Was geht im März? Frühe Pässe.
4 Tage
550 km
5.500 Höhenmeter
Mittwoch – 30.03.2016
Ostallgäu – Reutte – Hochtannbergpass - Bezau
150 km 1.500 hmWetterbericht schön und gut. Leider hält sich das Wetter heute nicht daran und der Regen prasselt munter aufs Dachfenster. So richtig hell werden will es auch nicht. Ich lasse mir also Zeit mit Kaffee und Zeitung. Aber irgendwann sollte ich doch los, wenn ich heute noch über den Hochtannbergpass will.
Das war wohl auch irgendwo eine Schnapsidee. Ich weiß zwar, dass der Pass geöffnet ist, aber nicht, ob die Fahrbahn in der Höhe vielleicht noch schneebedeckt ist, da es ja wenige Tage zuvor noch geschneit hat. Und ich habe Slicks montiert und keine Winterreifen.
Eine gefühlte Ewigkeit braucht es, bis ich all die Regenklamotten am Körper montiert habe. Den Kampf mit den Regenüberschuhen gewinne ich nur am Rande eines drohenden Bandscheibenvorfalles. Dabei habe ich die doch schon eine Nummer größer bestellt. Und am Schluss dann noch die Regenüberhandschuhe. Bis vor kurzem wusste ich gar nicht, dass es so etwas gibt, aber die sind echt praktisch.
Nach zehn Kilometern besorge ich mir in einer Bäckerei Verpflegung für den Tag. Da es immer noch regnet, bestelle ich aus Trotz einen Kaffee und mache erst mal gemütlich Pause. Die Motivation hält sich in sehr überschaubaren Grenzen. Was soll aus diesem Tag noch werden, wenn ich weiter so herumtrödle?
Immerhin hat es nun zu regnen aufgehört. Die Straße ist natürlich noch immer sehr nass und bald bin ich von unten (total eingesaut) leicht angeschmutzt. Und nein, ich habe keine Schutzbleche und es werden auch in Zukunft keine ans Rad kommen.
Kurz nach Füssen überquere ich die österreichische Grenze, werde nicht kontrolliert, und über Reutte geht es nun ins Lechtal.
Der wie schon erwähnt etwas unausgereifte Plan war nun, gemütlich dem Lechtalradweg bis Steeg, also dem Ende des Lechtales zu folgen. Das ist ein schöner, sogar weitgehend halbwegs rennradtauglicher Radweg, den ich von früheren Touren kenne. Doch schon nach wenigen hundert Metern das erste Schneefeld. 200 m fahren, 50 m schieben, 200 m fahren, 50 m schieben ....
Lechtalradweg
Deshalb wechsle ich bei Weissenbach auf die Lechtal-Bunddesstrasse, die aber heute zum Glück nur wenig befahren ist. Es ist ein Wochentag, kein Ausflugsverkehr, auch kaum Skifahrer unterwegs, weil die Strecke Lech – Warth wegen Lawinengefahr gesperrt ist. Ich komme am Abzweig zum Hahntennjoch vorbei; das hat noch lange Wintersperre. Bis Steeg ist es eine leichte Fahrt, das Tal steigt nur ganz allmählich an. Vereinzelt liegen schöne Orte wie Elbigenalp – Geburtsort der Geierwally – und Holzgau auf dem Weg.
Zwischendurch frage ich mich dann schon auch mal, warum ich eigentlich dieses elendiglich lange und noch ziemlich winterlich-öde Tal hinter fahre. Und sollte der Pass nicht befahrbar sein, muss ich das Ganze auch noch wieder zurück.
In Steeg beginnt der zweigeteilte Anstieg zum Hochtannbergpass (1.675 m). Zunächst auf breiter Straße bis Warth. Hier hat man schon den größeren Teil des Anstieges hinter sich. Es folgen noch einige lange Lawinengalerien und bald ist die Passhöhe erreicht. Erfreulicherweise ist die Straße frei und trocken. Man befindet sich nun nicht mehr in Tirol, sondern in Vorarlberg.
