Idee!

Als die Sonne untergeht, packe ich das Buch wieder ein. Ich friere wie ein Schneider. Um mich aufzuwärmen jogge ich auf der Zubringerstraße zum Campingplatz, schaffe aber nur ca. 400m, dann bin ich platt. Unglaublich, wo ich doch noch vor wenigen Jahren Marathon gelaufen bin. Aber wenigstens ist mir jetzt nicht mehr kalt.


Fortsetzung folgt ...
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#983289 - 20.10.13 14:34 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
gibbi_affe
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 117
Bis hierhin schonmal ein sehr schöner Bericht schmunzel
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#983333 - 20.10.13 17:58 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: gibbi_affe]
Olaf65
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 20
:)Sehr intressanter Bericht .
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#983340 - 20.10.13 18:39 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
DieterFfm
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 357
Vielen Dank für den bisherigen Zuspruch lach

Und weiter geht's mit den Tagen 6 bis 9 ...



6.Tag Nach Haaksbergen (NL): Über den Rhein nach Overijssel
  • Dienstag: 4.6.
  • Tacho: 136 km
  • Höhe: 219 m
  • Sattelzeit: 7:52 Std.
  • Schnitt: 17,4 km/h
  • Übernachtung: 12,50€

Ich schlafe wie tot und ohne zu frieren. Am Morgen ist es 8°C 'warm', immer noch bedeckt und windig. Um 6 Uhr bin ich wieder unterwegs und biege in Velden sofort nach Osten Richtung Deutschland ab. Ich weiß ja, dass ich hier in Holland nichts zum Frühstücken erwarten kann.

Deutschland liegt auch fast um die Ecke, und im nächsten größeren Ort Straelen finde ich in der Ortsmitte sofort eine offene Bäckerei. Nach dem Schund gestern Abend gibt’s jetzt Kaffee und zwei frisch belegte Brötchen, lecker. Kaum bin ich wieder am Rad, lasse ich die Jacke schon in der Packtasche verschwinden. Es verspricht heute etwas angenehmere Temperaturen als gestern.

Ich nehme den Radweg an der B58 Richtung Nordost nach Geldern. Dabei kann ich auch mal wieder Strecke machen, obwohl der stramme Nordwind mir weiterhin entgegen bläst und immer noch heftig bremst. Kurz vor 8 Uhr fahre ich in Geldern über den Marktplatz. Es werden gerade Stände aufgebaut und an einem mit Obst erstehe ich zwei Äpfel und, endlich, ein Pfund frische Erdbeeren. Mann, sind die lecker. Die sind zwar nur aus einem Gewächshaus, wie mir die Verkäuferin bedauernd erklärt, aber viel besser als die alten importierten Erdbeeren. Für Freilanderdbeeren war die Witterung der letzten Wochen einfach zu kalt.

Die B58 biegt in Geldern nach Osten ab, ich folge ihr auf einem Radweg, der leider ab und an die Straßenseite wechselt, was bei dem Verkehr etwas erhöhte Aufmerksamkeit fordert. Auch sind jetzt noch diverse Schüler auf Rädern unterwegs … Nach Osten heißt jetzt Wind von links und damit ist zumindest das nicht mehr so schlimm. Allerdings gibt’s hier einen 'Höhenzug', der immerhin auf fast 50mNN aufragt. Ich muss sogar gut hinauf strampeln, um es dann wieder steil in den Ort Alpen hinunter laufen lassen zu können. Alpen habe ich ja jetzt, aber … wollte ich nicht in die Alpen?

Hinter Alpen biege ich auf eine Landstraße ab, die Bundesstraße hat jetzt keinen Radweg mehr und ich will kein Hindernis für die vielen LKW sein. Die Landstraße führt mich direkt an den Rhein, d.h. eigentlich an den Deich des Rheins zwischen Dinslaken und Wesel. Und jetzt kann ich live die Auswirkungen des Regenwetters am Beispiel des Rheins erleben. Das Wasser hat das Flussbett verlassen und steht bis an den Deichfuß, alle Wiesen auf der inneren Deichseite sind überflutet. Der Rhein ist eine riesige Seenlandschaft. Trotzdem sind immer noch Schiffe unterwegs, also kann es noch nicht so schlimm sein.


Rhein bei Wesel



Rheinbrücke Wesel

Ich staune immer noch über die Wassermassen, da kommen schon die ersten Reiseradler an, das sind die ersten, seit ich vor 4 Tagen die Gruppe E-Biker aus der Schweiz getroffen habe. Aber anscheinend gibt’s hier so viele Reiseradler, dass sie kein Interesse an einem kurzen Plausch zeigen.

Ich fahre auf dem Deich Rhein abwärts bis Wesel und nehme dann die Brücke auf die Ostseite. Hier mündet die Lippe in den Rhein und auch sie führt unglaublich viel Wasser mit sich. Es ist 10 Uhr und ich fahre auf der Suche nach etwas Essbarem in die Innenstadt. Zum Mittagessen ist es eigentlich noch zu früh und keine Bäckerei ist ansprechend genug, also wird mal nix gefuttert.

Ich beschließe, meine vorgeplante Route, die jetzt an der Lippe ostwärts führen sollte, nicht zu fahren. Nach den Berichten von daheim und allem, was man so in der Presse erkennen kann, haben auch die Flüsse im Osten Deutschland das schlimmste Hochwasser seit Aufzeichnungsbeginn, an vielen Orten schlimmer als 2002. Das Wasser könnte vielleicht fort sein, bis ich in zwei bis drei Tagen am Harz vorbei weiter nach Osten fahren würde, allerdings werden die Schäden mit Sicherheit nicht beseitigt sein. Das ist mit doch zu unsicher. Und weil es im Nordwesten Deutschlands trocken war, sollte es dort auch gut zu radeln sein. Mit meinem Bruder war ich ja schon 2000 in Ostfriesland, das hat uns damals sehr gut gefallen. Also bleibe ich bei meiner bisherigen Richtung Nord. Damit sind zwar meine Wegepunkte umsonst, aber ein Navi kann man auch ohne Vorplanung sehr gut nutzen.

Und weil ich auf dem Marktplatz etwas länger stehen bleibe und recht unentschlossen wirke, kommt ein einheimischer Radler extra zu mir gefahren und quetscht mich mit den normalen Fragen aus. Zunächst das Woher und Wohin, dann erzählt er mir von seinen Touren mit seiner Frau durch Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Er gibt er mir den Tipp, weiter am Rhein abwärts zu fahren. Ich fahre also zunächst wieder an den Fluss und am Hafen entlang nach Norden. Am Rheinufer zu fahren ist mir dann aber doch zu unsicher, weil das Wasser auch den Radweg überflutet haben könnte. Ich sehe ein Schild nach Hamminkeln auf der B473, und weil es meine Hauptrichtung ist und es auch einen Radweg gibt, biege ich halt ab und verlasse den Rhein.


Wie heißt der Bürgermeister ...


In Hamminkeln biege ich von der B473 ab und fahre vorbei am Schloss Ringenberg nach Dingden. Inzwischen ist es 11:30 Uhr und ich finde eine große Bäckerei mit Café und esse ein Schnitzelbrötchen. Punkt 12 Uhr verlasse ich die Bäckerei und gehe zu meinem Rad. Aber was ist denn jetzt passiert? Gerade war es doch noch stark bewölkt und recht kühl. Und jetzt ist plötzlich der Sommer ausgebrochen! Die Sonne brettert von einem wolkenlosen blauen Himmel, dass es eine Freude ist. Augenblicklich werden die langen Klamotten ausgezogen und ich kann in kurz weiterfahren.

Der Weg führt durch eine wunderschone Heide- und Wiesenlandschaft und bei diesem unfassbar schönen Wetter (bis auf den Gegenwind) ist es einfach ein Genuss, hier zu radeln. Bald bin ich in Rhede. Jetzt suche ich mir auf dem Navi und der Karte kleine Sträßchen und Wirtschaftswege Richtung Burlo, bin aber plötzlich an einem Weg, der direkt zur holländischen Grenze führt. Den nehme ich halt und bin gleich darauf wieder in den Niederlanden. Und kaum bin ich hier, nimmt die Anzahl der Radler extrem zu. Waren in Deutschland wirklich absolut keine Radler unterwegs, wimmelt es hier gewissermaßen von ihnen. Dieser Unterschied ist einfach frappierend.

Auch hier ist die Landschaft einfach toll, es gibt viele schöne Holländische Häuschen, leider sind zu viele „to koop“, also zu verkaufen. Ich fahre auf kleinen, praktisch unbenutzten Sträßchen zwischen Oeding und Winterswijk hindurch und mache dann eine kleine Schleife nach Westen, damit ich nicht wieder zurück nach Deutschland komme.

Schon lange locken Schilder die Radler zu einem Eisverkauf, so übersetze ich es jedenfalls. An einem Bauernhof wird dann Eis aus eigener Herstellung angeboten. Es befindet sich in einem kleinen Brunnen und ein einheimischer Radler erklärt mir das Prozedere: erst bezahlen, dann den Deckel vom Brunnenkopf anheben und einen Becher mit der gewünschten Eissorte herausnehmen und den Deckel schnell wieder schließen. Das Eis schmeckt lecker. Neben dem Eisbrunnen gibt’s noch ein Aufenthalts-Häuschen und einen Stall mit vielen Rindviechern.

Ich nutze die Pause, um das Tagesziel für heute zu suchen. Hinter Haaksbergen, kurz vor Enschede, soll es vier Campingplätze geben. Ich wähle den nächsten im Navi als Ziel und lasse mich dorthin navigieren. Vreden auf der Deutschen Seite lasse ich rechts liegen, dann geht’s nach Eibergen und auf der N18 nach Haaksbergen. Selbst in Holländischen Kleinstädten gibt’s um diese Uhrzeit, es ist etwa 16:30 Uhr, einen Berufsverkehr, also verlasse ich die N18 und fahre lieber auf einer kleinen Straße zum ersten der vier Campingplätze, dem Camping Twente. Hier gibt’s ein Lokal, also bleibe ich.

Nach dem Bezahlen erfahre ich, dass im Restaurant von 19 bis 20 Uhr Pause gemacht wird, da machen die einfach zu. Seltsame Sitten hier, also beeile ich mich mit dem Aufbauen und Duschen. Mein Platz ist am Schwimmbecken, das ist zwar nur halb gefüllt, und zwar mit abgestandenem Wasser, aber auf der anderen Seite des Beckens feiern mehrere Dutzend frisch gebackener Abiturienten und –tinnen aus Osnabrück das 'Abi Zelten'. Und natürliches ist es einigen von ihnen egal, ob das Wasser im Becken Badequalität hat, oder einfach zu kalt ist, es geht hinein. Und Musik hat man dort auch, das kann heute Nacht mal wieder etwas lauter werden. Aber wer, wie ich am Samstag, eine Großfamilie aus Duisburg in 5m Entfernung überlebt hat, kann diese Jugendlichen in 50m Entfernung auch verkraften.

Ich gehe rechtzeitig Essen und kann Handy und Foto-Akkus an einer Ladestation für E-Bikes aufladen. Da haben diese Dinger auch für mich mal einen Vorteil. Während der Pause kann ich draußen sitzen bleiben, mache dann noch einen kleinen Spaziergang und entdecke ein tolles altes Haus in völlig fremdartigem Stil, irgendwie Norwegisch, oder eher Wikingerisch, jedenfalls ausgesprochen interessant.

Die Jugend gegenüber des Schwimmbeckens verhält sich eigentlich unauffällig. Während ich im Schlafsack liege und versuche, einzuschlafen, läuft zwar mal eine Gruppe diskutierend am Zelt vorbei, aber damit hat es sich schon.


7.Tag Nach Dörpen: Kanäle und Ems
  • Mittwoch: 5.6.
  • Tacho: 137 km
  • Höhe: 135 m
  • Sattelzeit: 7:49 Std.
  • Schnitt: 17,4 km/h
  • Übernachtung: 9,00€


Gegen 5 Uhr bin ich wie immer wach. Heute habe ich Geburtstag. Meine Frau hat mir schon Daheim etwas eingepackt und jetzt kann ich es endlich auspacken: eine Tüte Studentenfutter und etwas Süßes als Überlebensration, sowie eine Karte für das Udo Lindenberg-Musical 'Hinterm Horizont' in Berlin, zufällig an unserem Hochzeitstags-Wochenende, wo wir sowieso schon in Berlin sind. Super, das gibt ein tolles Wochenende…

So, nun muss ich mich aber beeilen, nach Deutschland zu kommen. Wenn die lieben Freunde und Kollegen anfangen, mich anzurufen, will ich keine Auslandsgebühr bezahlen. Also wird sich schnell gewaschen, rasieren geht eh nicht, da im Waschraum schon wieder kein warmes Wasser vorhanden ist. Ich sehe inzwischen mit meinem Dreitagebart aus wie ausgewandert, der steht mir überhaupt nicht. Manchen Passanten kann man das an ihren Blicken auch schon ansehen.

Also suche ich den schnellsten Weg nach Deutschland, auch schon wegen des morgendlichen Hungers. Ich fahre also schnell die paar Meter zur N18, nicht ohne ein Foto von diesem fremdartigen Haus zu machen. Und weil ich nicht weiß, wann es etwas zum Frühstücken gibt und ich ja jetzt Studentenfutter habe, futtere ich die Reste der Nüsse, die ich vorgestern beim Mittagessen gekauft hatte.



Stilvolles Haus bei Haaksbergen


Kurz vor Enschede, es ist erst Viertel vor Sieben, ist es bereits so warm, dass ich die lange Hose und den Pulli ausziehen kann. Dann muss ich die N18 verlassen, es gibt keinen Radweg mehr, und muss durch Enschede. Aber hier ist das Radfahren überhaupt kein Problem. In der Innenstadt wird heftig gebaut, der Verkehr muss großräumig umgeleitet werden, und für Radler gibt’s eine Spezialumleitung, super. Im Enscheder Stadtteil Roombeek, nördlich des Stadtzentrums, explodierte im Mai 2000 eine Fabrik mit Feuerwerkskörpern und zerstörte ca. 42ha Stadtgebiet, 23 Menschen kamen dabei ums Leben. Bei der Durchfahrt wusste ich zwar, dass da vor einiger Zeit ein verheerendes Unglück passiert war, wusste aber nicht, was. Ich konnte aber auch keine Zeichen davon mehr erkennen.

Ich verlasse Enschede auf einer weniger befahrenen Straße, natürlich mit großzügigem Radweg versehen und erkenne sofort, wo Deutschland beginnt, nämlich genau dort, wo der Radweg verschwindet und nur noch ein Rumpelacker als Weg für Fahrräder vorhanden ist. Oh Mann, Deutschland Autoland lässt grüßen.

In Gronau, der ersten Stadt in Deutschland, finde ich bald, so gegen 7:30 Uhr, ein Café. Mir ist zwar noch schlecht von der riesigen Portion Nüssen, aber ich esse trotzdem zu meinem Kaffee ein belegtes Brötchen. Als ich vom Klo komme, sehe ich, dass jemand angerufen hat, die Nummer kenne ich nicht. Ich rufe zurück, es war Kollege Thomas, bei dem ich vor zwei Jahren auf dem Rückweg von den Dolomiten übernachten durfte. Dann kommt gleich der nächste Anruf, der nächste Kollege wünscht alle Gute und will wissen, wie ich die Regenfluten überlebt habe. Es weiß ja keiner meiner Kollegen von der Routenänderung, also kann er den anderen davon berichten.

Dann geht’s weiter, aus Gronau hinaus auf einer Landstraße mit Radweg Richtung Nordosten. Am Dreiländersee (Holland – Nordrhein Westfalen – Niedersachsen) erreiche ich das nächste Bundesland Niedersachsen. Der Telefonanbieter auf meinem Handy will einfach nicht auf die Deutsche Telekom wechseln, deshalb biege ich kurz darauf, der Radweg ist jetzt übrigens auch obsolet, Richtung Bad Bentheim ab.

Die Gegend hier ist einfach wunderschön, saftige Wiesen wechseln mit wundervoller Heidelandschaft ab. Vor Bad Bentheim muss ich allerdings noch ein paar Höhenmeter nach Gildehaus absolvieren. Und genau auf der Steigung kommt eine SMS von den nächsten Kollegen, die muss ich natürlich sofort beantworten. In Gildehaus biege ich wieder nach Norden ab, auf einem schattigen Weg durch einen Park mache ich kurz Pause, um mich mit Sonnenöl einzuschmieren. Es ist inzwischen nämlich schon ziemlich warm und die Sonne brettert nicht schlecht. Da ruft dann auch meine Frau an, eine SMS aus Bebra kommt, ich bin also mehr mit Kommunizieren beschäftigt, als mit radeln.

Aber dann ist auch das erledigt und ich kann weiterfahren. Die Landschaft bleibt toll, auf einsamen Wirtschaftswegen geht’s an diversen Naturschutzgebieten entlang. Das Wetter ist einfach klasse, zwar scheint die Sonne ungehindert, aber es ist nicht zu heiß durch den immer noch spürbaren Nordwind.
Nach etwa anderthalb Stunden komme ich nach Nordhorn. Ich finde einen Weg am Nordhorn-Almelo-Kanal und bin bald am Hafen. Hier ruft meine jüngste Tochter an und ich schwärme ihr von den schönen Museumsschiffen vor, die hier zu besichtigen sind.

Ich finde einen schönen Weg aus Nordhorn heraus zum Süd-Nord-Kanal. Der Treidelweg am Kanal ist durch alleeartige Baumreihen sowohl vor dem Wind als auch vor der Sonne geschützt. Ich folge dem Kanal mehr als 40km, immer stracks nach Norden. Nach knapp der Hälfte mache ich in Georgsdorf zunächst Mittag. Ich finde in einem Tante-Emma-Laden zwar nur ein Wurstbrötchen mit Cola, aber das reicht völlig. Im nächsten Ort Twist, sehe ich später, hätte es sogar einen Imbiss gegeben.

Hinter Georgsdorf muss ich auf die Straße, vorbei ist’s mit dem schönen alleeartigen Weg am Kanal, aber zunächst gibt’s wenigstens einen Radweg. Das ist zumindest die schnellste Möglichkeit, in meine Richtung zu fahren, nach Norden, zur Nordsee, weil immer nur kerzengerade.

Nach anderthalb Stunden, es ist bereits 13:30 Uhr, biege ich dann nach Osten ab Richtung Haren an der Ems. Dabei komme ich am Dankernsee vorbei. Hier gibt’s einen riesigen Freizeitpark mit Freibad und Wasserski, und am Café am See mache ich dann auch die nächste verdiente Pause bei Kaffee und Kuchen.

Beim Weiterfahren will ich den Weg abkürzen, aber der 'Freizeitpark Schloss Dankern' ist auf dem Navi nicht als solcher zu erkennen, die eingezeichneten Wege sind für Durchreisende gesperrt. Also muss ich den normalen 'Um-Weg' bis in die Innenstadt von Haren machen. In Haren ist man dann allerdings der Ansicht, dass Radfahrer die Innenstadt zu meiden haben, jedenfalls schickt die Radweg-Beschilderung den geneigten Radfahrer um die gesamte Innenstadt herum zum Hafen und von dort in einem riesigen Bogen wieder zurück an die Ausfallstraße. Dabei kann ich zwar den alten Hafen erkunden und im neuen Hafen bewundern, wie ein Frachtschiff auf dem Trockendock aussieht, aber eigentlich wollte ich keine 5km Umweg fahren. Na gut, so ist das halt in Deutschland, jedenfalls geht’s jetzt an der Ems weiter.



