Nachdem wir zunächst mit dem Zug von Rovaniemi nach Helsinki, dann mit der Fähre von Helsinki nach Travemünde und dann mit dem Zug nach Freiburg gefahren sind, ja da sind wir wirklich froh Anfang Oktober wieder auf dem Fahrrad zu sitzen und die französische Grenze bei Mulhouse zu überfahren.
Wir folgen zunächst dem EuroVelo 6. Das bedeutet flache Strecke am Rhein-Rhone-Kanal, dann am Doubs, Canal du Centre bis wir in Diou die Loire erreichen. Dort verlassen wir den EuroVelo 6 und folgen dem V75 (Véloroute du Bourbonnais) bis nach Montluçon. Von da an geht es über den V87 (La Vagabonde) bis nach Égletons. Dort müssen wir zunächst mit dem Zug weiter. Wir kehren in Toulouse ein und starten nach einer Zwangspause ausgeruht und fit Richtung Mittelmeer. Der V80 (Le canal des 2 mers à vélo) führt uns mehr oder weniger schön von Toulouse über Carcassonne bis wir in Narbonne auf den EuroVelo 8 stoßen. Dem EuroVelo 8 folgen wir anschließend bis zu spanischen Grenze bei Le Perthus.
Bisher waren wir nur wandernd in Frankreich unterwegs und konnten nicht ganz einschätzen wie es hier mit dem Wildzelten wird. Es stellt sich raus, es war total einfach. Am Beginn unserer Reise durch Frankreich folgen wir ständig irgendwelchen Wasserläufen. Dort stehen sowieso Zelte von Anglern. Wir bauen unseres einfach in der Nähe der Angler auf. Ist zwar schon etwas anderes, es stört sich aber auch niemand daran. So haben wir häufig richtig schöne Plätze und es findet sich immer eine ruhige Ecke für uns.
In den hügeligeren Gegenden suchen wir uns ab und zu vor ab per Google-Maps irgendein Rastplatz oder ähnliches aus. Das hat auch jede einzige Nacht prima funktioniert. Am Mittelmeer das gleiche Spiel. Natürlich gibt es dort sehr belebte Ecken mit vielen touristischen Einrichtungen. Vorab findet sich aber immer eine schöne Ecke, ein Parkplatz, eine Düne, ein Wäldchen oder ähnliches. Ein Franzose erzählt uns, dass es eigentlich auch gar kein Problem dabei gebe in Frankreich zu biwakieren, also das Zelt zum Sonnenuntergang aufzustellen und dann wieder früh unterwegs zu sein. Die entspannte Lage diesbezüglich gefällt uns.
Wir verbringen in Frankreich so viele Nächte wie nie zuvor bei Warmshowers-Gastgebern. Dadurch haben wir nicht nur die Gelegenheit bei teilweise miesem Wetter einen warmen Unterschlupf zu finden, sondern lernen so viele nette Menschen kennen. Wir sind immer wieder überrascht mit welcher Warmherzigkeit und Gastfreundschaft wir aufgenommen werden. Wir treffen dadurch so total unterschiedliche Menschen. Bei einer Radreisesüchtigen Familie werden wir in die Bedeutung des Aperitif eingeführt, wir erhalten ein Privatkonzert an der Ziehharmonika eines 8-Jährigen, mit einem Professor für Materialwissenschaften haben wir beim Abendessen interessante Gespräche, wir schlafen in einer Art Kommune mit einem offenem Haus für Gäste und erhalten überall wertvolle Hinweise für unsere Weiterreise. Wir sind unglaublich dankbar für all die Eindrücke die wir Erleben dürfen.
Grundsätzlich können wir uns über das Wetter auf unserer Reise durch Frankreich nicht beschweren. Wir starten mit nahezu 30 Grad im Oktober. Natürlich erwischen wir auch ein paar richtig ekelige regnerische und/oder windige Tage. Wir lernen das Wind nicht nur richtig ätzend, sondern auch gefährlich sein kann. Zwar drücken uns an einem Tag Böen von 80 km/h in den Rücken und bringen uns ohne trampeln auf 45 km/h auf ebenem Grund. Doch wenn dieser Wind nicht mehr von hinten, sondern von der Seite kommt dann ist das gerade an einem befahrenen Straße gar nicht mehr so angenehm. Wir sind auf jeden fall wieder mal über unseren Sturmbunkerzelt das Allak 2 von Hilleberg glücklich. Auch der Wärmegewinn in der Nacht durch dieses Zelt ist erstaunlich. Manchmal merken wir Nachtfrost erst wenn wir das Zelt morgens öffnen und aus unseren gemütlichen Schlafsäcken schlüpfen.
