Mit dem Rad durch Jordanien
Vom Roten Meer zum Toten Meer /Red2Dead
und zurück / cycle race D2R
01. – 15. November 2021
Rainer Dorau
0. Montag 01.11.2021 / Ankunft in Aqaba Red2Dead 2021
Heute war ein spannender Tag für mich - Warum?
Weil der vierte Versuch mit Red2Dead erfolgreich war. Ich bin endlich in Aqaba gelandet.
Der erste Anlauf für unsere Radtour war im März 2020, Mathieu aus Südfrankreich und ich hatten die Flüge gebucht, die Räder gepackt, und wir waren auf dem Weg zum Flughafen, als Jordanien 2 Tage vor unserem Flug von Milano nach Aqaba coronabedingt die Grenzen zumachte. Auch für November 2020 und März 2021 hatten wir geplant, hatten aber wieder keine Chance.
Im Juni 2021 hatte ich Mathieu an der Ardeche getroffen und wir haben uns auf die Tour vorbereitet. Alles schien perfekt zu laufen, bis Mathieu Mitte September anrief und absagte, weil er bei seinem neuen Arbeitgeber keinen Urlaub kriegte. Käse!!! Poor Mathieu, ich hätte ihn gern dabeigehabt!
Mir fiel glücklicherweise Martin aus Hemmingen ein, der mich im Januar 2020 nach meiner Bauhof-Session angesprochen hatte. Er ist 64, also zwei Jahre jünger als ich, und hat auch schon einige Rad-Touren hinter sich.
Er hat nicht lange überlegt und ist sofort eingesprungen.
Unser Plan für die nächsten Tage ist über die jordanischen Berge und den Kings Way vorbei am Wadi Rum, der Felsenstadt Petra, dem Bio-Naturreservat in Dana, den Kreuzritter-Orten Al Tafila und Kerak, und dann hinunter zum Dead Sea zu fahren (von 1.500 m ü M auf fast 400 m unter Ms). Ich werde berichten über die Geografie und Geschichte des Landes, über die Menschen, und natürlich über unsere Tour Erlebnisse.
Und für den 12.11.haben wir uns zum offiziellen Cycle-Race Dead2Red 2021 angemeldet, 200 km vom Toten Meer durch die Wüste zurück nach Aqaba am Roten Meer.
Wir werden sehen, ob das was wird / Inshallah!!!!
Unser erstes Quartier liegt am South Beach, ca 15 km südlich von Aqaba, einem Tauch- und Schnorchel Paradies, direkt vor der Grenze zu Saudi-Arabien. Nach einem herrlichen Bad im Roten Meer (Wassertemperatur ca. 22 Grad) machen wir am Abend einen kleinen Bummel durch Aqaba, decken uns mit einer jordanischen Sim-Karte ein und versuchen unser Glück am Geldautomaten. Leider scheitern wir beide mit unseren Kreditkarten, der Automat will einfach nicht so wie wir. Wir werden es also in Petra wieder versuchen und bis dahin mit US $ unser Glück versuchen.
Wir wollen morgen unsere Rad-Tour Red2Dead mit der ersten Etappe von Aqaba nach Wadi Rum/Petra - 90 km / 1.100 Höhenmeter starten. Weil es hier am Roten Meer immer noch weit über 30 Grad sind, wollen wir vor Sonnenaufgang aufbrechen, und nach dem frühen Start heute in Köln auch früh ins Bett.
1. Etappe/ 02.11., Aqaba/South Beach(0m) - Wadi Rum (800m)
Distance: 90 km, 1.100+ / Gefahrene km: 65 km 500 m+ (25 km/600 m+ mit Pick up),
Remarks: ein Pickup hält an und Martin kann nicht schnell genug „Nein“ sagen
Wir starten in Aqaba bei Sonnenaufgang um 6h und bei ca 25Grad und radeln die weitläufige Strandpromenade vom South Beach entlang. Vor uns der Containerhafen und dahinter im Norden Aqaba, auf der anderen Seite der Bucht sehen wir Eilat/Israel. Uns direkt gegenüber liegt die ägyptische Grenzstadt Taba.
Bitte keine fremden Texte posten. Zur Erläuterung siehe Fremde Texte und Bilder werden entfernt (Forum).Ich stelle fest, dass bei meiner Schaltung die Kette nicht auf das größte Ritzel springt. Der Schaltarm muss sich beim Transport verbogen haben. Wir halten an und stellen die Schaltung nach. So richtig zufrieden bin ich mit dem Ergebnis allerdings nicht, bei Steigungen über 10% kann es schwierig werden.
Nach 20km erreichen wir Aqaba, decken uns bei einem Straßenhändler mit Bananen ein und peilen die Berge an, die sich direkt hinter der Hafenstadt 1.000m steil auftürmen. Ich schlage vor, dass wir an einer Tankstelle nach einem Pickup suchen, der uns zumindest das steilste Stück mitnimmt. Martin ist davon nicht begeistert, er hat das Ziel jeden Kilometer selbst zu fahren, wie bei seiner Afrika-Tour nach dem Motto ‚EFI Every :zensiert: Inch cycled‘.
(Martin ist 2003 von Kairo nach Kapstadt gefahren, 11.000km in 100 Tagen, für Interessierte hier das Video:
https://vimeo.com/73565918Es lohnt sich, ca. 33 min Film, und man lernt viel über die Geographie Afrikas: Ägypten, Sudan, Äthiopien, Kenia, Tansania, Mozambique, Malawi, Zimbabwe, Botswana, Südafrika.
Hinter Aqaba geht die Straße in eine Art Autobahn über und führt durch eine Schlucht die Berge hinauf. Die Sonne knallt in diese Schlucht, die Temperatur hat bereits früh die 30 Grad Marke überschritten. Wir halten an für eine Trinkpause. Als ein Pickup vorbeifährt, strecke ich spontan den Daumen raus, der Wagen hält sofort an. Vorn und hinten sitzen jeweils zwei Männer, wir bieten 10 US $ an und der Fahrer stimmt zu. Wir laden die Räder auf, und rutschen auf die hintere Bank zu den zwei anderen Passagieren. Als an einem Haltepunkt ein Mann steht, hält der Fahrer an, fragt nach dem Ziel, einigt sich mit ihm auf einen Fahrpreis und fordert ihn auf, vorn reinzurutschen. Unser Fahrer agiert scheinbar als privater Taxifahrer und sammelt sich seine Fahrgäste kreuz und quer am Straßenrand auf.
Nach ca 20km haben wir die Bergkuppe erreicht und steigen aus. Wir verlassen jetzt die Hauptstraße und fahren auf einer Nebenstraße zum Wadi Rum. Wir tauchen ein in eine rote Sandstein-Wüste mit bizarren Gesteinsformen und sind überwältigt von dem Anblick, den Farben und Formen.
Das Wadi ist ein Gebiet mit einer Ausbreitung von etwa 100 x 60 km. Es liegt auf etwa 800 m Höhe, mit höchsten Erhebungen über 1800 m.
2011 wurde das Gebiet als Weltkulturerbe anerkannt und ist seitdem Schutzgebiet der UNESCO.
Nach ca. 40 km gelangen wir zum Wadi Rum Village, wo wir von unserem Gastgeber abgeholt werden.
Muhammed, 16jähriger Sohn von Suleiman, dem Camp-Inhaber, steuert den Toyota-Pickup und bringt uns zum ca. 8km entfernten Rainbow Camp. Am Ortausgang hört die Straße auf, die Wüste fängt an. Muhammed steuert das Fahrzeug auf den kaum sichtbaren Fahrspuren wie auf hoher See über den Sand. Einmal hält er kurz an, schaltet den Allradantrieb ein und fährt dann mit Schwung durch eine Sandwehe.