Trockendock in Haren


Auch an der Ems gibt es Naturschutzgebiete, und an einem Vogelbeobachtungsturm in der Nähe der Hilter Schleuse gibt’s auch mal ein Foto von mir, ein Rentnerpärchen tut mir diesen Gefallen. An einem weiteren Fotostopp an der Brücke über den Dortmund-Ems-Kanal wird auch das Tagesziel ausgesucht. In Dörpen soll es einen Campingplatz geben, der wird als Ziel bestimmt. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass ich 2000 mit meinem Bruder an Dörpen schon mal vorbeigefahren bin, damals sind wir auf der B70 nach Norden gerast und haben hier kurz die Transrapid-Strecke besichtigt.

Zunächst geht’s aber erst mal durch Lathen, dann immer am Dortmund-Ems-Kanal nordwärts. Gegen 16:30 Uhr fahre ich dann nach Dörpen hinein. Auf der Suche nach einer Essensgelegenheit für heute Abend mache ich aber erst noch einen kleinen Abstecher zum Marktplatz. Es gibt hier einige Lokale, also nicht so eine Pleite wie in den letzten zwei Tagen in Holland.

Der Campingplatz allerdings, er liegt am westlichen Ortsrand, scheint eine alte Wohnwagen-Kolonie zu sein, es gibt aber immerhin einen kleinen Platz zum Aufbauen von Zelten, es darf aber nicht noch ein Camper kommen, das wird zu eng. Am Platz wurde vor kurzem der Rasen gemäht und es liegen noch die Reste vom Schnitt herum. Leider meinen viele Campingplatzbetreiber, dass ein Zeltrasen kurz geschnitten sein muss, was ja nicht verkehrt ist. Wenn allerdings der Schnitt liegen bleibt, versaut man sich das Zelt beim Abbauen, weil der ganze Mist an der Zeltwand hängen bleibt. Also leihe ich mir von einem Wohnwagen-Nachbarn einen Rechen und säubere meinen Platz weitgehend vom Schnitt.

Dann kann ich endlich das Zelt aufbauen. Währenddessen ruft Opa an, er hat schon von meiner neuen Route gehört und beglückwünscht mich zu diesem Entschluss. Jede andere Gegend in Deutschland wäre wettertechnisch eine Katastrophe geworden.

Dann geht’s zum Duschen. Und hier werde ich total überrascht, das hätte ich auf diesem Gelände nicht erwartet. Die Waschräume sind nämlich nagelneu und pikobello sauber und endlich kann ich mich wieder rasieren.

Zum Essen finde ich auf dem Weg ins Zentrum einen Griechen, das ist ja gar nicht so weit wie befürchtet. Auch finde ich einen Platz auf der Terrasse, da brauche ich keine Angst zu haben, dass die vielen Telefonate, die jetzt bestimmt kommen werden, die anderen Gäste stören.

So, jetzt aber erst mal in Bebra anrufen und klar machen, ob meine Frau und ich am nächstes Wochenende kommen können. Das wäre mein letzter Reisetag und die Abschlussetappe nach Hause, die bin ich schon so oft gefahren… Dann rufe ich zu Hause an und wir besprechen das Bebra-Wochenende. Kaum habe ich das Essen bestellt, ruft mich mein Bruder an und lädt mich nach Hamburg ein, um den dreißigsten Geburtstag seines Ältesten am kommenden Samstag mitzufeiern. Das soll eine Überraschung werden, finde ich toll. Ich überlege, ob ich das schaffen kann, die Entscheidung hebe ich bis morgen auf.

Während ich esse, kommt eine SMS von einer Kollegin, also hat auch sie an mich gedacht, wie schön. Mit der Antwort warte ich aber, bis ich fertig gegessen habe. Kaum habe ich die Antwort umständlich geSMSt, da rufen auch schon die besten Freunde an. Die anderen Gäste, zum Glück sind es nicht viele, denken sich bestimmt ihren Teil. Waren das jetzt alle Anrufer? Mit dem Berichtschreiben bin ich erst fertig, als schon alle anderen Gäste gegangen sind.

Ich mache mich nach dem Bezahlen auf den Weg weiter ins Zentrum und suche eine Frühstücksmöglichkeit für Morgen. Ein Bäcker hat bereits um 5:30 Uhr auf, aber keine Tische zum Sitzen. Mal sehen, was ich morgen machen werde. Ich finde auch noch eine Eisdiele, drei Kugeln Milcheis gehen immer. Beim Verlassen der Eisdiele ruft mein Sohn an, vor Schreck fällt mir fast die Waffel mit den Kugeln aus der Hand. Und kaum sind wir fertig, ist die älteste Tochter an der Reihe, sie hat auf der Arbeit ein paar Minuten abzwacken können. Das waren doch jetzt alle, oder?

Ich schlendere zurück zum Campingplatz und halte noch ein kurzes Schwätzchen mit einem Camping-Nachbarn. Das muss ich allerdings abbrechen, als das Handy wieder klingelt. Wer fehlt denn noch? Die fehlenden Freunde sind dran, last but not least. Dann geht’s in die Koje und das Handy muss an einer außen liegenden Steckdose am alten Waschhaus direkt neben meinem Zelt geladen werden.


8.Tag Nach Moorwarfen bei Jever: Zur Küste
  • Donnerstag: 6.6.
  • Tacho: 148 km
  • Höhe: 128 m
  • Sattelzeit: 8:02 Std.
  • Schnitt: 18,4 km/h
  • Übernachtung: 9,70€


Gegen 6 Uhr ist wieder alles verpackt, mit 9°C ist es relativ mild und ich entscheide mich, nur mit Pulli und ohne Jacke zu fahren. Auch fahre ich nicht nochmal nach Dörpen hinein, auf der Strecke wird es genug Bäckereien geben.

Die Straße führt nach Westen und kurz darauf überquere ich die Ems, morgendliche Nebelschwaden machen die Landschaft interessanter als ohne. Hinter der Brücke biege ich gleich wieder ab in Richtung Norden, der Küste entgegen. Bereits im nächsten Ort Heede liegt Flints Backstube direkt an der Straße und lädt mich zu einem Frühstück ein. Irgendwie habe ich mich jetzt daran gewöhnt, morgens Brötchen zu essen, keine Plunderstückchen, also lasse ich mir zwei Brötchen frisch mit Salami und Schinken belegen. Die Bäckerin erzählt, dass hier sonntags die Hölle los ist, viele Holländer kommen über die nahe Grenze, haben wohl inzwischen den Geschmack an Deutschem Backwerk gefunden und kaufen den Laden leer.

Weiter geht’s Ems abwärts. Links von mir soll es laut Karte jetzt einen Höhenzug geben, die 'Borsumer Berge', ganze 14m hoch. Hier ist das schon erwähnenswert.

Hinter Rhede geht’s am Deich weiter. Natürlich gibt’s hier Schafsgatter, aber sie sind so konstruiert, dass sie sich gut umfahren lassen. Ich muss nur kurz abbremsen und kann ohne den Fuß abzusetzen weiterfahren. Noch vor 8 Uhr ziehe ich die langen Klamotten aus, wer hätte noch am Sonntag gedacht, dass es so schön warm wird.



Schafsgatter an der Ems

Der Wind hat jetzt auf Nordost gedreht, kommt also immer noch weitestgehend von vorne, aber ich kann trotzdem Gas geben. Bei Halte liegt auf der anderen Seite der Ems, leider vom Deich größtenteils verdeckt, die riesige Meyer-Werft. Hier befindet sich das mit 504m Länge weltweit größte überdachte Baudock. Nur die Dächer der langen Hallen sind zu sehen, geben aber trotzdem einen Eindruck von der Größe der Anlage. Hier werden viele Kreuzfahrtschiffe gebaut und weil auf Kreuzfahrtschiffen auch Theater von großer Bedeutung sind, ist die Meyer-Werft gleichzeitig Deutschlands größter Theaterbauer. Die Meyer-Werft hat mehr und größere Theater mit wechselnden Bühnenbildern und versenkbaren Orchestergräben gebaut als jedes andere Unternehmen.

Weiter geht’s nach Weener, hier bin ich 2009 von meiner Belgien-Holland-Tour kommend, über die Ems Richtung Oldenburg gefahren. Die Brücke, über die ich damals fuhr, muss bei jedem Stapellauf eines großen Schiffs bei der Meyer-Werft ab- und wieder aufgebaut werden. Was für ‘ne Aktion.



Jolle in Weener

Hinter Weener beginnt dann der Schafscheiße-Slalom. Leider ist das Zeug auch noch relativ frisch und klebt ganz gut am Rad. In Bingum gönne ich mir dann ein zweites Frühstück in einem Tante-Emma-Laden. Dabei rufe ich meinen Bruder in Hamburg an, es ist 9 Uhr, da ist er doch bestimmt schon wach. Und wirklich, er ist mit seinem Sohn, der übrigens heute Geburtstag hat und 30 Jahre alt wird, und dessen Sohn unterwegs nach Sylt, steht am Bahnhof und wartet auf den Zug. Ich melde mich für Samstag an, das gibt bestimmt eine Überraschung für das Geburtstagskind.

Beim Bezahlen frage ich, ob die Fähre über die Ems in Ditzum regelmäßig fährt. Leider weiß man die Fahrtzeiten nicht und ich lege jetzt einen Zahn mehr zu. Wenn die Fähre zur vollen Stunde fahren sollte, muss ich mich beeilen. Zum Glück macht die Ems jetzt einen Bogen nach Westen und der Nordostwind schiebt noch ein bisschen mit. Die Schafsgatter bremsen mich dann aber doch zu stark aus, so dass ich die letzten 5km bis zur Fähre die Straße benutze.

Um 9:55 Uhr fahre ich im Hafen von Ditzum ein und die Fähre liegt noch dort. Etwa ein Dutzend Radfahrer sind bereits drauf und ich finde gerade noch ein Plätzchen an der Reling, um mein Rad dort anzulehnen. Beim Bezahlen macht der Fährmann Scherze, ob das Navi auch gut befestigt wäre. Letztens sei einem Radler bei einer Welle das Rad umgekippt, das Navi hätte sich gelöst und wäre über Bord gegangen. Aber ich kann ihn beruhigen, alles bickelfest.

Und wirklich, es ist kurz nach 10 Uhr, setzt sich die Fähre in Bewegung. Ohne den Turbogang hätte ich ihr wohl nur nachwinken können. Ich mache ein paar Fotos und stecke die Kamera wieder fort. Natürlich schwimmt genau dann eine Robbe keine 10m am Schiff vorbei, zu spät für ein weiteres Foto. Die anderen Fährgäste, alles Radler, stehen gruppenweise zusammen und haben anscheinend kein Interesse an einen kleinen Plausch mit einem alleine Reisenden.

Die Überfahrt dauert etwa eine Viertelstunde, dann kann ich am Zielhafen Petkum wieder von Bord gehen. Im Ort sehe ich gleich einen Radweg-Hinweis Richtung Aurich. Das hört sich doch gut an, könnte meine Richtung sein, also fahre ich erst mal dem Schild nach. Am Ortsausgang geht’s dann über den Ems-Seitenkanal und eine Bahnlinie, dann bleibe ich stehen und versuche, der Route des Radwegs auf dem Navi zu folgen. Also wird Aurich mein nächstes Ziel.

Wieder klingelt das Handy, geht denn der Telefon-Terror von gestern auch heute noch weiter? Mein liebes Schwesterherz ist dran, sie hatte ich noch gar nicht vermisst. Das gibt dann verspätete Geburtstagsgrüße, auch von ihrer Tochter. Ich gebe ihnen den Tipp, dass ihr Neffe in Hamburg heute 30 wird.

Jetzt muss ich aber weiter, sonst wachse ich noch fest. Zunächst geht’s mal wieder auf Wirtschaftswegen durch die Felder, alles ist flach und die Wege sind gut geteert. Die A31 wird überquert, und kurz vor Riepe, ich biege gerade auf die Landstraße ab, fährt von hinten ein einheimischer Radler zu mir auf. Und weil er auch schon oft mit Gepäck unterwegs war, kommen wir ins Gespräch. Er ist auch schon mit dem Rad über die Alpen, und auch mit Freunden als Wanderer über die Almhütten nach Südtirol. Er gibt mir den Tipp, auf dem Deich des Ems-Jade-Kanals nach Aurich hinein zu fahren und nicht die Landstraße zu benutzen.

Zunächst muss ich aber noch auf der Straße bleiben, und in Westerende steht genau an der Kreuzung, an der ich Richtung Kanal abbiegen soll, eine Imbiss-Metzgerei, wie für mich dort hingestellt. Ich bin anscheinend der erste Gast, klar, wer will schon um 11:30 Uhr zu Mittag essen. Ich bestelle eine Bratwurst mit Pommes, das Mädel hinter der Theke ist recht flott und schon 20 Minuten später geht’s weiter.

Am Kanal kann ich dann dem Tipp meines Mitradlers von Vorhin folgen. Inzwischen haben wir auch locker 25°C erreicht und trotz des Gegenwinds, der hier immer noch weht und mir sogar stärker erscheint als heute Morgen, macht mir jetzt die Wärme zu schaffen. Was hier eindeutig fehlt, ist Schatten.

Ich lande im Hafen von Aurich und folge einfach den weiteren Fahrrad-Wegweisern. Es geht Richtung Innenstadt durch das Gerichtsviertel, ein Landgericht liegt neben dem anderen. Eine Fußgängerzone wird auf einer Art Wall umfahren, dann komme ich an eine große Kreuzung. Ein Radweg nach Wittmund wird ausgeschildert, der führt nach Nordosten aus der Stadt und könnte meine Richtung sein. Also nehme ich erst mal den Radweg neben der B210.

Mein Navi zeigt mir dann einen kleinen Radweg-Abzweig in Sandhorst, und mein Entschluss, dort entlang zu fahren, anstatt auf der Bundesstraße, erweist sich als ein Glückgriff. Ich bin nämlich ohne Absicht auf den wunderschönen Ostfriesland-Wanderweg abgebogen. Auch das ist eine alte Bahnstrecke, die bereits 1969 zu einem Wander- und Radweg umgebaut wurde. Der Untergrund ist zwar mehr recht als schlecht, oft geplättelt und teilweise schlecht geschottert, für meine Federung kein Problem, aber landschaftlich ist die Strecke ein Genuss. Der Weg ist vollständig von Bäumen beschattet, was heute ein Segen ist und auch den Wind etwas abhält, und auch immer mal wieder geht’s durch ein Waldstück. Und einsam ist es.



Ostfriesland-Wanderweg als Radweg

Nach gut einer Stunde erreiche ich den Ort Esens und habe noch keine Menschenseele gesehen. Hier kann ich in einem Combi-Markt Nachschub einkaufen und mich auf die letzte Etappe bis zur Küste vorbereiten. Denn jetzt wird’s hart. Bei heftigem Gegenwind, hier gibt’s nichts, was ihn abbremsen könnte, kämpfe ich mich die letzten 6km Luftlinie zur Küste vor. Gegen 14:20 Uhr stelle ich mein Rad an einer Bank direkt hinterm Deich bei Ostbense ab und kann endlich etwas verschnaufen. Das war ziemlich heftig.

Ich lasse es mir aber nicht nehmen, mit dem Fotoapparat den Deich zu erklimmen und ein paar Schnappschüsse von der anderen Seite zu machen. Natürlich ist das Meer nicht da, aber auch das Wattenmeer ist ja ein Meer. Ich radle zunächst auf der meerabgewandten Seite des Deichs weiter, der Wind ist einfach zu heftig. Aber weil er aus Nordosten kommt und ich jetzt nach Osten fahre, habe ich nichts gewonnen, der Kampf geht weiter.



Endlich an der Küste


Bereits nach 1,5km ist mir das am Deich zu anstrengend. Die nächste Gelegenheit nutze ich, um zur parallel verlaufenden Straße zu fahren, hier habe ich wenigstens die Hoffnung, dass es einfacher geht. Der nächste Ort ist Neuharlingersiel. Ich fahre erst in den Hafen, hier legt der Fährverkehr nach Spiekerooge ab. Ein Foto reicht, dann geht’s weiter. Hinter dem Hafen sehe ich ein Schild zu einer Eisdiele, da kann ich nicht vorbeifahren.

Bei Eis und Cappuccino suche ich das Tagesziel. Der Kampf hier an der Küste ist mir doch zu viel, also suche ich einen Weg, der mich direkter um den Jadebusen führt, als dass ich weiter am Deich bleibe. Nach Hamburg habe ich zwar noch zwei Tage Zeit, ich darf aber nicht zu lange herumtrödeln. Ich hoffe, es heute noch bis Jever zu schaffen. Einige der anderen Gäste im Café schauen manchmal zu mir hin, das fällt mir schon auf, aber erst beim Bezahlen werde ich von den Tischnachbarn angesprochen. Natürlich findet man es unglaublich, dass ich von Frankfurt mit dem Rad bis zur Küste gefahren bin, das hört sich einfach zu unmöglich an („Und alles mit dem Rad?“ „Ja, und dabei hab‘ ich noch einen Umweg über Hunsrück und Eifel gemacht!“). Ich liebe diese erstaunten Blicke.

Zwei Kilometer muss ich mich noch nach Osten kämpfen, dann biege ich gegen 15:30 Uhr nach Süden ab. Wenigsten schiebt der Wind jetzt etwas, aber leider nicht so viel, wie er vorher gebremst hat. In Altfunnixsiel (hier gibt’s ganz dolle Ortsnamen) muss ich mich nochmals 5km nach Osten kämpfen, dann geht’s auf der Landstraße direkt nach Süden. Jetzt schiebt der Wind und selbst ein E-Bike hat keine Chance gegen mich.

Ich stelle den Navi um auf Routing und er führt mich problemlos durch Jever, die Innenstadt wird dabei südlich umgangen. Ich werde natürlich auch auf die richtige Ausfallstraße geroutet, was ohne Navi meist schwieriger ist, als in einen Ort hineinzufahren. Auch den Campingplatz Friesland-Camping an einem Badesee in Moorwarfen finde ich schnell.

An der Rezeption gibt es wieder die Aktion mit dem Schlüssel fürs Duschen und Klo. Aber anscheinend bin ich nicht der Erste, der so frühzeitig wieder aufbricht, ich kann ihn morgen einfach in den Briefkasten neben dem Büro werfen. Ich finde einen sonnigen Platz, das Zelt ist schnell aufgebaut und auch schnell trocken. Auch die Plane kann ich noch von den Resten der gemähten Wiese von heute Morgen befreien.

Dann kommt die allabendliche Statusmeldung nach Hause, anschließend gehe ich zum Essen die anderthalb Kilometer in den Ort. Hier gibt es ein etwas seltsames internationales Lokal und ich esse ein Reisgericht. Zum Berichtschreiben finde ich noch genügend Zeit, aber zum Lesen reicht es nicht mehr. Ich bin der letzte Gast und gehe freiwillig wieder zurück zum Campingplatz.

Hier hat sich inzwischen eine kleine Familie neben mich aufgebaut. Mann, Frau (beide Ende 30, Yuppies der besten Sorte) und Sohn (Timon, knapp 3 Jahre). Das Zelt entspricht nur einem Viertel von meinem, man hat es gerade bei Aldi günstig gekauft, Schlafsack gab‘s wohl auch. Mama und Sohn sollen heute Nacht im Zelt schlafen, Papa will im Auto nächtigen. Und weil man so etwas noch nie gemacht hat, ist auch jede Aktion mit einem erheblichen Geräuschpegel verbunden, schließlich hat man sich keine 10m entfernt von mir aufgebaut.

