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#1124029 - 24.04.15 08:22 Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15
philipp_k
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Dauer:17 Tage
Zeitraum:3.4.2015 bis 19.4.2015
Entfernung:1500 Kilometer
Bereiste Länder:deDeutschland



Ein Radreisebericht von meinen Touren um Deutschland aus 2014 & 2015.


Erste Etappe : Freiburg - Kehl 100km



Der Rhein. Der lange Strom. In den Alpen ist die Quelle und in der Nordsee die Mündung. Schon als Kind hast du mein Leben stark geprägt, denn in dir habe ich das Schwimmen gelernt. Jetzt fließt er ca. 30 Kilometer von meinem aktuellen Lebensort entfernt als Grenzfluss von Deutschland und Frankreich. Bei meiner letzten großen Reise von Freiburg nach Korsika
( Von Freiburg über die Alpen nach Korsika :-) (Reiseberichte) ) habe ich meine Tour gen Süden gestartet und bin dem Rheinradweg bis Koblenz (Schweiz) gefolgt. Folglich war es logisch, dass mich meine nächste Tour entlang des Rheins nach Norden führen sollte. Als ich spontan eine Woche im Juni 2014 frei habe entschließe ich mich in fünf Tagen bis nach Köln zu fahren. Von Freiburg bin ich nach einer Stunde, immer dem Leopoldskanal folgend, der zuvor die Dreisam war an den noch sehr ursprünglichen Rheinauen angelangt.

Dieses Naturschutzgebiet heißt Taubergießen und ist wirklich eine Reise wert. Vor allem kann man hier im Sommer Dschungel anmutende Kanutouren machen. Hier kann man sehen wie der Rhein ursprünglich mal aussah und was es für ein wahnsinniger Energieaufwand gewesen sein muss ihn in einen Betonkanal zu pressen.
Etwas irritiert finde ich mich in einer weißen Landschaft wider und habe kurz den Eindruck, dass hier der Schnee wohl noch nicht weggetaut ist. Der gesamte Waldboden und die Äste der Bäume sind weiß und bei genauem betrachten erkenne ich ein Meer aus Pappelpollen. Der absolute Horror für jeden Allergiker und doch ein faszinierendes Naturschauspiel. Ab hier treffe ich auf den Rheinradwanderweg, der meist direkt auf dem Damm oder kurz daneben nun konstant dem Fluss folgt. Der Radweg ist mal asphaltiert, mal mit Splitt gesäumt. Ich komme schnell voran und die Beschilderung ist gut und einfach zu finden. Am Abend erreiche ich Kehl und übernachte auf einem schönen Campingplatz in der Nähe des Ufers und auf der Höhe der Europabrücke, die Kehl mit Straßburg für Fußgänger und Radfahrer verbindet.


Taubergießen im Pollenmeer
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#1124306 - 25.04.15 11:33 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Zweite Etappe : Kehl - Germersheim 100km

Nach einer guten Nacht geht es weiter. Das Wetter ist auf meiner Seite. Der Weg führt nun abwechselnd entlang des Rheins und immer mal wieder ein Stück ins Hinterland. So entdecke ich das ein oder andere schmucke Dörfchen und sehe welch Aufwand hier getrieben wird, dass diese Kommunen vor kommendem Hochwasser geschützt werden. An manchen Häusern sind Markierungen und Datum des jeweiligen Wasserhöchststands angebracht und es fällt mir schwer zu glauben, dass das Wasser tatsächlich mal bis hier stand. In solch einem Moment wäre an Radwandern natürlich nicht zu denken. In Speyer mache ich Halt an dem berühmten romanischen Dom. Ich beobachte wie viele Schulklassen von ihren Lehrern angeführt den Bau betreten. Mir reicht der Anblick von außen. Es ist schon erstaunlich wie viele eindrucksvolle kirchliche Bauten in der Nähe des Flusses errichtet wurden und macht die Geschichte der Besiedlung und Zivilisierung dieser Gegend verständlicher. Auf dem Rhein konnten die Römer schneller und einfacher die Länder erobern und nach dem Zerfall des Reiches sind die Siedlungen geblieben und haben sich weiterentwickelt. Bei Mannheim und Ludwigshafen fahre ich viele Kilometer durch Industriegebiete, die sich ebenfalls die Wasserstrasse zu nutzen machen und täglich tausende Binnenschiffe auf ihre Reise schicken. Ich schaue, dass ich so schnell wie möglich hier weg komme und freue mich bald in der Pfalz angekommen zu sein. Die Rheinlandpfälzer sind einfach ein nettes Volk und es macht mir Spaß nun oft freundlich begrüßt und angesprochen zu werden. Am Abend schlage ich in der Nähe eines Sees mein Zelt auf und schaue noch mit den Einheimischen Fußball.