Das Rainbow Camp liegt im südlichen Bereich des Schutzgebietes und hat 20 sehr komfortabel eingerichtete Zelthütten. Suleimans Familie gehört zu einer von über 100 Beduinen-Familien (ca 1.700 Bewohner), die im Wadi wohnen und Ihren Lebensunterhalt mit den Touristen verdienen. Zusätzlich zu den Unterkünften werden Touren angeboten, zu Fuß, zu Pferd/Kamel oder mit dem Pickup.
Wir sind außer einer Familie mit zwei kleinen Kindern die einzigen Gäste im Camp, genießen die Ruhe und Abgeschiedenheit. Am Abend erleben wir einen herrlichen Sonnenuntergang und sitzen nach dem köstlichen Abendessen mit Suleiman und seinem Sohn am Camp Feuer. Das Camp wird gemanagt von Suleiman und seinen Brüdern, seine Frau (er hat nur eine!) lebt mit den Kindern im Village. Seit Corona sind die Touristen ausgeblieben, und somit auch die Einnahmen. Suleiman ist froh, dass es jetzt nach 1 ½ Jahren langsam weitergeht und hofft auf ein Ende von Corona.
Nach dem Bilderbuch-Sonnenuntergang genießen wir auch den sternenklaren Himmel, und schlüpfen früh unter unsere Decken. Im Februar/März können die Nachttemperaturen bis auf 0 Grad sinken, jetzt im November sinkt die Temperatur auf max 12 Grad.
2. Etappe: Mittwoch, 03.11. Wadi Rum (800 m) - Wadi Musa/Petra (1.100 m)
Distance: 115 km, 1.550 m+, highest point 1.640 m, cycled km: 95 km/800+ /ich , Martin 100%
Remarks: bei Sonnenuntergang spannendes Kopf an Kopf Schatten-Rennen um den Etappensieg
Wir sind früh wach und erleben, wie sich bei Sonnenaufgang die Wüstenlandschaft und die Felsen wunderbar rot färben. Nach einem sehr reichhaltigen Frühstück verabschieden wir uns von Suleiman und lassen uns von seinem Sohn wieder zurück zum Village bringen. Muhammed hat mit 10 Jahren Autofahren gelernt, es ist sein Job, die Gäste vom Village abzuholen und zurückzubringen.
Wir bedauern sehr, dass wir nur eine Übernachtung eingeplant hatten und nehmen uns fest vor, noch einmal wieder zu kommen und dann unbedingt die Highlights des Wadi zu erleben.
Unser nächstes Ziel ist Wadi Musa mit der Felsenstadt Petra. Die Entfernung beträgt 115km, und es geht mit über 1.500 Höhenmeter über mehrere Bergkuppen.
Ich hätte dieses Stück gern in zwei Etappen aufgeteilt, aber es gab auf der ganzen Strecke keinen Ort und keine Übernachtungsmöglichkeit. Also spekuliere ich wieder auf einen Lift für das steilste Stück.
Außerhalb vom Reservat machen wir einen kurzen Abstecher zur 'Rum Station' (hat nix mit dem Getränk Rum zu tun, sondern bezieht sich auf den Wadi Rum Bahnhof). Die Bahnlinie Amman-Aqaba (und weiter bis nach Mekka/Jeddah) wurde 1900-1908 von den Türken (osmanischen Reich) erbaut, dann im arabischen Freiheitskrieg 1916/17 (Lawrence von Arabien) weitgehend zerstört und zuletzt nur noch auf Teilstrecken (zb Ma'an-Aqaba) für Gütertransporte genutzt. Seit einigen Jahren liegt die Strecke still, die jordanische Regierung sucht Investoren, um das Bahnsystem wieder in Gang zu bringen. Für Eisenbahnfreunde eindrucksvoll sind die alte Dampflok und die dazugehörigen Waggons.
Wir gelangen bald wieder an den Desert-Highway Aqaba – Ammann und kurz danach auch an eine Raststätte, die ich für einen Lift angepeilt habe. Ich spreche einen Pickup-Fahrer in Beduinentracht an, wir feilschen ein wenig um den Preis und einigen uns. Saod lebt im Wadi Rum, organisiert Touren für Touristen. Er hat zwei Frauen, 5 Söhne und 1 Tochter. Sein achtjähriger Sohn Sam hat heute schulfrei, daher will er mit ihm nach Aqaba zum Shoppen und Eis essen. Aqaba liegt in die andere Richtung, aber für ein paar Dinar fährt er mich den Berg hoch bis zur Abzweigung nach Petra.
Martin lässt sich diesmal nicht überrumpeln und lehnt den Lift ab. Während ich mein Rad und das Gepäck auf den Pickup lade, fährt er los. Nach einem Kilometer überholen wir ihn.
Endlich kann ich meine Arabisch-Kenntnisse anbringen, die ich mir in den letzten Monaten mühsam angeeignet habe:
Ich will Arabisch lernen أريد تعلم اللغة العربية
arid talam legha al-arabia
Mein Arabisch ist nicht gut للغتي العربيه ليس جيده)
Legti alarabie list geide.
Kannst Du Englisch sprechen? هل تستطيع التحدث بالإنجليزية؟
hill testatio al-tahdath palinglesia
Wie heißt Du? ما هو اسمك؟
ma ho esmake
Wo wohnst Du? أين تسك
iene täskun ente?
Wie alt bist Du? كم عمرك؟؟
kim omrak
Wie alt ist Dein Sohn? كم عمر ابنك؟
kim oumar abankel
Wie geht es Dir? كيف حالك؟
keef halki
Was machst Du beruflich? ماذا تعمل؟
maza tamle
Glücklicherweise kann Saod Englisch wie die meisten Jordanier, die etwas mit Touristen zu tun haben. Und so vergeht die Zeit, bis wir an die Abzweigung nach Petra kommen, wie im Flug. Wir tauschen die FB-Adressen aus und ich verspreche, beim nächsten Besuch im Wadi mit ihm eine Tour zu machen.
Es vergeht einige Zeit, bis Martin auftaucht. In dieser Zeit halten einige Fahrzeuge, die mir einen Lift in Richtung Petra anbieten. Gemeinsam mit Martin fahre ich weiter und folge dem Kings Way, der alten Königsstraße, einer historischen Handelsroute von Nordsyrien bis zum Roten Meer. Der Höhenweg hatte sich bereits vor etwa 4000 Jahren herausgebildet und wurde dem als gefährlicher geltenden Weg durch das Jordantal vorgezogen.
Wir passieren eine baum- und strauchlose Bergwelt zwischen 1.000 und 1.600 m, es geht 60km auf und ab, wir überqueren noch zweimal die Höhe von 1.600m, ohne auch nur durch einen einzigen Ort zu kommen. Vor Petra und kurz vor Sonnenuntergang – die Sonne steht am Horizont und die Sonnenstrahlen kommen waagerecht - wird es noch einmal spannend, als Martin und ich uns auf den letzten Kilometern ein erbittertes Kopf-an Kopf-Schatten-Rennen um den Etappensieg liefern.
Als wir endlich an unserem Ziel in Petra ankommen, sind wir zum einen sehr froh und zum andern auch sehr erschöpft.
2a Wandertag in der Felsenstadt Petra
Petra ist eine Ruinenstätte im heutigen Jordanien, war in der Antike die Hauptstadt des Nabatäer-Reiches. 1985 wurde Petra in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen und gehört seit 2007 zu einem der sieben Weltwunder der Neuzeit (1 Chinesischen Mauer, 2 Kolosseum im Rom, 3 Chichén Itzá, 4 Machu Picchú, 5 Tadsch Mahal, 6 Petra,7 Christusstatue in Rio). Die Bauten entstanden in der Zeit 600 v.C bis 100 n.C. Petra galt als wichtiger Handelsplatz, Zwischenstation für die Karawanen von Mesopotamien nach Ägypten. Bereits im ersten Jh n.C wurden die Nabatäer von den Römern verdrängt, und im Anschluss änderten sich auch die Handelsrouten. In der Blütezeit hatte Petra bis zu 50.000 Einwohner, allein das Colosseum hatte Platz für 10.000 Besucher
Zerstört wurde die Stadt durch Erdbeben im 3. und 5. Jh n C und anschließend aufgegeben. Erst 1812 entdeckte ein Schweizer Arabien-Reisender die Ruinenstadt für Europa neu. Seitdem ist nur ein kleiner Teil der ehemaligen Stadt ausgegraben.
