...oder: auf der Suche nach den „Zipp-Hosen“ Wetter… Auch in diesem Jahr waren wir mit der Urlaubsplanung noch verhalten. Unsere erstes großes „Hurra-wir reisen wieder“-Erlebnis hatten wir im Juli, als wir kurz nach Öffnung der norwegischen Grenzen kurz entschlossen für eine Woche in der Hardangervidda wandern waren. Bei strahlendem Sonnenschein und endlich mal wieder außerhalb Deutschlands.
Das hatte dann auch die etwas in Vergessenheit geratene Vorliebe für Skandinavien wiederbelebt. Trotzdem konnten wir uns nicht so richtig für ein Reiseziel entscheiden. Als Urlaubszeitraum war Mitte September bis Anfang Oktober schon seit Monaten gebucht, bloß die Ideen zum Reiseziel variierten noch über alle vier Himmelsrichtungen und auch ob es nun eine Wanderung oder Radtour werden sollte, war noch nicht entschieden. Als dann Anfang September der Reisetermin immer näher rückte, fingen wir an, auszusortieren. Am Ende blieben drei Ideen: Radtour durchs Baltikum, Wanderung über die Abruzzen oder Radtour entlang der russischen Grenze in Finnland. Die Wahl für Finnland war am Ende dann eine Bauch-Entscheidung und glücklicherweise tickten unserer beider Bäuche gleich. Die Vorbereitung fiel mal wieder überschaubar aus: Flug nach Ivalo gebucht, Fährfahrt von Helsinki nach Travemünde gebucht, Track für den EV13 in Finnland im Internet gesucht. Hier die Tracks, die wir für unsere Planung genutzt haben und denen wir im Wesentlichen auch bis Kitee gefolgt sind.
EV13 Näätämo nach Kuusamo,
EV13 Kuusamo nach Lieksa,
EV13 Lieksa nach Vaalimaa Dazu später mehr. Mitte September dann sitzen wir im Flugzeug nach Ivalo. Meine Wetterapp kündigte für die nächsten 3 Tage 6°C an, danach sollte es sich aber dann auf 12-14°C erwärmen. Zipp-Hosenwetter!
Tag 1: von Berlin nach Ivalo Die Reise beginnt recht unspektakulär. Ok, der FEX-Zug zum BER fällt mal wieder aus und wir müssen mit der S-Bahn zum Flughafen gondeln, ich vergesse unseren Briefkastenschlüssel beim Nachbarn einzuwerfen und beim Verpacken der Räder am Flughafen reiße ich mir dann auch noch den Kabelschuh von SON-Anschluss ab, und als dann die Räder erstmal verpackt durch den Scanner gewandert sind, bin ich mehr als urlaubsreif...
Wir landen pünktlich am Abend auf dem nicht eben überfüllten Flughaven in Ivalo.
Dass mein Fahrradkarton zu groß für das Förderband ist und die Gepackausgabe komplett blockiert, sorgt beim Bodenpersonal für rat- und tatenloses Erstaunen und bei Bernd für zunehmenden Unmut, vor allem da jeder weitere Koffer von hinten drückt und den Karton in eine immer aussichtslosere Position schiebt. (Bernds Radkarton war noch größer…)
Aber irgendwann ist auch das behoben, die Räder montiert und wir rollen die letzten Kilometer gen Campingplatz – Der Urlaub kann losgehen.
Tag 2: von Ivalo nach Vuotso, 82 km Unser erster Weg führt uns heute erstmal nach Ivalo. Wir müssen einkaufen. Einen neuen Kabelschuh für meinen Dynamo, eine Gepäckträgerschraube für Bernds Träger, die während des Flugs verschwunden ist (und von denen wir – wir sparen Gewicht und sind ja in einem zivilisierten Land unterwegs – auch keine Ersatzschrauben dabei hatten
) sowie bestenfalls auch einen neuen Reifen für Bernd. Den hatte er zwar erst kurz vor dem Abflug neu aufgezogen, ist aber offensichtlich ein Montagsprodukt, denn er eiert gewaltig was sich auch durch Neuaufziehen nicht beheben lässt.