Gegen 23 Uhr werde ich durch die Alarmanlage des Wagens aufgeschreckt, Papa ist wohl irgendwo drangekommen. Sohn plärrt, Autotüren knallen. Nachts um 3 Uhr, Sohn plärrt wieder, Mama ist völlig aufgelöst, Autotüren knallen, von Nachtruhe keine Spur.

Wie soll man sich da von den Tagesstrapazen erholen?


9.Tag Nach Otterndorf (Elbe): Jadebusen, Weser und Wattenmeer
  • Freitag: 7.6.
  • Tacho: 142 km
  • Höhe: 151 m
  • Sattelzeit: 7:54 Std.
  • Schnitt: 17,9 km/h
  • Übernachtung: 9,00€


Ich stehe früher auf als sonst, die Nachbarn sind immer noch nicht zur Ruhe gekommen. Anscheinend hat Papa während der Nacht die Klimaanlage laufen lassen und die Auto-Batterie ist leer. Sohnemann liegt inzwischen im Auto, die Eltern sind aufgestanden und gehen sich augenscheinlich aus dem Weg.

Ich nehme beim Abbauen auch keine Rücksicht mit den Geräuschen, kann mich nur schwer beherrschen, nicht laut zu singen. Zumindest sieht der Nebel auf der Wiese ganz romantisch aus, allein mir fehlt der Sinn danach.

Gegen 5:45 Uhr bin ich bereits unterwegs, froh, dieses Familiengewitter nicht weiter verfolgen zu müssen. Schon nach 15 Minuten muss ich stehen bleiben und die Jacke ausziehen, es wird von Tag zu Tag wärmer. Bereits nach einer halben Stunde finde ich eine schöne große Bäckerei in Sande, es gibt Brötchen und Kaffee. Auch die langen Klamotten verstaue ich gleich in den Packtaschen.

Gegen 7 Uhr erreiche ich in Cäciliengroden den Jadebusen. Hier steht eine Messlatte mit Markierungen der höchsten Sturmfluten. Erstaunlich!



Deichbauer in Cäciliengroden


Ich muss den Jadebusen südlich umfahren, also verläuft der Weg hinterm Deich zunächst Richtung Süden, dann Südosten. Der Wind ist eingeschlafen, so ist es eigentlich am gerechtesten. Ich kann gut Tempo machen, bald ist der Schnitt über 20kmh.



Der Hafen von Varel wird bewacht


In Dangast gibt es genau eine Ampel, keine Ahnung warum überhaupt, und natürlich zeigt sie rot. Ich beachte das Rot nicht, weit und breit ist nur ein Auto zu sehen, und das kommt von vorne. Das bringt mir einen Rüffel von der Fahrerin ein, anscheinend ist die auch noch stolz darauf, dass es so etwas in diesem Kaff gibt.

An der Südspitze mündet die Jade in den Jadebusen, ab hier wird der Deich erhöht und ich muss kurz auf die B437 ausweichen. Dann kann ich wieder vom relativ starken Verkehr auf die ruhige Bäderstraße abbiegen. Es geht auf der Ostseite des Jadebusens wieder nach Nordosten. Wind? Zum Glück immer noch Fehlanzeige.



Windmühle von Seefeld


Ab der Seefelder Mühle lasse ich mich vom Navi zur Fähre nach Nordenham lotsen. Das sind noch gut 20km, mal sehen, ob das klappt. Normalerweise vertraue ich den Routen nicht, die mein Navi so vorschlägt, aber diesmal scheint zumindest die Richtung zu stimmen. Und die Strecke ist auch ganz nett, immer über geteerte Feldwege. Nordenham selbst bleibt östlich liegen, erst am Hafen kann ich den dichteren Verkehr 'genießen'.

Gegen 9:30 Uhr bin ich am Fährableger. Laut Fahrplan soll die Fähre alle 20 Minuten fahren, sie ist weit und breit aber nicht zu sehen. Da reicht die Zeit, mit einem Radler-Pärchen aus Görlitz eine kleine Unterhaltung anzufangen. Sie sind die Weser ab Hannoversch-Münden abwärts gefahren und berichten, dass sehr viel Wasser im Fluss wäre und an einigen Stellen sogar Umleitungen eingerichtet wurden. Da ich ja noch eine Route von Hamburg nach Bebra suchen muss, ist das für mich eine wichtige Information. Also nicht den Weser-Radweg in den Bergen benutzen, höchstens im Flachland, da scheint es keine Probleme zu geben.

Dann kommt die Fähre doch sehr schnell und auch schnell ist sie ent- und wieder beladen, und es geht hinüber nach Bremerhaven. Auf der Überfahrt kommen wir der Skyline von Bremerhaven immer näher. Für einen Frankfurter ist sie nicht erwähnenswert, aber die Görlitzer staunen nicht schlecht.

Schon um 10 Uhr habe ich wieder festen Boden unter den Füßen. Am Hafenbecken haben sich viele junge Leute versammelt, fast alle sind verkleidet, oft auch nach Themen gruppiert. Es gibt Zebras, Löwen, Pinguine und vieles mehr. Und seltsamerweise werden die jungen Leute von einer beachtlichen Anzahl Ordnungshüter bewacht. Ich frage eine Polizistin, was das für eine Demo wäre. "Das ist das Kutterpullen", meint sie. Äh was? Na gut, Google sagt mir dann zu Hause, dass hier eine Ruderregatta der Bremerhavener Studentenschaft stattfindet, und weil sie 2012 im Chaos geendet hatte, wird sie dieses Jahr ordentlich bewacht. Die Kostümierungen sind dabei wohl die Highlights der ganzen Veranstaltung.



Kutterpullen in Bremerhaven


Ich finde sofort den Weser-Radweg und zunächst geht’s jetzt durch den alten Hafen mit den schönen Museumsschiffen des Deutschen Schifffahrtsmuseums, vorbei am Mediterraneo, das wohl gerade saniert wird, und dann vorbei am neuen Hafen über eine etwas höhere Brücke in den Freihafen. Fast eine Stunde lang führt der Radweg durch das Hafengelände. Erst mache ich noch Fotos von den großen Schiffen, doch es sind einfach zu viele. Als ich schließlich und endlich wieder durch den Zoll fahre, bin ich froh, wieder an den Deich zu kommen.



Transportschiffe für Autos


Jetzt geht’s stracks nach Norden, immer am Deich entlang. Und, was soll ich sagen, ein heftiger Wind bläst mir entgegen. Wo kommt der denn plötzlich her? Nach Cuxhaven sind es laut Radwegschild 40km, soll das so lange so weitergehen?

Langsam kämpfe ich mich vorwärts, maximal 15-16kmh sind drin. Und zusätzlich brettert die Sonne herab. Man sollte meinen, dass der Wind etwas kühlt, aber mitnichten. Hinter Wremen fahren zwei Frauen vor mir, eine hat sich schon 50m von ihrer Kollegin abgesetzt und merkt nicht, dass die andere zurückbleibt. Ich fahre langsam an die hintere heran und biete ihr an, in meinem Windschatten weiterzufahren. Windschatten? Kennt sie nicht. Aber dann merkt sie doch, dass es im Windschatten viel einfacher zu fahren geht. Auch sie kommen aus Hannoversch-Münden die Weser herunter und haben von Umleitungen nichts bemerkt. Bald haben wir die Vorausfahrende fast eingeholt, dann macht diese einen Schlenker in eine Einfahrt und verschnauft, mein Schatten schwenkt mit und ich fahre wieder alleine weiter. Ob sie jetzt etwas gelernt haben?



Komposition mit Windrädern und Raps


In Dorum-Neufeld gibt’s den Kutterhafen und an der Wattkante steht als Mittelpunkt des 'Erlebnisraums Wattenmeer' der extra von der Wesermündung hierher transportierte Leuchtturm Obereversand. Ich fahre über die Zuführungsbrücke und stelle mein Rad am Fuß des Turms ab. Die begehbare Leiter reicht etwa 15m hinauf und von dort habe ich einen tollen Rundblick auf das Wattenmeer.



Leuchtturm Obereversand im Nationalpark Wattenmeer


Am Fuß der Zugangsbrücke hat sich inzwischen eine Hochzeitsgesellschaft eingefunden und ich mache ein Foto von Ihnen. Das erinnert mich allerdings an meine Rede zu Hochzeit meiner Tochter, die immer noch nicht weiter gediehen ist. Einer der Gäste ist wohl der Hoffotograf und er bittet mich, ein Foto zu machen, auf dem er auch mal mit der Gesellschaft zu sehen ist.

Dann fahre ich zurück in den Hafen und finde ein windgeschütztes Plätzchen an einer der vielen Buden, wo ich ein Backfisch-Brötchen zum Mittag esse. Die Pause dauert leider nicht ewig, ich muss wieder weiter Richtung Cuxhaven. Und das heißt Kampf gegen den Wind.

Kurz vor Berensch gibt es plötzlich keinen Deich mehr, dafür kann ich über eine Düne auf die meerzugewandte Seite fahren. Deswegen sehe ich aber trotzdem kein Wasser, es ist einfach zu weit weg, nur Weideland bis zum Horizont. Kurz darauf führt der Weg sogar etwas hinauf in einen Wald. Mein Gott, ist das toll hier … kein Wind! Die Bäume lassen nichts durch. Und dann gibt es aus 10m Höhe noch eine rauschende Abfahrt hinunter nach Sahlenburg, das hatte ich ja schon lange nicht mehr.



Blickfang


Die Küste macht nun einen weiten Bogen und verläuft nicht mehr nach Norden, sondern mehr Richtung Nord-osten bis Osten. Das bedeutet für mich, dass sich die Windsituation weitgehend entspannt. Nach drei weiteren Kilometern unterhalb von Dünen erreiche ich Duhnen, einen der wichtigsten Fremdenverkehrsorte am Niedersächsischen Wattenmeer. Natürlich gibt es hier die entsprechende Infrastruktur, Hotels en masse, Ferienhäuser, Restaurants und mindestens eine Eisdiele im Zentrum an einem Platz namens Dorfbrunnen. Dort mache ich nämlich gegen 14 Uhr die nächste wohlverdiente Pause.

Und weil einer meiner Kollege in Cuxhaven, oder besser sogar in Duhnen, aufgewachsen ist, rufe ich ihn kurz an. Er ist völlig perplex, kann es gar nicht glauben. Zu Hause erzählt er mir dann, dass es wenige Meter weiter noch eine Eisdiele gibt, in der er als Jugendlicher gejobbt hat. Na so ein Zufall.

Ich gönne mir eine halbe Stunde Ruhe, dann geht’s weiter. Nach nur 100m sehe ich einen Laden und kaufe Nachschub. Dann führt der Weg an den Dünen weiter (Duhnen braucht wegen der Dünen keinen Deich) Richtung Cuxhaven. Den Aussichtspunkt Kugelbake lasse ich liegen, hier müsste ich das Rad stehen lassen, es sind aber viel zu viele Menschen unterwegs, das ist mir zu unsicher. Es geht in den Hafen von Cuxhaven. Hier sehe ich ein Schild, dass es eine Fähre bis nach Brunsbüttel gibt, deshalb biege ich noch in den Fährhafen ab. Nach Brunsbüttel geht’s allerdings nur dienstags und donnerstags, also Pech gehabt.

Es erweist sich dann als recht schwierig, den Richtigen Weg weiter elbaufwärts zu finden. Irgendwie komme ich aus dem Industriegebiet am Hafen nicht hinaus, schließlich muss ich noch einen Trampelpfad fahren, aber am Ende war das wohl der beste Weg, wie mir ein einheimischer Radler dann bestätigt. Sehr seltsame Wegeführung…

Bald bin ich wieder am Deich, diesmal geht’s Richtung Osten, und das ohne Gegenwind, herrlich. Hier gibt’s auch wieder Schafsgatter, die sind allerdings nicht so elegant zu umfahren wie an der Ems. Man muss jeweils stehen bleiben, mit dem Vorderrad ein Gattertor aufdrücken, den Rest des Rades mitsamt Gepäck hindurchzwängen, und dann aufpassen, dass das zuschwingende Tor nicht an das Hinterrad prallt. Das ist eine sehr umständliche Prozedur.

Ich fahre noch die 10km bis zur Ferienanlage Otterndorf. Und weil ich direkt vor der Einfahrt zur Anlage nicht aus der Weidezone komme, das Gatter ist verschlossen, muss ich noch einen Umweg um das gesamte Feriendorf mitsamt zweier Seen machen, bis ich zur Rezeption komme. Es ist 16:30 Uhr und es reicht mir für heute. Morgen sind es noch 78km Luftlinie bis nach Hamburg zu meinem Bruder, das sollte ich locker schaffen.

Ein paar Meter weiter baut eine junge Familie, Mama, Papa und Krabbelbaby, ein großes Zelt auf. Die Kleine krabbelt durch das gesamte Gepäck und quietscht vor Vergnügen. Die Eltern bauen ohne Stress das Zelt auf, schauen immer mal kurz, dass die Kleine keinen Unsinn macht, und alles ist so problemlos. Das ist das genaue Gegenteil von letzter Nacht, so geht’s also auch.

Mein Zelt ist bald trocken, ich rufe zu Hause an und dann gehe ich um den See zum Lokal Deichkieker am Badestrand. Es gibt Fisch, was sonst. Beim Essen beobachte ich eine Gruppe einheimischer Jugendlicher, die sich hier gegenseitig präsentieren muss. Dabei wird auch kräftig dem Alkohol zugesprochen. Ein gut aussehender junger Mann, er ist hier wohl der Platzhirsch, hat schon zu viel davon genossen und kämpft sichtbar mit seinem Gleichgewicht.

Später wird es ziemlich kühl auf der Terrasse, so dass ich mich frühzeitig wieder auf den Weg zurück zum Zelt mache. Hier hat sich inzwischen ein Radler mit einem Tarp eingefunden. Leider ist er nirgendwo zu sehen, und weil ich nach der Anstrengung heute ziemlich platt bin, warte ich auch nicht und suche meinen Schlafsack von innen auf.



Fortsetzung folgt ...
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#983393 - 21.10.13 06:22 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
Juergen
Moderator
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Beiträge: 14.753
Da waren wir dieses Jahr auf ähnlichen Routen unterwegs und haben gleiche Erfahrungen gemacht!
Fast verhungert wäre ich auf 700Km durch die Eifel diese tote Gegend. Schlimmer waren im Sommer nur die Jauchegruben Ostfrieslands.
In Duhnen gibt es übrigens in netter Forumsbegleitung einen Minigolfplatz mit leckerem Kuchen zwinker

Gruß
Jürgen
ps. Mir gefällt Dein Bericht und ich bin gespannt auf die Brautrede, die Du uns sicherlich noch präsentieren wirst lach
° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° °
Reisen +
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#983426 - 21.10.13 09:46 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Juergen]
luftdicht
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Beiträge: 30
Unterwegs in Deutschland

In der Tat war ich bis jetzt ein wenig Faul mir jeden Text durchzulesen, aber die Eckdaten und die Bilder hab ich mir anschaut. lach
Ich bin begeistert, wirklich schöne Bilder.
Die Tour scheint interessant gewesen zu sein, ich hoffe es hat bis hierhin Spaß gemacht. zwinker
Freue mich schon auf die Fortsetzung. schmunzel
Weizenbier macht schnell, glaub ich jedenfalls!
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#983528 - 21.10.13 17:22 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
DieterFfm
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Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 357
So, weiter geht's mit den Tagen 10 bis 13.
Wer's bisher geschafft hat, darf sich dann noch auf den letzten Teil freuen.
Und wer's nicht geschafft hat, na gut, die Bilder sind leider nicht mehr so der Brüller...



10.Tag Nach Hamburg: Elbe links und rechts
  • Samstag: 8.6.
  • Tacho: 111 km
  • Höhe: 110 m
  • Sattelzeit: 5:54 Std.
  • Schnitt: 18,1 km/h
  • Übernachtung: 0,00€

In der Nacht scheint es recht windig zu sein, zumindest wenn ich wach bin, ist die Zeltwand immer ziemlich am Flattern. Trotzdem ist das Zelt am Morgen nass. Und die Zeltplane ist von gemähtem Gras völlig verdreckt. So ein Mist. Wie immer komme ich gegen 6 Uhr los.

Schon in Otterndorf finde ich eine Bäckerei zu Frühstücken. Sie machen zwar eigentlich erst um 6:30 Uhr auf, aber bereits eine Viertelstunde früher kriege ich ein Salamibrötchen und einen Kaffee.

Ich fahre wieder zurück zum Deich, diesmal kommt der Wind schräg von links, also von Norden. Das ist zwar besser als gestern, aber immer noch ziemlich störend. Und am Deich muss ich wieder den Schafscheiße-Slalom fahren, die Schafsgatter sind immer noch so bescheiden konstruiert und halten nur auf. Aber ich habe ja Zeit … allein, mir fehlt die Geduld. Schon an der nächsten Möglichkeit flüchte ich zur parallel verlaufenden Landstraße.



Containerfrachter Richtung Nordsee


Ich will das Oste-Sperrwerk sehen, also muss ich schon in Belum wieder zum Deich abbiegen. Leider gibt es von der Westseite keinen vernünftigen Zugang, also muss ich erst um den gesamten Oste-Altarm herumfahren, bevor ich wieder zum Sperrwerk abbiegen kann.

Das Oste-Sperrwerk wurde nach der Sturmflut von 1962 gebaut, wobei an der Oste ca. 10.000ha Land überflutet wurden. Mit dem Sperrwerk ist die Deichlinie bei einer Sturmflut um 135km verkürzt. Das Sperrwerk wird geschlossen, wenn der Wasserstand der Elbe es erfordert. Außerdem wird die Zugbrücke zu festen Zeiten hochgeklappt. Leider bin ich genau zu einem solchen Zeitpunkt am Sperrwerk, die Überquerung ist nicht möglich. Also muss ich wieder zurück nach Neuhaus, und erst im nächsten Ort Geversdorff komme ich über die Oste.



Oste-Sperrwerk geöffnet


Dann halte ich mich wieder nach Norden, bis ich im Niemandsland zwischen Deich im Norden und diversen kleineren Orten im Süden, beides sind ca. 2km Luftlinie entfernt, nach Osten fahre (klingt kompliziert, ist es aber nicht ?). Dieser schöne Weg führt über 15km durch die Marsch des Kehdinger Landes, das meist unter dem Meeresspiegel gelegen ist. Trotz des strammen Nordwinds ist es warm genug, um die langen Klamotten auszuziehen. Und dann endlich, kurz vor Freiburg, biege ich nach Südosten ab und der Wind übernimmt schließlich mal die unterstützende Funktion.



Pause im Kehdinger Land


In Freiburg mache ich die nächste Pause in einem Bücherei-Café, d.h. einem Café, in dem man Bücher leihen kann (oder umgekehrt), eine wirklich nette Idee. Zum Kaffee gibt’s einen Nusstaler als zweites Frühstück. Dann ist es nicht mehr weit zur Fähre über die Elbe.

Als Radfahrer habe ich das Privileg, an der Schlange der wartenden Autos vorbeifahren zu können. Eine Fähre legt gerade ab und hat Probleme, bei der momentanen Ebbe im engen Hafenbecken zu wenden. Die nächste Fähre kann deshalb nicht sofort einfahren, so dauert die Ent- und die Beladung ganze 20 Minuten. Für die ca. 6km lange Überfahrt (laut Navi) werden nochmals 20 Minuten benötigt. Ich zähle vier Fähren im Einsatz, alle sichtbar voll beladen, kein Wunder, weil es bis Hamburg keine weitere Elbequerung gibt. Gegen 11:15 Uhr erreiche ich Glückstadt.