Dom in Speyer



Speyer im Rückblick
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#1124314 - 25.04.15 12:01 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Dritte Etappe : Germersheim - Biblis 80km


Tor in Worms

Mal rechts, mal links des Flusses. Auf beiden Seiten gibt es gut ausgebaute Radwege. Ich jedoch vermisse langsam ein wenig die Berge. So ständig geradeaus und leicht bergab ist zwar leicht zu fahren, aber auch recht eintönig mit der Zeit. Die vielen kleinen Seen und Überbleibsel des ehemaligen Flusslaufes nehme ich gerne immer wieder zum Anlass kleine Schwimmpausen einzulegen. Vor allem an heißen Tagen eine dankbare Abkühlung.
In Worms entdecke ich ein weiteres schönes Bauwerk aus dem Mittelalter. Für heute das einzige Highlight. Der Zeltplatz, den ich finde ist in Sichtweite der zwei Atomkraftwerke Biblis. Zwar sind diese mittlerweile ausgeschaltet, aber dennoch fühlt es sich für mich nicht gut an in so unmittelbarer Nähe zu campen.


Campingplatz nähe Biblis
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#1124537 - 26.04.15 10:47 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Vierte Etappe : Biblis -Mainz 45km



Oppenheim

Ich habe noch 2 Tage um bis nach Köln zu kommen bevor ich wieder nach Freiburg zurück fahren muss. Es wird anders kommen als geplant. Die Landschaft verändert sich langsam und von Zeit zu Zeit zeigen sich hier und da wieder leichte Erhebungen. Je näher ich Mainz komme, desto mehr Weinbaugebiete sind zu sehen. Auch hier zeigt sich wieder die Hinterlassenschaft der Römer, die damals bei ihrer Besiedlung auch den Weinbau mit über die Alpen brachten und dieser Anbau nun ganze Landstriche prägt. Meine Vorfreude auf das Mittelrheintal steigt nun jeden Kilometer. Auf dem Weg komme ich durch Oppenheim, das mich mit seiner beeindruckenden Kirche zum Verweilen einlädt. Von hier aus habe ich eine schöne Sicht hinüber ans andere Ufer und somit auch nach Hessen.

Als ich weiterfahre fällt mir der zunehmende Fluglärm auf und fast im Minutentakt erscheinen ganz tief fliegende Flugzeuge über mir. Es ist offensichtlich, dass Frankfurt sehr nahe ist und Mainz in der Einflugschneise liegt, was für die Anwohner sicher sehr anstrengend sein muss. Auf den letzten Metern vor Mainz ist der Weg wieder direkt am Fluss und führt mich direkt ins Zentrum, wo ich mich auch schon nach kürzester Zeit vor dem Mainzer Dom wider finde. Seit meinem Start definitiv der schönste mittelalterliche Bau. Direkt auf der anderen Flussseite mündet der Main in den Rhein und deshalb fahren hier besonders viele Binnenschiffe und es ist super spannend, den Kapitänen bei ihren Manövern zuzuschauen. Beim Blick auf die Karte entschließe ich mich heute noch bis kurz hinter Bingen zu fahren.


Dom Mainz

Ich habe gerade die Stadt verlassen und wieder den ausgeschilderten Weg erreicht, als sich mit einem großen Krach meine Kette verabschiedet und ich mit viel Glück einen Unfall abwenden kann. Nach etlichen tausend Kilometern war das Material wohl einfach überstrapaziert. Ein Einheimischer sagt mir, dass ganz in der Nähe ein Radgeschäft sei. Dieses finde ich auch gleich und möchte mir dort eine neue Kette kaufen. Jedoch zeigt sich bei genauerem Betrachten, dass ich auch die Kettenblätter und den Kranz austauschen muss. Also eine größere Aktion, die nicht einfach mal innerhalb von einer Stunde erledigt werden kann. Nach längerem Abwägen entscheide ich mich wieder ins Zentrum zu gehen und finde auf der anderen Flussseite einen Campingplatz in Main-Kastell, wo ich noch zwei Nächte verbringe, mir im Museum die Gutenbergbibeln anschaue und dann den Fernbus von Frankfurt in den Süden nehme.