Finnland ist das Land der Baumärkte, in Ivalo gibt‘s gleich deren drei. So ist zumindest das Kabel und Schraubenproblem schnell behoben. Kabelschuhe gibt es im 4er Pack und für die drei Schrauben nebst U-Scheiben (wir kaufen gleich mal 2 als Ersatz) legen wir ganze 15 Cent auf den Tisch.
Alle verfügbaren Reifen sind allerdings zu breit, so dass die 160 km bis zum nächsten größeren Ort wohl der Eier-Reifen herhalten muss.
Immerhin, mein Licht funktioniert wieder. Und das ist auch gut so, denn pünktlich also wir Ivalo verlassen fängt es an zu regnen und hört für den Rest des Tages auch nicht mehr auf. Finnland empfängt uns mit Dauerregen bei 4°C.
Leichte Erinnerungen an unsere Englandtour werden wach und zum ersten Mal fragen wir uns, warum wir uns eigentlich nicht für die Wanderung in den Abruzzen entschieden hatten.
Egal, wir haben Urlaub und irgendwie macht‘s trotzdem Spaß.
Im kleinen Örtchen Saariselkä, wo eines der offensichtlich mehreren Weihnachtsmann-Büros beheimatet ist, machen wir ausgiebig Pause in einem Burgerlokal um etwas anzutrocknen.
Während wir so schauen, wie draußen das Wasser in die Pfützen pladdert, zieht es uns nicht wirklich raus. Aber irgendwann kriegen wir dann doch die Kurve und fahren weiter.
Immerhin, was uns jetzt auffällt und wir irgendwie so gar nicht auf dem Schirm hatten: dass wir hier nun die Hochzeit der
Ruska erwischt haben – die Zeit der Laubfärbung die die Bäume in allen Farben schillern lässt. Also irgendwie ist das jetzt so das, was wir eigentlich vor 2 Jahren in Kanada hatten sehen wollen.
Wir radeln noch ein bisschen weiter und steuern dann bei Vuotso einen kleinen Campingplatz an. Die Sauna ist heute leider schon belegt, die Grillhütte aber haben wir für uns.
Tag 3: von Vuotso nach Sodankylä, 105 km Wir lassen es uns gut gehen. Der kleine Camping gehört zu einem B&B so dass auch Frühstück angeboten wird. Wir futtern uns erst mal durchs kleine Buffet bevor wir das nasse Zelt in seinen Packsack stopfen. Es hat zwar die ganze Nacht geregnet, inzwischen ist es aber trocken und der Wind weht sogar von Norden.
Das Thermometer zeigt 6°C und die Wetterapp verspricht mal wieder, dass es aber in 3 Tagen deutlich wärmer werden wird.
Wir verlassen den Ort vorbei an dieser Fahrradinstallation.
Und rollen für die nächsten Kilometer durch die unendlichen finnischen Wälder, die hübsch bunt gefärbt sind.
Gelegenheiten für Kaffeepausen nehmen wir wahr wann immer sie sich bieten. Was gescheit ist, denn sie werden sehr rar werden, je weiter wir gen Süden kommen.
Unterwegs passieren wir eine der vielen öffentlich zugänglichen Hütten, diese sensationell gut ausgestattet. Leider ist es noch zu früh am Tag, ansonsten wäre es ein perfektes Nachtquartier gewesen.
Frieren hätten wir auch nicht gemusst:
Für uns geht es aber noch weiter bis zum Städtchen Sodankylä. Dort findet Bernd dann auch endlich einen passenden Reifen. Wir rollen noch 10 km weiter bis zum nächsten Campingplatz und bauen – mal wieder als einzige – unser Zelt auf.
