Hier ist er nun, unser erster Reisebericht von unserer Tour durch die Mongolei im Sommer 2010.
Warum in die Mongolei?
Nun – ich wollte eigentlich nach Russland. Bernd (BaB) wollte wenn schon nach Russland dann richtig nach Russland – Sibirien, Baikalsee...
Nun nach einem Blick auf die Karte wurde die ursprüngliche Idee einer Tour vom Baikal nach Ulan Bator verworfen und wir entschieden uns für eine Rundtour durch die Mongolei. Wir sind zunächst mit dem Zug von Ulan Bator nach Erdenet gefahren und dann von dort in einem großen Bogen zurück in die Hauptstadt.
Teil1:Tag 1: Berlin – Ulan Bator
Los geht’s ab Berlin-Schönefeld. Beim Check-in wird das Gewicht unserer Räder ziemlich positiv geschätzt. Bernds wie aus der Pistole geschossenes: „10 und 11 kg!“, wird mit leicht zuckenden Augenbrauen, aber ohne Widerrede hingenommen, und wir zahlen nur 5 kg Übergepäck für die zusätzlichen Gepäckstücke. Nach Aufenthalt in Moskau steigen geht es weiter nach Ulan Bator.
Tag 2: Ulan Bator
Müde verlassen wir bei der Ankunft den Flughafen – das bestellte Pick-up Taxi ist nicht da. Dafür haben die Räder den Flug weitgehend schadenfrei überstanden. Wir machen alles startklar und auf der einzigen Straße geht es Richtung Stadt. Der Verkehr wird zunehmend dichter und chaotischer – Willkommen in der Mongolei.
Die Stadt erscheint uns laut, dreckig und chaotisch. Wir sind so unausgeschlafen, dass wir zunächst zwei mal an unserem Hostel vorbeifahren, bevor wir den Eingang finden. Nach 2 Stunden Mittagsschlaf starten wir den ersten Anlauf, unser Zugticket nach Erdenet zu kaufen. An den Bahnschaltern herrscht das reine Chaos, wer am lautesten schreit und sich rigoros nach vorne rempelt, kommt irgendwann auch an die Reihe. Nach anfänglichem Zögern haben auch wir uns bis vorn durchgeboxt – leider würden für den Ticket-Kauf die Pässe benötigt, die sicher im Safe im Hostel liegen. Also zurück, ein zweites Mal durchboxen – Erfolg: Nach nur einer Stunde sind die Tickets gekauft – aber was ist mit den Fahrrädern?
Wir geben für den Moment auf und gehen zunächst in die Stadt um Landkarten und ein paar Lebensmittel zu kaufen. Am frühen Abend fallen wir platt ins Bett und schlafen durch bis 6:00 früh.
Tag 3: Ulan Bator - Erdenet
Am Morgen starten wir den 3. Ticketkaufanlauf: Mit mongolischem Spickzettel von unserer Vermieterin („Wir möchten 2 Fahrräder von Ulan Bator im Zug mitnehmen“) bekommen wir diesmal auch eine Antwort. Wir sollten die Räder nachmittags im Gepäcklager hinterm Bahnhofsgebäude abgeben. Wir vertreiben uns den Vormittag noch mit weiteren Einkäufen und starten dann mit Gepäck und Rädern zum Bahnhof. Die Arbeiter des Gepäcklagers starren zunächst uns und dann die Räder etwas ratlos an und wir warten alle etwas hilflos auf eine Eingebung. Die hat einer der Arbeiter dann tatsächlich, indem er einen Freund anruft, der deutsch spricht und uns telefonisch erklärt, dass wir die Räder direkt am Zug in einem Gepäckwagen abgeben könnten. Da wir bereits alles Gepäck bei uns haben, bleiben wir am Bahnhof und warten dort auf den Zug. Während der Wartezeit bekommen wir auch noch einen kleinen Jungen in unsere Obhut übergeben, der – das entnimmt Bernd zumindest so den Gesten der Eltern, bitte auch nach Erdenet mitreisen solle. Nach zwei Stunden kommt der Zug, wir verteilen Räder und Kind in die jeweiligen Abteile und rumpeln in einem durchaus komfortablen Liegewagen durch die Nacht Richtung Erdenet.