Den Rest der Tour werde ich ein anderes mal nachholen denke ich und mir wird mal wieder klar, wie unplanbar doch oft Radreisen sind, was mich dann manchmal ärgert, aber meist fasziniert, wenn ich es schaffe eine entspanntere Einstellung der Reise gegenüber einzunehmen.
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#1124594 - 26.04.15 15:44 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Fünfte Etappe : Darmstadt - Frankfurt 50km



EZB hinter Frühlingsblüte


Es ist der 3.4.2015 Karfreitag und ich starte meine diesjährige Frühjahrsradtour. Eigentlich wollte ich mit dem Rad entlang des Jakobwegs‘ fahren, aber nachdem ich keine Begleitung gefunden habe entscheide ich mich meine 2014 begonnene Rheinradwegreise weiter zu fahren und noch einige weitere Stationen in Deutschland zu machen.
Dank des gut ausgebauten Fernbusnetzes, die für wenig Geld auch mein Fahrrad mitnehmen fahre ich von Freiburg nach Darmstadt. Dort angekommen ist meine eingeschlagene Richtung nun beständig nach Norden, wo ich dann irgendwo auf den Main treffen werde und damit auch einfach nach Frankfurt finde. Die Strecke geht meist entlang von Bundesstrassen durch eine flache Landschaft. Über Ostern hat es noch mal deutlich abgekühlt und somit muss ich mich dick einpacken und fühle mich auf dem Rad ähnlich wie auf meinen Skiern im Winter.

Dennoch ist der Frühling schon überall zu spüren und zu sehen. Gegen Nachmittag erreiche ich einen schönen Wald und von hier aus kann es nicht mehr weit sein, denn es sind wieder unzählige, tieffliegende Flugzeuge, diesmal aus dem Osten kommend wahrnehmbar. Alsbald befinde ich mich dann auch schon in den Aussenbezirken der Mainmetropole. Plötzlich erscheint vor mir ein stark gen Himmel strebendes futuristisches Gebäude und mir ist klar, dass das nur die neu erbaute Geldmachtzentrale EZB sein kann. Die Architektur finde ich recht ansprechend, doch wirkt dieser Kollos, der uns immerhin 1,5 Milliarden € gekostet hat wie ein provokanter Dolch inmitten einer eher durch Arbeiterhäuser geprägten Gegend.


EZB am Main

Ich verweile noch ein wenig am Main, besuche den weltberühmten Römer, staune über die Stadtszenerie bestehend aus vielen Hochhäusern und radle anschließend weiter nach Frankfurt Höchst, wo ich die kommende Nacht bei einem Freund unterkommen werde.


Mainhätten


Römer in Frankfurt
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#1124696 - 26.04.15 21:08 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Sechste Etappe : Frankfurt - Lorelei 85km



Mainz


Da Samstag ein Regentag ist komme ich erst Ostersonntag wieder los. Der Main ist ebenso wie der Rhein stark kanalisiert und durch viele Schleusen geprägt. Weil heute Feiertag ist sehe ich nur wenige Binnenschiffe, dafür aber wieder um so mehr Flugzeuge. Nach 10 km sind sie so nah über dem Boden, dass man Gesichter an den Fenstern erkennen kann. Ein wirklich eindrucksvolles Schauspiel, das die Anwohner sicher nicht mehr als solches sehen. Der Lärm ist nach einer Weile nur noch schwer auszuhalten. Ich habe den Radweg für mich. Hier führt ebenso ein gut ausgeschilderter Radweg stets am Wasser entlang. Nach ca. 1,5 h gelange ich an dieselbe Stelle, an der ich im letzten Sommer meine Tour beendet habe. Die Mündung des Mains‘ taucht vor mir auf und kurz danach sehe ich auch schon auf der anderen Seite den Mainzer Dom. Ich erinnere mich an meine gerissene Kette und hoffe, dass sie dieses mal hält und ich weiter komme. Tatsächlich erreiche ich auch bald Bingen. Das berühmte Bingen der Hildegard. Von nun an wird es eng und das spektakuläre Mittelrheintal eröffnet sich vor mir.


Immer wieder schöne Begegnungen


Bingen - hier beginnt das Mittelrheintal

Die Germania rechts hinter mir lassend finde ich mich dann auch schon auf dem Weg Richtung Lorelei. Hier ist der Rhein ganz anders als die hunderte Kilometer davor. Über unendlich lange Zeit muss er sich ein Flussbett durch das Gestein geschliffen habe, Auch für die Schiffe ist der wenige Platz eine dauernde Herausforderung, was von vielen Campern, die schon ihren Platz direkt an der Lorelei eingenommen haben neugierig bestaunt wird. Ich beschließe für mich, dass es für heute genug ist und verkrieche mich nach einer Dusche schnell in meinem Zelt, da es immer noch sehr kalt ist.


Bacharach


Eine der unzähligen Burgen


Hubba Hubba an der Lorelei
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#1124749 - 27.04.15 07:42 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Siebte Etappe : Lorelei - Remagen 85km



Es ist kalt - kleine Aufwärmübung

Am Ostermontag ist es eisig kalt. Das merke ich sofort beim Losfahren. Ich breche früh auf und bin einer der ersten, der an diesem Feiertag auf den Beinen ist. Nach ein paar Kilometern überlege ich was ich tun kann. Obwohl ich den Winter lange als Skilehrer gearbeitet habe friere ich so sehr, dass ich anhalten muss. Ich versuche es mit Taschentüchern, die ich sowohl in die Handschuhe, als auch in meine Schuhe stopfe. Damit geht es schon besser. Auch letztes Jahr in Italien war es um Ostern rum eisig kalt. Das schient sich zu wiederholen. Hinter jeder Kurve erscheint nun eine andere Burg oder Schloss, die direkt über der Strasse thronen. Wer das mal alles gebaut haben muss?!