Einfach faszinierend!!!!!
3. Etappe/Freitag, 05.11.: Wadi Musa (1.000 m) - Dana (1.350 m)
-Distance: 58 km, 1.000 m+, 1.640 m höchster Punkt, 1.110 m tiefster Punkt
-km cycled: ich: 53 km/600 m+, Martin=100%
-Remarks: Tag der Zufälle
Nach einem Wandertag in Petra machen wir uns wieder auf den Weg und auf die Räder. Der Portier Anas vom Hotel Venus, der uns in allem sehr behilflich war, bietet uns einen Lift bis hoch an das Ortsende an (ca 4km/400m+). Martin lehnt ab, ich nehme dankend an. Heute ist Freitag, d.h. in Jordanien Wochenende. In den Orten, durch die wir kommen, sehen wir Männer in Richtung der Moscheen gehen. Und überall ertönt die Stimme des Muezzins aus den Lautsprechern. Es ist kaum Verkehr auf den Straßen, die Straße gehört uns fast allein. Es geht seit Petra leicht bergab, wir kommen gut voran. Wir sehen einen fast neuen Kunstrasenplatz, Zeichen einer wohlhabenden Kommune. Und als wir an einem Agricultural Research Center vorbeikommen, halte ich an, mache ein Foto von dem Gebäude und schicke es Bastian in Ammann. Ich hatte mit Bastian Kontakt über die Website der Ammann Roadrunners. Bastian arbeitet in Jordanien im Bereich Agricultural Research und hatte die Absicht, ein oder zwei Etappen mit uns zu fahren (was dann leider nicht geklappt hat).
Im gleichen Moment, in dem ich die WhatsApp abschicke, ploppt seine WA auf: Er fragt, wo wir gerade sind. Beide Nachrichten exakt zur selben Zeit!!! Gedankenübertragung, welch ein Zufall!
Inzwischen ist es sehr heiß geworden, wir suchen nach Schatten und müssen lange warten, bis wir ein Grundstück mit ein paar Bäumen/Büschen finden und uns etwas ausruhen können.
Wir haben in Dana ein Zelt in einem EcoCamp reserviert, die Angaben über den Standort waren für uns aber nicht ganz klar. Kurz vor Dana weist ein verrostetes Schild den Weg zu einem Camp, da wir aber ein ‚EcoCamp‘ suchen, übersehen wir diesen Hinweis und fahren weiter. Wir kommen in einen Ort, wo es an einer aufgerissenen Straße sehr steil nach oben geht. Als wir anhalten und beratschlagen, tauchen junge Burschen auf und rufen ‚Money, Money‘. Wir starten sofort unsere Räder, was aber bergauf nur sehr langsam vor sich geht. Wir hören, wie hinter und um uns die Steine einschlagen, ohne uns zu treffen. Glücklicherweise kommt in diesem Moment ein Pickup und gibt uns Feuerschutz. Er hält an und bietet uns einen Lift an. Während ich annehme, mein Rad auflade und hinten aufspringe, fährt Martin im Schutz des Fahrzeugs weiter. Oben angekommen bedanke ich mich beim Fahrer und frage ihn nach unserem Zielort. Er holt sein Handy heraus, zeigt mir eine Buchungsliste mit meinem Namen und stellt sich als der Besitzer des ‚EcoCamps‘ vor, bei dem wir reserviert haben, an dem wir allerdings bereits vorbei gefahren sind. Welch ein Zufall!!!
Wir fahren die Straße wieder zurück, und passieren die kritische Stelle mit den Steinewerfern bergab mit hoher Geschwindigkeit. Wir erreichen das Al Nawatef Camp und werden dort bereits von Ali, unserem neuen Freund und Retter empfangen.
Das Camp liegt wunderschön oberhalb einer Schlucht am Rande des Dana Nature Reserve. Wir entscheiden uns für eine Zelthütte mit zwei Betten, direkt an der Felskante, mit einem herrlichen Blick über die Schlucht. Muhammed, der Camp-Manager sorgt für eine ‚kleine‘ Zwischenmahlzeit, und wir lassen uns einfangen von der Ruhe, dem Rundumblick und der wunderbaren Atmosphäre im Camp.
Nach Sonnenuntergang treffen die übrigen Camp-Bewohner ein, die meisten kommen zurück von begleiteten Tagesausflügen in das Reservat.
Beim Essen lernen wir unsere Zeltnachbarn kennen, ein junges Pärchen aus Südfrankreich. Sie freuen sich, Französisch mit uns reden zu können und fragen nach PETRA, ihrem nächsten Etappenziel. Wir schwärmen von der Felsenstadt und empfehlen ihnen unser Hotel Venus, direkt neben dem Eingang zur Felsenstadt. Sie schauen in ihre Reiseunterlagen und stellen fest, von den ca. 150 Hotels in Wadi Musa haben sie Hotel Venus reserviert. Welch ein Zufall!! Wir geben ihnen einen Gruß mit für Anas, unseren weltbesten Portier!
3a. Samstag/Ein Ruhetag in Dana Al-nawatef Camp
- für dies und das
- zum Wäsche waschen, Schlauch flicken, Gegend erkunden
- zeichnen, Fotos sortieren etc.
- und vor allem um ausgiebig mit Ali (Camp Owner) und Muhammed (Camp Manager) zu sprechen
4. Etappe/Sonntag: Dana (1.200 m) - Tafila (1.300 m)
- Distance: 45 km, 900 m+ , - km cycled:: ich 40 km/650 m+, Martin: 100%
Remarks:
- zwei Lifts an einem Tag
- unangenehmes Zusammentreffen mit einer großen Schülergruppe
- schwierige Hotelsuche in Tafila
Das Biosphärenreservat Dana besteht seit 1989 und ist mit 320 Quadratkilometern das größte Naturreservat Jordaniens. Der Höhenunterschied in dieser bergigen Region reicht von 300 m ü. NN bis zu 1700 m hohen Felsplateaus. Der Großteil des Reservats ist nur zu Fuß über Wanderwege zu erreichen. Wir verabschieden uns von Ali und Muhammed mit dem Gefühl, hier noch einmal herkommen zu müssen.
Unsere Route führt uns zunächst mit leichter Steigung 500 Höhenmeter hoch, und dann auf der anderen Seite fast 600 Höhenmeter bergab. Oben auf der Kuppe halten wir an und genießen bei einem Tee den herrlichen Ausblick über das Wadi Dana und die Nebentäler.
Bis Basira geht es weitgehend bergab, doch dann kommt ein sehr steiles Stück bergauf, und ausgerechnet dort gibt es eine Baustelle, die Straße ist gesperrt. Und die Umleitung führt über eine noch steilere, sehr enge und stark befahrene Straße. Wir halten an und checken die Straßenführung. Es ist 13h, und das bedeutet Schulschluss. Aus der benachbarten Schule strömen die Schüler, und sie kommen alle zu uns. Sie kommen immer näher, fassen uns und unsere Fahrräder und Sachen an. Es wird immer enger. Martin und ich verständigen uns kurz, steigen auf die Räder und flüchten.
Wir halten an der Umleitung, Martin entscheidet sich für die Weiterfahrt, ich halte den Daumen raus. Der erste Pickup hält an, Ahmet fährt mit seiner Tochter nach Tafila. Er kennt München und ist begeistert von Deutschland und den Deutschen. Er lehnt jeden Obolus ab und lässt mich in Ruhe das Rad und das Gepäck aufladen. Die Fahrt geht gerade mal über 1 km, unterwegs überholen wir Martin. Er kämpft sich auf dem steilen Stück durch den starken Verkehr. Oben warte ich auf ihn, dann geht es gemeinsam weiter.