Hier bleibe ich zunächst nicht am Deich, sondern suche einen Weg durch eine Wohnsiedlung zur Hauptstraße. An einem Penny-Markt steht ein Hähnchen-Wagen. Ich bestelle ein halbes mit Pommes, und während die Pommes noch heißgebrutzelt werden, fülle ich im Penny meine Wasservorräte auf. Das Hähnchen ist so lala, nicht zu vergleichen mit den Hähnchen, die ich oft donnerstags am Markt an der Bockenheimer Warte esse. Die Pommes sind so viele, dass ich sie kaum packe. Der Hähnchen-Brutzler kann kaum glauben, dass ich mit dem Rad von Frankfurt bis nach Glückstadt gefahren bin. Ein Kollege von ihm bringt Nachschub an gefrorenen Pommes und ich muss meine unglaubliche Geschichte nochmals erzählen.

Hinter dem Binnenhafen von Glückstadt geht’s wieder an den Deich, diesmal bleibe ich auf der Nordost-Seite, wohl wissend, dass der Wind aus Norden kommt und mich heftig vorwärts bläst. So sause ich mit knapp 30kmh nach Süden.

Auf den nächsten 11km bis zum Sperrwerk Krückau werde ich 8 Mal von Schafsgattern aufgehalten, das drückt natürlich den Schnitt. Gegen 12:40 Uhr habe ich das Sperrwerk passiert. Zum Sperrwerk Krückau gibt es noch ein Gegenstück, das Sperrwerk Pinnau. Das Besondere an beiden Sperrwerken ist, dass die Bedienungsmannschaften um 13 Uhr Mittagspause machen und dabei die Zugbrücken hochziehen. Dann ist man zwischen beiden Sperrwerken für eine Stunde gefangen. Ich habe also höchstens 20 Minuten Zeit, die 5,6km nach Pinnau zu schaffen. Ein Radler-Pärchen weist mich nochmal auf die Situation hin und wünscht mir viel Glück.



Sperrwerk Krückau 12:37 Uhr


Also gebe ich Stoff, der Wind hilft weiterhin mit. Aber etwa zur Hälfte der Strecke werde ich jäh gebremst. Ein doppeltes Schafsgatter muss durchfahren werden, das kostet wertvolle Zeit. Dann muss ich wieder Tempo aufnehmen und wirklich, um 12:55 Uhr sehe ich das Sperrwerk, die Zugbrücke ist noch unten. Ich sause zur Auffahrt und schaffe es gerade noch hinüber. Auf der anderen Seite bleibe ich stehen und verschnaufe, da wird die Schranke geschlossen und die Brücke bewegt sich nach oben. Das war knapp.



Sperrwerk Pinnau 12:58 Uhr


Nach 500m steht eine Bank auf dem Deich und ich mache eine wohlverdiente Pause. Dabei lade ich das Gepäck ab und lasse die Zeltplane im Wind und Sonne trocknen. Mit dem Wischtuch wird auch noch der alte Rasendreck entfernt.

Nach einer Viertelstunde geht’s weiter am Deich entlang. Mit Rückenwind sausen, bremsen, Schafsgatter auf, Rad hindurch, Gatter zuknallen lassen, wieder Tempo aufnehmen. Ich kann nicht zählen, wie oft diese Prozedur abläuft. Zu Hause könnte ich das am Track des Navis zählen, habe aber keine Lust.

Im Café am Fährmannssand genehmige ich mir dann einen Kaffee und ein Stück Kuchen, was allerdings nicht zu empfehlen ist. Vielleicht ist man an einem Samstagnachmittag auch nur mit den vielen Gästen etwas überfordert.

Nach Wedel zum Schulauer Fährhaus, dem „Willkommshöft“, ist es dann auch nicht mehr weit. Am Hafen ist ziemlich viel Betrieb, anscheinend lockt das schöne Wetter die Menschen zur Elbe. Vor dem Ort muss ich die Elbe kurz verlassen, ein Kraftwerk will umfahren werden, deshalb geht es kurz durch das Städtchen. Wieder an der Elbe, nehme ich einen Wanderweg etwas oberhalb des steilen Ufers im Naturschutzgebiet Wittenbergen, was mir einige unwillige Blicke von Wanderern einbringt, aber ich habe keinen anderen Weg gefunden. Die Sicht ans andere Ufer der Elbe ist jedenfalls grandios.

Bald geht’s wieder herunter auf ein Sträßchen, dass dann zur Zufahrt zum Elbe Camp mutiert. Hier ist die Hölle los, Autos kreuz und quer geparkt, andere wollen zum Camp oder wieder fort. Mit dem Rad komme ich gerade so durch und bin froh, als die Straße endlich zu einem Radweg wird. Dann erreiche ich Blankenese und bin überrascht, wie unglaublich interessant es am Hang gelegen ist. Viele schöne alte und neue Villen sind vom Ufer aus zu sehen.



Blick auf Blankenese


Vor dem Hirschpark leitet mich dann der Navi nach Norden, steil hinauf zum Mühlenberg und zur Elbchaussee und problemlos werde ich durch die Straßen von Osdorf zu meinem Bruder nach Lurup geführt. Um 15:45 Uhr kann ich dem überraschten und freudigen Geburtstagskind die Pfote schütteln, damit hat er nun nicht gerechnet.

Die Fete hat noch nicht angefangen, also werden erst mal alle bereits vorhandenen Gäste begrüßt. Dann mache ich mich fein, soweit das möglich ist. Mittlerweile sind auch die noch fehlenden Gäste angekommen. Wann habe ich die zuletzt gesehen? Die sind ja alle inzwischen erwachsen!

Das Highlight sind natürlich die Kleinen von meinem Neffen. Was für süße Kinder und beide sind auch kontaktfreudig und haben keine Scheu, als ich Fotos mache. Der Garten ist so weiträumig, dass sie herumtoben können, was sie auch ausgiebig tun.

Es gibt Gegrilltes, dann wird mit allen ausgiebig gequatscht. Die Meisten werde ich ja in drei Wochen bei der Hochzeit wiedersehen. Apropos, ich bin ja immer noch keinen Schritt weiter mit meiner Rede.

Gegen 22 Uhr hat sich die Gesellschaft aufgelöst. Ich kann noch kurz meinen Bericht schreiben, dann geht’s ebenfalls ins Bett.



11.Tag Nach Soltau: Hamburg und Lüneburger Heide
  • Sonntag: 9.6.
  • Tacho: 132 km
  • Höhe: 450 m
  • Sattelzeit: 7:15 Std.
  • Schnitt: 18,1 km/h
  • Übernachtung: 16,00€

Mein Bruder hat sich den Wecker auf 7 Uhr gestellt, ich bin bis dahin bereits fertig und habe meine Taschen gepackt. Dann frühstücken wir gemütlich und bequatschen noch den gestrigen Tag und meine weitere Planung für die kommende Woche. Beim Beladen des Rads bemerken wir, dass das Hinterrad wieder asymmetrisch zum Gepäckträger sitzt und deshalb die Schutzblechbefestigungs-Schraube beim tiefen Einfedern am Rahmenrohr schleift, also dasselbe Phänomen wie an der Maas. Es ist schon eine deutliche Kerbe zu sehen. Wir versetzen das Schutzblech schnell noch etwas, hoffentlich schleift es jetzt nicht am Hinterrad.

Kurz nach 8 Uhr geht’s dann wieder los, zunächst Richtung Elbe. Dort biege ich nach Osten ab, immer an der Elbe entlang, und benutze dabei auch einen für Radler gesperrten Uferweg. Aber um diese Zeit ist hier an einem Sonntag recht wenig los, ich störe also niemanden. Bald erreiche ich wieder eine Straße am Övelgönner Museumshafen, es geht ein Stück bergauf bis zur Elbchaussee, unten tobt der Fischmarkt. Die Elbchaussee führt schließlich wieder herunter an den Fluss. Hier versuche ich, auf dem breiten Fußweg zwischen Straße und Anleger-Brücken zu fahren, es sind aber viel zu viele Fußgänger unterwegs, da bleibe ich lieber auf der Straße.

Vorbei an den Landungsbrücken sehe ich die Immer-Noch-Baustelle der Elbphilharmonie. Richtung Speicherstadt bin ich dann endlich fast alleine auf dem Radweg, gegenüber liegt das Miniatur-Wunderland und das Hamburg Dungeon.



Baustelle Elbphilharmonie




Speicherstadt mit Miniaturland und Dungeon

Ich suche etwas und finde dann den Weg zu den Elbbrücken, wo, man höre und staune, es einen Radweg hinüber nach Georgswerder gibt. Hier fahre ich auf ein Pärchen auf und wir unterhalten uns kurz. Sie haben gerade Feierabend, kommen von der Schicht.

In Wilhelmsburg verliere ich die bisher gute Radweg-Beschilderung. Wieder suche ich etwas und frage eine Passantin. Die Internationale Gartenschau Hamburg wurde in den Park gelegt, durch den der Radweg eigentlich führt, und weil die Schau Eintritt kostet, kann man da nicht so einfach durchfahren. Leider hat man vergessen, eine Umleitung für den Radweg rechtzeitig auszuschildern. Die Frau gibt mir einen Tipp und bald finde ich wieder die Schilder Richtung Brücke über die Süderelbe.

Eigentlich will ich ja hinter der Brücke gleich an den Elbedeich weiter Richtung Osten fahren, aber ich finde den Weg nicht. Und das trotz Navi, wie peinlich. Stattdessen fahre ich auf einer Straße nach Osten, und plötzlich ist die zu Ende und nur ein Feldweg führt weiter in den nächste Siedlung. Ein Feldweg ist für mich kein Problem, der Navi zeigt auch an, dass ich von dort letztlich an den Deich komme, also vorwärts.

Endlich am Deich, habe ich Hamburg auch schon verlassen. Es geht durch Bullenhausen und an der Seevemündung schaue ich mir die Karte etwas genauer an. Ich will zwar nach Süden, aber welche Strecke soll ich nehmen? Die Lüneburger Heide sollte das nächste Ziel werden. An der Luhe gibt’s zwar anscheinend einen Radweg, aber der Weg erscheint mir etwas zu direkt nach Süden zu führen. Ich wähle den Radweg entlang der Ilmenau, der führt in einem Bogen zunächst nach Lüneburg.

Auf dem Weg zur Mündung der Ilmenau bei Stöckte treffe ich auf einen Radler, der ziemlich ratlos nach etwas sucht. Er wollte bei einer ADFC-Tour mitfahren, ist dabei aber zu spät am Treffpunkt angekommen und versucht nun, zum nächsten Tourpunkt zu fahren. Er nimmt mich ein Stückchen mit, kennt sich hier etwas aus und empfiehlt mir den Ilmenau-Radweg. Bei seinem Tempo muss ich schon etwas in die Pedale treten, bis zur Fähre Hoopte-Zollenspieker kann ich mithalten, dann biege ich zum Fähranleger ab, um etwas zum Mittagessen zu finden.

Bei den Elbfähren sammeln sich gerne Motorrad-Gruppen und hier gibt’s dann auch oft Imbiss-Buden. Ich kaufe ein Bratwurst-Brötchen, und die blöde Kuh am Imbiss knallt mir ein ganzes Kilo Senf auf die Wurst. Der läuft mir natürlich beim Hineinbeißen auf die Finger und versaut den ganzen Tisch, an dem ich mich niedergelassen habe. Egal, sollen die vom Imbissstand die Sauerei wieder wegwischen.

Von hier kann ich natürlich auch die Elbe gut sehen. In den Nachrichten wurde vor der Hochwasserwelle gewarnt, die momentan von Brandenburg und Sachsen-Anhalt elbabwärts rollt und Niedersachsen schon erreicht hat. Das Wasser hat das Flussbett zwar noch nicht verlassen, steht aber kurz davor. Bis übermorgen soll hier alles überflutet sein, der Wasserspiegel bis an die Deichkronen reichen. Deshalb haben sich auch schon einige Schaulustige eingefunden.

Ich finde sofort den Ilmenau-Radweg. Der herrliche Weg führt auf geteerten Wirtschaftswegen durch viel Landschaft, an vielen kleinen Höfen vorbei immer in der Nähe des Baches. Bei Barum knickt er dann nach Süden ab, Richtung Lüneburg. Hier mache ich dann erstmals mit der Heide und den Binnendünen Bekanntschaft, der Weg ist zwar breit, und es fährt sogar mal ein Auto darauf, aber er ist total versandet und der Wagen zieht eine riesige Sandwolke hinter sich her. Neben dem Weg gibt’s aber zum Glück einen festen Trampelpfad, auf dem es sich viel besser radeln lässt, als auf dem breiten Wirtschaftsweg.



Hausboot mit Wohnzimmer und Terasse


An der Ilmenau fahre ich dann nach Lüneburg hinein, erst am alten Hafen, dann bis ins Zentrum. In der Altstadt stehen viele alte Häuser mit tollen Klinkerfassaden. Am Platz am Sande finde ich ein Café und gönne mir, es ist etwa 13:15 Uhr, eine ausführliche Pause bei Kaffee und Kuchen.



Lüneburg Marktplatz mit Ratskeller


Dann muss ich etwas suchen, um den richtigen Weg aus Lüneburg heraus zu finden. Das wäre nur mit meiner Karte noch viel schwieriger, als mit Hilfe des Navis. Nur mit Karte ist es kein Problem, einen Ort zu finden, den richtigen Weg heraus ohne zu fragen oft unmöglich.

Die Sonne knallt inzwischen mächtig herunter, und jetzt beginnen die Hügel, brettflach war einmal. Auf dem Lüneburger-Heide-Radweg fahre ich nach Südwesten. Zum Glück gibt es hier einige Wälder, die die Heideflächen etwas auflockern und natürlich die ersehnte Abkühlung bringen. Bei Wetzen fährt ein junger Rennradler zu mir auf und wir unterhalten uns kurz. Neben mir fahrend inspiziert er mein Rad, interessiert sich dann aber mehr für mein Navi, den externen Akku Zzing und welche OSM-Karten ich im Navi geladen habe. Dann trennen sich unsere Wege wieder.

Die Hügelchen werden immer mehr zu Hügeln, es kommen auch immer mehr Radler entgegen, aber keiner nimmt Notiz von mir. Gibt’s hier etwa häufig Reiseradler, die beladen sind wie ich? In Bispingen hole ich an einer Eisdiele nur ein Eis in der Tüte, hier ist es so voll, dass ich keinen Sitzplatz finden kann. Dafür kann ich gegenüber im Schatten auf einer Parkbank Platz nehmen.

Dann geht’s wieder weiter, diesmal mehr und mehr hinauf und ich überfahre die 100mNN-Marke. Bald kann ich Soltau erahnen, ist doch die Achterbahn des Heideparks schon von weitem über den Bäumen zu erkennen. Laut archies.com gibt’s bei Soltau mehrere Campingplätze, ich suche den nächsten an meiner Route und fahre ihn an.

Der Platz entpuppt sich als „Premium Camping“, was immer das sein soll. Aber als ich beim Check-In ganze 21€ berappen soll, ist mir das Ganze dann doch zu happig und ich frage, ob’s da keinen Nachlass gibt. Ich muss auf den Chef warten und der gibt mir sofort 5€ wieder, die Kollegin wäre noch neu und wüsste noch nicht, dass Radler nicht voll zu zahlen brauchten.

Mein Platz liegt im Schatten, aber ich muss ja kein Zelt trocknen, auch die Plane ist von gestern noch trocken. Nach dem Duschen rufe ich in Hamburg an, aber es meldet sich keiner. Dann ist die Heimat dran, ich werde daran erinnert, dass ich nach meiner Heimkehr noch ein Zimmer zu renovieren habe. Das wollte ich auch genau jetzt hören.

Zum Essen bleibe ich auf dem Platz, das Lokal scheint nicht schlecht zu sein. Heute ist Bratentag und es schmeckt einfach klasse. Vollgefressen (zum Braten gab‘s auch noch Gemüse und Salat satt) rolle ich zurück zum Zelt, falle sofort in den Schlafsack und schon gegen 21:30 Uhr bin ich eingeschlafen.


12.Tag Nach Mardorf (Steinhuder Meer): Heide und Weser
  • Montag: 10.6.
  • Tacho: 149 km
  • Höhe: 322 m
  • Sattelzeit: 8:27 Std.
  • Schnitt: 17,5 km/h
  • Übernachtung: 9,50€

Um 4:45 Uhr habe ich bereits ausgeschlafen, ich stehe auf und baue ab. Es ist 5°C kalt und alles ist nass. Aber was soll’s. Im Waschraum läuft ein Radio und der Wetterbericht informiert über Unwetter in der Schweiz (bin ich froh, dass ich nicht die Alpentour gemacht habe), hier aber soll’s erst Hochnebel geben, dann bis 22°C, also allerbestes Radelwetter.

Kurz vor 6 Uhr habe ich alles aufgeladen und es geht wieder weiter, zunächst natürlich nach Soltau hinein, auf der Suche nach einer Bäckerei. Aber Fehlanzeige, hier gibt’s nix. Weder eine offene, noch überhaupt. In der Fußgängerzone sehe ich einen Tchibo-Laden, der macht aber erst um 9 Uhr auf. Ich frage einen jungen Mann am Straßenrand, und der schickt mich zu einer Tankstelle in der Lüneburger Straße, sonst kenne er auch keine Bäckerei. Unglaublich!

Ich esse zwei belegte Brötchen und um 6:30 Uhr bin ich wieder unterwegs. Ich suche und finde die Straße nach Westen Richtung Visselhövede, es geht gleich ordentlich rauf. Am Ortsausgang, direkt am letzten Haus, liegt ein totes Reh auf dem Radweg. Hier scheint es häufig Wildunfälle zu geben, alleine auf den nächsten 6-8km zähle ich 8 Schilder mit Hinweisen auf einen Wildunfall, teilweise sogar mit dem Datum des Vorfalls. Einer davon war erst gestern. Hier gibt’s halt viele Wälder…

In Frielingen biegt die Straße nach Süden ab, und weil die Radweg-Beschilderung geradeaus zeigt, bleibe ich auf einem kleinen geteerten Wirtschaftsweg in Richtung Westen. Dann kommt ein letztes Haus, ein Bahnübergang, und schließlich ist der Weg nur noch eine Sandpiste. Ich komme nur langsam und vorsichtig durch die Gilkenheide, muss schauen, dass ich nicht im Sand stecken bleibe, denn Anfahren ist hier fast unmöglich.

Endlich ist der Wald zu Ende und der Weg wird besser. Auf der nächsten Anhöhe steht die alte Radarstation von Visselhövede, die mir noch von meiner Bundeswehrzeit wegen des seltsamen Namens in Erinnerung geblieben ist. Ab hier geht eine Straße wieder abwärts nach Visselhövede hinein und hindurch. Dann bleibe ich auf der Straße Richtung Verden, und weil es jetzt so gut geht, werde ich übermütig und folge dem ausgeschilderten Radweg. Ich habe ja von vorhin nichts dazugelernt, die Radwege in der Heide sind bekanntermaßen häufig von übler Qualität. Diesmal erwischt mich wieder Kopfsteinpflaster, aber wenigstens gibt es eine schmale befahrbare Spur am Straßenrand.

Das Wetter braucht heute etwas länger, um die Wolken loszuwerden, immer wieder schiebt sich eine Hochnebelschicht vor die Sonne. Es bleibt kühl.