Es ist Dienstag – Stammtisch-Tag. Wir sind gut vorbereitet und versuchen, uns telefonisch nach Berlin einzuwählen. Allerdings hakt es irgendwie und wir müssen unser Bier alleine schlürfen.
Tag 4: von Sodankylä nach Savukoski 97 km Wir verlassen heute die E75, der wir bisher gefolgt sind und biegen ab in Richtung Osten. Die Straßen werden kleiner, deutlich leerer und sind herrlich zu fahren. Es ist trocken, 6°C und die Wetterapp verspricht, dass es in drei Tagen wärmer werden wird.
Wirklich viele Menschen wohnen hier nicht. Allerdings haben die, die hier wohnen Sinn für Details.
Die Straßen werden kleiner und kleiner bis der Track schließlich im rechten Winkel von der Straße in den Wald abzweigt. Mit etwas gutem Willen ist hier tatsächlich eine Fahrspur zu erkennen.
Es entspannt sich in etwa folgender Dialog:
Bernd: „Bist du dir sicher, dass das der EV 13 ist????“
Ich: „ Ja, bestimmt! Ich hab den Track doch genau nachgezeichnet!“
Immer kleiner und schlechter wird der Weg, immer dichter der Wald.
Bernd: „Und du meinst wirklich, dass hier der EV13 – ein europäischer Fernradweg hergeht?????“
Ich: „Äh, ich schau vielleicht nochmal“….(kurze Kontrolle und Abgleich mit dem Originaltrack auf dem Handy) … „Öhm, also, hmmm, der EV13 verläuft ungefähr 10km südlich von hier über die Asphaltstraße.“
Wir hoppeln noch etwa einen weiteren Kilometer durch den Wald bis wir wieder auf eine etwas breitere Piste gelangen. Und siehe da: das ist sogar ein markierter Radweg!
Irgendwann wird der Weg dann wieder besser, die Piste fahrbarer und die Aussicht ist herrlich. Und ja, tatsächlich, das war eine Radroute – vielleicht nicht der EV13 – aber eine Radroute!
Irgendwann treffen wir dann aber auch wieder auf die Straße und folgen für ein kurzes Stück der E63 durch das Örtchen Pelkosenniemi. Wir kaufen kurz im Supermarkt ein als wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Tankstelle einen Radfahrer sehen. Mit Rennrad und kleinem Gepäck. Solche waren uns in den letzten Tagen auf der E75 bereits mehrere entgegengekommen. Bernd spricht ihn an und wir setzen uns auf einen schnellen Kaffee in das Tankstellen-Café. Er erzählt, dass er an dem finnischen Rad-Event „Ruska“ teilnimmt. Es startet im Südwesten Finnlands und geht im Bogen über den Südosten, Nordosten zum Zielpunkt im Nordwesten. 2100 km und 8 Tage Zeit. Er ist trotzdem ziemlich entspannt. Er fahre nicht schnell, einfach so konstant vor sich hin und wäre nie vorher je 300km am Stück gefahren Aber jetzt langsam müsse er doch los, sind ja noch 150km heute. Es ist früher Nachmittag. Wir wünschen uns gegenseitig gute Fahrt und er strampelt los, während Bernd sich einen 2. Kaffee holt. Immerhin, ein paar Tage später sehen wir auf der Ruska-Webseite, dass er es tatsächlich geschafft hat!
Für uns geht es weiter durch bunte Wälder und am Abend finden wir für unser Zelt ein Plätzchen in eben diesen.
Tag 5: von Savukoski nach Sallatunturi 103 km Cool, als wir aufstehen scheint das erste Mal die Sonne. Blauer Himmel! 4°C. Die Wetterapp verspricht ein weiteres Mal, dass es in drei Tagen wärmer werden soll. Langsam kommen Bernd leichte Zweifel daran, ob es wirklich nötig war, die leichte Sommerhose einzupacken. Ich bin zuversichtlich, dass ich meine Zipp-Hose bestimmt nochmal brauchen werde. Schließlich scheint heute immerhin die Sonne!