Im Laufe des Vormittags komme ich an Lahnstein vorbei. Wieder eine schöne Flussmündung. Über die Lahn habe ich schon viel gehört in den letzten Jahren. Zu einem, weil man auf ihr super kanuwandern kann und zum anderen auf Grund der Protzbischofsgeschichte in Limburg. Wenig später befinde ich mich in Koblenz am deutschen Eck. Hier vereinigen sich die Mosel und der Rhein. Mittlerweile herrscht reges Treiben auf dem Platz, der von Kaiser Wilhelm I in Form einer riesigen Statue überragt wird. Obwohl noch immer Ferien sind, fahren hier viele Schiffe. Auf meiner bisherigen Tour ist das auf jeden Fall die größte Flussverbindng. Wahnsinn wie sehr sich die Menschheit die Flüsse zu Eigen gemacht haben. Ich halte Ausschau nach weiteren Radreisenden, doch offensichtlich ist die Jahreszeit doch noch zu früh. Gerne wäre ich mal eine Etappe in Gesellschaft gefahren.

Als ich Koblenz hinter mir lasse beobachte ich plötzlich wie eine Frau Tiere füttert, die mir sehr bekannt vorkommen. Ich bremse vehement und fass es nicht, als von überall her Nutrias zu dem Platz schwimmen, an dem die Frau Futter ausgelegt hat. Ich kann mich noch gut an meinen Nutriabiss aus dem letzten Jahr erinnern.(Rattenbiss in den Hintern - was tun ?! (Gesundheit & Ernährung)) Unglaublich wie die sich hier vermehrt haben müssen. Naja, irgendwie sehen sie ja auch süß aus wie sie mit ihren Vorderärmchen das Brot halten. Den Deichbauern dürfte diese Entwicklung allerdings nicht so gefallen, da sie bekannt dafür sind tiefe Gänge zu graben.


Nutriatreffen zum Mittag

Gegen Nachmittag beende ich meine heutige Fahrt auf einem Campingplatz in Remagen.
Gut, dass ich zuletzt noch meine kleine Wärmflasche eingepackt habe, denn auch diese Nacht soll sehr frisch werden.
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#1124867 - 27.04.15 11:43 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Achte Etappe : Remagen - Köln 50km



Tolles Kunstwerk

Ziemlich durchgefroren wache ich auf. Die Eisschicht in meinem Topf bestätigt mein Gefühl. Es muss einige Grad unter Null gehabt haben letzte Nacht. Bewegung brauche ich jetzt und zwar schnell. Das Zelt und alles ist feucht und ich kann es einfach nicht leiden nasse Sachen einzupacken. Das lässt mir dann den Rest des Tages keine Ruhe mehr und ich muss ständig daran denken, wann ich diese wieder trocknen kann. Langsam wird die Umgebung wieder flacher bevor sie sich kurz vor Bonn noch mal als Siebengebierge erhebt. Der Anblick ist wunderschön, als es unter den Nebelschwaden herschaut. Ich habe nicht damit gerechnet so schnell durch das Tal zu kommen. Nun komme ich also langsam zum Niederrhein. Als nächste Stadt liegt nun Bonn vor mir. Es ist wahrlich ein Traum an der Promenade entlang des Rheins‘ in Richtung Zentrum zu fahren. Mein Ziel ist das Haus der Geschichte an der Museumsmeile. Dort angelangt erinnert mich das Gebäude sehr an das Konzerthaus in Freiburg. Anscheinend war hier derselbe Architekt am Werk.


Haus der Geschichte in Bonn


Museumsmeile

Die Ausstellung ist toll und ermöglicht einem einen kurzen Rundgang durch unsere Geschichte seit dem Zweiten Weltkrieg. Draußen knallt nun die Sonne vom Himmel und so belasse ich es bei der Dauerausstellung und radle weiter nach Köln. Dass Bonn früher mal unsere Bundeshauptstadt war fällt mir schwer zu glauben als einer, der die Wende eher aus Geschichtsbüchern kennt.

