Mein Besuch bei den Yörük-Nomaden im Taurus. Ein bebilderter Reisebericht.
Hier ist die von uns gefahrene
Route (GPSIES) Von Nomaden in der Türkei hatte ich schon gehört. Vor meiner langen Reise hatte ich noch Reitunterricht. Da dachte ich aber daran, mit den Nomaden in den Weiten der Steppen Asiens zu reiten. An die Nomaden in der Türkei dachte ich dabei überhaupt nicht. Von den
Yörük hatte ich ehrlich gesagt vorher noch nie etwas gehört. Außerdem haben sie keine Pferde dabei.
Hier wird nun von mir erzählt, wie ich unerwartet eine Woche zu den Nomaden kam und das in Begleitung einer türkisch-deutschen Übersetzerin. Ein Einblick in eine mir bis dahin gänzlich unbekannte Welt. Ein Glücksfall meiner Reise.
Von meiner Reise erzähle ich normalerweise auf meiner offenen
Facebookseite. Die kann man sich auch ansehen, wenn man nicht bei Facebook angemeldet sein möchte.
Vielleicht ist aber dieser Bericht eine Anregung für die Reiseradler. Daher schreibe ich wieder einmal nach längerer Zeit einen Reisebericht hier im Forum. Aber nun gehts los.
5000 Kilometer bin ich bis dahin geradelt. Von Konya wäre es nach Kapadokien ein Katzensprung. Doch ein Teil meines Gepäcks ist in Adana und ich möchte in Mersin einer Einladung bei Warmshowers nachkommen. Ich radel also in die Ebene hinein, zurück in Richtung Mittelmeer. Besuche
Çatalhöyük, eine beeindruckende Ausgrabung einer Siedlung der Jungsteinzeit und schaffe es doch tatsächlich in einer Ebene über einen Berg zu fahren. Der Vulkan
Karadag (Schwarzer Berg). Die Region wird
Binbirkilise (1001 Kirchen) genannt. Hier schlafe ich in Madensehri, einem Dorf wie aus dem Bilderbuch der Vergangenheit, neben einer alten Kirchenruine ein - mit Bauchschmerzen. Zum ersten Mal auf meiner Reise bin ich erkrankt. In Mut, ein schöner Name wie ich finde, nehme ich mir ein Hotelzimmer, um meine vermeintliche Grippe auszukurieren.
Zur selben Zeit ist Nuzhet, meine Gastgeberin in Mersin, mit radfahrenden Studenten ganz in meiner Nähe in den Bergen unterwegs. Frühchristliche Kirchen, alte Dörfer und Höhlensiedlungen haben sie sich angesehen und zusammen mit Nomaden gelebt. Sie arbeitet eng mit
Gürkan Genç zusammen, einem türkischen Reiseradler, der um die Welt fährt, gerne Herausforderungen annimmt und sich dafür einsetzt, das Radeln in der Türkei populär zu machen. Was auch tatsächlich zunehmend der Fall ist.
Als Nuzhet wieder zurück ist, setze ich mich in den Bus von Mut nach Mersin. Mein Fahrrad darf liegen. Ich freue mich schon auf erholsame Tage in einer klimatisierten Wohnung und bin sicher, bald ist meine vermeintliche Grippe verschwunden und ich kann wieder weiter.
Doch Nuzhet, mit der ich mich auf Deutsch unterhalten kann, fährt am nächsten Tag wieder mit ihren Studenten in die Berge. Vor die Wahl gestellt, alleine in einer Wohnung zu bleiben oder Nomaden zu begegnen, setzt mich meine Neugier am nächsten Tag auf die Beifahrerseite eines Autos.
Die Jungs brechen mit ihren Rädern am nächsten Morgen um 5 Uhr auf. Es ist hier mit 40 Grad einfach sonst zu heiß. Ich darf ausschlafen, denn Nuzhet bereitet noch das Bikefestival vor, das nach unserer Rückkehr in gleicher Gegend stattfinden wird und zu dem rund 80 Studenten erwartet werden. Nun könnte man sagen, dass ist ja gar keine Radreise was ich da mache. Aber mit meinen Schmerzen auf dem Beifahrersitz des Begleitfahrzeuges habe ich gefühlt die meisten Strapazen von uns Sechs. Noch schnell in die Apotheke und wenn es ganz schlimm wird, werde ich einfach wieder aus den Bergen hinunter gefahren.
