Ruhrtalradweg
Start: Mittwoch 19.August 2015
Ende: Freitag 21.August 2015
258 km
Wie es begann…Es ist Donnerstagabend. Das Telefon klingelt. Rüdiger ist dran. Hier ein Auszug aus dem Gespräch:
Rüdiger :
„Wir wollten doch schon immer mal den Ruhrtalradweg fahren?“Ich :
„Ja. Hast du schon an einen Termin gedacht?“Rüdiger :
„Wie wär‘s mit nächster Woche?“Ich :
„Muß ich mit meiner Frau abklären. Wieviel Tage wolltest du denn fahren?“Rüdiger :
„3 Tage! Mit der Bahn nach Winterberg und 2 Übernachtungen. Start Dienstag oder Mittwoch.“Ich :
„Klingt gut. Samstag muß ich aber wieder zu Hause sein. Ich denke, wir reden morgen noch mal drüber und klären alles ab.“Rüdiger :
„Ich frag‘ derweil mal Herbert und Boyd, ob die auch mit wollen!“Jetzt lief die Planung an. Am Freitag war klar, daß Herbert und Boyd auch mitfahren, aber erst ab Mittwoch können und daß die Bahn nur bis
Bestwig fährt. Von Bestwig bis Winterberg gab es einen ‚Schienenersatzverkehr‘. Über die Anzahl der Fahrräder, die der Bus mitnehmen kann, hatten wir verschiedene Informationen. Am Infoschalter der Bahn war man der Meinung, daß Busse keine Räder mitnehmen. Das Reisebüro und der Fremdenverkehrsverband waren ziemlich sicher, daß der Bus einen Fahrradanhänger hat. Über die Anzahl der Räder, die da drauf gehen, wußte man aber nichts.
Für Montag wurde eine Schlußbesprechung anberaumt. Telefonisch wurden Übernachtungen reserviert und die Abfahrt zum Bahnhof für Mittwoch 8.30Uhr bei mir vor der Haustür festgelegt. Für den Fall, daß der Bus in Bestwig unsere Räder nicht mitnimmt, haben wir beschlossen, die Tour in Bestwig zu starten und mit den Rädern nach Winterberg zur Ruhrquelle zu fahren.
Tag 1: Mittwoch, 19.8.2015
Start: (Oberhausen/Rheinland) Winterberg
Ziel: Arnsberg
Strecke: ca. 73 km
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=lldfabmnmhnynhto
Mittwoch früh 8 Uhr machte ich mein Fahrrad reisefertig.
Ich war noch am Beladen, als Rüdiger auftauchte. Sofort fing er an, sein Vorderrad auszubauen.
Es schleifte am Schutzblech. Am Vorabend hatte er die Schutzbleche montiert und neue Reifen aufgezogen, aber keine Probefahrt gemacht. Jetzt wurden die Schutzbleche wieder abgebaut und meiner Frau in Verwahrung gegeben. Derweil war auch Boyd angekommen.
Als Herbert als letzter Mitfahrer erschien, war auch Rüdigers Rad wieder fahrbereit.
Wir radelten zum Oberhausener Hauptbahnhof, besorgten am Automat unsere Fahrkarten und bestiegen unseren Zug nach Dortmund. Hier waren wir noch die einzigen Radfahrer, aber als wir in Dortmund umstiegen, gesellten sich noch weitere Radler zu uns. Das war jedoch kein Problem. Die Privatbahn hatte genügend Platz für Räder. Entspannt sahen wir unserer Ankunft in Bestwig entgegen.
In Bestwig vor dem Bahnhof versammelte sich bald eine ansehnliche Menge an Radlern, die alle den Ruhrtalweg fahren wollten. Kurz darauf war auch der Bus da – mit Fahrradanhänger! Der Busfahrer organisierte fachkundig das Beladen des Hängers.