Wir kommen nach Tafila, unserem Etappenziel. Tafila ist mit ca. 30.000 Einwohnern Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements, mit Universität und Verwaltungssitz des Gesundheitsministeriums. Trotzdem konnten wir auf Booking kein Hotel finden. Auf Vermittlung von Bastian und über drei Ecken steuern wir 300 m oberhalb des Ortes ein Hotel an, das wir zwar offen vorfinden, aber total versifft und ohne irgendeinen Ansprechpartner. Wir telefonieren und finden ein anderes Hotel am anderen Ende des Ortes, aber auch wieder oberhalb der Hauptstraße. Dafür müssen wir erst runter, dann ca 5km durch den Ort und auf der anderen Seite wieder 300 Höhenmeter steil nach oben. Ich denke, ich habe an diesem Tag schon genug für mich getan und suche mir eine Taxe, packe mein Rad in den Kofferraum und lasse mich für ein paar Dinar auf einer Umgehungsstraße zum Hotel bringen. Martin kämpft sich durch den Ort und dann einen steilen Anstieg zum Ende des Ortes hinauf.
Wir sind beide ziemlich platt und ausgehungert, als wir im Hotel ankommen. Wir bestellen im Hotel etwas zu essen, und dinieren um 17h im für uns reservierten Ballsaal ein fürstliches Mahl mit Suppe, Salat, Pommes und Chicken Wings. Es ist so reichlich, wir schaffen gerade mal eins von den Paketen, die man uns von außerhalb geholt hat. Das zweite übergeben wir dem Hotelpersonal, sie freuen sich und sind dankbar. Um 20h liegen wir im Bett und schlafen ein.
5. Etappe/Montag: Tafila (1.300 m) - Gawr Al Mazraah/Jordan Valley (-400 m)
- Distance: 85 km, +525 m hoch, - 2.200 m runter, - cycled km: 100%
stops: 1. fifa nature reserve, 2. Nea / local food, 3. Lowest place on earth museum, 4. Lot’s cave
Remarks: vereinte Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit
Wir beschließen, den Abstecher über Kerak zu streichen und direkt von Tafila die Straße runter zum Jordan-Tal zu nehmen. Wir peilen As Safi als Etappenziel an (ca. 50km) und hoffen, dass wir da eine Übernachtungsmöglichkeit finden. As Safi ist der Startpunkt für das D2R-Rennen, hat ca. 5.000 Einwohner und müsste doch eigentlich irgendeine Herberge haben.
Wir starten nach Sonnenaufgang, nicht ohne ein herrliches Frühstück in unserem Ballsaal. Wir nehmen die Umgehungsstraße und haben so noch einmal einen weiten Blick auf Tafila. Wir brauchen einige Zeit, bis wir den Stadtrand erreichen, von wo aus bereits in der Ferne das Jordan Tal zu sehen ist. Es geht steil bergab, wir halten einige Male an, zum einen, um die sensationelle Aussicht zu genießen, zum anderen aber auch, um die Bremsen und Felgen abkühlen zu lassen.
Bei einem dieser Stopps sehen wir, wie unter uns in einer der nächsten Kurven eine Horde Hunde sich auf die jeweils vorbeifahrenden Fahrzeuge stürzt. Wir überlegen, was wir machen können. Wir fahren bis kurz vor die Stelle und warten auf ein bergab fahrendendes Auto. Das nächste Auto hält vor uns, die Männer fuchteln mit den Armen und rufen aufgeregt: „kilab, kilab!!!“(Hunde, Hunde!)
Sie kennen die Stelle und wollen uns warnen. Wir verabreden mit ihnen, dass sie vorfahren und wir in ihrem Windschatten hinterher. Ich hole meine Trillerpfeife raus, und Martin und ich folgen dem Auto mit hoher Geschwindigkeit und kaum einem Meter Abstand. In der Kurve stürzen sich die Hunde auf das Auto, ich pfeife was meine Lunge hergibt, das laute Geräusch verwirrt die Hunde, und eh sie sich daran gewöhnt haben, sind wir an der Stelle vorbei und atmen tief durch. Noch einmal gut gegangen!
Es geht immer noch steil bergab, in der Schlucht neben der Straße wechselt jetzt die Steinwüste mit einer üppigen Vegetation, kleine Felder mit Kartoffeln und anderem Gemüse. Und kurz darauf öffnet sich vor uns das Jordantal mit bewirtschafteten grünen Feldern, vereinzelten Schafen, Ziegen und Eseln.
Während oben in Tafila auf 1.400 m die Temperatur morgens bei 18Grad lag, so ist im Jordan-Tal bereits vormittags über 30Grad. Wir machen eine Pause vor einem kleinen Laden, ich bestelle für uns auf Arabisch Tee und der Junge, der den Service macht, ruft sofort: „No english, No english!“ Mein Englisch versteht er dann aber doch besser als mein Arabisch, und wir kriegen unseren heißen Tee.
Wir kommen an einem Gebäude mit der Aufschrift ‚Fifa Nature Reserve‘ vorbei, und halten an.
Abdullah, Biologe und Projektleiter von FIFA, führt uns durch die Ausstellung und erklärt uns das Projekt. FIFA hat das Wetland um das Tote Meer als Schutzgebiet deklariert und so erreicht, dass sich Tiere wie der Dead Sea Sparrow (Sperber), Nubien Nightjar (Nachtschwalbe), Egyption Spiny-tailed Lizard (Ägyptischer Dornschwanz) wieder ansiedeln konnten. Abdullah kommt aus As Safi und hat in Amman Biologie studiert. Wir fragen ihn nach einer Übernachtungsmöglichkeit in As Safi. Er antwortet, die gibt es nicht. Er fängt an zu telefonieren, und nach einigen Telefonaten übergibt er uns an William in Gawr Al Mazraah (ca 30km), der uns sein Projekt NEA (Local Food) vorstellen und eine Übernachtungs-möglichkeit finden will. Wir verabschieden uns von Abdullah, er wird uns weiterhin virtuell auf Facebook begleiten und mitfiebern, als wir bei dem D2R- Rennen morgens bei Sonnenaufgang am FIFA-Gebäude vorbei Richtung Aqaba sausen.
Wir machen Pause in As Safi und stärken uns in einem kleinen Imbiss mit einem reichhaltigen Mahl. Am Ortsausgang besichtigen wir das ‚Museum of the lowest place on earth‘ (420 m unter Ms).
Etwas oberhalb am Berg sehen wir eine weitere historische Sehenswürdigkeit: Lot‘s cave. Bei dem Lot-Heiligtum handelt es sich um die Reste der Pilgerstätte mit Höhle, Kirche, Gasträumen und Mönchszellen, es ist eine frühbyzantinische Gedenkstätte für Lot, den Neffen von Abraham, der nach der Zerstörung von Sodom und Gomorra mit seinen Töchtern im Gebirge Zuflucht fand. Wir haben noch über 30 km vor uns, daher schenken wir uns den Ausflug in die biblische Vergangenheit und bewegen uns weiter nordwärts Richtung Dead Sea. Wir durchqueren ein Industriegebiet ‚Arab Potash‘, hier wird Pottasche/Kaliumcarbonat abgebaut und über den Hafen Aqaba weltweit verschifft, ein Hauptexportgut für Jordanien. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir das Schulungszentrum von NEA (Numeira Environmental Association), einer gemeinnützigen Organisation zur Erhaltung der Umwelt. Unter dem Motto ‚Local Food‘ werden die Landwirte aus der Region auf beispielhaften Versuchsfeldern in Sachen Umwelt und Nachhaltigkeit geschult.