Wir fahren nun die Höhenmeter hoch. Viele Häuser. Hierhin ziehen sich die Leute aus Mersin vor der Sommerhitze zurück. Dann wird es stiller. Wir kommen nach Kizilkaya, einem Alevitendorf. Auf einem Berghang lebt Hüseyin Kara mit rund 60 Verwandten, die in Häusern und Hütten wohnen. Dort hat er sich ein Wohnparadies selber gezimmert mit einem grossen Garten voller süßer Früchte. Vielleicht entseht hier mal so etwas wie ein sanfter Tourismus.
Bis heute verlangt er von seinen Gästen kein Geld, nur muss jeder etwas mitarbeiten. Wir helfen ihm in seinem Garten und lernen gefühlt seine ganze Familie dabei kennen. Danach wird Brot, Geflügel, Lamm und Gemüse in den Ofen geschoben und genüsslich gemeinsam verspeist.
Zeit einmal beim Frühstück meine Freunde vorzustellen. Vorne links Alperen, dahinter Hanifi, dann - auf der anderen Tischseite - Okan, Hakan und unser heutiger Gastgeber Hüseyin Kara sowie Nuzhet, die hier und bei den Nomaden respektvoll und freundschaftlich Hodscha (Lehrer) genannt wird.
Wir können auf einem Baumhaus schlafen... ich schlafe rechts.
Hakan schläft wo wir auch gegessen haben. Ich bekomme einen Tee, der mich bald wieder gesund machen soll
Ein schöner Ort. Wir genießen das gute Essen, die Aussicht auf die Berge. Den schönen Platz, den sich Hüseyin geschaffen hat und den er nun mit uns teilt. Zu meinen Bauchschmerzen gesellen sich nun Kopfschmerzen, nachdem ein ansonsten liebenswürdiger Hund meinen Kopf zwischen seine Zähne genommen hat, als ich ihn etwas ärgerte. Das war der erste Tag.
Am nächsten Tag kommen wir durch zwei Dörfer der Tscherkessen, die einst aus dem Kaukasus kamen. Es gibt also schon Unterschiede bei "den Türken". Danach endet der Asphalt und wird auch für den Rest unserer Reise nicht mehr unser Begleiter sein. Wir bleiben nun als Versorgungsfahrzeug in der Nähe der Radfahrer. Trinkwasser ist kein Problem. Viele Brunnen sind am Weg. Fahren in ein Naturschutzgebiet hinein.
Dann die ersten Nomaden. Sie ziehen bereits hinunter ins Tal. Oben in den Bergen war es zu kalt und hat sehr viel geregnet. Sie kommen, wie die meisten Nomaden, denen ich begegnen werde, aus Tarsus und wollen dort auch zum Bayram-Fest ihr Vieh verkaufen. Dieses Fest scheint die wirtschaftliche Grundlage der Nomaden zu sein.
Ich halte es für eine gute Idee, ihnen Obst aus Hüseyins Garten zu geben. Nehme gleich die ganze Kiste mit, damit sie auswählen können. Was keine gute Idee war. Denn der Nomade greift nach der ganzen Obstkiste und betrachtet sie als Geschenk, die ich aber nicht loslasse. Jeder darf sich ein Stück nehmen. Und ich habe wieder was gelernt.
Dann Kühe. Der, der da so rennt, ist Nuri.
Dahinter sein Bruder mit einem Pat Pat. Hinten drauf Hakan und Alperen.
Das will ich auch mal mal fahren. Danach nehme ich hinten Platz und lasse mich den Berg hinauf fahren.