Mit 16 Rädern war der Anhänger voll. Ein Rad paßte noch in den Bus (am Mitteleingang, wo sonst die Kinderwagen stehen). Dann fuhren wir nach Winterberg. Von hier aus wollten wir an diesem Tag noch der Ruhr bis Arnsberg folgen. Es war Mittag und deshalb suchten erstmal einen Imbiß auf und stärkten uns für die Fahrt. Genau hier am Imbiß beginnt auch der Ruhrtalradweg. Wir stellten uns für ein Gruppenfoto auf, welches freundlicherweise ein holländischer Tourist für uns schoß.
Und nichts wie ab zur Quelle! Sie liegt wenige Kilometer entfernt hinter einem Berg.
Der Ruhrtalradweg ist recht gut ausgeschildert, aber im oberen Teil nicht überall gut fahrbar. Größtenteils befindet man sich auf einem mit groben Schotter befestigten Wirtschaftsweg. Obwohl die Ruhr selbst systembedingt nur bergab fließt, hat der Weg ein paar Steigungen, aber auch immer wieder schöne Ausblicke!
In Freienohl führt der Weg an der ehemaligen
Dehlerwerft vorbei. Wie tausend andere vor mir habe ich natürlich auch dieses Boot fotografiert, wo symbolisch dargestellt ist, wie Dehler ‚an die Wand‘ gefahren wurde.
Kunst am Wegesrand inmitten freier Natur begleitete uns auf der weiteren Fahrt. Leider hat das Fahren in der Gruppe auch Nachteile. Wenn die Mitfahrer kein Interesse an Kunst, Besonderheiten, Schönheiten (außer blond mit 2 Beinen) oder sonstigen Sehenswürdigkeiten haben, bleibt kaum Zeit, wenigstens einige Fotos zu machen. Von einer ausgiebigen Besichtigung kann dann keine Rede mehr sein!
In Arnsberg wollten wir die Nacht verbringen. Unsere am Montag ausgewählte Unterkunft hielt vor Ort nicht, was wir erwartet hatten. Darum schauten wir uns nach einer Alternative um und wurden im SGV-Jugendhaus oberhalb der Stadt fündig. Für das Abendessen im Heim war es schon zu spät. Die Küche war voll damit beschäftigt, die anwesenden Schulklassen zu verköstigen. Wir fuhren also mit den Rädern wieder ins Stadtzentrum zum Essen und danach wieder hoch ins Jugendhaus. Im Aufenthaltsraum hatten wir dann noch einen netten Abendabschluß bei einem Schlummertrunk und mit vier anwesenden Lehrerinnen. Der Ausspruch
„Ich geh‘ im Bett“ von Herbert beendete den Abend und brachte bei den Lehrerinnen alle jemals gelernten Grammatikregeln durcheinander.
Tag 2: Donnerstag, 20.8.2015
Start: Arnsberg
Ziel: Witten
Strecke: ca. 91 km
Track: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=zpawcgpmgrrdpopq
Der (noch recht junge) ‚Herbergsvater‘ hatte uns geraten, vor 8 Uhr zum Frühstück zu gehen, denn ab acht frühstücken die Schüler und dann wäre vermutlich Chaos am Buffet. Wir erschienen um 7.30 Uhr und wurden sofort von einem Küchenmitarbeiter in Empfang genommen. Er schickte uns zum ‚Radfahrertisch‘. Es hatten noch weitere Reiseradler hier im Jugendhaus übernachtet und schon vertieften wir uns in einen kleinen Erfahrungsaustausch.
Als erstes nach dem Start wollten wir uns heute Morgen Arnsberg anschauen. Schließlich gibt es hier neben einer schönen Altstadt auch einen
Wal und
Ruhrnixen. In Arnsberg erfolgte eine kurze Rundfahrt durch die Stadt
und bald darauf querten wir heute zum 2. Mal die
Ruhr, um dem Ruhrtalradweg zu folgen.