Tag 4: Erdenet - Bulgan
Wir erreichen Erdenet pünktlich um 8:00 morgens. Los geht’s zunächst Richtung Stadt, wo wir erst mal mit einem Großeinkauf an Lebensmitteln für die nächsten Wochen die Taschen füllen. Unter den staunenden Augen der Bevölkerung wird gepackt und wir rollen los auf gut asphaltierten Straße Richtung Bulgan. Der Verkehr hält sich in Grenzen, allerdings kommen wir kaum aus dem Winken heraus, so freundlich werden wir von allen gegrüßt. Dafür geht es teilweise recht ordentlich auf und ab, so dass wir für die „nur“ 60 km nach Bulgan doch fast 6 Stunden brauchen. Dort geht es in das erstbeste (und einzige) Hotel, keine fünf Sterne aber günstig. Leider ohne Dusche aber mit Gemeinschaftstoilette für alle Gäste. Unser Tagesziel für morgen: Uran uul, laut Reiseführer ein Ger-Camp mit heißen Duschen.
Tag 5: Bulgan – Uran Uul
Es geht weiter über bestens asphaltierte Straße stetig bergauf. Wir sehen erste Hirten mit ihren Herden, erste Eindrücke von der Weite der Mongolei.
Über eine langgezogene Abfahrt fahren wir in ein Flusstal. Es wird heißer und die Straße etwas schlechter. Nach einem kurzen Abschnitt auf ganz frisch geteerter Straße sind die Reifen derartig mit Teer verklebt, dass wir riskieren, uns die Schutzbleche abzureissen. Wie pausieren und kratzen mit Schraubenziehern den klebrigen Teer aus den Profilen.
Auf einer Passhöhe gibt’s dann sogar einen Imbiss wo wir uns eine Nudel/Fleisch-Pfanne gönnen und das lokale Bier zu probieren. Kaninchen und Hühner tippeln um unsere Füße und die Aussicht auf das vor uns liegende Tal ist super. Danach geht es weiter bergab zu unserem Tagesziel, einem erloschenen Vulkan. Über etliche Kilometer geht es über immer schlechtere Piste und durch mehrere Baustellen bergab.
Die Bauarbeiter diskutieren hilfsbereit und rege mit uns den Weg und schicken uns immer weiter. Wir radeln und radeln bis es dunkel wird. Als uns in der stockfinsteren Nacht ein Jeep entgegenkommt, fragt Bernd nach dem Weg. Die Fahrer, der Sohn spricht recht gut englisch, erklären uns, dass wir viel zu weit gefahren seien und bieten uns an, uns bis zu dem Camp mitzunehmen. Sie seien sowieso auf dem Weg dorthin. Das ist super! Wir laden die Räder aufs Dach, die Taschen werden im Wagen verstaut und zurück geht’s querfeldein durch die Dunkelheit.
Tag 6:
Morgens nehmen wir erst mal eine heiße Dusche aus dem Solarbeutel und kräftigen uns beim Frühstück mit einer undefinierbaren Fleischgrütze. Wir folgen vom Ger-Camp noch einige Kilometer der asphaltierten Hauptstraße, bevor wir dann auf eine Piste abbiegen. Langsam werden auch die Jurten weniger.
Nach einem kurzen und recht heftigem Anstieg bekommen wir dann unsere erste Einladung in eine Jurte. Es gibt gesalzenen Tee mit Milch, sehr lecker – eine Art Quark-Kekse und sehr leckere Fleischtaschen. Wir blättern in Familienalben und bestaunen die schönen Schnitzarbeiten. Es ist schade, dass wir uns so wenig verständigen können. Da es noch recht früh ist, schlagen wir die Einladung dort zu übernachten aus und fahren noch einige Stunden weiter durch eine fantastische Hochebene. Hier bleiben wir für die Nacht.