Schließlich lande ich in Kirchlinteln, mal wieder auf der Suche nach einer Bäckerei für das zweite Frühstück. Im Navi ist leider nichts eingetragen und fast fahre ich an einer tollen Landbäckerei vorbei, habe einfach nicht damit gerechnet, hier so einen Laden zu finden. Diesmal gibt’s frischen Apfelkuchen und Kaffee und die Pause dehne ich genussvoll auf eine halbe Stunde aus. Ich frage die Verkäuferin nach einem Erdbeerstand, die sollte es doch inzwischen auch hier geben. Sie kennt einen Stand kurz vor Verden und weil ich sowieso in diese Richtung fahre, mache ich dort bereits nach einer Viertelstunde die nächsten Rast. Für 2,30€ gibt’s ein Pfund köstliche frische rote Früchte und ein kleines Schwätzchen mit der Erdbeerverkäuferin. Sie haben heute den Stand erst vor kurzem eingerichtet und ich bin einer der ersten Kunden. (Und dann gleich so ein verrückter Reiseradler)

Verden lasse ich schnell hinter mir, auf der Allerbrücke wird die Stadt Richtung Westen verlassen. Die Aller hat noch sehr viel Wasser, teilweise sind die Ufer überschwemmt. Schnell habe ich auch die Weser überquert, hier scheint der Wasserstand fast normal zu sein. Jetzt befinde ich mich auf dem Weser-Radweg und biege nach Süden ab. Die Wolken und der Hochnebel haben sich aufgelöst, die Sonne kann ihre Kraft auf mich übertragen, na ja, vielleicht ist es auch der leichte Rückenwind, der mich vorwärts schiebt. Jedenfalls kann ich endlich die lange Hose und den Pulli ausziehen.

Auch ohne Schilder hätte ich bemerkt, dass ich den Weser-Radweg erreicht habe, es sind nämlich viele Radler unterwegs. Nachdem ich gestern und heute noch keinen einzigen Reiseradler gesichtet hatte, sind sie hier pärchenweise unterwegs oder gleich in ganzen Gruppen zu finden.

Der Weg macht viele Schlenker und Schleifen, aber ich habe ja Zeit, den Fluss sehe ich eigentlich nicht und auch das ist mir ziemlich Wurscht. Es geht sehr idyllisch durch viele kleine Dörfer und Höfe.

In Hoya suche ich schließlich einen Metzger und eine Passantin schickt mich etwas abseits vom Radweg zu einer Metzgerei mit Bistro. Ich esse endlich mal wieder ein leckeres Schnitzelbrötchen. Ich überlege, ob ich hier schon mal war. 2006 bin ich auf der anderen Flussseite auf der Bundesstraße nach Süden gesaust, dort gab es auch einen Weser-Radweg. Soll ich die Seite wechseln, um schneller vorwärts zu kommen? Nö, ich muss ja sowieso einige Schleifen einbauen, um nicht schon übermorgen in Bebra zu sein.

In Marklohe nehme ich dann doch eine Abkürzung, ich muss ja nicht jedem Schlenker des Radwegs folgen. Ich bleibe auf der Landstraße, während der Weser-Radweg nach Nienburg abbiegt und den Fluss überquert. Ich fahre eine kleine Anhöhe hinauf, was auch mal etwas Abwechslung bedeutet, und habe einen schönen Blick auf die Flusslandschaft. Dann geht’s wieder 30Hm herunter nach Liebenau, in einer Eisdiele mache ich die verdiente Nachmittags-Pause. Der Laden ist etwas seltsam, der deutsche Juniorchef drangsaliert den älteren italienischen Kellner, obwohl der von Eis mehr zu verstehen scheint.

Ich suche mein Tagesziel und finde auf Karte und Navi am Nordufer vom Steinhuder Meer mehrere Campingplätze, einen davon werde ich anfahren. Wieder geht’s durch die Weser-Auen und hinter einer Brücke kommt mir der Weg entlang der Kiesgruben dann doch bekannt vor. Hier war ich 2006, nur war das Wetter damals nasser und kälter.



Kilimandscharo von Bokeloh


In Stolzenau wechsele ich die Weserseite, jetzt geht’s wieder nach Osten. Ich lasse mich diesmal vom Navi routen und bin überrascht, welche schöne Strecke er ausgesucht hat. Auf geteerten Feldwegen geht’s durch die schöne Landschaft, der kleine Abzweig zur Düsselburg, eine frühmittelalterliche Ringwallanlage, geht allerdings auf mein Konto.

Anschließend geht’s hinunter nach Rehburg, dann über den Rundweg zum Steinhuder Meer und hier auf die Nordseite. Das Steinhuder Meer ist 29km² groß und der größte See in Nordwest-Deutschland, ist max. 2,9m und durchschnittlich 1,35m tief. Mit dem Rundweg wird der See auf 35km Länge umrundet, er führt an einigen Aussichtstürmen vorbei, die einen Einblick in die See- und Moorlandschaft mit Feuchtwiesen und Auwäldern geben.

Der erste eingezeichnete Campingplatz in Mardorf scheint mir mehr ein Wohnwagen-Abstellplatz zu sein, der zweite Platz "Mardorf Nord" sagt mir dann schon eher zu. Ich suche ein sonniges Plätzchen und wie immer ist alles schnell getrocknet. Leider gibt’s am Platz nur einen Kiosk, der Chef empfiehlt ein Lokal am See, etwa 30 Minuten zu Fuß entfernt. Egal, Laufen ist eine andere Bewegungsform als Radfahren und deshalb ein guter Ausgleich. Auf dem Weg zum Lokal komme ich am Seeufer an zwei weiteren Campingplätzen vorbei, die waren in meiner Campingplatzsammlung von Archies.com nicht enthalten. Im Restaurant esse ich eine Forelle, riesengroß und gut.

Der Weg zurück scheint kürzer zu sein als zuvor, nur verpasse ich fast den Abzweig vom See zum Platz. Eine Jugendgruppe aus Hannover hat sich inzwischen am Campingplatz eingefunden, aber zum Glück ist ihr Lager weit genug von meinem Standort entfernt, das sollte heute Nacht keine Probleme geben.



13.Tag Nach Lemgo: Bückeberg und Extertal

  • Dienstag: 11.6.
  • Tacho: 105 km
  • Höhe: 812 m
  • Sattelzeit: 6:45 Std.
  • Schnitt: 15,5 km/h
  • Übernachtung: 10,00€

Es ist 7°C kalt und um 5:45Uhr ist alles verpackt. Ich fahre zunächst hinunter an den See und biege dann nach Osten ab, den Rundweg um den See nutzend. Am Ostufer rolle ich durch eine fremdartige Moorlandschaft, teilweise auf Holzstegen, die manchmal auch vom Hauptweg in den Sumpf abzweigen, auf Infotafeln wird alles interessierten Wanderern erläutert. Der Weg wird auch von Pendlern genutzt, die mich hier mit einem Affenzahn überholen, natürlich einen morgendlichen Gruß ignorierend. Nur einmal erwidert ein Fußgänger kurz vor Steinhude meinen Gruß.



Morgen-Impressionen am Steinhuder Meer


Im Ort finde ich sofort eine Bäckerei und endlich gibt es um 6:30 Uhr Frühstück. Die Chefin ist gut aufgelegt und erzählt ihren Kunden von ihrem tollen Wochenende in Berlin. Dann kommt der Fußgänger von vorhin, trink auch einen Kaffee, erkennt mich wieder und wir haben ein nettes Gespräch.

Hinter Steinhude blinkt der Kilimandscharo von Bokeloh in der Sonne (wenn sie mal durch die Wolken bricht). Ich muss die ersten kleinen Hügel erklimmen, um die höheren Erhebungen kann ich mich noch herumschlängeln. Dann geht’s wieder abwärts und kurz vor dem Mittallandkanal fahre ich an einer Hofeinfahrt vorbei, in der viele Gegenstände silbern angestrichen, oder in Silberfolie verpackt, herumliegen. Am Zaun zum Hof hängen viele Bilder, die sichtlich bereits vor diversen Jahren aufgenommen wurden, wo immer dieselben Personen in unterschiedlichem Alter dargestellt sind. Am Nachbarhof kommt gerade ein Mann mit Kind aus der Einfahrt und ich frage, ob hier eine Hochzeit stattgefunden habe. "Ja" sagte er, "eine Silberhochzeit." Diese Info könnte man vielleicht auch bei 'meiner' Hochzeit … Schauen wir mal.



Orginelle Silberhochzeit


Dann geht’s auf einer Brücke über den Mittellandkanal und ich kann zwei Schiffe beobachten, die gerade aneinander vorbei schwimmen. Die Radweg-Beschilderung schickt mich kreuz und quer nach Stadthagen, egal, ich habe ja Zeit. Auf dem Marktplatz von Stadthagen ist gerade ... na? was? Natürlich, Markt. An einem Obststand kaufe ich zwei Äpfel und ein Pfund Erdbeeren. Eine Bank am Alten Rathaus lädt zum Pausieren und Verspeisen der Erdbeeren ein.

Leider finde ich keine weiteren Radweg-Schilder, so dass ich aus der Stadt heraus mir den Weg selbst suchen muss. Ich stoße auf die vierspurige B65, die hier zum Glück einen breiten Radweg hat. Die Erdbeeren haben mich eigentlich nicht richtig gesättigt, so dass ich schon nach einer halben Stunde die Bäckerei an einem Penny-Markt zum zweiten Frühstück nutze.

Bald darauf entschließe ich mich, die B65 zu verlassen und nach Obernkirchen abzubiegen. Es geht leicht einen Hügel hinauf, links liegt der Bergzug des Bückebergs. Hier soll der Böxenwolf nachts einsamen Wanderern auf den Rücken springen und erst nach einiger Zeit von ihnen ablassen. Glücklicherweise ist es hell, also keine Gefahr.

Endlich finden sich auch Beschilderungen in meine Richtung, und ihnen folgend sause ich 50Hm hinunter nach Bad Eilsen. Der Ort hat wohl auch schon bessere Zeiten gesehen, einige prachtvolle alte Villen scheinen ziemlich verfallen zu sein. In Bad Eilsen soll, einer alten Volkssage nach, vor langer Zeit ein Meteorit eingeschlagen sein und den Teufel, der gerade dort stand, in Grund und Boden gequetscht haben. Doch der Teufel kam wieder hervor und verfluchte den Ort, und so seien mit die besten Schwefelquellen Europas entstanden.

Bad Eilsen liegt im unerwartet engen Tal der Aue, direkt in meiner Fahrtrichtung erhebt sich das Wesergebirge, dort muss ich drüber. Ein Taleinschnitt ist zunächst nicht zu sehen, aber wenn die Autobahn A2 hier durchkommt, wird es für mich auch eine Möglichkeit geben. Ich folge zunächst der Radweg-Beschilderung Richtung Minden, merke aber bald, dass das nicht meine Richtung sein kann. Deshalb biege ich kurz nach Nordosten ab, fahre also eigentlich wieder ein Stück zurück, und finde die B238 mit Radweg Richtung Rinteln.

Neben der Straße sehe ich die Aussichtsplattform "Jahrtausendblick" der "Erlebniswelt steinzeichen", die zur Expo 2000 in Hannover hier errichtet wurde. Leider habe ich keine Möglichkeit, von dort oben einen Blick in die Runde zu werfen. Dann kann ich es 100Hm hinunter nach Rinteln laufen lassen. Die Brücke der B238 über die Weser ist wegen einer Baustelle gesperrt, ich muss zurück und über die alte Brücke hinüber in die Altstadt.

Wieder ist am Marktplatz Markt, an einem Metzgerstand esse ich eine Currywurst. Die ist aber nur für den 'hohlen Zahn', fast habe ich hinterher noch mehr Hunger als vorher. Ich beobachte eine größere Gruppe Radler auf dem Marktplatz einfallen und von den Anführern bekommen sie eine Stunde Freizeit zur Verfügung. Einige suchen die St.-Nikolai-Kirche am Marktplatz heim, andere verteilen sich auf die ansässigen Restaurants. Das ist mal wieder Zeit für mich, die Flucht zu ergreifen.

In Rinteln mündet der Bach Exter in die Weser, und im Tal der Exter gibt es einen Radweg, der ziemlich gradlinig in Richtung Süden zeigt. Zunächst führt der Radweg auf einer Nebenstrecke. Parallel dazu verläuft noch eine Landstraße und ich biege kurz darauf ab, um zu sehen, wo es sich besser fährt. Die Landstraße hat zwar zunächst einen Radweg, aber auch ziemlich viel LKW-Verkehr. Als der Radweg schließlich endet, biege ich wieder ab zum beschilderten Radwanderweg. Der klettert allerdings am östlichen Rand des Extertals an den Hängen 40Hm hinauf, 30Hm wieder herunter, 80Hm rauf, 30Hm runter. Alles in Allem also eine ziemlich anstrengende Angelegenheit, man beachte die geleisteten Höhenmeter in der Tagesstatistik. In Meierberg überschreite ich die 250mNN, dann geht’s wieder herunter nach Bösingfeld.

Zwar konnte ich in Rinteln eine Currywurst herunterwürgen, aber bereits eine Stunde später finde ich in Bösingfeld eine Metzgerei und dort ein Frikadellenbrötchen, Schnitzel sind bereits vergriffen.



Baum im Baum


Ja, was soll ich sagen, hinter Bösingfeld geht’s wieder hinauf, diesmal auf über 300mNN. Ich hätte nicht erwartet, hier im Extertal so heftige Steigungen zu finden. Das war‘s dann aber fürs erste, jetzt sause ich wieder hinunter nach Bartrup auf 120mNN und der Extertal-Radweg ist Geschichte.

Ich biege nach Westen ab Richtung Lemgo, wieder auf einem schönen Radwanderweg. Ich muss feststellen, dass es in dieser Ecke Deutschlands, nämlich Schaumburg-Lippe, viele schöne Wege für Radfahrer gibt. Kompliment.

Bis jetzt habe ich bereits über 700 Höhenmeter in den Beinen und meine Motivation ist für heute so ziemlich aufgebraucht. Am Ortseingang von Lemgo finde ich eine kleine Eisdiele und bei einem Cappuccino und drei Kugeln Milcheis suche ich nach dem Tagesziel. Das erweist sich als ziemlich schwierig, weil außer dem Campingplatz in Lemgo die nächsten Plätze ziemlich weit entfernt oder ungewiss sind. Entweder gibt es sie nur auf der Karte, oder nur auf dem Navi, oder sie liegen so tief in der Pampa, dass ich befürchte, am Abend nichts zu essen zu bekommen. Ich wähle zunächst einen Platz bei Detmold, Luftlinie so ca. 15km entfernt.

Das sollte ich locker schaffen, also kann ich mir die schöne Altstadt von Lemgo noch anschauen. Lemgo ist übrigens Hansestadt und im Mittelalter durch Handel sehr einflussreich gewesen. Im Dreißigjährigen Krieg allerdings verlor die Stadt allen Einfluss und Reichtum und blieb eine kleine Ackerbürgerstadt. In den anschließenden Jahren wurden 272 Menschen durch die Hexenverfolgung getötet, eine im Raum Lippe einmalige Anzahl. Ich radle im Schritttempo über den Kirchplatz, schaue mir dabei die Nikolai-Kirche an, da kommt ein Polizist auf den Platz gelaufen, sieht mich und hält mich an. Hier sei eine Fußgängerzone und Radfahren verboten, meint er. Dann fragt er mich über meinen Navi aus und wir diskutieren über die Vor- und Nachteile von so einem Gerät. Dann wünscht er mir noch eine gute Fahrt, allerdings außerhalb der Fußgängerzone.



Kanzlerbrunnen in Lemgo


Also schiebe ich die paar Meter bis zur nächsten Straße und suche dann einen Weg aus der Altstadt heraus. Dabei sehe ich auf dem Navi, dass der Campingplatz von Lemgo direkt an die Altstadt grenzt. Das ist für mich Grund genug, für heute Schluss zu machen. Es ist zwar erst 15:30 Uhr, aber so kann ich auch mal einen Nachmittag in Kultur machen. Ich fahre zum Campingplatz, eine alte Frau muss extra aus ihrem Wohnwagen kommen, damit ich mich anmelden kann. Hier ist es verboten, eine Plane unter das Zelt zu legen, aber weil ich alleine auf der Zeltwiese bin, kontrolliert das sowieso keiner. Erst wird die Plane getrocknet, dann das Zelt drauf gestellt und trocknen kann es von alleine.

Zum Duschen gibt’s Chipkarten aus dem Freibad nebenan, sie wird mit 10€ aufgeladen. Leider sagt die Alte nicht, wie die Karten zu benutzen sind. Dort wird nämlich nach der Duschzeit abgerechnet, auch wenn man das Wasser abstellt, man muss die Karte aus dem Automaten entfernen. Dadurch kostet das Duschen 1€ extra, sehr teuer.

Dann gehe ich zu Fuß zurück in die Altstadt auf der Suche nach einem Getränkeladen, leider gibt’s das hier nicht. Vor einem Seniorentreffpunkt frage ich zwei dort stehende Personen nach einem Laden und sie bieten mir an, von ihren Getränken in meine Leergutflasche etwas abzufüllen. Sehr nett, aber auch sehr ungewöhnlich.

Ich bringe die Flasche zurück zum Campingplatz, gebe meine Chipkarte zurück und gehe dann wieder in die Altstadt zum Essen. Am Ende der Mittelstraße finde ich eine Pizzeria und hier kann ich mir das schnell erlahmende Treiben einer Kleinstadt anschauen. Bereits um 18 Uhr haben alle Geschäfte geschlossen. Ich kann meinen Bericht schreiben und lesen. Als es langsam dunkler wird, ziehe ich meinen Kapuzenpulli an und schlendere langsam wieder zurück zum Campingplatz. Dabei achte ich auf die Öffnungszeiten von diversen Backshops, das sieht schlecht aus für ein Frühstück morgen früh.


Fortsetzung folgt ...
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#983530 - 21.10.13 17:25 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Juergen]
DieterFfm
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In Antwort auf: Juergen

ps. Mir gefällt Dein Bericht und ich bin gespannt auf die Brautrede, die Du uns sicherlich noch präsentieren wirst lach


grins lach grins
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#983535 - 21.10.13 17:45 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
joeyyy
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Respekt für Deine Disziplin, soooo früh aufzustehen. Das schaffe ich nie, obwohl ich es mir manchmal auf Reisen vornehme.

Und Deine Erlebnisse auf den Campingplätzen kann ich sehr gut nachvollziehen. Allerdings kann ich das überhaupt nicht leiden, deshalb zelte ich zumeist allein an versteckten Orten (natürlich ohne Spuren).

Übrigens: Der Salz-Berg von Bokeloh hat den Spitznamen "Kalimandscharo" cool

Interessante Tour, schön und fluffig geschrieben. Mir wäre es vielleicht ein wenig fleischlastig träller
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#983543 - 21.10.13 18:21 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
Mathias-HH
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In Antwort auf: DieterFfm

Auf dem Weg zur Mündung der Ilmenau bei Stöckte treffe ich auf einen Radler, der ziemlich ratlos nach etwas sucht. Er wollte bei einer ADFC-Tour mitfahren, ist dabei aber zu spät am Treffpunkt angekommen und versucht nun, zum nächsten Tourpunkt zu fahren. Er nimmt mich ein Stückchen mit, kennt sich hier etwas aus und empfiehlt mir den Ilmenau-Radweg. Bei seinem Tempo muss ich schon etwas in die Pedale treten, bis zur Fähre Hoopte-Zollenspieker kann ich mithalten, dann biege ich zum Fähranleger ab, um etwas zum Mittagessen zu finden.