Es war Mittagszeit, als wir Fröndenberg erreichten. Hier gibt es ein Kettenmuseum, welchem wir einen Besuch abstatten wollten. Weil aber Mittagspause war, war es geschlossen. Zumindest stand das so auf der Informationstafel am Eingang. Die Tür war aber offen und für uns war das ein deutlicher Hinweis, daß wir eintreten dürfen! Innen begrüßte uns die Putzfrau und wir kamen ins Gespräch. Obwohl eigentlich geschlossen war, machte sie mit uns eine Privatführung durch das Museum
.
Am Marktplatz in Fröndenberg verbrachten wir dann noch einige Zeit in einer Cafeteria bei Kaffee und Kuchen, bevor wir weiter fuhren. Bedingt durch diese Pausen hatten wir Gelegenheit, mehrere Ruhrtalradler, die wir teilweise schon vom Vortag kannten, erneut zu überholen. Speziell mit Elke und Jörg, einem Ehepaar, welches wir schon seit Bestwig am Bahnhof kannten, kamen wir immer wieder ins Gespräch.
Bei Westhofen beginnt eine Umleitung, da der originale Ruhrtalweg gegenüber der Lennemündung bei Hohensyburg wegen Steinschlaggefahr gesperrt war. Obwohl ich diese Sperre schon von meinen Touren
Bergisches Land - Sauerland (Reiseberichte) und
Edersee bei Sonne und Regen (Reiseberichte) kannte, haben wir die Ausschilderung nicht immer richtig interpretiert und sind einmal im Kreis gefahren (d.h., versehentlich in die Gegenrichtung geraten
).
In Wetter an der Ruhr genossen wir bei schönstem Wetter den Blick auf die Ruhr in einem Biergarten. Plötzlich erschienen Elke und Jörg. Als sie uns erkannten, setzten sie sich mit zu uns an den Tisch. Im Gespräch erfuhren wir, daß sie wie wir in Witten-Herbede übernachten wollten, aber noch kein Quartier hatten. Die letzte Nacht waren sie wie wir in Arnsberg. Sie waren aber mit ihrem Hotel sehr unzufrieden und fühlten sich ‚abgezockt‘. Zusammen fuhren wir weiter, in der Hoffnung, daß sie vielleicht im selben Hotel wie wir unterkommen könnten.
Kurz vor Witten an der Ruine Hardenstein benutzten wir wieder die
Ruhrfähre. Hier beginnt auch mein ‚Heimatrevier‘, d.h., ich war mit der Fähre schon mehrmals gefahren und habe daher keine Bilder gemacht. Bilder aus meinem Archiv hier einzufügen, halte ich nicht für angebracht.
In Herbede war eine Ferienwohnung mit mehreren Schlafzimmern für uns reserviert. Die Wohnung gehörte zu einem Hotel. Ein freies Zimmer für Elke und Jörg gab es nicht mehr. Bei der Wohnungsbesichtigung stellten wir fest, daß wir von den 3 Schlafzimmern nur die beiden mit den Einzelbetten benötigten. Nach Rücksprache mit dem Hotelmanagement und Jörg + Elke haben wir den beiden das Zimmer mit dem Ehebett überlassen.
Abends saßen wir alle zusammen beim Griechen gegenüber und es wurde recht spät und feuchtfröhlich! Überraschenderweise tauchte noch das Mädchen von der Hotelrezeption auf, um uns abzukassieren. Die Erklärung war: das Hotel hatte am nächsten Tag geschlossen und es ist dann niemand da, der die Kasse bedient!
Tag 3: Freitag, 21.8.2015
Start: Witten
Ziel: Oberhausen
Strecke: ca. 90 km
Track : http://www.gpsies.com/map.do?fileId=hzllakfwyviofdvp
Die Fahrräder hatten die Nacht im Hof des Hotels angekettet am Zaun verbracht.
Gefrühstückt haben wir noch alle zusammen beim örtlichen Bäcker, danach trennten sich Jörg und Elke von uns. Unsere Reisegeschwindigkeit war ihnen zu hoch. Speziell Herbert und Rüdiger als ehemalige Radrennfahrer zogen das Tempo immer wieder an.