Wir rollen los und machen gleich wenige Kilometer weiter in Savokoski schon wieder Pause – immerhin gibt es hier ein Cafe und in dem läuft auch noch „Der Doktor und das liebe Vieh“ im Fernsehen. Eine meiner Lieblingssendungen.
Nach einem 2. Frühstück strampeln wir weiter gen russische Grenze.
Bei Sonnenschein ist alles nochmal doppelt schön!
Hier geht‘s links nach Russland. Die Grenze ist hier 2 km entfernt. Einen Hinweis darauf sucht man allerdings vergeblich.
Es geht flott voran und wir biegen nach rechts ab Richtung Salla – ein Städtchen dass mit dem eingängigen Werbespruch: „Salla – in the middle of nowhere“ wirbt. Um ehrlich zu sein: die Gegenden die wir weiter südlich durchfahren hätten diesen Spruch eigentlich weit mehr verdient.
Nach kurzem Einkauf fahren wir noch ein paar Kilometer weiter zum nächsten Campingplatz – dem größten, vollsten aber zweifellos auch dem mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis der Tour. Für 15 Euro gibt es Zeltplatz („ihr könnt das Zelt hinstellen wo ihr wollt“, was wir auch tun und uns direkt am See-Ufer platzieren), Sauna, Küche und Fernsehzimmer mit Kamin inklusive.
Tag 6: von Sallatunturi nach Kuusamo 110 km Auch der nächste Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein bei leichtem Frost. Die Wetterapp kündigt für heute 6 °C an, aber in drei Tagen – ihr ahnt es vielleicht – soll es wärmer werden.
Nach nur wenigen Kilometern passieren wir eine Aussichtsplattform, die – gäbe es nicht diesen luxuriösen Zeltplatz nur wenig weiter – auch ein toller Schlafplatz gewesen wäre. Entworfen von einem norwegischen Architekten – wir müssen direkt an all die schönen öffentlichen Design-Toiletten denken, die wir auf unserer
Nordnorwegentour gesehen haben.
Wir strampeln gen Süden Richtung Kuusamo. Für uns ganz persönlich ist das quasi historischer Boden, da wir hier vor knapp 12 Jahren unsere Hochzeitsreise gemacht haben – eine Schneeschuhtour auf der
Bärenrunde Kleiner Rückblick:
Damals starteten wir am Besucherzentrum direkt an der Straße, das wir auch heute ansteuern in der Hoffnung auf einen warmen Kakao.
Aus dem warmen Kakao wird nix – ausgerechnet heute ist Ruhetag und das Besucherzentrum geschlossen. So machen wir hier nur kurz Mittagspause, lassen den Wanderweg links liegen und rollen weiter. Die Straße ist gut zu fahren und bietet immer wieder schöne Ausblicke.
Am Nachmittag nähern wir uns Ruka, einem Ski-und Ferien-Hotspot in Nordfinnland. Hier endet die Bärenrunde und schon damals hatte uns der Trubel in diesem Örtchen leicht überrumpelt als wir nach einer Woche Waldeinsamkeit im Schnee plötzlich in diesem Trubel ankamen. Auch jetzt ist es nicht besser. Wir treffen auf die E63. Die Straße wird deutlich voller und auch im Ort herrscht reger Betrieb.
Die Straßenführung ist den örtlichen Gegebenheiten angepasst. Es gibt getrennte Fahrspuren für Skifahrer und Scooterfahrer.
Wir strampeln noch über Nebenstraßen etwas weiter, nehmen noch einige Höhenmeter mit und landen schließlich auf einem Campingplatz kurz vor Kuusamo. Der kostet das gleich wie der in Sallatunturi, bietet allerdings mit Ausnahme des Platzes am Wasser keine weiteren besonderen Annehmlichkeiten.
Tag 7: von Kuusamo nach Hossa 90 km Am Morgen in Kuusamo kaufen wir erstmal wieder ein.