Tag 7:
Wir erreichen gegen Mittag Ort Seichan. Im Ort mit vielen kleinen Holzhäuschen, einem Fußballplatz und zwei kleinen Läden kaufen wir Wasser und Schokolade und folgen dann weiter der Piste bis zum Fluss Orchon.
Wie auch in den allermeisten anderen Läden im Land besteht das Angebot in erster Linie aus Schaps und Schokolade. Grundnahrungsmittel sind Fehlanzeige, die Mongolen sind Selbstversorger. Das Tal des Orchon ist wunderschön. Auf einer Weidewiese zwischen ein paar Büschen schlagen wir unser Zelt auf. Es gibt leckere Nudeln mit Soße. Der Fluss ist schlammig, taugt aber für eine kleine Katzenwäsche.
Tag 8:
Zunächst folgen wir entlang des Orchon über meist gute Piste.
Es wird immer heißer und gegen Mittag erreichen wir die Ortschaft Olziyt. Er wirkt auf uns etwas seltsam, da alle Häuser mit einem hohen Holzzaun abgegrenzt sind. In der Mitte des Ortes befindet sich ein großer Platz, über den die Kinder mit Kanistern zu einer Wasserausgabe ziehen. In den drei Läden gibt es außer Schnaps und Schokolade wieder so gut wie nichts zu kaufen. Unsere Wasserflaschen füllen wir an der zentralen Wasserausgabe auf, umringt von Kindern, die die Räder bestaunen und testen wollen.
Wir verlassen den Ort auf der am besten erkennbaren Piste und landen kurz später direkt an der örtlichen Müllkippe an der die Geier grad zu Mittag speisen. Wenige Kilometer weiter erreichen wir einen Taleinschnitt mit einem kleinen, schmalen und schönen Fluß. Der Weg verläuft anders als in unserer Karte markiert, und da es ziemlich heiß ist, beschließen wir, erst mal am Fluss zu bleiben und morgen weiterzusehen.
Tag 9:
Wir ignorieren die Karte und folgen der Fahrspur weiter wo wir unterwegs zwei Mongolen treffen, die auf ihrem Moped Gepäck für eine französische Wandergruppe transportieren. Sie weisen und den weiteren Weg der immer schmaler wird und sich immer wieder völlig im Gras verliert. Nach einigen Kilometern und einem kleinen Anstieg werden wir von ein paar Kindern herangewunken, die uns Tee, Stutenmilch und Quarkkekse anbieten.
Anschließend werden wir gestenreich rausgebeten, wir posieren auf ihren Ponies für’s Foto während die Jungs auf unseren Rädern ihre Runden drehen.
Beim Versuch, eine Stute zu melken, scheitere ich allerdings kläglich.
Immer wieder machen wir auf der weiteren Fahrt Bekanntschaft mit den Jurtenhunden, die langsam anfangen zu nerven.
Wieder fragen wir Nomaden nach dem Weg. Nebenbei repariert Bernd einem Jungen sein klappriges Fahrrad, so dass nun auch die Bremsen wieder einsatzfähig sind. Der Junge ist begeistert ob dieser neuen Möglichkeit und begleitet uns noch einige Kilometer mit auf dem Weg Richtung Badsengel. Wir bauen unser Zelt auf einem Hügel auf, der zwar Sichtschutz vor der „Straße“ bietet, dafür aber besonders zugig ist.
Tag 10:
Am nächsten Morgen starten wir bei kaltem Wind und werden nach wenigen Kilometern schon zu einer Jurte gewunken. Zum Frühstück bekommen wir dort Tee, Quarkkekse und eine gelbe, buttrige Masse. Man staunt über unser kleines Zelt, und dass wir bei dem Sturm dort oben geschlafen haben – offensichtlich waren wir doch nicht so gut versteckt, wie wir gedacht hatten.
Der Blick vom folgenden Pass ist in beide Richtungen gigantisch.
