Eigentlich wollen wir zu dritt Abschied radeln: Leo, Nils und ich von Amsterdam nach Münster, wo der Jüngste ab Montag studieren will. Das Einheits-Wochenende ist prädestiniert für eine solche Tour: Raus aus Hannover, wo die zentralen Feiern zur Einheit dieses Jahr statt finden.
Geplant haben wir das jetzt schon ein paar Wochen im Voraus: Vater und Söhne nochmal alle zusammen eine gemeinsame Tour fahren. Dann wird Leo krank und Nils und ich radeln allein. Schade, aber nicht zu ändern.
Mit dem Zug und den Rädern im Gepäck geht’s Donnerstagmittag nach Amsterdam Centraal und dann ins Hostel im Vondelpark. Der Donnerstagabend gehört dann dem Sightseeing in der größeren der beiden holländischen Hauptstädte. Coffeeshops und De Walletjes stehen als obligatorisch auf unserer Liste, die Grachten nehmen wir nebenbei mit.
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In einem kleinen holländischen Eckladen kaufen wir uns bei einem Italiener, der eine baskische Freundin hat und mit dem wir spanisch sprechen, belgisches Bier und schauen uns schlendernd den Rest der Welt an.
Was wir nicht wissen, ist, dass Biertrinken in der holländischen Öffentlichkeit verboten ist. Ein Polizist stellt Nils, der sein Bier nicht schnell genug austrinkt, vor die Wahl: Entweder hier jetzt sofort die Flasche mitsamt Inhalt in den Mülleimer werfen oder für 80 Euro den Rest austrinken. Nils fand die erste Alternative für angemessen und entsorgte die letzte Pfütze der belgischen Panschbräu (nix für ungut, liebe Belgier: Ihr könnt Fritten, wir können Bier) im Müll.
Wir entscheiden uns, den Alkoholkonsum für heute einzustellen, obwohl es hier sogar ein Hangover-Center gibt. Das hat nix mit unserer Heimatstadt zu tun sondern bietet Alkoholkonsumenten eine Tinktur an, die verspricht, sie am nächsten Tag nicht durchhängen zu lassen. Hat was von Miraculix’ Zaubertrank. Obwohl Obelix ja in den Lorbeeren des Cäsar trotz Zaubertranks auch nicht immun war gegen die Nachwirkungen des Weins. Latürnich!
Wie auch immer: Wir begutachten den Laden, der wie eine Apotheke aufgemacht ist, und lassen uns beraten. Nils ist sehr interessiert - allerdings eher an der hübschen Holländerin mit ihrem charmant holländisch akzentuierten Englisch.
Am nächsten Morgen geht dann die eigentliche Fahrradtour los. Wir entscheiden uns, am Ijmeer, Gooimeer, Eemmeer vorbei bis zum Veluwemeer zu fahren und dann weiter nach Apeldoorn, unserem heutigen Etappenziel.
Das Wetter ist absolut genial! Wir fahren an Armen und Beinen in kurz und brauchen nicht mal unsere Windwesten.
Bei Huizen sammeln sich die Wildgänse und fragen sich ob der Temperaturen wohl, ob sie noch in Holland oder schon in Italien sind.
In Apeldoorn begutachtet Nils dann in einem Coffeeshop die Auslegware, die allerdings nur hinter der Theke ausgelegt ist. Ich krieg den Dialog mit dem ziemlich bekifften Rastaman nicht mehr so richtig zusammen - am Ende ist „White Widow“ die Recommandation du Chef Cuisinier. Mit Rücksicht auf meine Vorbildfunktion breche ich für heute die weitere Berichterstattung hier mal ab.
Nach ausgiebigem Frühstück in der hiesigen Wald-Jugendherberge nehmen wir die letzten Etappen nach Bad Bentheim und Osnabrück unter die Räder. Die Landschaft und die Naturerlebnisse sind jetzt nicht mehr so spektakulär wie zwischen Amsterdam und Apeldoorn, eher kontemplativ.
Das gibt Raum und Muse für Dahingleiten, Quatschen und Zeitvergessen. Der Fotoapparat bleibt auch in der Lenkertasche. Nur eine Windmühle muss nochmal als Motiv herhalten.
Nachdem Leo ja nun nicht nach Münster gebracht werden kann, wählen wir Osnabrück als Ziel unserer Tour aus, da von dort die Zugverbindungen nach Hannover besser sind.
Nils und ich wissen nun wieder mal etwas mehr von einander - eine schöne Vater-Sohn-Tour war das. Eigentlich - und das ist mir jetzt erst so richtig bewusst - war das Radfahren selbst diesmal gar nicht so sehr im Vordergrund wie sonst. Wir hätten auch wandern oder paddeln oder einfach nur spazierengehen können. Oder drei Tage in Amsterdam bleiben können…
Ach nee, radeln war bei dem Wetter schon schön.