William lädt uns zu einem köstlichen Reisgericht ein und zeigt uns anschließend sein Projekt auf einer weitläufigen Anlage mit Feldern und Bewässerungssystemen. Es ist schon dunkel, als Anas, ein Mitarbeiter von NEA uns zu seinem Haus im nahegelegenen Ort nimmt und wir auf der Dachterrasse auf zwei Matratzen unsere Schlafstätte finden. Wir lernen die ganze Familie kennen, seine Frau, den zweijährigen Sohn, die Schwester und vor allen den Baba, den Großvater. Im Frühjahr kommt ein zweites Kind, die Familie freut sich und ist schon sehr aufgeregt. Keiner spricht ein Wort englisch, aber wir verständigen uns doch ganz gut. Wir haben glücklicherweise unsere Schlafsäcke dabei und legen uns früh auf die bequeme Schlafstatt. Es wird eine warme Nacht, die Temperatur liegt bei 20 Grad C, wir schlafen schnell ein……
6. Etappe/Dienstag (die letzte für Red2Dead): Gawr Al Mazraah (-380 m) - Dead Sea Spa Hotel (Nordufer)(-380 m)
-distance: 55 km, Höhenprofil +560 m, -560 m, cycled km=100%, temperature 35 Grad C./11 h
…. um genauso schnell aufzuwachen, als um 04h10 der Muezzin zum Gebet ruft. Nach ca. 10 min kehrt Ruhe ein, wir schöpfen Hoffnung und wollen weiterschlafen, werden aber nach wenigen Minuten wieder wach, weil jetzt aus verschiedenen Richtungen die Moscheen aus der direkten Nachbarschaft die Gebete der jeweiligen Muezzins direkt und unkoordiniert über starke Lautsprecher übertragen und uns in die Gebete einbinden, so dass an Schlaf für eine Weile nicht mehr zu denken ist. Die Gebetszeiten stehen in Jordanien fest und werden täglich entsprechend dem Sonnenstand angepasst und für die Regionen offiziell publiziert. zB. für Amman am Mi., 10.11.2021: 1. Prayer 4:37, 2. 11:20h, 3. 14:18h, 5. 18:03h. In großen Städten wie Ammann schalten die Moscheen die Gebete synchronisiert übers Radio, in kleinen Orten (wie As Safi) ruft jeder Muezzin eigenständig zum Gebet.
Kurz darauf setzt die Morgendämmerung ein, und mit Sonnenaufgang stehen wir auf, packen unsere Sachen und verabschieden uns mit einem schriftlichen Gruß von unseren Gastgebern, die noch schlafen. Um 7h sind wir wieder mit William verabredet auf dem Gelände von NEA, warten dort eine Weile, und starten wieder in Richtung Norden, als niemand auftaucht. Nach ca. 10 km überholt uns ein PKW, William steigt aus und begrüßt uns. Ihm war etwas dazwischengekommen, es tut im Leid, er wollte sich auf jeden Fall von uns verabschieden. Welch eine nette Geste.
Kurz darauf erreichen wir das Südende vom Toten Meer und sind glücklich, dass wir unser Ziel fast erreicht haben. Die Betonung liegt auf ‚fast‘, denn auf den verbleibenden 50 km geht es auf und ab, insgesamt sind noch 560 Höhenmeter zu überwinden. Wir machen einen kurzen Stopp am Wadi Mujib, einer traumhaften Schlucht, zum Wandern, Klettern und Wasserrafting, verschieben aber die Klettertour auf unseren nächsten Jordan-Besuch und setzen unsere Etappe fort. Wir passieren ein Straßenschild mit der Aufschrift ‚LET’S KEEP OUR ROADS CLEAN / KFW, Employment Investment Intensive Program‘. Ein Projekt der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Ich hatte mich schon gewundert, warum es hier am Toten Meer so sauber ist. Sonst waren die Straßen meist gesäumt von Müll und Plastik, und hier alles so clean. Kurz darauf sehe ich auf der anderen Straßenseite einen grüngekleideten Araber mit einem großen Müllsack, wie er Müll einsammelt.
Gegen Mittag erreichen wir unser Ziel für Red2Dead: das Deadsea Spa Hotel am Nordufer. Das Thermometer zeigt 33,2 Grad, wir sind glücklich am Ziel angekommen und freuen uns auf zwei Tage Entspannung.
6a. Treffen am Toten Meer mit Khaled Tillawi und Laith Tillawi, DMAG-Repräsentanz Jordanien
Auf meiner Radreise durch Jordanien nur einen Tag vor dem Dead2Red-Race 2021 traf ich meinen Freund Khaled Tillawi mit seinem Sohn Laith aus Amman am Toten Meer.
1994 rief mich Khaleds Vater an - er war seit 1962 Repräsentant der Deutschen Messe in Jordanien, und ich hatte gerade meinen Job bei der Deutschen Messe als Leiter Außendienst gestartet - und teilte mir mit, dass sein Sohn Khaled die Repräsentanz übernehmen und zur Hannover Messe 1995 kommen würde.
Khaled kam zur HM, wir waren im gleichen Alter – Jahrgang 55 = 66 jetzt - und wir wurden Freunde.
Und jedes Mal, wenn er zum Dinner zu mir nach Hause kam, fragte er: "Rainer, wann kommst du nach Jordanien?"
Und um 2000 herum erzählte er mir von einem Radsportevent = Dead2Red, 200 km vom Toten Meer zum Roten Meer, und er schlug vor, als Team teilzunehmen. Ich habe es zuerst nicht ernst genommen, aber nach einigen Jahren habe ich es auf meine Bucket List gesetzt.
Khaled, ich bin sehr glücklich und dankbar, dass du mir die Idee für Dead2Red gegeben hast.
Es war ein tolles Erlebnis, mein erstes Rennen und Jordanien ist ein wunderbares Land.
I will come back!!
Ich unterhalte mich mit Laith, Khaleds Sohn. Laith hat Elektro-/Energietechnik studiert und hat einen sehr guten Überblick über den Energiesektor Jordaniens. Ich frage ihn nach dem geplanten Projekt ‚Two Seas Canal‘, eine Meerwasserpipeline vom Roten zum Toten Meer, um das rapide Absinken des Seewasserspiegels im Toten Meer (Rückgang seit 1960 1m/jährlich und 33% der Oberfläche) zu verlangsamen. Das Salzwasser soll vom Roten Meer über 200 m hochgepumpt werden, dann in über 600 m Gefälle Strom erzeugen, und parallel auch noch über mehrere Entsalzungsanlagen Trinkwasser für Amman liefern.
Als ich 2018 zum ersten Mal Jordanien besuchte, war das Thema ganz aktuell. Jordanien hatte eine erste Projektphase mit 100 Mio. US $ geplant (Gesamtkosten zwischen 2 und 10 Mrd. US $), die 2018 starten sollte und 2021 vollendet sein sollte. Jetzt hatte ich nichts mehr von diesem Projekt gehört, das Projekt ist bisher nicht aus den Startlöchern herausgekommen. Laith erklärt mir die Hintergründe. Eine genauere Betrachtung der Energiebilanz hatte gezeigt, dass insgesamt weit mehr Energie benötigt würde als erzeugt werden könnte. Man hatte zum Ausgleich sogar den Bau eines Atomkraftwerkes in Erwägung gezogen. Hinzu kam der vehemente Widerstand der Ökologen, die schwerwiegende Veränderungen im Ökohaushalt des jeweiligen Seewassers befürchteten. Just in dem Moment, wo ich am 07.12.2021diese Zeilen schreibe, ploppt bei mir eine News auf den Bildschirm von der World Bank auf, die bekannt gibt, das 'Red Sea-Dead Sea' project aus der Liste der geplanten Projekte gestrichen wird.