Nach einer langen Abfahrt werden wir nach weiteren wenigen Kilometern von einem Jungen auf einem Pferd auf englisch angesprochen. Er ist mit seiner Familie auf Urlaub. Sein Bruder könne deutsch und möchte uns gern sprechen. Wenige Meter weiter erwartet uns dann die ganze mongolische Großfamilie beim Familientreffen.
Wieder werden wir üppig bewirtet und endlich haben wir Gelegenheit, all die Fragen zu stellen, die wir sich in den letzten Tagen angesammelt haben. Wir lernen, wie wir die Essensschalen annehmen sollten und wie und warum wir die Schupftabakdosen entgegennehmen müssen wenn man uns sie anbietet. Wenn alles klappt, werden wir die Familie am Ende der Reise in Ulan Bator wiedertreffen. Nach langer Verabschiedung und weiteren Fotos machen wir uns auf den Weg Richtung Badsengel wo wir Wasser und Saft tanken.
Der Weg führt über eine breite Schotterpiste über ein endlos weites Tal mit riesigen Viehherden die uns neugierig beäugen, als wir unser Zelt aufschlagen.
Tag 11: Tsezerleg
Auf der Weiterfahrt sorgt wieder der ein oder andere Jurtenhund für ordentliche Adrenalinschübe und nach zügigen 30 km erreichen wir die asphaltierte Hauptstraße nach Tsezerleg.
Im Ort steuern wir das im Reiseführer so empfohlene Hotel an. Der Bau hat definitiv die besseren Zeiten lange hinter sich, aber es soll Duschen auf dem Zimmer geben. Voller Vorfreude startet Bernd in das Bad. Kaltes Wasser... Nach einigem gestikulieren mit dem Personal meinen wir zu verstehen, dass das Warmwasser nur zwischen 21:00 und 24:00 angestellt wird. Also starten wir erst mal zum Stadtrundgang. Es gibt einige kleine Läden, einen Tempel und ein paar Rucksacktouristen die den Lonely Planet in der Hand durch die Stadt streunen. Wir kehren in ein Restaurant ein, bestellen blind zwei Gerichte von der Karte – immerhin mal keine Milchprodukte! Zurück im Hotel waschen wir ein bisschen, dekorieren mit der Wäsche das Hotelzimmerchen und sichten die Essensvorräte. Die ungefähre Weiterfahrt ist geplant und im Fernsehen lauft „Wer wird Millionär“ auf mongolisch.
Tag 12:
Am Morgen gibt es immer noch kein warmes Wasser. Also wird kalt geduscht, eher flüchtig aber besser als gar nicht. Wir verlassen das Stadtchen und zweigen einige Kilometer später auf eine Piste nach Ogi-Nuur ab, einem kleinen Ort und einem der „touristischen Zentren“ der Mongolei. Die Landschaft ist wunderschön und auch auf dieser Piste geht es gut voran, so dass wir gegen 17:00 rund 80 km geschafft haben.
Meine Beine sind müde und wir entscheiden, einen Zeltplatz zu suchen. Es gibt leckere Nudeln, aber schon kurz nach dem Essen starten die Mücken ihren bisher schwersten Angriff. So viele auf einen Haufen hatten wir noch nie. Bernd mag nicht mehr im Freien sein und wir bauen das Zelt auf, denn draußen ist es kaum auszuhalten.
Tag 13:
Auch am Morgen sind die Mücken wieder da. Nachdem wir gestern die Taschen frisch gefüllt haben, haben wir heute den Luxus von Marmeladenbroten zum Frühstück. Über extrem sandige Piste geht es dann langsam und mühsam nach Ögi Nuur.
Wieder scheuchen uns ein paar Jurtenhunde und so langsam mag ich gar nicht mehr an Jurten vorbeifahren. Der Ort selbst ist richtig nett. Viele frischgestrichene Häuser und zwei sehr saubere und gut sortierte Läden. Die weitere Piste wechselt zwischen Sandpiste, Waschbrett-Piste und Sandwaschbrettpiste. Der Weg zieht sich und außer einem uns unbekannten Greifvogel am Wegesrand und einem vollbeladenen Lastwagen mit einer Familie beim Umzug gibt es wenig Abwechslung.