Der Weg führt nun immer mal wieder am Wasser und im Hinterland entlang und bald fahre ich wieder durch eine riesige Industrieanlage. Evonik hat hier seine Produktionsstätte und es sollen noch weitere riesige folgen. Der Rhein verliert hier seine Romantik und zeigt sich als enger, geradliniger, nutzbar gemachter Fluss wieder. Hier hätte ich als Kind sicher nicht im Fluss das Schwimmen gelernt. Von weitem ist der Kölner Dom zu sehen. Ich versuche mir vorzustellen wie dieses Bild auf Menschen gewirkt haben muss, die im Mittelalter nach einer langen, gefährlichen Fahrt an dieser Stelle ankamen. Ein gigantischer Bau und damals wohl das höchste Gebäude der Welt. Es muss ihnen wie ein Wunder vorgekommen sein und mit Sicherheit ihren Glauben gestärkt haben. Im Vergleich dazu werden heutzutage Bauten in aberwitziger Geschwindigkeit in den Himmel gezogen.

Ich bin froh, dass ich für die kommenden zwei Nächte eine Unterkunft bei einem Freund habe und dort auch Wäscheleinen vorfinde. Das Wiedersehen wird dann auch typisch mit Kölsch gefeiert. Für mich als süddeutscher Pilstrinker immer wieder eine Herausforderung.
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#1126020 - 30.04.15 08:57 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Neunte Etappe : Köln - Düsseldorf 60km


Kölner Dom

Heute lasse ich meine Taschen bei meinem Kumpel und fahre ohne Gepäck nach Düsseldorf. Es fühlt sich immer wieder seltsam an wenn man für mehrere Etappen schwer beladen unterwegs war und dann plötzlich kein Gewicht mehr am Rad hat. Es ist so leicht und ich muss fast aufpassen, dass ich nicht zu schlagartig den Lenker herumdrehe. Sobald ich wieder am Rhein bin ist der Weg leicht zu finden. Er geht direkt an der Wasserkante entlang. Ziemlich schnell lasse ich das Zentrum hinter mir und erreiche bald ein riesiges Industriegebiet.
Von weitem ist schon zu erkennen, was hier produziert wird. Ford hat hier sein deutsches Hauptwerk und ich muss ein Schild übersehen haben, denn an einem riesigen Zufahrtstor gibt es für mich kein Weiterkommen. Ein Mitarbeiter sieht mich und erkennt sofort meine Lage und teilt mir freundlich mit ich hätte ein paar hundert Meter früher schon abbiegen müssen.
Ich folge seinem Rat und fahre weiterhin an riesigen Hallen und Parkplätzen vorbei.

Kurz hinter Ford sehe ich schon auf der anderen Seite den nächsten Industriegiganten. Bayer streckt seine Schornsteine in die Luft. Das Unternehmen was einen eigenen, sehr bekannten Fussballclub unterhält. Unzählige Schiffe sind unterwegs und schieben sich aneinander vorbei. Auf meiner Seite haben weitere Zulieferbetriebe von Ford ihre Gebäude bezogen und bis ans Wasser gebaut. Ausser dem Radweg kommt hier niemand mehr durch. Ich versuche mir vorzustellen welche Massen hier tagtäglich produziert werden und kapituliere vor dem Bild. Es müssen Unmengen sein. Aus der Gegend aus der ich komme bin ich solche Industrieparkdimensionen nicht gewohnt. Nach Bayer kommt dann Henkel und so geht es weiter und weiter. Zumindest auf der linken Seite wird es nach einer Weile wieder ländlicher und sehr flach. Aufstiege habe ich keine mehr zu bewältigen. Brücken gibt es auch so gut wie keine mehr und ich überlege wie und wo ich das Ufer wechseln kann, da Düsseldorf auf der rechten Seite liegt.

Ich entdecke von weitem eine Fähre und steuere diese an. Der Schiffsjunge kassiert 1,50 € und ich freue mich an der kurzen Bootsfahrt. Von hier aus sind es nur noch wenige Kilometer bis in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt. Mir fällt sofort der Unterschied zu Köln auf. Irgendwie ist es hier anders. Vieles ist schicker, teurere Autos fahren umher und offensichtlich trinkt man hier Alt. Auf Bier habe ich aber gerade keine Lust und deshalb verzichte ich im Moment darauf mir einen Eindruck von dem heimischen Getränk zu machen.


Fernsehturm

Im Medienhafen angelangt, hier wollte ich auf jeden Fall hin bin ich sehr angetan von der Architektur der Gehry Häuser. Wenn man sich ein bißchen für Bauten interessiert, dann hat man diese sicher schon mal irgendwo gesehen. Ziemlich wackelig und in sich verdreht schauen sie aus. So ganz und gar anders als die Standartrechteeckenhäuser. Es gefällt mir sehr und ich verbringe meine Zeit mit Fotos machen. Die Regionalbahn bringt mich wieder in die Kölschhauptstadt und den Abend verbringe ich noch mit einigen Freunden im Volksgarten.
Die heutige Etappe wird sicher nicht zu meinen Highlights auf dieser Reise gehören.