World Bank releases statement on Jordan's 'Red Sea-Dead Sea' project
Jordan Published: 2021-05-29 12:32 Last Updated: 2021-12-07 16:15
6b. Brief an die Mitglieder der Deutsch-Jordanischen Gesellschaft,
Liebe Mitglieder der Deutsch-Jordanischen Gesellschaft,
Ich möchte Sie informieren über unsere Radtour 'from Red2Dead':
Zusammen mit Martin sind wir heute Mittag mit der 6. Etappe Red2Dead bei 35Grad am Nordufer des Toten Meeres angekommen. Von Aqaba über Wadi Rum, Petra, Dana, Tafila, As Safi und Totes Meer, insgesamt fast 500km und 5.000m bergauf. Martin nach dem Motto 'EFI' = 'Every :zensiert: Inch cycled', ich dagegen bin bei besonderen Steigungen über 10% - davon gab es insgesamt 5 -gern auf freundliche Pick-ups ausgewichen, zumal sich der Schaltarm meines Rades beim Transport verbogen hatte und die Kette manchmal vom größten Ritzel sprang. Und ich habe die Kontakte zum arabisch üben genutzt. Die Jordanier sind sehr freundlich, die Kommunikation macht richtig Spaß.
Wir haben aber auch kritische Momente erlebt: 2x bewarfen uns Jungen mit Steinen, da haben wir Glück gehabt, und einmal mussten wir die Straße von Tafila runter zum Toten Meer passieren, die von einer Hundemeute (bestimmt 20 wilde Hunde) besetzt war. Wir warteten ab, bis ein Auto kam, hängten uns dahinter und düsten mit fullspeed an der Stelle vorbei. Trotzdem sprangen uns die Hunde an und nur, weil ich mit aller Kraft die Trillerpfeife einsetzte, ließen sie von uns ab.
Jetzt relaxen wir bis Donnerstag und bereiten uns auf die Rückfahrt und das internationale Bike-Rennen Dead2Red vor. Start ist am Freitag um 5:30h. Die Temperaturen gehen etwas runter, 25-29 Grad, und der Wind kommt hoffentlich aus Norden. Drückt uns die Daumen. Mal sehen, wie weit wir kommen (bei Martin ist das keine Frage, der schafft das) inshalla🚲🚲👍 (wir sind Baujahr 1955 und 1957)
Fazit für Red2Dead: Es war eine wunderbare Tour, mit tollen Menschen, die wir getroffen haben, mit einer eindrucksvollen Landschaft, Geschichte und Kultur. Überragend auch die Quartiere im Wadi Rum das Rainbow Camp oder in Dana das Al Nawatef Camp.
Ganz wichtig für uns war die jordanische Küche, die wir besonders schätzen gelernt haben.
Eine Sache hat uns sehr gewundert: auf der gesamten Tour sind uns nur 3 Kinder auf Fahrrädern begegnet. Und dabei sind die Straßen wunderbar. Und der Verkehr ist meist auch überschaubar außerhalb der großen Orte. Biken bedeutet Freiheit, Mobilität, Unabhängigkeit, vor allem auch mit ebikes. Mit dem bike erlebt und erfühlt, er-fährt man seine Umgebung viel intensiver als mit dem Auto. Alle Sinne sind aktiv, man sieht und hört viel mehr, man atmet und riecht die Luft, und spürt die Straße und jeden Buckel.
Es gibt tolle Initiativen in Amman zum Radfahren, zb cycling jordan und nader bikes. Warum probieren Sie es nicht aus?
Ich lade alle Mitglieder ein auf facebook: ==>Rainer Dorau , wo Sie unsere Tour Red2Dead und auch das Rennen D2R begleiten können.
In diesem Sinne,
Rainer
Auszug aus den zahlreichen Kommentaren:
7. Dead2Red – mit dem Rad-Rennen vom Toten zum Roten Meer = 200 km, +1.030 / -640 m
Mein erstes Rennen!
Mein Freund Khaled in Ammann hatte mir 2001 vom Cycle-Race Dead2Red erzählt, das jedes Jahr im November stattfindet und vom Toten zum Roten Meer nach Aqaba führt. „Man könnte auch im zweier oder dreier Team fahren und sich abwechseln“. Seitdem spukte mir diese Tour im Kopf herum. Daher war es ideal, als wir jetzt unsere Hinfahrt - Red2Dead vom Roten zum Toten Meer – mit dem Cycle Race D2R für die Rückfahrt kombinieren konnten. In Verbindung mit dem Rennen konnten wir für die kritische Distanz von 200 km durch die Wüste (ohne Ort und Übernachtungsmöglichkeit!!) unser Gepäck einem Supportcar überlassen, und was noch besser war, auf den Besenwagen umsteigen, wenn wir nicht mehr konnten oder keine Lust mehr hatten. Ein wahrer Luxus.
Ich hatte Aref, der Martin und mich in sein international zusammengewürfeltes Team Elemnt genommen hatte, über die Website von Cycling Jordan ausgemacht. So hatten wir Zugriff auf den Transport und die Support-Cars. Und Aref munterte uns auf, uns nicht als zweier-Team sondern als Solo-Rider anzumelden. Ihr schafft das!!!!
Das Timing passte perfekt: Ryanair hatte seinen ersten Flug nach der Pandemie von Köln nach Aqaba am 01.11., und unser Plan war, über Wadi Rum, Petra, Dana und Tafila rechtzeitig am Toten Meer anzukommen, um uns für das Rennen am 12.11. auszuruhen und neue Kraft zu tanken.
Und so nutzten wir zwei Tage vor dem Race zum Relaxen, Baden im Toten Meer, Einkaufen unserer Rennverpflegung, zur Demontage unserer Gepäckträger, Wäschewaschen etc.
Und was ganz wichtig war: zum Schlafen. Denn der Start für das Rennen war um 5.30h kurz vor Sonnenaufgang, die Abholung an unserem Hotel DeadSea/ Nordufer aber schon um 2:30h in der Nacht. Der Rest des Teams brach bereits um 2:00h in Amman auf und fuhr mit uns noch die restlichen 80km zum Startpunkt, wo wir um kurz vor 4:00h ankamen, unsere Bikes und Sachen aus dem Van holten und uns an die Registrierung machten. Zu diesem Zeitpunkt hatte von den meisten Teilnehmern kaum einer mehr als 1-2 Stunden geschlafen. Martin und ich dagegen waren auf unserer Tour das Aufstehen vor Sonnenaufgang gewohnt und am Abend vor dem Rennen bereits um 19h im Bett. So hatten wir am Renntag immerhin 7 h geschlafen und waren recht gut ausgeruht.
Aref, unser Teamcaptain begrüßt im Dunkeln alle Teammitglieder und teilt uns in zwei Gruppen auf die beiden Supportfahrzeuge auf. Gruppe A die schnelle Gruppe (tete de la course) und Gruppe B eher für den hinteren Teil des Pelotons (arriere de la course), da sind Martin und ich dabei. Entsprechend packen wir jeder unsere Lunchpakete und Trinkflaschen in die jeweiligen Autos.
Ich hatte wie schon erwähnt auf der ganzen Fahrt durch Jordanien Probleme mit meiner Schaltung – die Kette springt manchmal vom größten Ritzel, was am Berg verheerend ist, und versuche deshalb an Sari von Cycling Jordan heranzukommen. Er ist schon informiert, nimmt in all diesem Gewusel mein Bike im Van auf den Träger und stellt in aller Seelenruhe im Dunkeln die Schaltung optimal ein. Von da ab läuft alles wie geschmiert. Danke Sari!!
Es ist mein erstes Radrennen überhaupt, insofern bin ich schon ein bisschen aufgeregt. Würde ich die Strecke schaffen? Als ich im Alter von 50 auf‘s Rennrad umstieg, bin ich mit 7 anderen Fahrern ‚von Tor zu Tor‘ gefahren, vom Steintor in Hannover zum Brandenburger Tor in Berlin, insgesamt 320 km von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Mit günstigem West-Wind war das eigentlich kein Problem. Bei D2R würde es also sehr stark auf den Wind angekommen, die Vorhersagen sind günstig, der Wind hat sich weitgehend auf Nord eingependelt und die Temperatur soll um einige Grad auf unter 30Grad sinken.
Pünktlich um 5:30h erfolgt der Start und die insgesamt 70 Rider setzen sich in Bewegung. Vorne die 16 Elite-Fahrer und dahinter recht gelassen die Amateure, darunter 5 Frauen.