Nach gut 20 km kommt der See und das dortige Touristen-Camp in Sicht. Alles ist Tiptop. Wir bekommen eine schöne und saubere Jurte und zum Abendessen ein 3 Gänge-Menü mit frischem Barsch. Superlecker!
Tag 14: Ögi Nuur - Karakorum
Der Tag startet mit einem fürstlichen Frühstück. Es gibt Pfannkuchen, Würstchen und Ei. Wir essen bis wir platzen und schaffen doch nicht alles. Dann starten wir los Richtung Karakorum. Den eigentlichen Abzweig Richtung Süden nehmen wir nicht, da uns wieder einige Jurtenhunde den Weg versperren. Also fahren wir einen großen Bogen, verlieren so aber die Hauptpiste und schlagen uns die nächsten Stunden mehr oder weniger gut orientiert über viele kleine Fahrspuren weiter durch.
Gegen Mittag treffen wir dann die Hauptpiste wieder, die ab einer Baustelle einige Kilometer später frisch asphaltiert ist. Es lässt sich super rollen und wir entscheiden, bis Karakorum durchzufahren.
Verglichen mit unserer bisherigen Strecke sind wir jetzt in der absoluten Touristenhochburg. Ein Kleinbus mit Langnasen reiht sich an den nächsten und auf der schönen Asphaltpiste begegnen uns vier Mountainbiker mit Begleitfahrzeug, das ihnen das Gepäck transportiert.
Tag 15: Karakorum
Wir beginnen den Tag mit der Suche nach tauglichen Batterien. Unser GPS braucht langsam Futter und im 4. oder 5. Laden finden wir dann tatsächlich ein Fabrikat, dass länger als 2 Minuten durchhält.
Wir strampeln los zum Kloster Erdene Zuu, wo wir mit einer Privatführung das Kulturprogramm der Reise absolvieren. Es gibt viel zu sehen, und es ist bereits 12:00 als wir das Kloster verlassen und uns auf die Räder schwingen.
Wir passieren eine „Maut“-Stelle, aber die dortigen Damen sind bei unserem Anblick genauso sprachlos wie wir, so dass wir ohne Gebühr passieren können. Weiter geht’s wieder auf und ab durch hügelige Landschaft.
Es wird immer heißer und das Thermometer klettert über die 40°C Marke. Die Landschaft öffnet sich, und die Straße führt durch unendlich scheinende Täler und Ebenen. Die Ausblicke sind fantastisch.
Gegen Abend steuern wir einen kleinen Hügel am Straßenrand an um dort zu Zelten. Am Horizont sieht man schon die Sanddünen und weitere Klosterbauten. In der Dämmerung bauen wir unser Zelt auf – offensichtlich gut versteckt, denn ein vorbeikommender Reiter ist mindestens ebenso erschrocken wie wir, als er uns sieht.
Tag 16:
Am Morgen bekommen wir Besuch. Wir sind früh aufgewacht und haben bereits gefrühstückt, als einer unserer „Nachbarn“ auf seinem Motorrad vorbeikommt und schaut, wer da wohl ist. Bernd bietet ihm Tee and, er begutachtet ausgiebig die Räder und hilft dann eifrig beim Zeltabbau. Die leeren Wasserflaschen werden im hohen Bogen in die Wildnis entsorgt – unsere europäische Abfalltrennkultur-geprägte Erziehung lässt uns zwar die Haare zu Berge stehen, aber er macht uns gestenreich klar, dass die leeren Flaschen ja wertlos seien und damit ruhig hier in der Pampa liegen bleiben könnten.
Die Landschaft ist unendlich weit und die Straßen ziehen sich. Gegen 11:00 erreichen wir Raskat, eine Siedlung mit einer Reihe von Lädchen und Gaststätten direkt an der Straße.