Frank Gehry Gebäude


Medienpark Düsseldorf
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#1126774 - 04.05.15 09:10 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Zehnte Etappe : Hannover - Wolfsburg 80km


Hannover Markthalle

Der Fernbus hat mich nach Hannover gebracht, wo ich den Rest des Tages verbringe und am nächsten Morgen wieder aufbreche. Auf der Landkarte habe ich eine blaue Linie entdeckt, die quer gen Osten reicht und bis nach Berlin geht. Mir war nicht klar, dass es hier einen künstlichen, mehrere hundert Kilometer langen Kanal gibt. Mittellandkanal heißt er und als ich ihn das erste Mal sehe bin ich überrascht wie breit dieser doch ist. Es passen mindestens zwei Binnenschiffe aneinander vorbei und immer wieder gibt es noch breitere Buchten, wo die Boote umdrehen können. Es muss Jahre wenn nicht Jahrzehnte gedauert haben diese Wasserstrasse zu graben. Ich fühle mich irgendwie an Frankreich erinnert, das auch mit Kanälen durchzogen ist. Wie üblich gibt es am Rande ein Feldweg und ich kann mich gemütlich auf den Weg machen. Strömung hat der Mittellandkanal keine und Tiere sehe ich auch selten. Kilometer für Kilometer komme ich mich voran. Sehr abwechslungsreich ist es nicht, sondern es fühlt sich wie eine Arbeitsetappe an, die eben bewältigt werden muss.


Mittellandkanal - Schnurgerade

Ich nähere mich langsam Wolfsburg. Das merke ich daran, dass der Anteil der Volkswagen bei gefühlten 90 % liegt. Da ich nach wie vor am Kanal entlang fahre muss dieser wohl auch durch die Autostadt fließen. Ich entscheide mich jedoch meine Route ein wenig ins Landesinnere zu verlegen, um ein bißchen mehr von den Dörfchen zu sehen. Mir fehlen die Hügel und Berge. Irgendwie komm ich nicht so richtig in meinen Rhythmus seit ich das Mittelrheintal verlassen habe. Kurz vor dem Stadtzentrum biege ich wieder ans Wasser ab und finde mich auch bald vor dem berühmten Volkswagengebäude, das ich schon so oft im Fernsehen gesehen habe. Die Stadt besteht nur aus der Autofabrik. Auf der einen Seite des Kanals sind die Fabrikhallen und auf der anderen Seite die riesigen Parkplätze und Wohnhäuser. Ich schaue mir noch das tolle Gebäude von Zaha Hadid an und fahre dann am Fußballstadion vorbei an den Campingplatz, der erstaunlich nah am Zentrum liegt.


Wolfsburg - Zaha Hadid und Autostadt


Erschöpfter Philipp
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#1126783 - 04.05.15 09:33 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
Kettensalat
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Unterwegs in Deutschland

Wenn ich das sehe könnte ich sofort losfahren, muss aber leider noch was warten.
Danke für die Bilder und Berichte.

Gruß
Robert
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#1126787 - 04.05.15 09:47 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Elfte Etappe : Wolfsburg - Genthin 110km


Erneuerbare Energie


Ich verpacke mein Zelt und suche mir einen Bäcker in der Nähe zum Frühstücken. Vor dem Krieg war hier nur ein kleines Dorf und jetzt steht hier eine aus dem Boden gestampfte Stadt, die in der ganzen Welt bekannt ist und Hunderttausenden Arbeit gibt. Einmal mehr bin ich von der Tüchtigkeit der Menschen beeindruckt und gleichzeitig mache ich mir wieder viele Gedanken, wohin das alles noch führen soll, wenn der Resourcenverbrauch so gravierend weitergeht. Nach ca. einer halben Stunde erreiche ich einen weiteren geschichtsträchtigen Ort. Hier war bis 1990 Deutschland geteilt und ein neues Bundesland beginnt. Brandenburg liegt mit seinen riesigen Wäldern vor mir. Ausser einem Schild ist allerdings nichts mehr von dem ehemaligen Todesstreifen übrig. Ich hatte mir mehr erhofft. Es ist wirklich nichts zu erkennen. Die Felder gehen nahtlos ineinander über.


Ehemalige innerdeutsche Grenze

Ich bin dankbar, dass ich einfach weiterfahren kann und bin in Gedanken bei den Menschen, die für diesen Moment ihr Leben gelassen haben und so viel Leid ertragen mussten. Die Strasse scheint recht neu zu sein, doch von einem Fahrradweg keine Spur. Vor mir ragen viele Windmühlen in den Himmel, was ich aus dem Süden so nicht kenne. Es mutet fast schon ein wenig wie ein Windradwald an. Ich erfreue mich an dem Anblick und verstehe bis heute nicht, warum es Menschen gibt, die sich daran stören und gar von Landschaftsverschandelung sprechen. In mir löst es nur positive Gefühle aus. Bald befinde ich mich in einem endlos scheinenden Wald. Verkehr gibt es so gut wie keinen. Auch ist die Landschaft grundsätzlich deutlich weniger besiedelt als in den alten Bundesländern. Es macht Spaß durch diese Landschaft zu fahren. Wald, überall nur Wald und eine schnurgerade Strasse hindurch. Immer wieder mache ich kurz Halt und lass die Ruhe und das Vogelgezwitscher auf mich wirken. Hier würde ich gerne einfach mal querfeldein wandern. Ob man je wieder herausfinden würde?