Die Morgendämmerung setzt ein und um 5:50h geht die Sonne auf. Die Temperatur ist mit 22 Grad C noch sehr angenehm. Der Tross bewegt sich zunächst auf dem flachen Stück recht zügig über den Jordan Valley Highway und nach ca 20 km erscheint das erste Entfernungsschild ‚Aqaba 180 km‘.
Und gleich darauf beginnt schon die erste Schikane, ein Anstieg auf einer Länge von 2-3 Kilometern mit einer Höhendifferenz von ca. 200 m und einer Steigung von teilweise über 10%. Das Fahrerfeld zieht sich schnell auseinander, die Profis setzen sich vorn ab. Hinten fallen einige Fahrer zurück, darunter auch Martin und ich. Je stärker die Steigung wird, desto stärker fällt Martin ab und das Fahrerfeld entfernt sich immer stärker von uns. Ich hänge mich vor Martin und versuche, ihm Windschatten zu geben und ihn mitzuziehen, aber bei der Steigung bringt das wenig, die Distanz zum Hauptfeld wird immer größer. Irgendwann merkt Martin, dass es so nicht geht und sagt mir: „Go!!“
Wir wollten eigentlich zusammenbleiben, aber ohne Hauptfeld wird es auch für mich sehr schwierig. Ich löse mich also von ihm und strample wie ein Verrückter, um den Rückstand wieder aufzuholen. Inzwischen habe ich gegenüber dem Hauptfeld bestimmt 400 m verloren, und wir sind immer noch nicht über die Kuppe. Ich schaffe es, den Abstand nicht größer werden zu lassen. und sobald wir das Ende der Steigung erreicht haben, gehe ich vorn an die Lenkerenden und trete in die Eisen, was das Zeug hält. Ich schaffe es, mit einem Affenzahn den Rückstand aufzuholen und gelange keuchend an das Ende des Feldes. Und richte mich völlig erschöpft auf, schlupfe in den Windschatten und lasse mich mitziehen.
Ich hatte eigentlich vorgehabt, die im Abstand von 50km jeweils vereinbarten Verpflegungspunkte zu nutzen und dort aufzutanken. Ich hatte mir vorsichtshalber vorm Start zwei Bananen und einen Energieriegel eingesteckt, neben meinen beiden Trinkflaschen. Bei KM 50 und auch Km 100 läuft es wie geschmiert, ich bin in einem guten Fahrerfeld und kann mich gut treiben lassen. Jetzt anzuhalten würde heißen, die Gruppe aufzugeben und hinten nach einer neuen suchen zu müßen. Ich passiere also den ersten und auch den zweiten Verpflegungspunkt ohne Halt.
Die Straße ist asphaltiert, und es läuft der normale LKW- und PKW-Verkehr. Der Straßenzustand ist miserabel. Schlechter als die Straßen, die wir auf unserer Strecke von R2D, von Aqaba über Wadi Rum, Petra, Dana, Tafila zum Toten Meer gefahren sind. Ständig warnt einer der vorderen Fahrer mit ‚Bump‘, oder es kommen Rillen und oft auch die befürchtete ‚Elefantenhaut‘, Asphaltflächen, die weiträumig aufgeplatzt sind. Es heißt also, aufmerksam und hundertprozentig konzentriert zu sein. Dennoch bleibt mir Zeit, um mich mit den verschiedenen Fahrstilen der einzelnen Fahrer zu beschäftigen. Ich fahre längere Zeit neben Saad aus Petra, er ist sehr lustig und kommunikativ, wir scherzen miteinander und ermuntern uns gegenseitig. Er verweist auf seine 120kg, die er am Körper trägt. Dabei bewegt er aber auch wirklich alle Körperteile beim Fahren, sein Fahrstil gleicht einem Mississippi-Schaufelraddampfer, der sich schnaufend und dampfend vorwärtsbewegt.
Auf der anderen Seite in unserem kleinen Pulk fährt eine junge Frau, vielleicht Anfang 30, total konzentriert und mit den Augen gerade nach vorne gerichtet. An Ihrem Körper bewegt sich außer den Beinen nichts, und die Bewegung der Beine erinnert an das gleichmäßige Surren und den Rundlauf einer Singer-Nähmaschine., wie auf Schienen ohne auch nur kleinste Abweichungen nach links oder rechts.
Wir sind inzwischen seit über 100 km in der gleichen Gruppe, und kommunizieren immer nur kurz und knapp auf Englisch miteinander. Irgendwann antwortet sie mir auf Deutsch. Sie heißt Clara, kommt ursprünglich aus München, hat in Bonn, Sheffield und Oxford studiert, und arbeitet bei der GIZ in Amman Es ist auch ihr erstes Rennen, auf das sie sich mit Freunden und Ihrem Onkel vorbereitet hat. Wir beschließen, den Supportpunkt bei 150km gemeinsam sausen zu lassen und uns stattdessen weiter ‚ aus der Luft‘ versorgen zu lassen.
Von meinem Supportcar Nr 34 immer noch keine Spur. Clara hat als Einzelfahrerin einen eigenen Supportcar, der öfter neben ihr fährt und dann Wasserflaschen tauscht und neue Verpflegung rüberreicht. Dabei springt für mich auch mal das eine oder andere heraus. Bei dieser Versorgung über die Begleitfahrzeuge muss ich an die Betankung von Flugzeugen aus der Luft denken. In dem Moment, wo man eine Hand vom Lenker nimmt, muss man die Straße 100prozentig im Blick haben, es darf kein Buckel, keine Rille und keine Elefantenhaut kommen. Der Austausch mit einer Hand muss blitzschnell über die Bühne gehen.
Ich achte darauf, dass ich während der Fahrt regelmäßig trinke und mache mich auch an meinen Proviant, die Bananen und den Müsliriegel ran. Ich halte Ausschau nach meinem Supportcar mit der Nr 34, kann ihn aber nicht entdecken. Stattdessen sehe ich die Supporter der anderen Fahrer am Straßenrand, die Bananen, Energieriegel und Flaschen hochhalten.
Und einige Male, wenn jemand den Arm nicht schnell genug zurückziehen kann, schnappe ich mir eine Banane oder einen Müsli-Riegel, sogar eine Wasserflasche kann ich auf diese Art ergattern. So verpflege ich mich auf der ganzen Strecke – ohne einmal anzuhalten – mit 5 Bananen, 3 Müsliriegel und 4 Wasserflaschen. Von meinem Supportcar 34 dagegen keine Spur.
Aus dem großen Feld der Fahrer hat sich eine kleine Gruppe von 5 Fahrern herausgebildet, mit der ich irgendwann das Schild ‚Aqaba 30 km! passiere. Clara ist weiterhin voll konzentriert und läuft wie eine Maschine. Einer der Jungs steht jetzt öfter im Sattel, hält den Hintern hoch und drosselt die Geschwindigkeit. ‚Jetzt bloß nicht kurz vorm Ziel noch einen Burnout‘. Er hat wohl schon Erfahrung damit und meint, wir lägen gut in der Zeit, könnten noch bequem eine Zeit unter 6 ½ Stunden schaffen, mit einem Schnitt von über 30 km/h, ohne uns zu sehr anzustrengen.
