Hallo,
wir haben uns von diesem tollen
Tourenbericht inspirieren lassen und sind mit unseren zwei Töchtern (7 J. u. 9 J.) ebenfalls einen Teil des Etschradwegs gefahren. Hier unser kleiner Erfahrungsbericht:
Tag 1. Anreise mit dem Auto nach San Valentino am Reschensee zum schön gelegenen Campingplatz Thöni. Dort oben ist es zwar recht kühl und leicht regnerisch. Trotzdem wagen wir eine Nacht im Zelt auf 1500 m ü.NN. Mit freundlicher Erlaubnis von Frau Thöni dürfen wir unser Auto für die nächsten Tage vor dem Campingplatz stehen lassen.
Tag 2. Die Abfahrt mit dem Rad verzögert sich noch um einen Tag. Unsere Kleine klagt über Bauchweh und fühlt sich schlapp. Vorsichtshalber lassen wir sie vom Arzt abchecken, der aber nichts dramatisches feststellen kann. Trotzdem ziehen wir vom unterkühlten Zeltplatz um in den nahegelegen Gasthof Lamm, damit sie sich für die anstehende Tour so gut wie es geht erholen kann. Nachmittags fahren wir mit dem Auto noch ins wunderschöne Langtauferer Tal und machen Picknick mit Gletscherblick.
Tag 3. Vormittags ist das Wetter noch sehr freundlich und die Kleine ist auch wieder fit. Endlich steigen wir aufs Fahrrad und rollen, oder besser gesagt bremsen den Reschenpass hinunter. Es geht 500hm bergab am Stück, meist ca. 10% gelegentlich bis 18% Gefälle. Papa mit dem Gepäckhänger am Rad fährt voraus und begrenzt das Tempo auf max. 20 km/h. Wenn man hier die Kontrolle über das Fahrrad verliert, wäre es fatal. Aber die Kinder machen es gut und wir kommen sicher bis nach Glurns. Von da an geht es nur noch leicht bergab. Am frühen Nachmittag holt uns eine Kaltfront mit einem kräftigen Regengebiet ein. In Laas suchen wir eilig eine feste Unterkunft und landen im Fohlenhof. War ein echter Glücksgriff. Sehr liebevoll eingerichtes Appartment zu einem fairen Preis. Die Gastgeber sind sehr freundlich. Außerdem gibt einen Billardtisch, den wir ausgiebig nutzen.
Tag 4. Der Dauerregen hat in der Nacht aufgehört und es wird nun deutlich wärmer und wir rollen entlang der rauschenden Etsch auf dem perfekt ausgebauten Radweg entspannt durchs herrliche Vinschgau bis nach Algund. Am Ende erfordert die Talstufe der Töll noch einmal erhöhte Aufmerksamkeit. In sieben engen Kehren schlängelt sich der Radweg runter bis nach Algund. Dort bleiben wir schließlich am gut besuchten CP Via Claudia Augusta.
Tag 5. Statt der Beschilderung an der Etsch zu folgen, beschließen wir uns an die Streckempfehlung von
www.viaclaudia.org zu halten und Meran links liegen zu lassen. Im Nachhinein keine gute Entscheidung. Der erste Abschnitt bis Marling ist kein Radweg, sondern eine Provinzstraße. Die Aussicht vom Hang auf Meran herunter ist zwar beeindruckend und der Verkehr nur mäßig, aber es ist kurvig und unübersichtlich und die Autos fahren schnell. Wir lassen die Kinder auf dem asphaltierten Fußweg fahren, der ist jedoch schmal und in einem schlechten Zustand mit gefährlichen Längsrillen. Dann passierte es. Auf leichtem Gefälle stürzt unsere große Tochter und schürft sich das Knie großflächig auf. Wir verbinden die Wunde, schieben die Räder in die nächste Ortschaft nach Marling, machen dort Mittagspause und erholen uns ersteinmal von dem Schock. Es hätte auch böser ausgehen können. Wir beschließen auf möglichst direktem Wege den CP in Meran zu anzusteuern. Auch keine leichte Aufgabe. Zunächst einen steilen Hangweg runter an die Etsch und dann durch den nervenaufreibenden Stadtverkehr bis zum CP unweit des Zentrums. Abends noch ein kleiner Spaziergang mit Waffeleis entlang der mondänen Flaniermeile.