Endlose Wälder

Mein Plan ist es heute bis nach Brandenburg - Stadt zu kommen, aber hinter und über mir ziehen dunkle Wolkenberge auf. Als ich in Genthin ankomme spüre ich die ersten Tropfen auf meiner Jacke und ich suche sofort einen Unterstand. Der Dunkelheit der Wolken nach zu urteilen muss jeden Moment ein gewaltiges Gewitter losbrechen. Eine Infotafel informiert mich über die Hotels und Übernachtungsmöglichkeiten im Ort. Die Vorstellung mal wieder patschnass zu werden und im Regen mein Zelt aufzubauen lassen mich zum Handy greifen und das Hotel Anker anrufen und um ein Zimmer für die Nacht zu bitten. Das Unwetter zieht dann doch vorüber. Dennoch bin ich froh nun in einem Bett zu liegen und einen Fernseher zu haben und mich ausruhen zu können.
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#1126802 - 04.05.15 10:31 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Zwölfte Etappe : Genthin - Berlin 95km


Wasserkreuzung bei Magdeburg


Wald kurz hinter Genthin


Noch mehr Wald - Birken und Kiefern

Es ist Sonntagmorgen um 7.30 Uhr und der Hotelwirt ist extra für mich aufgestanden und hat mir Frühstück gemacht. Wie er mir erzählt bin ich in dieser Nacht der einzige Gast. Ich schätze seine Bereitschaft nur für mich ebenfalls schon wach zu sein und während ich esse haben wir ein sehr nettes Gespräch über Genthin und wie es noch zu Zeiten der DDR war. Gespannt lausche ich seinen Erzählungen. Gut gestärkt mache ich mich auf den Weg. Der Ort hat wohl seit der Wende fast ein Drittel seiner Bewohner verloren und genau so sieht es hier auch aus. Viele Läden sind verschlossen und es wirkt irgendwie verschlafen. Dennoch gefällt mir das kleine Städtchen und mir kommen gleich etliche Ideen wie und was man hier alles machen und wieder aufbauen könnte. Im Gegensatz zum Süden, der auf mich immer irgendwie satt und träge wirkt, scheint es hier an jeder Ecke Potential zu geben. Nur eben keine Berge.

Gleich nach dem Ortsschild beginnt wieder Wald. Fast 20 km reiht sich Baum an Baum. Der Boden muss hier anders sein, da sich der Baumbestand deutlich vom Schwarzwald unterscheidet. Es scheint sehr sandig zu sein. Nach zwei Stunden bin ich dann in Brandenburg, wo bald die Bundesgartenschau beginnt. Hier führt der Radweg an den Elbe-Havel-Kanal, der auch schon durch Genthin geflossen ist. Nach der Wende wurde bei Magdeburg der Mittellandkanal durch eine Art Flussbrücke mit dem Elbe-Havel-Kanal verbunden. Es ist somit möglich mit dem Schiff einmal von West nach Ost zu fahren oder im Prinzip vom Bodensee bis nach Berlin hinter den Reichstag. Irre diese Vorstellung. Ich genieße es endlich wieder am Wasser zu sein und erfreue mich an dem schnellen Vorankommen.


Brandenburg


Radweg an der Havel

Der Radweg ist super ausgebaut und führt auf dem Deich viele Kurven machend entlang. Die Havel hat hier viel Platz und überall sehe ich Schilf und viele Vögel und Wildgänse. Es scheint auch Binnenschiffe zu geben, aber lang nicht so viele wie Tage zuvor. Wie schön ein Fluss sein kann wenn er nicht seinem ursprünglichen Flussbett beraubt wurde. Er wirkt viel lebendiger und strahlt eine ganz andere Kraft aus. Gegen Mittag erreiche ich Potsdam. Ich merke, dass ich mich der Hauptstadt nähere, da der Verkehr deutlich zunimmt und die Gegend viel stärker besiedelt ist. Die letzten Kilometer sind sehr anstrengend, da ich vom Süden her kommend ca. 15 km durch die Stadt muss und nun ständig Ampeln und viele Autos meinen Weg kreuzen. Endlich treffe ich am Tempelhofer Feld ein. Hier war ich schon oft und bin jedes Mal von neuem begeistert. Ein ehemaliger Flughafen, der nun für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Wahnsinn! Es herrscht ein reges Kommen und Gehen und alles was Rollen hat tummelt sich auf den Startbahnen. Am Morgen noch einsam im Wald unterwegs und nun inmitten von tausend Menschen. Ein Tag der Kontraste. Radreisen ist einfach stets ein Abenteuer und so viel abwechslungsreicher als mit dem Auto.


