Über Aachen, entlang der Via Mosana, durch Belgien
Mit Elan starteten wir von Hürth aus zu unserer geplanten Radtour durch Belgien, Frankreich und Luxembourg. Die Wetteraussichten waren nicht so rosig, doch dem Motto folgend: es gibt kein schlechtes Wetter, dachten wir uns „was soll’s“ und fuhren los. Unsere erste Hürde nach Knapsack hatten wir gut gemeistert, auch wenn uns das Treten zu früher Stunde noch etwas schwer fiel. Da wir den Weg nach Aachen schon öfters gefahren waren, erreichten wir am Nachmittag ohne Probleme die Innenstadt. Bei Printen, Rathaus und Dom herrschte schon jede Menge reges Treiben, so entschieden wir uns über die Via Mosana, dem belgischen Jacobs Weg, Aachen zu verlassen. Wir wählten die Route nicht aus religiösen oder spirituellen Gründen, sondern einfach wegen der guten Routenbeschreibung.
Leider fing es an zu regnen und um 17 Uhr suchten wir unter dem überdachten Pausenhof einer Schule in Hergenrath Schutz. Wir bauten im angrenzenden Wäldchen unser Zelt auf und verbrachten eine geruhsame, aber feuchte Nacht. Morgens wollten wir dann einen schönen heißen Kaffee trinken, doch leider machte uns die kaputte Benzinpumpe da einen Strich durch die Rechnung – so ein Ärger! Schöne Städtchen wie Moresnet, Henri-Chapelle, mit den aus Naturstein gebauten Häusern, strahlten schon zu Anfang unserer Tour ein besonderes Flair aus. In Clermont fanden wir dann den gut ausgebauten Radweg der von Aachen nach Liège führt. Dieser verläuft auf einer stillgelegten Bahnstrecke entlang, die früher zum Transport der Arbeiter aus dem Umland in die Fabriken von Liége genutzt wurde. Weiter ging es über Thimister und Battice, hier steht eine recht imposante belgische Festungsanlage, die in vielen Kriegen als Bollwerk diente. Leider hörte der Radweg ca. 10 km vor der Stadtgrenze von Liège auf und wir mussten uns mühsam bis zum Stadtzentrum durchfragen. Liége die fahrradunfreundlichste Stadt Belgiens, bemüht sich ihr Negativimage zu verbessern, so werden etwa im Stadtzentrum neue Radwege angelegt. Nachdem wir unsere „Standard“-Fotos von der Jakobskirche, dem Rathaus und der imposanten Treppe „Montagne de Bueren“ gemacht hatten, brachen wir in Richtung Namur auf. Wir entschieden uns für die linke Maasseite, doch hier wurde die Straße schnell vierspurig und sehr hektisch. Industrieanlagen, Häuser, Kirchen und Autos, ja die ganze Landschaft, sind mit einer dicken Staubschicht aus den zahlreichen Fabriken überzogen. In Amay bauten wir unser Zelt neben dem Sportplatz auf, was auch niemanden störte. Schon von weitem konnten wir am nächsten Morgen die Seilbahn, hoch über der Maas, und die Zitadelle von Huy sehen. Neben der Stiftskirche Notre Dame, der gotischen Maasbrücke und dem historischen Brunnen, ist Huy auch zentraler Punkt des Frühjahrs-Radklassikers „Flèche Wallone“. Zum ersten Mal in Belgien fanden wir auch die Jakobsmuschel als Messingsymbol auf den Pflastersteinen der Stadt. Nach unserer kleinen Besichtigungstour gab es noch einen Kaffee auf dem Marktplatz, wegen des vielen Regens stellte sich für uns das viel gepriesene mediterrane Flair nicht ein. Hinter Huy verläuft der Jacobs Weg identisch mit dem Radweg Ravel 1, bis nach Namur.