Mit dem Rennrad durch diese winterliche Schneelandschaft zu fahren hat nun doch seinen Reiz und meine Stimmung steigt enorm.
Hochtannbergpass (1.675 m)
Während der ganzen Fahrt bisher habe ich keinen Radler, aber viele Skifahrer gesehen. Ich winke ein paar Langläufern zu und komme mir etwas deplatziert vor. Ich komme an einer Schneebar vorbei und überlege einzukehren. Aber ich bin mir nicht sicher, ob man als Radfahrer auch beim Apres-Ski mitmachen darf und lasse es daher lieber.
Das erinnert mich an meine Schliersee-Tour, die ich am 22. Dezember, dem kürzesten Tag des Jahres gefahren bin. Es war das erste Mal, dass ich auf einer Tour an einem Glühweinstand eingekehrt bin.
Bei mir gab es aber keinen Glühwein, sondern Weißbier und Leberkäsesemmel
Die Abfahrt ist kühl und man muss manchmal etwas aufpassen. Es liegen öfter Steine oder Splitt herum. Manchmal bricht durch das Tauwetter auch Schnee von den Seitenwällen ab und liegt dann auf der Straße, aber meist nur kleinflächig.
Als ich wegen eines Tunnels das Frontlicht einschalten möchte, bemerke ich dass die Lampe fehlt. Die Halterung ist noch da, wird aber mit Genugtuung im nächsten Mülleimer versenkt. Praxistest Busch + Müller Ixon Core: Lampe: hui – Halterung pfui.
Wenn wir gerade beim Bewerten sind. Ich bin die ganze Strecke einschließlich der Passüberquerung mit Regenjacke/-hose gefahren. Oft wird ja mangelnde Atmungsaktivität bemängelt. Ich war sehr positiv überrascht und habe es nicht bereut, zuvor in hochwertiges Material investiert zu haben. Ein spürbarer Unterschied zu früheren Modellen.
Die Versorgungslage ist gut, in jedem Dorf gibt es einen Supermarkt, meist Spar oder Nah und Frisch. Das ist das schöne wenn man an Wochentagen unterwegs ist, dass die Läden offen sind. Irgendwo meine ich im Vorbeifahren einen „Konsum“ gesehen zu haben, aber die gab es doch früher im Osten?
Nun im Bregenzerwald dasselbe Spiel wie zuvor im Lechtal. Es gibt zwar angeblich einen tollen Radweg, aber der, den ich finde, ist auf den freien Flächen über und über mit grobem Kies bedeckt. Keine Ahnung, was das soll, das ist fast nicht zu befahren. Es gibt aber Abwechslung, nämlich Schneefelder in den Waldstücken. Ich flüchte wieder auf die Bundesstraße, die hier aber weit stärker befahren ist als im Lechtal.
Bei Schnepfau kann ich endlich der Verkehrsbelästigung entkommen. Hier führt eine wunderbare Nebenstrecke - allerdings mit deutlichem Anstieg verbunden – über Bizau nach Bezau. Ich kann nichts dafür, die Orte heißen wirklich so. Der Ausblick ins Tal und auf die massive Felswand der Kanisfluh gegenüber ist 1A.
Im Anstieg von Schnepfau Richtung Bezau.
Kanisfluh
In Bezau – schöner Ort mit ursprünglichen Holzhäusern – nehme ich ein Zimmer in einem Gasthof. Das Fahrrad kann ich im Skiraum abstellen. Mit einer jungen Skifahrerin unterhalte ich mich über die Schneelage im Skigebiet, mal was anderes als das übliche Radlerlatein.
Wer findet das falsche Sportgerät?
Männerwirtschaft
Gut, dass ich Halbpension gebucht habe. Beim abendlichen Rundgang ist der Ort, der am Nachmittag noch belebt erschien, wie ausgestorben und ich sehe keine geöffnete Pizzeria, Restaurants oder dergleichen. Die Skifahrer scheinen alle um 18:00 auf ihre Zimmer zu verschwinden