Der Ort ist genauso überschaubar, wie wir ihn in Erinnerung hatten. Ein Cafe gibt es zwar, das hat aber geschlossen. Dafür erklären wir die Tankstellengastronomie am Ortsausgang erst mal zu unserem Basislager für das 2. Frühstück.
Die Straße ist weiterhin nicht sonderlich toll zu fahren da recht voll und so testen wir ein paar Nebenwege. Dort gibts zwar keinen Autoverkehr, aber das hat auch Gründe…
Wir kehren zurück auf die Hauptstraße und folgen dieser dann doch für noch gut 30 km bevor wir wieder auf Nebenstraßen gen Osten abbiegen können.
Pünktlich zur Mittagszeit bietet sich eine schöne Pausengelegenheit in einer Angelhütte.
Kaum haben wir unser Mittagessen verputzt, kommt auch schon eine finnische Familie zum Sonntagspicknick vorbei. Wir plaudern noch eine Weile bevor wir aufbrechen
Hier auf den Nebenstraßen ist es wieder sehr schön zu fahren. Und was zu gucken gibt es auch ab und zu – Kunst am Weg:
Unterwegs treffen wir auf zwei weitere Reiseradler:
Angi und Reini aus Österreich Die beiden sind auf dem Rückweg vom Nordkap und die nächsten Kilometer nach Hossa radeln wir gemeinsam. Während wir uns auf dem Campingplatz niederlassen um mal große Wäsche zu machen, suchen die beiden nach einer Schutzhütte für die Nacht im angrenzenden Nationalpark.
Tag 8: von Hossa nach Ala Vuokki 109 km Die große Wäsche hat allerdings Folgen. Meine Softshell-Hose – also die warme Hose – hat sich nach dem Wasch-und Trockner-Durchlauf zumindest teilweise in ihre Bestandteile aufgelöst. Die Verklebungen der Seitentaschen haben sich durch die Hitze im Trockner gelöst und nun hab ich zwei kleidsame Löcher an der Seite. Für die nächsten Tage sind laut Wetterapp weiter 6°C angesagt, aber auch wenn es in drei Tagen natürlich wärmer werden soll ist das doch etwas luftig. Für den Moment hilft der Tacker des Besucherzentrums, dass es mir nicht zu kühl rein weht:
So frisch geflickt brechen wir wieder auf.
Gegen Mittag treffen wir wieder auf die beiden Österreicher. Wir radeln ein bisschen zusammen, merken aber bald, dass wir zu unterschiedlich schnell unterwegs sind. Wir verabreden uns für den Abend an einem Laavu/Unterstand zum Übernachten und machen uns auf den Weg. Uns führt der Weg wieder grenznah über Nebenstraßen.
Am frühen Abend erreichen wir die abgesprochene Stelle des Laavu. Es ist auf dem Gelände eines Museums/einer Gedenkstätte zum
Winterkrieg Immer wieder sind wir auf unserer Tour bereits auf Mahnmale und Gedenkstätten getroffen. Ich muss gestehen, dass ich bis dahin von diesem Krieg noch nicht gehört hatte. Hier im Osten Finnlands allerdings ist er überall präsent.
Panzer, Geschütze und Schützengräben halten die Erinnerung wach.
Der Weg zum Laavu führt über einen kleinen, engen und zugewucherten Waldweg.
Es braucht eine ganze Weile bis wir die Räder die 800m dorthin gewuchtet haben. Wir sind die ersten und das Laavu ist nicht (mehr) existent.
Wirklich einladend zum Zelten ist die Stelle auch nicht. Wir schicken kurz Nachrichten hin und her was wir machen sollen. Als die beiden anderen zurückmelden, dass sie es wohl eh nicht mehr bis dort schaffen würden, entscheiden wir, noch ein bisschen weiter zu fahren und woanders ein schönes Plätzchen zu suchen.