Wir fuhren alleine auf dem Radweg und konnten die Natur und die schönen Ortschaften so richtig genießen. Zum Glück hörte es auf zu regnen, die Sonne kam heraus und die Temperatur kletterte vorübergehend auf angenehme 12 °C. Die Szenerie Namurs wird bestimmt von der mächtigen Zitadelle, barocke Gebäude prägen die Altstadt. Namur ist die Hauptstadt Walloniens und der kleine Fluss Sampres mündet hier in die Maas. Zwischen Namur und Dinant verläuft der Radweg, nun Ravel 2, auf der linken Seite der Maas, gleichzeitig passierten wir hier den legendärsten und schönsten Fluss-abschnitt. Bizarr abfallenden Felshänge, malerische Dörfer und urwüchsige Täler beeindruckten uns ebenso, wie die an den Ufern liegen herrschaftliche Anwesen, deren Gärten bis an das Ufer der Maas reichen. In Dinant besichtigte wir die Kathedrale, die Stadt ist auch der Geburtsort von Adolphe Sax dem Erfinder des Saxophons und ihm zu Ehren wurden in der ganzen Stadt übergroße Saxofone aufgebaut. Nach unserem Besuch radelten wir weiter nach Givet, das schon in Frankreich liegt. In Vireux – Wallerand verließen wir die stark befahrene N 5 und fuhren auf der D 989 in die Ardennen. Welch eine herrliche Ruhe! Kaum Autos und das herbstlich gefärbte Laub der Bäume bot uns tolle Farbnuancen; es dauerte nicht lange bis wir ein Hirschrudel beobachten konnte, auf das uns zwei junge Förster aufmerksam machten. Eine tolle Abfahrt führte hinunter in das Ardennendorf Hargnies. Am Croix-Gillet, auf ca. 500 m Höhe, hatten wir uns im Wald eine schöne, mit Moos bewachsene Stelle, zum Übernachten ausgesucht. Als wir auf den Einbruch der Dunkelheit warteten um unser Zelt aufzubauen, machte sich eine putzmuntere Wildschweinrotte in unmittelbarer Nähe breit. Da viele Frischlinge dabei waren und uns die Situation nicht ganz geheuer war, räumten wir unseren schönen Platz und bauten unser Zelt ein Stück weiter auf.
Entlang der Semois und durch die Ardennen.
Eigentlich gab es für uns keinen Zweifel in Monthermè auf die Semois zu stoßen. Bei der Tourist Information gab es eine schöne Broschüre auf der ein Radweg entlang des Flusses zu sehen war. Keine Frage also, wenn schon Radweg, dann drauf und los. Doch irgendwie hatten wir uns die Semois anders vorgestellt! Der Radweg war zu verlockend um nicht unbekümmert darauf zu radeln. Wieso sind wir in Charleville-Mézières?! Das liegt doch an der Maas Und tatsächlich– wir hatten uns um mindestens 25 Kilometer verfahren. Um an die Semois zu kommen hatten wir zwei Möglichkeiten: über den Berg nach Bohan, oder zurück nach Monthermè. Wir wählten die Berg-Variante, zu allem Pech fing es auch noch an in Strömen zu regnen. Kurz vor Chairière erreichte unsere Laune den absoluten Nullpunkt, so entschieden wir uns am frühen Nachmittag auf dem Campingplatz zu bleiben und eine heiße Dusche half, unsere Laune wieder erheblich zu bessern. Es regnete die ganze Nacht hindurch, am nächsten Morgen waren unsere Regensachen noch klamm und die Temperaturen lagen nur knapp über 0 °C, doch ein paar Stunden später änderte sich das Wetter und acht wunderschöne Herbsttage lagen vor uns.