Wir tanken O-Saft und Cola und ziehen weiter. Auch heute klettert das Thermometer immer höher. Gegen Mittag breiten wir wieder unsere Zeltplane für eine Pause in ein bisschen Schatten aus. Die Hitze drückt uns heute arg nieder. Gegen Nachmittag erreichen wir die Siedlung Erdenetsant. An der weit und breit einzigen Tankstelle füllen wir unsere Benzinflasche auf und kaufen noch etwas Wasser, Bier und: Chipse! Dann versuchen wir, den Weg aus dem Ort in die richtige Richtung zu finden. Vom Ort gehen sternförmig Pisten in alle Himmelsrichtungen ab, aber es ist schwer zu erkennen, welche letztlich in „unsere“ Richtung führt. Wir radeln bergan und müssen aber nach gut 10 km feststellen, dass wir in die falsche Richtung gefahren sind. Ich bin ziemlich platt so dass wir entscheiden, an Ort und Stelle unser Zelt aufzuschlagen, und die Wegsuche am nächsten Tag fortzusetzen. Es gibt mal wieder - Nudeln.
Tag 17:
Am Morgen fahren erst mal wieder zurück zum Dorf. Wir norden uns noch mal neu ein und wählen diesmal eine Piste entlang der Strom- und Telefonleitungen. Dieser folgen wir über weite Täler und Hügel, immer wieder neu justiert aber immer in die richtige Richtung.
Die Piste ist gut zu fahren, aber es ist wieder sehr heiß. Dazu weht diesmal ein recht heftiger Gegenwind. Die Aussichten sind wieder gigantisch und es gibt sehr wenige Jurten (-und damit auch Hunde!
) in dieser Gegend. Am Horizont sehen wir immer wieder dunkle Wolken aus denen es regnet, allerdings kommt der Regen aufgrund der Hitze nicht am Boden an. Das habe ich zuvor noch nie gesehen! Nach zähen letzen Metern über einen Pass haben wir bald Blick auf das Dorf Ondorschirat und das Flusstal.
Die Abfahrt ist leider eine Pleite, denn die tiefe Sandpiste macht das Fahren oft unmöglich. Im Ort angekommen steuern wir den einzigen Laden an und decken uns mit Saft, Cola und Keksen ein. Es ist draußen brüllend heiß und die Ladeninhaberin lädt uns ein, nebenan in ihrem Wohnzimmer einen Tee zu trinken. Der Tee schmeckt zwar etwas sauer, aber wir schlürfen ihn artig und bestaunen den neuen riesigen Flachbild-Fernseher. Nach dem Tee starten wir aus lauter Dankbarkeit zu einem zweiten Einkauf für die nächsten Tage. Wir lassen uns von den Kindern zur örtlichen Wasserausgabe führen und füllen all unsere Flaschen mit Wasser aus dem Notreserve-Kanister. Wir verlassen das Örtchen entland des Flusses. Der Weg bleibt sehr sandig und mühsam und nach wenigen Kilometern beenden wir die Tour für heute.
Um uns herum Wolken aus denen es regnet, aber das Wasser nicht den Boden erreicht. Nachdem wir uns kurz verschnauft haben kommt unsere Nachbarfamilie auf dem Moped angefahren. Mutter, Vater und kleine Tochter, die allesamt einen der angebotenen Kekse nehmen und uns zu sich nach hause einladen. Da die Jurte aber in einigen Kilometern Entfernung liegt, das Gelände sehr beschwerlich ist, und meine Beine sich auf den Feierabend freuen, schlagen wir die Einladung aus und kriechen bald in die Schlafsäcke.
Tag 18:
Am Morgen ist es kalt und sehr windig. Wir strampeln mit starkem Rückenwind über sehr sandige Piste Richtung Süden. Das Radeln ist bei dem Boden mühsam, aber glücklicherweise schiebt der Wind ordentlich von hinten. Die Aussicht über das Tal ist fantastisch und gegen Mittag kommt dann doch auch die Sonne raus. Gegen 14:00 erreichen wir eine Brücke, die den Fluss kreuzt. Badepause!