Tag 6. Ungeachtet des schmerzenden Knies will unsere Tochter die nächste Etappe nach Bozen weiterfahren. Aber wir gehen jetzt auf Nummer sicher und fahren wieder entlang des beschilderten Radweges direkt an der Etsch. Verglichen mit den vorherigen beiden Etappen ist die Strecke nicht mehr so abwechslungsreich. Oft schnurgrade auf dem Etschdamm. Auch gibt es kaum Ortschaften, und wenn, dann sind sie nur über Abstecher zu erreichen. Aber immerhin rechts und links noch schöne Blicke auf die Berge. Das Thermometer steigt auf über 30 Grad und bei unserer Kleinen lassen langsam Kraft und Motivation etwas nach. Wir peilen den Campingplatz Moosbauer an. Die Aussicht auf den Sprung in den Pool läßt die Stimmung wieder steigen. Der CP am Stadtrand von Bozen ist etwa 3km vom VCA-Radweg entfernt. Wieder stehen wir vor der Schwierigkeit, auf halbwegs sicheren Pfaden dorthin zu navigieren. Beschilderung gibt es nicht. Weder unser Navi noch unser Bikeline Radführer sind eine große Hilfe, so daß wir uns zunächst wieder auf stark befahrenen und für Kinder kaum geeigneten Straßen verirren. Nach stressigem Hin und Her finden wir schließlich doch noch einen sicheren Weg auf Wirtschaftswegen durch die Apfelplantagen zum ersehnten Campingplatz. Dieser ist wirklich 'de luxe'. Einziges Manko ist die kleine Zeltwiese mit betonhartem Boden. Die Zelte stehen dicht an dicht, darunter viele Radfahrer auf der Durchreise.
Tag 7. Es soll heute bis 33 Grad heiß werden. Wir befürchten, dass eine Weiterfahrt besonders für die Kleine zur Quälerei wird. Deshalb bleiben Mama und die Kinder am CP und vergnügen sich am Pool. Papa fährt mit der Bahn nach Mals und radelt von dort hoch zum Reschenpass um das Auto zu holen. Eine Besonderheit beim Radtransport in der Vinschgaubahn: man darf sein Rad nicht mit in die Bahn nehmen, sondern muß es in Meran am Bahnhofsvorplatz abgeben. Es wird per Shuttle über die Straße nach Mals befördert. Hat zum Glück ohne Probleme geklappt. Die Auffahrt hoch zum Reschenpass ist trotz der Hitze ein Genuß. Die Luft ist klar und der Blick auf König Ortler eine Augenweide. Dagegen ist die Rückfahrt mit dem Auto auf der Staatsstraße durchs Vinschgau als Teil einer endlosen Blechlawine eher ernüchternd....
Tag 8. Der Pool am CP wird uns nun langsam zu klein und wir beschließen noch eine Etappe weiterzufahren zum Kalterer See. Der Radweg (anfangs auf ehemaliger Bahntrasse) dorthin ist abwechslungsreich und auch gut für Kinder geeignet, aber es sind etwa 200 hm zu bewältigen. Bei 33 Grad im Schatten nicht ganz ohne. Wir wollen unsere Kleine nicht überfordern, sie fährt deshalb mit Mama im Auto zum CP St. Josef. Unsere Große will es aber nochmal wissen und steigt zusammen mit Papa aufs Rad. Auf dem Scheitelpunkt der Tour in Kaltern ist die Beschilderung wieder sehr dürftig. Wir folgen erst dem Radweg nach Auer und mogeln uns dann teilweise über private Wirtschaftswege bis zum Kalterer See. Im 'wärmsten Badesee der Alpen' findet die nun wiedervereinte Familie die verdiente Abkühlung.