Doch zuerst laden uns die Männer, die beiden Brüder und der Dorfvorsteher von Sebill, zum Essen und Teetrinken ein, an einem Platz mit schöner Aussicht. Sie blicken auf die Höhen der Umgebung auf denen ihre Kühe weiden und erzählen von ihrem Leben.
Die Männer geben ihren ursprünglichen Plan hier zu übernachten auf und schliessen sich uns an. Den Spass wollen sie sich nicht entgehen lassen.
Ich nehme hinten auf dem Pat Pat platz. Alperen fährt. Nun muss man wissen, dass diese Fahrzeuge einen grossen Lenkkreis haben und Alperen uns einmal fast den Abhang hinab gestürzt hätte. Zumindest sah es der Beifahrer so, der vom Bock gesprungen ist. Ich habe mir danach die Frage gestellt, ob man sein Leben riskieren muss um ein intensives Gefühl vom Leben zu haben. Was soll ich sagen, das Gefühl war intensiv und man redet noch heute in den Bergen von dieser Geschichte. Davon bin ich überzeugt.
Die bunt zusammengewürfelte Truppe setzt sich wieder guter Laune in Bewegung.
Eine Familie bei der Baumsaatgewinnung. Die Zapfen werden an die Forstverwaltung verkauft. Ein Kilo bringt eine Türkische Lira (1 Euro = ca. 2,8 TL).
Nuri zeigt uns noch die seltenen Wildziegen. Gesehen habe ich sie nicht selber, aber mit einem Distanzschuss meiner Kamera kann ich diese zeigen.
In diesem Feuerhaus in Topaschi verbringen wir die zweite Nacht.
Ich schlafe hier. Ansonsten ist hier neben uns noch der Mann, der Feuerwache hält und ein älteres Ehepaar, das mit seinen Bienen umherzieht. Und uns Honig (Ball) gibt.
Es wird ein lustiger Abend. Wir essen alle zusammen auf der Dachterasse.
Das Haus der Feuerwache ist über den Sommer besetzt.
Blick auf die andere Seite der Berge. Bald stehen wir da und können auf die Hütte blicken.
Start der Radgruppe am nächsten Morgen
Nuri sitzt da schon längst auf einem Baum und erntet Baumsamen.
Ein lustiges Volk da oben in den Bergen.
Ich sehe mein erstes Nomadenzelt.
Bei diesen Nomaden halten wir. Es sind Halbnomaden. Sie sind im Sommer hier oben und im Winter im Dorf. Wie bei einer Alm. Wir werden zum Tee eingeladen. Bekommen Beeren und Pfirsiche aus ihrem eigenen Garten und bekommen noch Ziegenkäse für die nächsten drei Tage mit.
Der Sohn hat erst im Dezember geheiratet. Natürlich stammt sie ebenfalls aus einer Nomadenfamilie. Mir gefällt einfach das Bild mit dem Ziegenbock.
Ansonsten ist es schwierig die Nomaden zu fotografieren. Sie lachen und lächeln ununterbrochen. Aber wenn ich ein "offizielles" Foto mit Ansage mache, dann schauen sie ernst drein.
Dann kommen wir zu einer zweiten Nomadenfamilie. Bei dieser wollten wir übernachten.
Zuerst die Tiere
Dann sehen wir das Lager. Zwei Brüder leben hier zusammen mit ihren Familien.
Dieses Mal sehe ich auch die Wildziege. Sie kam als Kitz zu der Familie und wurde mit der Hand aufgezogen.
Wir bleiben zum Mittagessen. Interessante Gespräche. Da Nuzhet Fachfrau im Bereich der Lebensmittelaufbewahrung, -transport und -verabeitung ist, geht es u.a. auch darum wie die Nomaden ihre Produkte besser verkaufen können. In Feuchtwangen würde man das Artenreiches Land - Lebenswerte Stadt nennen und von Regionalvermarktung sprechen. Insgesamt erhoffen die Nomaden sich mehr Unterstützung vom Staat. Oftmals sind sie die letzten ihrer Familien, die noch umherziehen.