In den ersten Bergen bekommt Maria Probleme mit der Achillesferse. Wir müssen daher wie beschrieben einen Teil mit der Bahn zurücklegen. Das geht allerdings unproblematischer als Befürchtet. Die Tickets kaufen wir am Schalter, die Fahrradtickets werden uns nach telefonischer Rücksprache mit der Zentrale für den entsprechenden Zug ausgestellt. Nur der Umstieg wiederum ist dann abenteuerlich. Wir steigen in Mountaban mit dem Rädern aus und wissen das wir in den Zug nach Toulouse einsteigen müssen. Doch es wird nirgendwo angezeigt wo der entsprechende Zug hält. Da wir mit unserem Gepäck und den Fahrrädern nicht schnell das Gleis wechseln können kommt etwas Stress auf. Erst kurz vor Einfahrt des Zuges wird das Gleis angezeigt. Wir spurten zum Gleis und schaffen es dann auch rechtzeitig in den zugewiesenen Wagen. Dort erstmal durchatmen bis Toulouse.
In Toulouse buchen wir uns in ein Zimmer zunächst für zwei Wochen ein, welche wir letztendlich auf vier Wochen verlängern. Das Zimmer mit Gemeinschaftsküche liegt zwar etwas außerhalb, aber wir fühlen uns wohl und wollen nicht riskieren bis zum abheilen Marias Achillesfersenreizung zu früh aufs Rad zu steigen. Ein paar Tage machen wir Sightseeing in der Stadt und Torben besucht ein Ligaspiel des FC Toulouse. Wir das Spiel gegen den FC Liverpool in der Champions-League sind natürlich leider keine Karten zu vernünftigen Preisen zu bekommen.
Trotzdem sind wir happy als wir endlich wieder auf dem Fahrrad sitzen und Richtung Mittelmeer fahren. Wir haben die Zeit in Toulouse für Anpassungen an unseren Rädern genutzt. Wir haben nun beide einen Helmspiegel (bisher eine gute Investition) und haben uns zusätzliche Hörnchen (Innerbarends) installiert. Maria hat nun einen Lenker mit weniger Backsweep. Der vorherige war zwar auf geraden Strecken bequem, aber gerade bei knackigen Anstiegen nicht besonders praktisch. Nach so vielen Kilometern durch Polen, das Baltikum und Finnland ereilt uns das erste mal ein Platten am Rad. Klingt wie eine Lappalie, wir müssen aber erstmal recherchieren wie die Flicken richtig aufgebracht werden. Den ersten Flicken setzen wir dann auch gleich in den Sand, weil wir mit der Vulkanisierungsflüssigkeit zu sparsam sind und nicht lange genug warten. Zum Glück haben wir den Flicken auf Dichtigkeit getestet, bevor wir das ganze Rad wieder montiert haben. Ganz doof sind wir wohl doch nicht ;-) Übrigens hält an dem Tag kein Radfahrer an unserer Baustelle mal an um zu fragen ob wir Unterstützung brauchen. Vielleicht sehen wir ja auch so kompetent aus...
Das Essen in Frankreich ist, wie uns jedes mal auffällt, genau nach unserem Geschmack. Wir genießen gutes Brot (meist klassisch Baguette) mit vielem gutem französischen Käse. Das Gemüse und Obst in den Läden ist gefühlt immer ein Stückchen besser als das was wir aus Deutschland gewohnt sind. Weil wir versuchen in unserem Tagesbudget zu bleiben, nehmen wir trotzdem fast jeden LIDL oder ALDI war. Sonst würde sich unsere Reise vermutlich deutlich verkürzen. Nur beim Brot besuchen wir dann doch lieber lokale Bäckereien. Die Versorgungslage in Frankreich ist natürlich völlig unproblematisch. Ständig kommt man durch Orte und häufig gibt es auch in den kleinen Dörfern etwas zum Auffüllen der Vorräte.
Viele Radreisende treffen wir übrigens nicht. Erst auf dem letzten Abschnitt dem Euro-Velo 8 ab Narbonne Richtung Spanien haben wir ein paar interessante Begegnungen und teilen das erste mal überhaupt unseren Zeltplatz mit einem anderem Radreisenden.
Vor den letzten Höhenmetern parallel der A9 Richtung Le Perthus hatten wir großen Respekt. Das letzte mal endeten mehr Höhenmetern in Problemen mit der Achillesferse bei Maria. Wir meistern diese dann aber recht unproblematisch. Wir haben nur Schwierigkeiten Trinkwasser zu finden. Während wir sonst in Frankreich überall öffentliche Wasserstellen finden, sind hier selbst die Wasserhähne auf dem Friedhöfen abgedreht. Die Zeltplätze in diesem Bereich sind dann auch nur noch zweckdienlich, meist direkt in der Nähe der Autobahn und dementsprechend lärmintensiv. Naja, schließlich wollen wir ja auch nur über die Pyrenäen um nach Spanien zu kommen. Und Ende November überqueren wir die Grenze nach knapp 1100 km.