Berlin Tempelhofer Feld
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#1127158 - 05.05.15 09:26 Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 [Re: philipp_k]
philipp_k
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Dreizehnte Etappe : Regensburg - Ingolstadt 70km


Ingolstadt

Mich zieht es nach Hause. Es war ein voller und anstrengender Winter und jetzt sitze ich gerade wieder jeden Tag bis zu 8 Stunden auf dem Rad. Ich liebe es zu reisen und neue Gegenden zu sehen und zu erfahren, aber die letzten Tage hat sich das Gefühl eingeschlichen, dass es mir reicht. Ich bin müde und möchte einfach ausruhen und nicht darüber nachdenken müssen, wo ich am Abend eine Unterkunft finde. Tatsächlich bin ich reisemüde. Was für ein Luxus mir das einzugestehen und diesem Streben nach immer weiter, höher und besser auch mal nachzugeben. Viele Gedanken mache ich mir darüber woher eigentlich das ständige Streben nach Reisen kommt. Ist es auch eine Art Flucht? Geht es mir nur darum tolle Fotos daheim zu zeigen und auf Facebook zu punkten wie mutig ich mal wieder die Welt allein bereist habe? Wäre es nicht viel schöner mit einer Gruppe was zu machen und an einem Projekt teilzuhaben? Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich von allem ein bißchen. Auf jeden Fall nehme ich den Bus nach Regensburg und lasse die Etappe, an der Elbe entlang zu fahren fallen und beschließe noch die Donau nach Westen zu erkunden. Schön ist es hier. Die Stadt so direkt an der Donau. So einen großen Fluss vermisse ich in Freiburg. Es ist herrlich warm und die Menschen verbringen ihre Zeit draußen an der frischen Luft und sehen sehr gesellig aus.

Nach einer Nacht auf dem Campingplatz und der Freude, dass Bayern gegen Porto verloren hat starte ich wieder in Richtung Heimat. Der Weg ist super schön und es fühlt sich toll an hier zu fahren. Beste Beschilderung und direkt am Ufer. Im Sommer ist hier sicher viel los und die ersten 20 km nach der Stadt zeigen mir auch warum das so ist.
Leichte, große Kurve mit schönen Felsformation am Rande prägen die Landschaft. Große Felder und viel Wald sind zu sehen. Es wirkt alles sehr harmonisch. Bayern scheint noch aufgeräumter als der Rest von Deutschland. Bald erreiche ich ein Kloster, dass ich ebenfalls schon oft im TV gesehen habe. Allerdings immer nur in Zusammenhang mit Hochwasser. An der Außenmauer sind Markierungen und auch Fotos angebracht wie es hier bei den extremen Wasserständen ausgesehen haben muss. Krass. Ganze Ortschaften und das halbe Kloster waren nicht mehr zu sehen. Wenn ich mir aber die Stelle anschaue, wo das Gebäude steht, dann wundert mich das auch nicht. Die Donau drückt sich hier durch eine enge Spalte und wird so genau an dieser Stelle abgebremst.


Donau mit Felsformation


Kloster Weltenburg

Zu Mittag mache ich Halt in einem typischen Biergarten und genieße ein Radler. Gemütlich ist es hier. Wenn man sich sonst nicht mit dem Weltgeschehen befasst, dann könnte man glauben die Welt sei die reinste Idylle. Da ich mich langsam Ingolstadt nähere werden die Industrieanlagen wieder mehr. Ebenso eine ganze Region, die vom Automobilbau lebt. Unser Wohlstand ist schon sehr eng mit diesen Vierrädlern verbunden. Sollte ich mir nicht deshalb aus Solidarität auch eines kaufen und auf mein Rad verzichten? Ich denke nicht, denn erst kürzlich habe ich einen Bericht gelesen, der beschreib wie viele Menschen auch in Fahrradunternehmen Lohn finden. Zudem sind Radfahrer lange nicht so aggressiv wie Autofahrer. Erst am Morgen hatte ich wieder eine lautstarke Auseinandersetzung, da mich ein roter BMW-Fahrer schier von der Strasse gedrängt hatte. Ich werfe noch einen kurzen Blick ins Zentrum und suche mir dann einen Campingplatz. Obwohl ich mir fest vornehme noch mal am Abend in die Stadt zu fahren gewinnt heute mein spannendes Buch meine Aufmerksamkeit und somit verbringe ich die restlichen Stunden auf meiner Isomatte.
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