Der oben beschriebene Radler war ich. Ich hatte die ADFC-Gruppe, die in die Heide wollte, leider am Treffpunkt Bahnhof Harburg verpasst. Ich hatte weder Radkarte noch Navi dabei. Also bin ich die Strecke nach Amelinghausen aus dem Gedächtnis bzw. nach Beschilderung gefahren. Leider hat dies nicht immer funktioniert, aber schließlich habe ich die Gruppe doch noch erreicht.
Sehr schön, jetzt noch die ganze Geschichte Deiner Reise zu lesen!

Mathias
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#983721 - 22.10.13 15:05 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
kettenraucher
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Lieber Dieter, bereits jetzt herzlichen Dank für diesen gleichermaßen amüsanten und interessanten Bericht. Eine sehr ähnliche Tour hatte ich für den Spätsommer mit der Schönsten und Liebsten geplant. Während der Anfahrt und der Überwindung so einiger schwäbischer Hoch- und Tieflagen sowie der anschließenden Berg- und Talfahrt durch die Zentral- und Nordpfalz hat sie aber bereits nach den ersten Hunsrückanstiegen messerscharf erkannt, dass im weiteren Verlauf der Tour nur noch Hunger, Durst und menschenleere Wälder auf uns warten würden. schmunzel Deshalb musste ich quasi auf halbem Wege umdisponieren und einen kulinarisch besser versorgten Rückzug in Richtung Südpfalz und Elsass anbieten. schmunzel Aber für nächstes Jahr nehme ich mir erneut einen Versuch in Richtung Norden via Hunsrück und Eifel vor. Und Deinen Erfahrungsbericht werde ich während der vorbereitenden Vorfreude nicht nur ausführlich lesen und genießen, sondern auch ganz praktisch für so manche Tipps nutzen können. Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung. Beste Grüße.
Allen gute Fahrt und schöne Reise.

Geändert von kettenraucher (22.10.13 15:06)
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#983797 - 22.10.13 20:30 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: joeyyy]
DieterFfm
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In Antwort auf: joeyyy
Respekt für Deine Disziplin, soooo früh aufzustehen. Das schaffe ich nie, obwohl ich es mir manchmal auf Reisen vornehme.

Ja, ab einem bestimmten Alter muss man halt morgens raus grins , und wenn's dann schon hell ist, kann man ja gleich packen. Das hat im Sommer den Vorteil, dass man bis zur großen Hitze am Nachmittag schon fast die gesamte Etappe geschafft hat.

In Antwort auf: joeyyy
Interessante Tour, schön und fluffig geschrieben. Mir wäre es vielleicht ein wenig fleischlastig träller

Eine Freundin, die den Bericht schon gelesen hat, meinte, ob ich nur und ständig am futtern gewesen wäre. Natürlich müssen die Kalorien ja wieder nachgefüllt werden, aber im Nachhinein, wenn ich die Zeilen überfliege, war ich ja wirklich (fast) nur zwischen Bäckerei, Metzgerei, Eisdiele und abendlichem Lokal unterwegs. Und ich bin halt auch einem guten Stück Fleisch nicht abgeneigt. peinlich

Liebe Grüße
Dieter
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#983798 - 22.10.13 20:32 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Mathias-HH]
DieterFfm
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In Antwort auf: Genußradler
Der oben beschriebene Radler war ich.

Schön, auch mal einen Forumista unterwegs getroffen zu haben.

Gruß
Dieter
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#983799 - 22.10.13 20:35 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: kettenraucher]
DieterFfm
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Hallo Stefan,

so ein Lob von Deiner Seite ... peinlich

Liebe Grüße aus Frankfurt
Dieter
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#983802 - 22.10.13 20:55 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
DieterFfm
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Beiträge: 357
Und der letzte Teil...




14.Tag Zur Möhnetalsperre: Externsteine und Lippisches Land
  • Mittwoch: 12.6.
  • Tacho: 132 km
  • Höhe: 701 m
  • Sattelzeit: 8:33 Std.
  • Schnitt: 15,4 km/h
  • Übernachtung: 8,00€

Heute früh werde ich von einem Hahn geweckt, ich könnte dem Vieh die Krotze herumdrehen. Also stehe ich halt auf, mache mich fertig und um 5:45 Uhr fahre ich los. In der Altstadt von Lemgo habe ich keine Chance auf ein Frühstück, also suche ich mir gleich den Weg Richtung Detmold. Hier geht’s sofort gut rauf, 100Hm ohne Frühstück muss man erst mal schaffen.

Hinter Lossbruch kann ich es dann aber nach Detmold hinein laufen lassen. Nur wo finde ich in dem Wohngebiet am Rande der Stadt eine Bäckerei? Hier sollte es die doch massenhaft geben, aber im Navi ist keine verzeichnet. Ein Mann kommt mir mit Brötchentüte entgegen, den frage ich einfach, so wie früher. Er schickt mich zu einem Bistro in einer Parallelstraße, die hätte ich nie alleine gefunden. Natürlich kriege ich zu den Brötchen auch einen guten Kaffee.

Die Innenstadt von Detmold besteht fast ausschließlich aus Verwaltungsgebäuden, alle schon aus dem vorletzten Jahrhundert, also richtig groß und klotzig. Die Beschilderung der Radwege ist für mich etwas irreführend, vielleicht fehlt auch ab und an ein Schild oder ich sehe es einfach nicht, jedenfalls verfahre ich mich trotz Navi auf der Suche nach dem Weg Richtung Horn. Dabei finde ich Gegenüber vom Landestheater den Abdruck vom linken Fuß von Herrmann dem Cherusker, 2,10m lang, Größe 333.



Herrmanns Fuß



Residenzschloss Detmold


Der Navi hilft mir allerdings dann doch, den richtigen Weg zu finden. Ich fahre dieselbe Straße, die ich 2000 mit meinem Bruder gefahren bin, nur in umgekehrter Richtung. Damals hatten wir in der Jugendherberge in Horn an den Externsteinen übernachtet. Es geht langsam aufwärts, mir kommen viele Schüler auf Rädern entgegen. Plötzlich sehe ich im Navi einen Wegepunkt, der kennzeichnet einen Teil der Route, der zum Plan C gehört hatte. Von Detmold an die Externsteine wäre ich auch ohne Abstecher an die Nordsee gefahren.

In Horn fahre ich wieder über den Marktplatz, es ist Markt (was sonst) und ich esse mein Pfund Erdbeeren, dann geht’s weiter zu den Externsteinen. 2000 waren mein Bruder und ich dort auf den Felsen herumgeklettert und ich hatte meinen Fotoapparat an einem Aussichtspunkt liegen lassen. Das hatte ich aber erst am nächsten Morgen bemerkt, so dass wir auf der Weiterfahrt von der Jugendherberge erst einen Abstecher zu den Steinen machten. Jemand hatte den Fotoapparat gefunden und beim Kassenhäuschen abgegeben, das war ein Glück!



Süß und lecker


Die Externsteine werden vor allem zur Walpurgisnacht und zur Sommersonnenwende von Menschenmassen mit esoterischen Gesinnungen heimgesucht, angeblich sollen sie ein keltisches Heiligtum gewesen sein. Heute bin ich allerdings zu früh dran, keine Menschenseele ist zu sehen, Souvenirshops und Kassenhäuschen haben noch nicht geöffnet und ich kann zwar nicht in die Felsen, aber Fotos kann ich trotzdem machen.



Externsteine


Anschließend fahre ich auf einem geteerten Waldweg hinauf auf den Grat des Teutoburger Walds auf 370mNN bis zur Rigi-Hütte, dann geht’s wieder herunter ins Tal in Richtung Bad Lippspringe. Der Weg ist zwar breit und mit Waldwirtschafts-Fahrzeugen befahrbar, jedoch kann ich mich ob der Qualität desselben freuen, dass ich vollgefedert unterwegs bin. Als ich am Gasthaus Kreuzkrug endlich die Straße erreiche, bin ich froh, dass das Geschüttele schließlich ein Ende hat. Bin ich mit meinem Bruder damals denselben Weg hinauf gefahren? Es ist der einzige Weg in diese Richtung, also müssten wir ihn genommen haben, aber in meiner Erinnerung sah er völlig anders aus.

Die Straße führt nun stracks nach Süden, vorbei am Jagdschloss Oesterholz geht sie in die Fürstenallee über, diese gilt als die schönste Eichenallee im Lippischen Land. Allerdings sind viele der Eichen marode und werden gerade durch Neuanpflanzungen ersetzt, was dem Bild der schönen Allee schadet.

Bald erreiche ich Schlangen und an der Hauptstraße gönne ich mir in einem Café ein zweites Frühstück. Weiter geht’s durch Bad Lippspringe, Paderborn lasse ich liegen und folge der Radweg-Beschilderung vorbei am Tallesee nach Schloss Neuhaus. Der Radweg führt mich direkt zum Schloss aus dem 16. Jahrhundert im Zentrum des Stadtteils von Paderborn. Heute beherbergt es mit einer Realschule einen riesigen Schulkomplex.

Ich fahre am Schloss vorbei, durch den Platz vor dem Marstall und dann in den Schlossauen-Park Richtung Lippesee. Eine Gruppe von Kids aus einem Kindergarten in der Nähe wird von einer Betreuerin in einem großen Handkarren gezogen. Ich frage die Betreuerin, ob ich ein Foto von den Kleinen machen darf, aber sie lehnt ab, ist wohl von diversen Berichten über Internet-Darstellungen von Pädophilen sensibilisiert. Ich finde es schade, akzeptiere aber die Entscheidung und packe den Fotoapparat wieder weg. Sie fragt dann noch die üblichen Fragen, woher und wohin, dann ziehen sie weiter.

Der Weg führt jetzt am Boker-Heide-Kanal entlang um den Lippesee herum nach Westen. Die Sonne will heute nicht so richtig herauskommen, es ist zwar mild, aber schwül und ein heftiger Südwestwind bringt die ersten 6 Tage meiner Reise wieder in Erinnerung, Südwestwind heißt nämlich Gegenwind. Und außerdem riecht es heute nach einem Gewitter, oder zumindest nach Schauern.

Gegen 11:30 Uhr erreiche ich Delbrück und suche eine Metzgerei. Eine Passantin schickt mich zur Metzgerei Voß am anderen Ende des Alten Markts. Hier heißen viele Geschäfte 'Voß' und ich muss nochmals nachfragen. In der Metzgerei gibt’s allerdings keine warme Theke, man schickt mich wieder 200m zurück zu einer Bäckerei, die haben eine warme Theke, sogar eine gute. Ich kriege endlich mal wieder mein Schnitzelbrötchen, esse es auf einer Bank auf dem Alten Markt.

Auf einem Radweg an einer fast kerzengeraden Straße geht’s dann wieder aus Delbrück hinaus, zum Glück hält eine Baum- und Buschreihe am Straßenrand den Wind etwas ab. Nach einer Stunde geht’s vorbei an der Lippstädter Seenplatte und dann nach Lippstadt hinein. Hier war ich schon zweimal, 2006 bin ich im Regen durchgefahren und 2009 hatte ich am Margaretensee im Norden übernachtet und im Ort nichts zum Frühstücken gefunden. Also sehe ich zu, schnell weiter zu kommen.

Eine Straße führt nach Cappel und von dort gibt’s einen beschilderten Radwanderweg Richtung Lippetal. Der Wind nimmt immer noch zu, hinter mir über Paderborn wird es sogar dunkel. Was kommt da auf mich zu?

Der Weg führt über kleine Verbindungssträßchen zwischen vereinzelten Höfen nach Westen. In Herzfeld finde ich einen Getränkeshop und kaufe Wasser nach. Im Laden ist nichts los, der Verkäufer fragt mich, ob ich keine Angst hätte, so alleine unterwegs. Hier wäre alles so gefährlich. O Gott, o Gott , und mein Rad steht nicht abgeschlossen und mit allem Gerümpel beladen vor dem Laden. Wenn ich Angst hätte, dürfte ich nie alleine irgendwohin fahren. Der Mann schaut mich verständnislos an.

Jetzt biege ich nach Süden ab Richtung Soest. Ich umfahre die Altstadt und komme trotzdem auf der Brüderstraße in eine Fußgängerzone. Hier ist Radfahren erst ab 18 Uhr erlaubt, so wie gestern in Lemgo. Vor mir fährt ein Radler langsam wie ich durch die Verbotszone, da wird er von einem Fahrrad schiebenden Rentner fast umgestoßen und angepflaumt. Der Radler schüttelt die Hand, die ihn festhält, nur ab und fährt trotzdem weiter. An mich traut sich der Rentner nicht, vielleicht hat er mich wegen der heftigen Aktion meines Vorradlers nicht bemerkt.

Erst am Ende der Fußgängerzone, gegenüber vom Bahnhof, finde ich eine Eisdiele. Der Radler von eben ist auch da, fragt mich, ob der Rentner Recht hatte mit dem Fahrradverbot. Eigentlich hatte der schon Recht, aber festhalten durfte er den Radler trotzdem nicht. Wir unterhalten uns weiter und er erzählt, dass er aus Düsseldorf kommt und Tagestouren macht, anschließend geht’s mit der Bahn wieder zurück. Heute war er z.B. am Möhnesee, dort gibt’s eine schöne umgebaute Bahnstrecke. Wenn er Touren über mehrere Tage macht, hat er meist nur 10kg Gepäck dabei, wäscht seine Klamotten abends, und staunt dann, wie bepackt ich unterwegs bin. Schließlich muss er sich beeilen, um seinen Zug noch zu erreichen.

Ich esse mein Eis noch fertig, dann geht’s weiter Richtung Möhnesee. Zuerst muss ich allerdings noch einen Weg aus Soest heraus finden. Irgendwie treffe ich auf den Äußeren Ring, das kann ja nicht falsch sein, ich muss nur an der richtigen Stelle den Absprung finden. Ein Radweg-Schild hilft mir bei der Entscheidung.

Der See liegt hinter einem Höhenzug, so dass ich am Ende der Tagesetappe nochmals 150Hm schaffen muss. Auch ist der Radweg neben der Straße schon im nächsten Ort zu Ende. Für die Autofahrer ist so ein langsam aufwärts kriechender, beladener Radfahrer schon der Horror schlechthin, der Wind bremst mich noch zusätzlich. Zum Glück hat sich wenigstens die Dunkelwolke hinter mir verzogen.



Möhnetalsperre


Nach der Unterführung unter der B516 geht’s dann aber 50Hm abwärts, das läuft natürlich bestens. Ich stoße knapp unterhalb der Mauer auf den See, fahre an der Seestraße weiter nach Osten bis Möhnesee-Körbecke. Auf dem Campingplatz am Ort stehen eigentlich nur Dauercamper, aber für mich gibt es noch ein Plätzchen zwischen zwei Wohnwagen. Einer davon gehört einem Angler, der gerade seinen Tagesfang ausnimmt. Bei dem Wind, der über den See ungebremst hier angebraust kommt, ist es mal wieder schwierig, das Zelt aufzubauen.

Zum Essen gehe ich nach Körbecke. An der Straße gibt’s zwar das Hotel und Restaurant Griese, aber das erscheint mir zu etepetete. Also gehe ich noch einige Meter weiter in den Ort und finde die Pfeffermühle. Hier gibt’s lecker Schnitzel.

Zurück am Campingplatz halte ich noch ein längeres Schwätzchen mit meinem Nachbarn. Er filetiert gerade seinen Fang und ein anderer Camper holt sich eine Portion ab. Als es dunkel wird, verziehe ich mich in meinen Schlafsack.

Morgen soll es regnen.



15.Tag Nach Affoldern (Edersee): Möhne, Diemelsee und Ederseebahn
  • Donnerstag: 13.6.
  • Tacho: 127 km
  • Höhe: 1084 m
  • Sattelzeit: 8:04 Std.
  • Schnitt: 15,6 km/h
  • Übernachtung: 9,00€

Heute Morgen haben wir unglaubliche 18°C, es ist immer noch sehr windig und schwül. Durch den Wind ist das Zelt trocken. Kurz vor 6 Uhr kann ich die langen Hosen und den Kapuzenpulli einpacken und in kurzen Klamotten losfahren. Normalerweise schnalle ich die ausgezogenen langen Sachen offen auf die hinteren Packtaschen, dort könnten sie natürlich schnell nass werden. Jetzt sind sie eingepackt und, falls es wirklich anfangen sollte zu regnen, alles ist geschützt.

Am Ende des Möhnesees (im Osten, also dort, wo die Möhne in den See übergeht) stoße ich auf die gestern erwähnte alte Bahntrasse und dort auf einen sehr schönen Radweg. Entlang des Bahnradwegs gibt’s zwar ein paar kleinere Ortschaften, aber der Navi zeigt mir keine Bäckerei. Nach einer Stunde knurrt mir der Magen und in Allagen frage ich eine Schülerin nach einer Möglichkeit, Brötchen zu kaufen. Sie schickt mich in den Ort, den Berg hinauf, zu einem Tante-Emma-Laden. Hier hat man eine kleine Frühstücks-Ecke eingerichtet und ich kriege meine belegten Brötchen und den Kaffee. Im Laden gibt’s auch noch eine Postagentur, alles ist sauber und aufgeräumt.

Ich sause wieder hinunter zum Bahnradweg, dann geht’s weiter, diesmal langsam aufwärts Richtung Brilon. Vor Möhnetal-Belecke fährt ein Radler zu mir auf und wir unterhalten uns kurz. Er ist auf dem Weg zur Arbeit im Ort und er gibt mir den Tipp, in Belecke den großen Platz zu überqueren und dort weiter zu fahren. Gesagt, getan, der Bahnradweg endet hier sowieso, es geht in den Ort und am Platz verliere ich die Beschilderung. Also fahre ich auf der diagonalen Ecke des Platzes weiter Richtung Schulzentrum, hier sammelt sich gerade die Jugend der umliegenden Orte zum Schulbeginn, es ist 7:30 Uhr.

Endlich finde ich einen Hinweis auf die Fortsetzung des Radweges Richtung Brilon. Ich bin bereits um die Schule herumgefahren, da schießt plötzlich ein jugendlicher Radfahrer, so 13, 14 Jahre alt, aus einer Toreinfahrt, ohne auch nur in meine Richtung zu schauen, mit einem Affenzahn auf die Straße, wo ich gerade entlangfahre. Und natürlich sind wir uns gegenseitig im Weg, d.h. er saust mir rechts ans Hinterrad, ich kann das Rad nicht halten und beide fallen wir um. Zum Glück haben wir uns nicht wehgetan. "Ich hab‘ doch gebremst." meint er. Ich schnauze ihn heftig an, wenn ich ein Auto gewesen wäre, wer weiß, was da hätte passieren können. Ich untersuche mein Rad, kann keinen Schaden feststellen, also trollt er sich, so schnell er kann, immer noch die Kopfhörer vom Disk-Player auf den Ohren.

Auch ich fahre weiter, den Schreck immer noch in den Knochen. Der Radweg ist jetzt leider keine Bahntrasse mehr, vielmehr ein schöner geteerter Waldweg, der sich zuerst am nächsten größeren Ort Rüthen vorbei schleicht. Dann geht’s einige Höhenmeter rauf, die Bundesstraße bleibt im Tal an der Möhne und hier oben hat man einen netten Blick ins Umland. Schließlich sause ich wieder hinunter zum Bach, und hier gibt’s jetzt wieder einen Bahntrassen-Radweg, diesmal aber nur geschottert, egal.