Gleich, nachdem er das bei km 175 sagt steigt das Gelände leicht an, das Treten wird wieder schwerer. Ich spüre ein Zwicken im linken Oberschenkel, mein Muskel will mir mitteilen, dass er sich bei weiterer Anstrengung verkrampfen will/wird. Ich kenne dieses Signal, es erfordert sofortige Muskelentlastung, dh Geschwindigkeitsreduzierung. Schade, es lief so wunderbar mit dieser kleinen Gruppe über fast 180 km. Ich reduziere von 30/35 km/h auf max 20km/h, das kann ich noch schaffen ohne den Muskel zu stark zu belasten und verliere schnell meine Mitfahrer aus den Augen. Der Flughafen von Aqaba taucht rechts auf und in der Ferne sehe ich das Rote Meer und Aqaba. Auf einmal überholt mich unser Support Car und fragt, ob ich etwas brauche. Ich habe noch eine Flasche Wasser und einen Riegel und glaube damit die restlichen 16 oder 17 km zu schaffen. Jetzt bloß nicht anhalten und dann beim Ab-oder Aufsteigen verkrampfen. Es stellt sich heraus, dass mein Supportcar mich die ganz Zeit im hinteren Fahrerfeld gesucht hat, aber mich dort natürlich nicht finden konnte
Ich eiere weiter wie auf einem Zylinder und bin glücklich, als das Schild ‚Aqaba 10 km‘ erscheint. Jetzt weiss ich, dass ich es schaffen werde. Die restlichen Kilometer schleiche ich durch die Vorstraßen von Aqaba, ich spüre mein Hinterteil und vor allem meinen linken Fuß, die Sohle brennt von den Klickschuhen. Ein Kilometer vor dem Ziel höre ich hinter mir ein lautes Schnauben und Dampfen näherkommen, und dann zischt wie ein Schaufelraddampfer auf dem Mississippi Saad aus Petra an mir vorbei. Er hatte angehalten, eine Pause gemacht und dann mit frischer Kraft noch einmal Gas gegeben. Er schafft es 3 Minuten eher ins Ziel als ich. Bei mir zeigt die Uhr im Ziel 6h34min.
Im Zieleinlauf begrüße ich die anderen Teammitglieder, die schon vor mir durchs Ziel gekommen sind. Und als Martin nach kurzer Zeit auch eintrifft, freuen wir uns gemeinsam, dass wir es geschafft haben.
Im Zielbereich wird den Teilnehmern eine Physio angeboten. Ich lasse mir von Dr. Alexandra die gesamte Bein- und Rückenmuskulatur behandeln. Anfangs fühlt es sich an wie eine Marter, aber nach einigen Momenten wirkt es wie ein Wohlgenuss. Ich stehe nach der Behandlung auf wie neugeboren. Keine Schmerzen, keine verkrampften Muskeln.
Danke, Alex!
Jetzt freue ich mich auf das erste Bier heute Abend in Aqaba nach zweiwöchiger Alkohol-Abstinenz.
Nachsatz zu meinem ersten Rad-Rennen
Ohne den verkrampften Muskel hätte ich die 6 ½ h Marke sogar leicht unterschritten. Ein solches Ergebnis hätte ich nie für möglich gehalten. Ich wäre schon froh gewesen, noch vor Anbruch der Dunkelheit überhaupt anzukommen.
Allerdings hätte ich mir besser vorher einmal über die Nahrungsaufnahme während eines Rennens Gedanken machen sollen. Meine Vorstellung, an den Verpflegungsstops anzuhalten und in aller Ruhe mein normales Picknick mit Brot, Käse, Schinken, Wurst, Tomaten, Gurken und Cola zu mir zu nehmen, fiel beim Rennen einfach unter ‚no go‘.
Am Tag danach, während unseres Bootsausfluges im Roten Meer spreche ich mit Darcy aus Canada (53), er ist BioChemiker, hat schon 7 mal den Ironman absolviert und vor zwei Jahren Paris-Brest-Paris (1.200 km in max. 90h) erfolgreich geschafft. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und vertreibt Nahrung für Hochleistungssportler.
Er erklärt mir, was der Körper beim Rennen verbraucht:Energie (Kalorien) und über den Schweiß (Elektrolyte).
Banana (6) Gels (4)
Rainer Per Total Per Total Total
Calories/cal 100 600 100 400 1000
Sodium/Natrium 2 12 125 500 512
Calcium/Kalcium 5 30 35 140 170
Potassium/Kalium 290 1740 55 220 1960
Banana (1) Ride (7,5)
Darcy Per Total Per Total Total
Calories/cal 100 100 280 2100 2200
Sodium/Natrium 2 2 440 3300 3302
Calcium/Kalcium 5 5 40 300 305
Potassium/Kalium 290 290 125 938 1228
Diese Verluste müssen unbedingt über die Nahrung wieder zugeführt werden, damit es nicht zu Mangelerscheiungen, wie zB Muskelkrämpfen oder Hungerast kommt. Dabei wird deutlich, dass die Bananen kaum zu dem erforderlichen Austausch von Energie/Kalorien, Natrium(Salz) und Kalcium beitragen (bei mir rot). Darcy dagegen hat mit seinem in Flüssigkeit gelösten PowerPulver Ride eine wesentlich bessere Nahrungs-Bilanz erreicht (bei Dacy grün)..
Falls ich noch einmal ein Rennen fahren sollte, weiss ich, worauf ich achten muss.
8. We are back home!
Wir hatten eine wunderschöne Reise mit unseren Rädern von Aqaba zum Toten Meer (R2D) – fast 500 km und 5.000 Höhenmeter – und zurück nach Aqaba mit dem offiziellen Radrennen D2R 2021.
Wir haben fantastische Orte kennengelernt wie Wadi Rum und Petra, Dana und Tafila und haben natürlich ein Bad im salzigen Wasser des Toten Meeres genommen, dem tiefsten Punkt der Erde mit 420 m unter dem Meeresspiegel.
Und nahmen an einem Radrennen teil, das 200 km vom Toten Meer durch die Wüste führte, und schafften es, beide als älteste Fahrer in einer Zeit von weniger als 7 Stunden ohne Schaden anzukommen.
Wir wurden überall herzlich bewirtet, im Rainbow Camp in Wadi Rum und im Al Nawatef Camp in Dana, im Venus Hotel in Petra und im Hotel Fares in Tafila und im Darna Divers Village in South Beach/Aqaba mit Abdull, der uns sehr geholfen hat.
Wir sind Abdull von der FiFa, William und Anas von NEA sehr dankbar, die für Essen und ein Bett in As Safi/Gawr al Mazraah am Toten Meer gesorgt haben, als es weit und breit kein Hotel gab.
Wir möchten Ali vom Al Nawatef Camp und Suliman vom Rainbow Camp danken, dass sie uns einen sehr persönlichen Eindruck von Dana Reserve und Wadi Rum vermittelt haben.
Und ein besonderes Dankeschön an unsere Teamcaptains Aref und Sari von Cycling Jordan, die uns ins Team (Elemnt) aufgenommen und uns bei den Vorbereitungen für das Rennen unterstützt haben.
Wir sind dem Himmel sehr dankbar, dass wir die Angriffe von Steine werfenden Jungen und einer Horde wilder Hunde unbeschadet überstanden haben. Und Dank an Petrus, dass er uns das Wetter gegeben hat, das wir brauchten: Sonnenschein zu fast 95 Prozent, nicht zu kalt in den Bergen, nicht zu heiß am Toten und Roten Meer (nicht mehr als 35 Grad), Wind aus Norden während des Rennens und Wolken am Samstag, als wir nach dem Rennen mit dem Rennteam eine Bootsfahrt gemacht haben.
Jordanien ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen. Ich kann nur allen empfehlen, es zu besuchen. Eine Tour mit dem Fahrrad ist allerdings schon eine besondere Sache. Ich hatte in Rad-Reiseberichten von den Steinewerfern und den wilden Hunden gelesen, und gedacht, das wäre übertrieben. Ist es leider nicht, und beides ist nicht ungefährlich. Den Steinewerfern will ich zugutehalten, dass sie nicht auf uns, sondern ‚nur‘ auf die Räder gezielt haben. Bei den wilden Hunden würde ich beim nächsten Mal auf einen Pickup warten und so die Gefahrenstelle passieren. Ich kann nur hoffen, dass sich das Radfahren in Jordanien zukünftig stärker durchsetzen kann und mehr Akzeptanz erhält.
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Alle meine Reiseberichte - mit Fotos - findet ihr unter
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Rainer