Im Fernsehen wird Bayern - Dortmund live übertragen. Einer der Brüder ist Bayernfan und hat wie ich Grippe. Dafür trete ich die Hälfte meiner Tabletten an ihn ab.
Die Nomaden sind nicht von gestern. Wissen bescheid. Können sich rethorisch Gehör verschaffen - und lassen sich nichts gefallen.
Die Kinder sitzen alle im anderen Zelt und gucken Vicky, einen Wikingerzeichentrick. Danach kümmern sie sich um die Tiere.
Unsere Fahrräder werden bewegt
Selfie Nomadenkinder
Am Ende gibt es das Gruppenbild mit Nuzhet
Jetzt nur wir Männer
Die Weiberleit
Gerne wäre ich hier geblieben. Mit so sympathischen Menschen die Zeit verbringen zu dürfen und gleichzeitig in ihren Alltag zu blicken. Doch. Alperen, der junge Mann mit viel zu viel Energie, ist an dieser Familie vorbei gefahren. Er hat keine Ahnung wohin der Weg geht und es ist an uns ihn nun zu suchen.
Auch bei der nächsten Familie, dem dritten Bruder, ist Alperen vorbei gefahren. Ich dachte, wir übernachten hier und hatte mich mit den Kindern schon angefreundet. Immer wenn wir Kinder sehen, bekommen sie etwas von uns, z. B. Luftballons.
Das Kind hier ist geistig behindert. Wenn ich dem Luftballon Geräusche wie aus meinem Arsch entlocke oder ihn fliegen lasse bis er luftleer zu Boden geht, dann freut er sich wie ein Schneekönig. So ist es wieder schade weiter zu müssen.
In den nun folgenden öden Weiten machen wir uns schon Sorgen um den jungen Mann. Aber die Nomaden, denen wir begegnen, haben ihn gesehen. Er schläft seelenruhig in einer Nomadensiedlung in der Moschee.
Als erster trifft Okan ein. Verfolgt von einem Hund. Endlich trinken. Eiskaltes Brunnenwasser. Ein Traum.
Diese Nomadensiedlung heisst Hüyük Alani. Es gibt eine Moschee und einen Friedhof. Bis in die 70er Jahre wurden ihre Toten hier bestattet. Jetzt bringt man sie hinunter.
Die beiden Familien hier packen gerade ihre Sachen zusammen und wollen morgen nach dem Freitagsgebet abfahren. Den Abzug der Nomaden wollen wir sehen und übernachten und bleiben solange hier.
Zuerst wollen wir in einem Yörük Zelt übernachten
Wir dürfen dann in der Moschee schlafen. Ich gucke mir gleich eine Ecke aus, in der ich schlafen möchte. Aber schon liegt das Gepäck der anderen dort. Gehe ich halt in eine andere Ecke. Irgendwie dachte ich, die anderen verteilen sich auch. Aber da sind die Türken anders. Sie kuscheln sich zusammen in eine Ecke. Eng umschlungen werden sie dort zusammen schlummern. Der Deutsche liegt auf der anderen Seite. Dank Ohrenstöpsel schlaf ich aber hervorragend. Draussen ist ein traumhaftes Sternenzelt zu sehen.
Aha da war mal ein Meer.
Also kann man sich bei der Gelegenheit mal der Fauna zuwenden. Die Bilder:
Erdmännchen, meine Lieblinge. Die waren hier oben überall.
Ziegen spielen die absolute Hauptrolle.
Das Wetter kann sich hier oben auf über 2000 Metern schnell ändern und dann wird es recht ungemütlich.
Die Nomaden sind bei jedem Wetter draussen bei ihren Tieren. Sie zeigen mir wie sie das mit dem Wetterschutz da draussen machen.
Ich
Auch ein Nomade
Hier liegt ein Hirte. Das muss reichen als Wetterschutz. Bin beeindruckt.
Wie gesagt, ziehen die beiden verwandten Familien am nächsten Tag zurück nach Tarsus. Mehr als eine Woche werden sie für diesen Weg brauchen. Weiter gehts im
2. Teil meines Reiseberichtes.