Zunächst schrubben wir uns ausgiebig selbst, dann die gesammelte Wäsche und warten anschließend bei einem Bierchen, bis sie wieder trocken ist. Auf dieser Flussseite ist die Piste etwas besser und wir kommen etwas zügiger voran. Nach einer guten Stunde Fahrt winken uns Jurtenbewohner zu. Dort warten drei Männer, eine Frau und ein kleines Mädchen auf uns, die erst mal ausgiebig unsere Räder mustern. Immerhin sind wir frisch gewaschen! Drinnen gibt es Milch, frischen Tee und Rahm. Alles sehr lecker. Wir entscheiden, in der Nähe der Jurte zu bleiben und suchen uns ein Plätzchen wenige Meter entfernt. Als wir unser Zelt aufgebaut haben, kommen unsere Gastgeber vorbei um sich dass genauer anzusehen. Großzügig bieten wir Tee an. Leider ist der Kocher mit dem schlechten Benzin nicht ganz zurecht gekommen und ist inzwischen völlig verstopft. Alle Versuche ihn zum Brennen zu bringen scheitern kläglich. Auch die rege Diskussion und die gut gemeinten Ratschläge unserer Gastgeber helfen nicht weiter. Wir müssen passen und nach einer Weile ziehen die drei davon. Zu unserer Ehrenrettung, und um uns die letzten Tage nicht von trockenen Nudeln ernähren zu müssen, beginnen wir die Bastelei. Die Aktion zieht sich etwas hin, am Ende stinkt alles fürchterlich nach Benzin, aber der Fehler ist behoben. Nach erfolgreichem Probelauf kommen unsere Gastgeber wieder um nach uns zu schauen. Jetzt gibt es auch Tee und eine Reihe von Fotos zur Begeisterung aller Beteiligten. Unsere Räder werden ausgiebig getestet und festgestellt, dass Bernd doch wohl unmöglich in das kleine Zelt passen kann...
Tag 19:
Am Morgen ist es noch trüb und. Es geht über eine gut fahrbare Piste leicht auf und ab, immer wieder mit schönen Ausblicken auf das Flusstal. Verglichen mit den ersten beiden Wochen ist es richtig kalt, aber die Sonne ist bald schon wieder da. Gegen Mittag machen wir ausgiebig Rast an einem Flussufer und tanken Wasservorräte auf. Bei der Weiterfahrt passieren wir mehrere Jurten, an einer werden wir wieder herangewunken. Wir kommen direkt dazu wie zwei Männer einen frisch geschlachteten Hammel ausnehmen.
Während wir in der Jurte sitzen, unseren Tee schlürfen und dem sehr gesprächigen Hausherrn unsere Karten zeigen, werden die Innereien hereingebracht. Wir leiten langsam den Rückzug ein, bevor uns die Köstlichkeiten zum Verzehr angeboten werden. Weiter geht es entlang des Flusses und nur wenige Kilometer später werden wir wieder herangewunken. Eine große Familie mit noch mehr Pferden freut sich über unseren Besuch. Wieder wird die Karte gezeigt – unser wichtigstes Kommunikationsmittel auf dieser Reise. Es gibt die obligatorischen Quarkkekse und eine Art Dickmilch – sehr sehr lecker – mit Zucker! Das ist so köstlich, hat mal richtig Geschmack, und wir löffeln die Schale komplett leer. Bei unserem Aufbruch posieren noch mal alle fürs Gruppenbild, dann geht es für uns wieder weiter.
Das Flusstal ist unendlich weit, und schon am frühen Nachmittag entscheiden wir, für heute den Feierabend einzuläuten. Wir suchen uns ein Plätzchen auf der ewig weiten Wiese und schon nach kurzer Zeit kommt noch ein Hirte mit seiner Herde auf einen Tee vorbei. Er ist zwar nicht sehr gesprächig, aber wir hätten uns ja leider eh nicht viel erzählen können.