Tag 9. Vor der Heimreise wollen wir uns noch den historischen Kern der Stadt Kaltern anschauen. Dazu müssen wir noch einmal die 200hm bewältigen. Bei der anhaltenden, aber immer schwüler werdenden Hitze eine Tortur für die Kinder. Anfangs geht es nur mäßig bergan, wird es am Ende immer steiler. Schiebend bewegen wir uns langsam durch die Weinberge von vereinzelten Baumschatten zum nächsten und bestechen unsere Kinder mit dem Versprechen auf ein großes Eis. Oben angekommen stellt sich heraus, dass die anvisierte Eisdiele Ruhetag hat. Zum Glück gibt es nebendran noch eine Gastätte, die auch leckere Eisbecher serviert. Die Abfahrt zurück zum See bringt den ersehnten Fahrtwind und macht allen Spass. Wir springen ein letztes Mal in den See, verladen Gepäck und Räder ins bzw. aufs Auto und fahren wieder heim ...
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Anm. zur Ausrüstung: Papa fährt mit 2x Ortlieb Backroller und ausrangiertem Chariot Corsaire als Gepäckanhänger, Mama fährt mit je 2x Ortlieb Front- und Backroller, die Kinder transportieren nur ihre Fahrradflasche. Zum Übernachten auf den CPs haben wir zwei Tunnelzelte dabei gehabt (ein 2P und ein 3P). Tarp hatten wir auch dabei, aber nur einmal bei Regen aufgebaut. Unsere Küche bestand aus einem Spritus- und einem Gaskocher. Zur Navigation hatten wir ein Garmin Etrex mit vorab geladenen Tracks und dem Bikeline Radführer. Letzteren hätten wir uns eigentlich sparen können.
Fazit: Insgesamt eine gelungene, erlebnisreiche, aber auch anstrengede Unternehmung. Der logistische Aufwand ist hoch wenn man campen will und jeden Tag alles aus- und wieder einpacken muss. Außerdem sollte man in der Hochsaison die Campingplätze schon am Nachmittag aufsuchen, wenn man einigermaßen sicher einen Platz haben möchte. Gegen Abend kommen nämlich immer mehr Rad- und Motorradfahrer an und belegen die Zeltplätze. Dadurch wird die eigentliche Fahrzeit sehr begrenzt. Wir wären gern noch etwas weiter gekommen, aber unter den gegeben Bedingungen (Hitze, Hochsaison, Verleztungspech, etc..) waren wir am Ende doch alle zufrieden. Insgesamt eignet sich der Etschradweg gut für Kinder, solange man auf der Route bleibt. Abseits davon wird es schnell unübersichtlich und mitunter auch gefährlich. Der Abschnitt von Reschenpass bis Meran war eindeutig der schönste Teil der Strecke. Hinter Meran ist es zwar immer noch landschaftlich attraktiv, aber der Radweg ist recht eintönig angelegt. Es gibt auch kaum noch Rastplätze, die zum Verweilen einladen. Der Radweg über Kaltern war dann wieder interessanter, aber eben mit einigen hm gespickt. In der ein oder anderen Form werden wir so etwas sicher wieder einmal machen. Vorschläge für kindgerechte Tourengebiete (vorzugsweise Alpenraum) nehmen wir gern entgegen. Unsere große Tochter träumt sogar schon vom einem Alpencross. Die Kleine ist da noch etwas zurückhaltender...
Zu guter letzt noch ein paar Fotos:
Langtauferer Tal
Fürstenburg in Burgeis
CP Via Claudia Augusta in Algund
Bozen in Sichtweite
CP Moosbauer bei Bozen
Historisches Zentrum von Kaltern
Abfahrt zum Kalterer See