Was wir auch wenige Kilometer weiter dann finden.
Tag 9: von vor Ala Vuokki nach Kuhmo 112 km Am Morgen scheint wieder die Sonne.
Der Weg führt uns zunächst zum nächsten, gut 12 km entfernten Laden nach Ala Vuokki.
Hier gibt es fast alles – Elektrogeräte, Berliner Bier, und der freundliche Besitzer schmeißt auch noch extra die Kaffeemaschine für uns an.
Wir biegen bald von dieser „Haupt-Straße“
auf diese „Neben-Straße“ Richtung russische Grenze ab. Es war wohl irgendwo hier als Bernd mal äußerte: „Also so langsam hab ich mich sattgesehen...“
Und irgendwo hier als er sagte: „Also wenn da jetzt mal so ein Kaffeetassenschild käme, würde mich das sehr erfreuen...“
Es kam keins. Zwar war auf dem aus dem Internet geladenen Routenbeschreibung eindeutig ein Cafe-Symbol mitten im Wald eingezeichnet, allerdings erschien uns das schon vorher ob der hiesigen Menschenleere doch etwas unwahrscheinlich.
Zwar treffen wir, als wir die Kreuzung zur Grenze erreichen, tatsächlich auf ein Gasthaus - das ist dann allerdings leider geschlossen. Nun, so richtig viel Betrieb ist hier auch nicht. Auf den kompletten letzten 30 km hat uns kein Auto mehr passiert.
Wir machen Mittagspause im Windschutz der Terrasse bevor wir dann weiter in Richtung Kuhmo fahren. Die Stadt, die, wie dieses Schild verspricht, alles hat was man braucht.
Die Szenerie ändert sich auch im weiteren Tagesverlauf nicht wesentlich. Allerdings ist es hier, wo wir unsere erste und einzige Elch-Begegnung haben. Im vollen Galopp kommt er von rechts aus dem Wald geschossen - erschrickt mindestens so sehr wie wir - und stürmt mit schlitternden Hufen über die Straße und verschwindet wieder im Wald. Das Ganze dauert Sekunden - zu kurz für ein Foto, aber lang genug um zu realisieren, was für ein Koloss solch ein männlicher Elch sein kann.
Auf waldigem Auf und Ab strampeln wir in Richtung Kuhmo, wo wir 5 km vor dem Ort einen Campingplatz ansteuern.
Auch auf diesem Platz sind wir wie immer die einzigen Zelter. Überhaupt waren – mit Ausnahme des Platzes in Sallatunturi die Plätze allesamt gähnend leer. Außer uns steht auf diesem Platz noch ein Wohnmobil. Preislich waren die Plätze auch in Ordnung, irgendwie kosteten sie für uns beide alle entweder 15 oder 21 Euro – ziemlich unabhängig davon ob mit oder ohne Sauna, mit oder ohne beheiztem Aufenthaltsraum oder mit oder ohne Feuerstelle.
Tag 10: von Kuhmo nach Nurmajärvi 92 km Erstes Ziel für heute ist Kuhmo. Das Werbeschild an der Grenze hatte nicht zuviel versprochen. Der Ort hat alles was man braucht. - Also zumindest was wir brauchen. Einen Supermarkt und ein Lokal in dem wir für 10 Euro das Buffet plündern können.
Das machen wir auch ausgiebig bevor wir uns wieder auf den Weg machen.
Auch heute treffen wir immer wieder auf Mahnmale und Erinnerungsstätten an den Winterkrieg.
Die Geschichte ist hier ganz offensichtlich noch immer sehr präsent.
Das Landschaftsbild hingegen ändert sich jetzt etwas. Es wird offener und wir sehen immer mehr bewirtschaftetes Land und kleine Höfe.
Auch die Sonne zeigt sich heute mal länger und treibt das Thermometer auf fast schon sommerliche 8°C.
Einen Schlafplatz finden wir wieder abseits der Straße im Wald.
Teil 2 folgt...