Die Ruhr lag friedlich in der Morgensonne, als wir den Ruhrtalradweg erreichten.
Mit für Reiseradler recht flotter Geschwindigkeit fuhren wir die Ruhr entlang. Touristische Pausen machten wir keine, denn schließlich waren wir hier schon öfter gewesen. Wir befanden uns bereits auf Essener Stadtgebiet, als die schnelle Fahrt plötzlich endete. Eine Schafherde trottete langsam auf unserem Weg.
Wir kamen mit der Schäferin, die mit ihren Hunden als Letzte lief, ins Gespräch. Die Herde umfaßte nahezu tausend Tiere und sollte auf eine neue Weide auf die andere Seite der Ruhr getrieben werde. So schoben wir genauso langsam hinterher, immer mit den Füßen in den spinatähnlichen Hinterlassenschaften der Schafe – eine elende Sauerei! Herbert wurde schon ganz nervös und wollte umkehren, um die Herde auf der Hauptstraße zu umfahren.
Hinter uns bildete sich eine immer größer werdende
Schlange von Radfahreren. Auch Jörg und Elke hatten uns wieder eingeholt!
An der nächsten Brücke bog die Herde ab und wir konnten weiter fahren. Bald hatten wir den Baldeneysee erreicht und es war Zeit für eine Pause. Wir kehrten ein, wo wir immer einkehren:
Haus Scheppen! Auch Jörg und Elke erreichten uns dort und wir saßen ein letztes mal zusammen. Sie verabschiedeten sich aber schnell wieder, denn sie wollten vom Ende des Ruhrtalweges in Duisburg noch weiter bis Rheinberg fahren, wo sie wohnten.
Wir saßen noch über eine Stunde im Biergarten. Herbert hatte noch Bekannte aus seinen Rennfahrerzeiten getroffen. Außerdem war es Mittagszeit und wir nutzen den Aufenthalt für einen Imbiss. Die Zeit drängte nicht, denn wir waren fast zu Hause.
Der Ruhrtalradweg führt auch am Ruhrpark am Stadtrand von Oberhausen vorbei. Als wir diese Stelle erreicht hatten, überkam Rüdiger ein ‚fürchterliches Heimweh‘. Er fühlte sich aus psychischen Gründen (Duisburgallergie
) nicht mehr in der Lage, die 10km bis zum offiziellen Ende des Radweges zu fahren, wo es doch nur noch 3km bis nach Hause sind! Er bog alleine ab, während wir restlichen 3 Aufrechten den Weg zu Ende fuhren und uns eine moralische virtuelle Urkunde verdienten.
Wir hatten den Rhein erreicht und Boyd blickt zurück auf unseren Weg nach Winterberg.
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Man könnte das zumindest meinen, wenn man das Bild betrachtet. Was er aber bestaunt, ist die Stele
‚Rheinorange‘, die das offizielle Ende des Ruhrtalradweges bildet.
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Anschließend stellten wir uns noch zu einem Zielfoto auf. Schließlich will man für Frau und Kinder was zum Zeigen haben!
Die Tour war geschafft. Wir mußten jetzt nur noch die ca. 11km bis nach Hause radeln. Herbert hat es tatsächlich geschafft, hier noch verloren zu gehen! Es fuhr wie meist voraus. Wir wollten entlang des Rhein-Herne-Kanals nach Oberhausen fahren. Herbert erkannte jedoch die neu gebaute Abkürzung entlang des Treidelpfades nicht (obwohl wir sie gerade aus der Gegenrichtung befahren hatten) und bog auf die Straße ab! Wir haben ihn erst am nächsten Tag wieder gesehen.
Es war eine schöne Tour. Leider können wir Rüdiger keine Teilnahmebestätigung aushändigen. Er hat die Tour nicht zu Ende gefahren und das Ziel nicht erreicht!
Viel Spaß beim Lesen
Gerhard