Der Weg durch das Möhnetal ist herrlich, es geht durch den Naturpark Arnsberger Wald. Nur die Bundestraße stört, wenn dort LKWs entlang brettern. Und wirklich, es fallen ein paar Tropfen. Aber zum Anziehen des KWays reicht es nicht, und schnell ist der Spuk auch schon vorbei.

Um 9:15 Uhr erreiche ich Brilon, Zeit für ein zweites Frühstück. In der Bäckerei in der zentralen Einkaufsstraße sitzen hinter mir zwei Frauen mit einem Baby. Die Eine hat sich gerade aus ihrem Haus ausgesperrt und wartet auf die Vermieterin, die einen Zweitschlüssel hat. Der Anderen, und das bemerke ich erst, als ich die Bäckerei verlasse, fehlt die rechte Hand. Sie geht mit ihrem Handicap um, als hätte sie es schon immer, so dass es mir erst gar nicht auffiel. Tragisch.




Dauersitzer in Brilon


Jetzt suche ich einen Weg zum Diemelsee. Auf einer Straße geht es steil aus Brilon heraus bis zur Auffahrt auf die B251. Hier habe ich bereits 500mNN überschritten, ächz. Allerdings geht’s dann wieder steil herunter vorbei an einem Waldfreibad ins Tal der Hoppecke (ein Bach). Solche Abfahrten mache ich eigentlich nicht gerne, wenn ich weiß, dass ich die eben verlorenen Höhenmeter wieder mühselig neu erkämpfen muss. Einhundert verschwendete Höhenmeter.

Erst geht’s auf einem schönen geteerten Waldweg, dann auf der Straße hinein nach Hoppecke, diesmal der Ort. Von hier finde ich eine Straße, auf der ich nur noch über einen Bergrücken klettern muss, um ins Tal der Diemel und an den See zu gelangen. Der Bergrücken ist allerdings etwa 150Hm über dem Tal, und mit 13% windet sich die Straße in zwei Serpentinen hinauf. Die Alpen lassen grüßen. Zum Glück ist fast kein Verkehr, so dass ich nicht auch noch darauf zu achten habe. In Schrittgeschwindigkeit quäle ich mich hinauf. Endlich, nach einer halben Stunde, habe ich es geschafft.

Und dann genieße ich die Abfahrt. Diesmal sause ich 160Hm hinunter, wieder 13% abwärts. In 3 Minuten bin ich unten, meist mit 60kmh und mehr. Nach einer Serpentine finde ich einen geteerten Wirtschaftsweg, der direkt zum See führt. Ich treffe an der Einmündung des Flusses auf die Straße am Nordufer des Sees und fahre weiter bis zur Staumauer. Auch der Diemelsee ist randvoll und das sieht schon imposant aus.

Ich fahre weiter nach Heringhausen und genau gegenüber von dem Hotel, wo mein Bruder und ich im Jahre 2000 übernachtet hatten, mache ich in Birays Café Mittagspause. Für mich wird die Küche angeworfen und ich kriege ein riesiges Schnitzel im Fladenbrot. Durch meine Tischnachbarin erfahre ich, dass die Besitzerin des Hotels gegenüber im letzten Jahr verstarb und es seitdem geschlossen ist. Die Nachbarin erweist sich als sehr, sehr geschwätzig, jetzt kenne ich ihr ganzes Leben, vermutlich besser als ihr Mann.

Kurz nach 12 Uhr ist die Mittagspause beendet und es geht mal wieder auf einer Landstraße steil hinauf Richtung Westen. In Rhenegge finde ich den Waldecker-Seen-Tour-Radweg, dem folge ich hinunter nach Adorf und wieder hinauf auf über 500mNN. Dann biege ich nach Süden ab, es geht an einem Nato-Gelände vorbei und schließlich habe ich einen herrlichen Rundblick auf das Waldecker Bergland. Leider kann man solche Ausblicke nicht auf einem Foto darstellen.

Dann sause ich mal wieder, diesmal bei Weitem nicht so steil, hinunter nach Korbach. Hier suche ich den Einstieg in den Ederseebahnradweg, von dessen Eröffnung im April 2013 ich schon gelesen hatte. Da ich aber nicht weiß, wo er beginnt, suche ich zunächst den Bahnhof von Korbach. Das ist nicht einfach, Korbach strotz vor Baustellen, stattdessen finde ich eine Fußgängerzone in der Nähe des Bahnhofs und darin eine Eisdiele. Na gut, dann mache ich halt eine Pause.

Zum Bahnhof ist es jetzt nicht mehr weit, aber vom Ederseebahnradweg finde ich hier keinen Hinweis. Seltsam. Ich such auf meinem Navi und finde noch einen Bahnhof, den Südbahnhof, und hier scheint ein Radweg auf einer alten Bahntrasse eingetragen zu sein. Also fahre ich zum Südbahnhof. Unterwegs finde ich noch einen Stand mit Erdbeeren, lecker. Der Verkäufer ist kein Einheimischer und erklärt auf meine verwunderte Frage nach dem Radweg, dass die Korbacher ein seltsames Völkchen seien und auf Veränderungen irgendwelcher Form nur feindlich reagieren würden, alles Fremde wird abgelehnt. Und so wird auch der Bahnradweg nicht angenommen, ein Hinweis darauf würde nur Auswärtige anlocken. Die Beschilderung als Zubringer zum Radweg müsste von Korbach aufgestellt werden, und das geht gar nicht.



Rangierlok am Einstieg zum Ederseebahn-Radweg


Na gut, ich finde ihn trotzdem und bin begeistert. Das ist ein Radweg nach meinem Geschmack. Auf 26km geht’s auf feinem Teer bis an die Eder unterhalb des Sees. Zwei kurze Tunnels werden durchfahren und eine 28m hohe Brücke überquert. Am höchsten Punkt hat man eine tolle Sicht bis zum Kellerwald, vor allem wenn’s so klar ist, wie heute. Das Selbacher Viadukt ist ein Highlight des Radwegs, 28m hoch und auf 7 Brückenbögen wurde es für den Radweg für knapp 6 Mio. Euro restauriert. Es hat sich gelohnt.

Die letzten Kilometer geht’s abwärts, ich kann es locker auslaufen lassen. Am Radweg-Ende geht’s auf eine Straße und dann nochmals 40Hm hinunter ins Tal der Eder. Es ist erst kurz nach 16 Uhr und eigentlich muss ich jetzt noch kein Tagesende machen, also radle ich am Affolderner See Eder-aufwärts und mache noch einen kleinen Schlenker zur Staumauer des Edersees. Dabei suche ich mir den Campingplatz "Edertaler Hof", an dem ich vorbei fahre, als Zielpunkt aus. An der Brücke nach Hemfurth bleibe ich auf der Straße und folge ihr hinauf an die Nordseite der Mauer. Dann geht’s langsam über die Staumauer, hier ist eigentlich Radfahren verboten, aber das interessiert hier keinen. Auch der Edersee ist randvoll, was zu dieser Jahreszeit eher selten der Fall ist. Ich mache auf der Südseite ein kleines Päuschen, diesmal nur ein Magnum-Mandel, dann geht’s zurück an den Affolderner See zum Campingplatz.



Staumauer Edersee


Der Chef hat alle Hände voll zu tun mit zwei Schulklassen, die hier in den angeschlossenen Pavillons wohnen, man will grillen. Also baue ich mein Zelt erst mal auf, bezahlen geht auch später. Trotz des heftigen Windes hier im Tal habe ich schnell aufgebaut, man lernt ja dazu, dann geht’s zum Duschen. Und weil der Chef immer noch keine Zeit für mich hat, gehe ich halt zum Essen ins Dorf.

In Affoldern finde ich ein Dorflokal und es gibt nur Schnitzel mit Pommes, Salat ist nicht zu kriegen. An der Theke diskutieren einige Einwohner mit dem Ortsvorsteher, der beklagt sich über den Radwanderweg, das Geld hätte man auch anders besser investieren können, meint er. Draußen zieht ein erster Schauer vorbei, mal sehen, was noch daraus wird. Die Versammlung löst sich auf, nur ein Stammgast bleibt, er kommt sogar an meinen Tisch und wir beginnen eine Unterhaltung. Dann geht er kurz aufs Klo und wird dabei von einem anderen einheimischen Gast, der draußen Platz genommen hatte, angegriffen, ich höre sogar eine Faust treffen, fast gibt es eine richtige Schlägerei. Das ist wohl ein Nachbar meines Tischgenossen, und offensichtlich sind beide heftig verstritten. Man will sogar die Polizei rufen.

Mir reicht‘s, ich bezahle und ziehe Leine. Am Campingplatz gibt‘s einen großen Saal als Aufenthaltsraum, ich nehme mein Buch mit hinein und lese. Auch die Lehrer der zwei Klassen versammeln sich dort und ein paar Schüler meinen, sie dort besuchen zu müssen. Dann geht draußen ein Gewitter mit starken Sturmböen nieder und ich bin froh, im Trockenen zu sein. Als es zu Ende ist, finde ich den Chef und kann schließlich bezahlen.

Dann geht’s ins Zelt, alles ist ganz geblieben und trocken.


16.Tag Nach Bebra: Ederauen, Kassel und Fulda
  • Freitag: 14.6.
  • Tacho: 135 km
  • Höhe: 866 m
  • Sattelzeit: 8:08 Std.
  • Schnitt: 16,6 km/h
  • Übernachtung: 0,00€

In der Nacht zieht der Regen vorbei, beim Aufstehen ist es trocken, das Zelt natürlich nicht. Der Westwind bläst weiterhin heftig, das ist für heute aber kein Problem, im Gegenteil. Um 6 Uhr geht’s los, auf dem Ederauen-Radweg, der hier Teil des Hessischen Radwanderwegs R5 ist. Die Eder hat natürlich auch ziemlich viel Wasser, was bei einem vollen Edersee nicht ungewöhnlich ist.

Natürlich finde ich keinen Bäcker, das wusste ich schon von 2009, als ich hier schon mal auf der Suche nach einem zweiten Frühstück leer ausging. Nach gut einer Stunde erreiche ich Fritzlar, hier sollte es doch möglich sein, zu frühstücken. Ich schleppe mich in die Altstadt hoch, das sind locker 12% Steigung auf altem Kopfsteinpflaster. Im Tal befindet sich ein großer Schulbusbahnhof und viele Schüler laufen von dort hinauf in die Altstadt. Ein beladener Radfahrer, der sich die Steigung hinaufquält, ist allerdings nicht interessant genug, um mal in seine Richtung zu schauen.

Die Backshops auf meinem Weg, deren drei an der Zahl, machen für mich keinen einladenden Eindruck, erst der letzte Laden vor dem ZOB Busbahnhof kann meinem kritischen Auge gefallen. Wie so oft gibt’s belegte Brötchen und Kaffee.

Ich hatte eigentlich vor, der Eder abwärts zu folgen und dann den Fuldaradweg bis Bebra zu fahren, dann wäre ich allerdings schon zum Mittag in Bebra. Also kann ich mir einen kleinen Umweg durch das Hinterland gönnen, es wird umgeplant. Nach Norden soll’s gehen, evtl. bis zum Herkules, dann durch Kassel an die Fulda, anschließend nach Bebra.

Ich finde einen schönen Radwanderweg, asphaltierte Wirtschaftswege, mit R12 beschildert, bis nach Kirchberg. Hinter dem Ort geht’s zunächst zu einem idyllisch im einsamen Wald gelegenen Campingplatz an der Weißenthalsmühle, dann wandelt er sich allerdings in einen schlechten Waldweg um, der nur dank meiner Federung einigermaßen befahrbar ist. Es geht auch noch steil hinauf, was bei einem Weg schlechter Qualität als noch anstrengender empfunden wird.

Vor Wichdorf trifft der Weg wieder auf eine Straße und es geht hinab in den Ort. Leider bleibt‘s nicht lange flach, schon im nächsten Ort Niedenstein schickt man mich wieder steil hinauf auf über 400mNN. Zum Glück bleibt der Weg zumindest während des Aufstiegs asphaltiert. Dieses ganze Rauf und Runter kostet ziemlich viel Zeit, inzwischen ist es bereits Viertel vor Zehn Uhr. Ich kämpfe mich also bereits fast zwei Stunden hier in der Pampa herum, und bis zum Herkules brauch ich nochmal mindestens anderthalb Stunden. Ich sause herunter in den nächsten Ort Schauenburg-Breitenbach und finde eine Bäckerei, Zeit fürs zweite Frühstück. Hier erfahre ich, dass in Kassel heute der Hessentag beginnt, und der Austragungsort ist in den Fuldaauen, wo eigentlich der Radweg hindurchführt.

Also wird wieder improvisiert, das ist ja auf dieser Tour fast normal. Ich biege jetzt dementsprechend nach Osten ab, Richtung Kassel, und versuche die Fuldaauen erst hinter dem Hessentags-Gelände zu treffen. Es geht tendenziell wieder bergab, durch weitere Stadtteile von Schauenburg mit tollem Ausblick ins Kasseler Becken. Unter der A44 geht’s hindurch nach Nordhausen, dann steil hinunter nach Niederzweren, wohin wir meine Jüngste schon mal zum Handball begleitet hatten. Hier finde ich an der Frankfurter Straße eine Metzgerei, und zum ersten Mal auf meiner Tour esse ich ein Leberkäse-Brötchen.

Gegen 11:30 Uhr treffe ich dann an der Brücke der A49 auf die Fulda, wie geplant unterhalb des Festgeländes. Von hier sind es noch etwa 40km Luftlinie bis Bebra, das dürfte kein Auftrag mehr sein. Auch die Fulda führt noch viel Wasser, teilweise kann ich am niedergedrückten Gras sehen, wie hoch sie vor kurzem noch gefüllt war. Jetzt ist der Wasserstand etwa 1m niedriger.

Kurz vor der Edermündung ist der Radweg plötzlich gesperrt wegen umgestürzter Bäume. Es ist aber keine Umleitung angegeben, wie auch in dem engen Tal, das hätte man schon viel früher anzeigen müssen. Ich umfahre die Absperrung und radle vorsichtig weiter. In den knapp 2km bis zur Absperrung auf der entgegengesetzten Seite sehe ich etwa 10 Bäume, die vom Radweg weggeräumt wurden. In Holland wäre das besser organisiert gewesen, dort hätte es eine Umleitung gegeben.

Als nächstes folgt die lange Fuldaschleife bei Guxhagen, hier fährt man locker 10km, hat aber nur 2km an Strecke gewonnen. Einheimische kennen bestimmt eine Abkürzung, der Masse an Reiseradlern wird aber die gesamte Schleife gezeigt.

Kurz darauf folgt die nächste Sperrung wegen Baumbruch-Gefahr. Diesmal ist aber eine Umleitung ausgeschildert, nämlich zur B83 auf der anderen Talseite bei Körle. Hier sollte es eigentlich ein Radweg geben, der wird aber gerade umgebaut, so dass ich doch auf die Bundesstraße muss.

Bald darauf erreiche ich Melsungen. In den letzten Tagen konnte ich immer irgendwo einen Erdbeerstand finden, hier habe ich allerdings Pech. Kein Markt in Melsungen, und auf der B83, an der ich in den Ort fahre, ist auch nichts. Am Ortsausgang finde ich einen großen Edeka und dort sollte ich eigentlich meine Erdbeeren kriegen. Ich fülle meinen Getränkevorrat auf, aber die hier angebotenen Erdbeeren sehen schon etwas mitgenommen aus, die können die gerne behalten.

Weiter geht’s aus Melsungen heraus, etwas unschön vorbei am Industriegebiet bei Adelshausen an der vielbefahrenen B83. Bei der Domäne Fahre verlässt der Radweg endlich wieder die Bundesstraße. Am Abzweig steht eine Gruppe radelnder Rentner, beim heranfahren bin ich sofort Gesprächsgegenstand, deshalb bleibe ich auch kurz stehen. Man bewundert mein Gepäck, oder besser, wie ich es auf dem Rad untergebracht habe. Einer sucht den Motor, der muss doch irgendwo sein? Ja klar, das sind meine Beine. Gelächter allenthalben.

Hinter Beiseförth teilt sich dann der R1, ich will auf der Kabel-Fähre die Fulda überqueren und nehme deshalb den entsprechenden Abzweig. Als ich die Kabel-Fähre nach 2km erreiche, ist sie leider wegen des Fuldahoch-wassers gesperrt. Ich bin ziemlich angepisst, das hätte man doch auch vorher anzeigen können. Und weil auf der B83 zu viel Verkehr ist, muss ich die 2km wieder zum Abzweig zurück. Hier sehe ich ein Schild, dass bei Hochwasser die Kabel-Fähre gesperrt ist, leider von Ästen verdeckt und auch nicht von meiner Fahrtrichtung aus sichtbar. Klasse.



Seilfähre über die Fulda - geschlossen


Die Alternativstrecke geht sofort 10% rauf, nur um mich zu ärgern. Die Steigung ist zwar nicht lange, aber ich bin immer noch stinkig wegen des Umwegs, da missfällt einem jede Erbse unter der Matratze. Jetzt muss ich aber etwas Gas geben, ich will gegen 16 Uhr in Bebra sein.

In Rotenburg geht’s auf der alten Brücke über die Fulda, schnell wird ein Foto vom Eckengucker gemacht und ein Eis in der Waffel geholt, dann geht’s weiter. Der R1 führt jetzt zwar auf der anderen Fuldaseite weiter, aber ich sehe Umleitungsschilder, die ihn auf meine Seite geführt haben. Später erfahre ich, dass der Weg wegen eines Erdrutschs und umgestürzter Bäume gesperrt ist, das war ja noch schlimmer als bei den beiden Sperrungen bei Kassel.



Liebesschlösser in Rothenburg


Pünktlich komme ich bei unseren Freunden an, der Hausherr ist gerade mit den Hunden unterwegs und meine liebe Frau, die ja von Frankfurt kommt, steht im Stau. Das Rad wird entladen und schnell wird die Unterleg-Plane zum Trocknen auf die Leine gehängt, der Rest kann morgen bearbeitet werden. Die Chefin kocht Kaffee, sie hat Erdbeerkuchen organisiert, also gibt’s heute doch noch Erdbeeren, lecker. Dann kommt meine Frau endlich, und weil sie wegen des Haushunds und ihrer Tierhaar-Allergie nicht bei unseren Gastgebern schlafen kann, hat sie ein Zimmer im Hotel Röse organisiert und bereits dort eingecheckt. Jetzt kann ich endlich duschen. Zum Essen gehen wir ins Holzwurm-Stübchen, es wird ein schöner Abend, leckeres Essen und viele leckere Cocktails.



Samstag: 15.6.

Im Vergleich zu den Reisetagen schlafe ich heute extrem lange. Wir fahren nach dem Auschecken bei einer Bäckerei vorbei und nehmen die Brötchen mit zu unseren Freunden, wir wollen gemeinsam frühstücken. Irgendwie war wohl einer der vielen Cocktails gestern schlecht, ich habe mit meinem Magen zu kämpfen und kann beim ausgiebigen Frühstück leider nicht wie gewohnt zuschlagen. Die Damen fahren anschließend zum Shopping nach Bad Hersfeld, und wir Männer bauen das Zelt auf der Wiese vor dem Haus auf, um es trocknen zu lassen. Dann kümmern wir uns um mein Rad, putzen und nach dem Schutzblech schauen. Zum Mittag hat sich mein Magen wieder beruhigt und ich kann endlich ausgiebig frühstücken.