Die Ardennen präsentierten sich von ihrer schönsten Seite. Vom Dörfchen Rochehaut hatten wir einen tollen Blick auf die Semoisschleife. Nachmittags erreichten wir Boullion. Hoch über der wehrhaften Stadt liegt die riesige Zitadelle. Wir gingen nochmal einkaufen, und hatten dann Mühe, die steile Straße heraus aus der Stadt zu finden. Die heutige Etappe war sehr anstrengend. In Florentville verließen wir die Semois und radelten nun parallel der N 83 weiter. In einem Waldstück trauten wir unseren Augen nicht, es war Freitagnachmittag und entlang der Straße wimmelte es von Jägern. Vermummt und getarnt wie im Krieg standen sie hinter ihren mit Laub und Geäst getarnten Holzpaletten um Wildschweine zu schießen, die andere ihnen vor die Läufe trieben. Schnell ging es jetzt voran und am Nachmittag standen wir dann an der belgisch-luxemburgischen Grenze.
Hochzeitspaar in Luxembourg. Zwischen Mosel, Saar und Nahe
Nun waren es noch 35 km bis zur Stadt Luxembourg und wir waren gespannt, wie sich die Innenstadt präsentieren würde. Entlang der Busspur radelten wir ganz entspannt ins Zentrum. „Was ist denn hier los? Gab es einen Anschlag?“, fragten wir den ersten Polizisten der an einer Straßensperre auf uns wartete: „Nein der Großherzog von Luxembourg heiratet heute“ war seine Antwort. Trotz des vielen Militärs hatte Luxembourg einen gewissen Charme. Die auf einer Hochebene, inmitten grüner Berge gelegene Stadt war jahrhundertelang stark befestigt und kann auch heute noch etliche Überreste von Burgen, Wällen und Kasematten vorweisen. Die geografische Lage Luxembourgs macht den eigentlichen Reiz aus: das Felsplateau wird von den beiden Flüssen Alzette und Pètrusse tief eingeschnitten. Innerhalb der Innenstadt klaffen so Schluchten bis zu 45 m Tiefe, die von über 100 Brücken, teils mit starkem Gefälle, und Stegen überspannt werden. Der Anblick ist einfach toll. Wir fuhren hinunter zur Alzette, im Stadtteil Grund, um entlang des Radweges wieder aus der Stadt, Richtung Remich an die Mosel, zu radeln.
Die Velo-Route SaarLorLux ist sehr gut ausgeschildert und am späten Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel in Schengen. Am nächsten Tag besuchten wir in Merzig den Wolfspark. Seit 35 Jahren betreibt Werner Freund die Gehege, die für jedermann frei zugänglich und durch die Medien recht bekannt sind. Er schrieb mehrere Bücher über das Verhalten der Wölfe, das bekannteste ist wohl „Wolf unter Wölfen“. Wir fanden es sehr spannend, trotz der vielen Besucher, die scheuen Tiere beobachten zu können. Obwohl es erst 16 Uhr war, fuhren wir an diesem Nachmittag nicht weiter, denn nächsten Morgen wollten wir bei Sonnenaufgang an der Saarschleife bei Mettlach sein. Der Herbstnebel und die morgendliche Ruhe verbreiteten dort eine mystische Stimmung. Weiter ging es durch kleine Waldstücke, über Landwirtschaftswege oder auf kaum befahrenen Nebenstraßen. Nach 95 Kilometer erreichten wir den Bostalsee, nicht weit von der Nahequelle entfernt, wo wir auch unsere letzte Nacht der Radtour verbrachten. Die Nahe ist von der Quelle bis zur Mündung nur 127 Kilometer lang, eine Strecke die wir an einem Tag bewältigten. Am schönsten gefiel uns die Strecke bei Merxheim, dort radelten wir durch die Weinberge, hinauf zum Weingut Hermannsberg, das hoch über der Nahe liegt. Schnell erreichten wir dann Bad Münster am Stein, und kurz dahinter Bad Kreuznach, mit seinen Salinen, den Kurhäusern, und der alten Nahebrücke mit den darauf stehenden Fachwerkhäusern. Leider war es schon zu dunkel um zu der Felseneremitage bei Bretzenheim zu radeln. Wir stiegen in Bingen in den Zug und fuhren noch am selben Abend zurück nach Hürth.
Eine abwechslungsreiche und interessante Herbsttour, die uns trotz einiger Widrigkeiten sehr viel Spaß machte.
www.ruhiger-treten.de