Wieder hat die Gastgeberin auf dem Rückweg Erdbeeren organisiert, meine Begeisterung muss in meinem Gesicht gestanden haben. Zum Abendessen wird gegrillt, dann macht sich meine Frau auf den Heimweg. Dabei nimmt sie mein Gepäck mit, für die letzte Etappe morgen reicht mir eine Ortliebtasche mit Werkzeug und den Tagesutensilien. Damit hat sich der Schwerlasttransport für dieses Jahr erledigt.

Alleine mit den Freunden wird vor dem Fernseher noch etwas geklönt und dann geht’s ins Bett. Alleine kann ich ja hier schlafen.


18.Tag Nach Hause: R1 und Vulkanradweg
  • Sonntag: 16.6.
  • Tacho: 167 km
  • Höhe: 813 m
  • Sattelzeit: 8:31 Std.
  • Schnitt: 19,6 km/h
  • Übernachtung: 0,00€

Ich schlafe wie tot, erst um 5:45 Uhr bin ich plötzlich wach. Ich beeile mich mit Anziehen und Packen, oben höre ich den Hausherren schon herumwuseln. Nach einem schnellen Frühstück ist auch das Rad schnell beladen, ist ja nichts drauf, außer der einen Tasche. Die Chefin schläft noch, also gibt’s einen herzlichen Abschied und ein herzliches Dankeschön an Beide.

Ich bin diese Strecke in beiden Richtungen in diversen Varianten schon unzählige Male gefahren. Heute will ich mal wieder über den Vulkanradweg, das ist eigentlich die schönste Alternative. Mit 11°C haben wir eine angenehme Temperatur. Bis Bad Hersfeld fahre ich die alte Strecke an der B27, nicht die neu beschilderte durch die Fuldaauen. In Bad Hersfeld ist der Radweg an der Fulda allerdings wegen Hochwassers immer noch gesperrt, eine Umleitung ist zwar an der Absperrung angekündigt, es soll über ein Firmengelände gehen, allerdings fehlt die weitere Beschilderung. Von meiner ersten Tour nach Bebra 1993 erinnere ich mich noch an eine Abkürzung an der östlichen Fuldaseite durch den Wald, die fahre ich jetzt. Außerdem ist der Weg im Navi eingezeichnet. grins

Von Kohlhausen geht’s dann über die Fulda nach Asbach und hier auf dem normalen Hessischen Radwanderweg R1 Richtung Schlitz. Ich kann locker mit 25kmh sausen, ohne Gepäck läuft‘s halt entscheidend leichter. Oder sollte der Wind helfen?

Hinter Niederaula fahre ich auf einen älteren Reiseradler auf, der mit voller Beladung unterwegs ist, so wie ich noch vorgestern. Er erkennt meine Rohloff und scheint sich mit Fahrrädern auszukennen. Für eine Weile fahre ich neben ihm her, wir unterhalten uns angeregt. Er will noch über Fulda und dem Sinntal-Radweg an den Main. Allerdings 'schleicht' er mit nur 12-15 km/h daher, so dass ich dann doch Tschüss sage, ich muss ja heute noch bis nach Frankfurt. Zum Abschied empfehle ich ihm noch die Bäckerei Happ in Schlitz zum Frühstücken.

Dort mache ich bald darauf meine Pause zum zweiten Frühstück. Die Bäckerei hatten mein Bruder und ich letztes Jahr auf unserer Tour nach Usedom entdeckt, und schon damals war sie nochmals Ziel auf meiner letzten Etappe von Bebra nach Frankfurt. Leider erscheint mein Begleiter von vorhin nicht, schade.

Weiter geht’s auf dem Hessischen Radwanderweg R7a nach Bad Salzschlirf und dann auf der neuen Trasse nach Angersbach. Diese ist nicht unbedingt besser als die alte Trasse auf der anderen Talseite, also kann ich demnächst beide Routen wahlweise benutzen.

Gegen 10 Uhr erreiche ich in Lauterbach den Vulkanradweg. Keine Ahnung, wie oft ich diesen wunderschönen Radwanderweg auch schon auf Tagestouren genutzt habe, ich bin immer wieder begeistert.

Bei Eisenbach kommt mir ein Radler entgegen und grüßend fahren wir aneinander vorbei. Kurzes Stutzen, dann Erkennen. Das war der Werkstattleiter meines Fahrradhändlers Radschlag in Frankfurt. Auch er erkennt mich, beide drehen wir um und unterhalten uns angeregt. Leider kann ich nicht mit meinem Gepäck angeben, das hat meine Frau ja gestern im Auto mit heim genommen. Der Radler ist heute Morgen gegen 5 Uhr zu einer Tagestour von Frankfurt aus aufgebrochen. Er will noch bis nach Bebra und von dort mit dem Zug zurück.

Weiter geht’s Richtung Vogelsberg. Bei Herbstein treffe ich auf eine Gruppe Pfadfinder, sie machen eine Schnitzeljagd und ich ein Foto von ihnen. Heute ist Sonntag und es sind viele Radler auf dem Vulkanradweg unterwegs, allerdings keiner mit Gepäck, schade. Ich hätte mit meiner normalen Beladung schon Aufsehen erregt.

Gegen 12 Uhr erreiche ich in Hartmannhain den höchsten Punkt des Vulkanradwegs, 580mNN hoch. Für die 14km bis nach Gedern benötige ich nur 30 Minuten, das wären fast 30kmh im Schnitt, und das fast ohne zu treten. Ich fahre wie immer an der Pizzeria Italia vorbei, und diesmal entschließe ich mich schnell und mache hier Mittagspause. Es gibt eine riesige Portion Spaghetti Bolognese.

Gegen 13 Uhr geht’s weiter. Ich schätze, dass ich so gegen 15:45 Uhr in unserer Eisdiele in Maintal-Bischofsheim sein werde und rufe meine Frau an, so dass wir uns dort treffen können. Bis hinunter nach Ortenberg läuft‘s gut, es geht ja bergab und 30kmh sind leicht zu fahren. Bis hierher habe ich einen Schnitt von 20,3kmh, das hatte ich auf der gesamten Urlaubstour nicht annähernd. Jetzt muss ich allerdings gegen den Wind an, aber das klappt besser als befürchtet. Vielleicht bin ich ja jetzt gut im Training.



Blick von der Hohen Straße auf die Frankfurt Skyline


Ab Nidderau geht’s dann über einige Hügel hinauf auf die Hohe Straße, hier hat man inzwischen das achte Windrad aktiviert. Pünktlich erreiche ich die Eisdiele in Bischofsheim und auch mein Schatz ist schon da. Wir können sogar einen Platz auf der Terrasse ergattern. Die letzten 7km radeln wir dann gemeinsam heim.

Es hat auch einen großen Vorteil, wenn das Gepäck schon vor mir zu Hause ist. Dann hängt nämlich der Hauptanteil der Wäsche bereits auf der Leine. Es genügt, die Reste auszupacken, zu säubern und wegzuräumen. Außerdem kann ich bereits den Lowrider-Träger abbauen, dann duschen und bei einem gemütlichen Abendessen können wir beide gemeinsam den Tag ruhig ausklingen lassen.


Und meine Rede zur Hochzeit der Ältesten?

Natürlich habe ich von dieser Radreise berichtet, nicht so ausführlich wie hier, sondern nur zwei kleine Anekdoten.
Die erste handelte von den beiden Tischnachbarn am ersten Tag in Wahlenau, die von der Rede des Brautvaters bei einer kürzlich besuchten Hochzeit berichteten. Ich erwähnte die 8 Seiten Notizen mit den peinlichsten Peinlichkeiten aus dem Leben der Braut, und als ich kurz an die Tasche meines Jacketts griff, waren sofort alle Gäste wach und ein Gejohle ging durch den Saal. Natürlich hab ich keine Notizen dabei gehabt, so könnte ich meine Tochter nie bloßstellen. Aber witzig war's trotzdem.
Dann berichtete ich von der silbrigen Hofeinfahrt bei Stadthagen, verbunden mit den besten Wünschen zur Silberhochzeit, zu der wir in 25 Jahren auch gerne eingeladen werden wollen.



Zum Schluss noch eine Karte von der Tour



https://lh6.googleusercontent.com/-PV5wO-cJxYo/UmQbKyqKItI/AAAAAAAAA7g/vExrvFcQ_Rg/s640/2013All.jpg

Zum Schluß eine Bitte der Moderation: Keine fremden Bilder einfügen, insb. keine Karten, die Gefahr eines Rechteverstoßes, für den die Forumsbetreiber belangt werden können, ist groß.


So, und jetzt vielen Dank an die geduldigen Leser.




Geändert von Uli (23.10.13 08:47)
Änderungsgrund: Bild in Link umgewandelt
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#983868 - 23.10.13 09:56 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
joeyyy
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 999
In Antwort auf: DieterFfm
Eine Freundin, die den Bericht schon gelesen hat, meinte, ob ich nur und ständig am futtern gewesen wäre. Natürlich müssen die Kalorien ja wieder nachgefüllt werden, aber im Nachhinein, wenn ich die Zeilen überfliege, war ich ja wirklich (fast) nur zwischen Bäckerei, Metzgerei, Eisdiele und abendlichem Lokal unterwegs. Und ich bin halt auch einem guten Stück Fleisch nicht abgeneigt. peinlich


...genau das ist es, was ich auf den Radtouren so genieße (neben dem Radeln durch die Landschaften und den Gesprächen mit den Leuten): Das Luxusproblem, viel essen zu müssen und daher auch überall essen und trinken zu können und das noch als Belohnung zu empfinden grins

Ansonsten: Vielen Dank für den Bericht, der durch die Heimat meiner Freundin (Lüneburg), meine jetzige Heimat (Hannover) und meine frühere Heimat (Nordhessen) führt bravo

P.S.: Was war denn jetzt mit dem Interconti? Ich finde es klasse, dass das Rad schon über 100 Tkm Dein Begleiter war. Ich habe nach meiner Alaska-Tour entnervt aufgegeben, es verkauft und mir ein ungefedertes sportlicheres Reiserad zugelegt. Wenngleich ich den Komfort des Interconti auf ruppigen Pisten schon manchmal vermisse...
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Off-topic #983888 - 23.10.13 11:18 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: kettenraucher]
BvH
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Beiträge: 1.065
Ich frage mich gerade, warum ich noch nicht verhungert und verdurstet bin und außer mir noch andere Leute hier herumlaufen, wo ich doch schon seit 47 Jahren im Hunsrück wohne... zwinker
Was ist eine Signatur?
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#983909 - 23.10.13 12:32 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
veloträumer
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 17.329
Hallo Dieter,
danke für deine detaillierten Reiseeindrücke, wobei du auch immer einen Blick für die kleinen Dinge am Wegesrand hast. Eifel und Hunsrück liegen eigentlich schon lange auf meinem Speiseplan - leider ist das eine Region für mehr als ein Wochende aber weniger als für eine größere Sommerreise. Da habe ich einfach kein Arbeitnehmerumfeld für. Mal sehen was kommt.

Das Wetter war dieses Jahr tatsächlich erbärmlich für Radler. Meine einzige Frühjahrstour war das Pfingstradeln und brachte mir vier Wochen Erkältung ein. traurig Eine kleine Ungereimtheit am Anfang: Für die Dolomiten braucht es eigentlich keine Schweizer Franken. Wahrscheinlich wolltest du aber durch die Schweiz zu den Dolomiten? - Naja, du hast dir so schon mal ein paar Nusstorten für die nächste Schweiz-Reise gesichert. zwinker
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen
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#983921 - 23.10.13 13:14 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
Daddy Langbein
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Beiträge: 160
Hallo Dieter,
sehr angenehm zu lesender und kurzweiliger Reisebericht.
Zu Holland bliebe noch zu ergänzen, dass selbstverständlich nicht jedes Café Haschisch anbietet. Das kann man bedauern. Nicht wenige Leute wird es aber erleichtern. Um so mehr als der holländische Koffie mit seinem begleitenden Gebäck sicherlich das absolute Highlight der holländischen Küche genannt werden kann. Ansonsten zählen die Niederlande, Belgien und England in weiten Teilen sicherlich zu den gastronomischen Katastrophenregionen Europas. Es sei denn man akzeptiert Puddingschlotze als Ernähungsbasis.
Groetjes, niels

"Magic is sometimes very close to nothing at all." Zinedine Zidane
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#983982 - 23.10.13 16:00 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: joeyyy]
Uli
Moderator
abwesend abwesend
Beiträge: 14.856
Zitat:
... Das Luxusproblem, viel essen zu müssen und daher auch überall essen und trinken zu können und das noch als Belohnung zu empfinden

Dito. Zu der im Bericht geschilderten Speisenauswahl kamen mir allerdings schnell Begriffe wie sehr einseitig, langweilig, Junkfood, ... in den Sinn. Aber jeder wie er will ...
Gruß
Uli
"Too much smoke, too much gas. Too little green and it's goin' bad!". "So sad", Canned Heat, 1970

Dear Mr. Putin, let’s speed up to the part where you kill yourself in a bunker.
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#984013 - 23.10.13 17:34 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: joeyyy]
DieterFfm
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Beiträge: 357
In Antwort auf: joeyyy
P.S.: Was war denn jetzt mit dem Interconti? Ich finde es klasse, dass das Rad schon über 100 Tkm Dein Begleiter war. Ich habe nach meiner Alaska-Tour entnervt aufgegeben, es verkauft und mir ein ungefedertes sportlicheres Reiserad zugelegt. Wenngleich ich den Komfort des Interconti auf ruppigen Pisten schon manchmal vermisse...

Das Problem war das hintere Schutzblech, das hat schon so stark am Rahmen gerieben, dass am Rohr des integrierten Gepäckträgers sichtbarer Abrieb vorhanden ist. Und zwar nicht nur etwas Lack ab, sondern eine tiefe Kerbe. Ich musste es mehrfach neu justieren, sonst wäre im an dem schabenden Geräusch beim Einfedern noch verzweifelt. Und bis ich das Geräusch erst lokalisieren konnte (siehe Tag 4 ...)

Der oberer Bereich des Rahmens, der den Gepäckträger enthält, scheint um ca. 1,5 cm verzogen zu sein. Hat jetzt keine Auswirkung, die Spur stimmt auch noch. Das Rad ist nicht so beladen, dass es weit genug einfedert, aber nächstes Jahr muss ich mir etwas überlegen...

Gruß
Dieter
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#984021 - 23.10.13 17:50 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: veloträumer]
DieterFfm
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In Antwort auf: veloträumer
Eifel und Hunsrück liegen eigentlich schon lange auf meinem Speiseplan
Die Gegend ist einfach spitze, hat für jeden etwas. Viel Wald, Hügel, tolle Radwege, auch an Bächen und Flüssen, und zum Futtern findet man überall etwas.
In Antwort auf: veloträumer
Eine kleine Ungereimtheit am Anfang: Für die Dolomiten braucht es eigentlich keine Schweizer Franken. Wahrscheinlich wolltest du aber durch die Schweiz zu den Dolomiten? - Naja, du hast dir so schon mal ein paar Nusstorten für die nächste Schweiz-Reise gesichert. zwinker
Ich war ja vor 2 Jahren schon in der Gegend und war begeistert. Dafür versuch ich's halt nächstes Jahr, etwas später, so Ende Juni. Diesmal heiratet mein Sohn und ich komme erst nach der Hochzeit los lach
Ich wil mir die Via Mala anschauen (dafür brauche ich die Fränklis), dann über Splügen und Stilfser Joch nach Süd-Tirol. Dort müssten die Dolomiten dann bald auftauchen grins Hoffentlich spinnt das Wetter nicht wieder.

Gruß
Dieter
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#984025 - 23.10.13 17:56 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Uli]
DieterFfm
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In Antwort auf: Uli
Zitat:
... Das Luxusproblem, viel essen zu müssen und daher auch überall essen und trinken zu können und das noch als Belohnung zu empfinden

Dito. Zu der im Bericht geschilderten Speisenauswahl kamen mir allerdings schnell Begriffe wie sehr einseitig, langweilig, Junkfood, ... in den Sinn. Aber jeder wie er will ...
Gruß
Uli
Tagsüber muss man sehen, wo man bleibt. Man findet halt nicht zu jeder Zeit den richtigen Laden. Und selber kochen will ich nicht, das würde nur noch eintöniger werden (heute Nudeln, morgen Nudeln, und übermorgen?). Aber abends gab's schon immer etwas anderes. Junkfood kenne ich anders.

Gruß
Dieter
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#984116 - 24.10.13 07:32 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: DieterFfm]
Uli
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Beiträge: 14.856
Zitat:
Tagsüber muss man sehen, wo man bleibt.

Nö, das ist in hiesigen Breiten eigentlich nie ein Problem. Als überzeugter Hotelübernachter koche auch ich auf Reisen nicht, ich steuer zur Nahrungsaufnahme aber höchst selten Imbissbuden, heiße Theken oder ähnliches an. Die Supermarktdichte in Deutschland ist hoch und das Angebot an "Picknick-Nahrung" in selbigen vielfältig. Irgendwann im Laufe eines Vormittags decke ich mich dort ein und verspeise das Zeugs dann an einer ruhigen Stelle. Paniertes und frittiertes Pressfleisch ist mir ein Graus.
Sehr gut nachvollziehen kann ich aber den täglichen Eisdielenbesuch, ich bevorzuge im Normalfall aber ein Cafe zwecks Kuchenverzehr. Eis gibt es dann meist abends als Nachtisch beim Sightseeing. grins
Gruß
Uli
"Too much smoke, too much gas. Too little green and it's goin' bad!". "So sad", Canned Heat, 1970

Dear Mr. Putin, let’s speed up to the part where you kill yourself in a bunker.

Geändert von Uli (24.10.13 07:33)
Änderungsgrund: Rechtschreibung
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#984119 - 24.10.13 07:42 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Uli]
Martina
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Beiträge: 17.990
In Antwort auf: Uli
Paniertes und frittiertes Pressfleisch ist mir ein Graus.


Mir nicht, ab und zu ein Schnitzel mit Pommes gehört für mich schon zu Urlaub. Allerdings lieber abends. Und Pressfleisch muss es natürlich auch nicht sein. [/zitat]

Martina
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#984123 - 24.10.13 08:00 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Martina]
Uli
Moderator
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Beiträge: 14.856
Gegen ein Schnitzel an sich habe ich auch gar nichts einzuwenden - wenn es denn ein "echtes" Stück Schweine- oder Kalbfleisch ist, eine leckere, selbstgemachte Panade hat und nicht vor Fett trieft. In Imbissbuden entdeckt man so etwas eher nicht.
Gruß
Uli
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#984150 - 24.10.13 09:43 Re: Über Hunsrück und Eifel an die Küste [Re: Daddy Langbein]
heckte
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Beiträge: 120
In Antwort auf: Daddy Langbein
Ansonsten zählen die Niederlande, Belgien und England in weiten Teilen sicherlich zu den gastronomischen Katastrophenregionen Europas.


Hallo Langbein,

was die Niederlande und England betrifft kann ich dir in weiten Teilen zustimmen, aber Belgien?
Ein Land wo auf's Essen sehr viel Wert gelegt wird (privat zuhause und auswärts im Restaurant), wo es in den Supermärkten eine Auswahl gibt, wovon man in Deutschland nur träumen kann, ein Land, das die höchste Dichte an guten, sehr guten und Spitzenrestaurants in ganz Europa hat.
Man sollte auch mal was anderes probieren als Frietjes und Bitterballen.....

gruß
Martin
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