V E R K E R S H I N W E I S E:Lage, Trasse, Verkehr:Der Rohtang-Pass ist ein knapp 4000 Meter hoher Gebirgsübergang am Südrand des westlichen Himalaya. Die umliegenden Berge sind bis knapp 6500 m hoch. Er bildet die Grenze zwischen dem monsunbeeinflussten feuchtwarmen Vorgebirge im Norden Indiens und den trockenen, da im Regenschatten liegenden Hochgebirgszügen des westlichen hohen Himalaya (Great Himalayan Range) und Ladakhs (eine Region zwischen Kaschmir/Indien und Tibet/China). Er verbindet die Gebirgsregion Lahaul des Bundesstaats Himachal Pradesh mit dem Straßennetz der Himalaya-Mittelgebirgsregionen bzw. der Gangesebene.
Über den Pass führt eine Militär- und Touristenstraße, die mit entsprechender Ausrüstung auch gut mit dem Rad zu befahren ist.
Der National Highway 21, an der Steigungsstrecke großteils 1,5-spurig und am Nordhang des Rohtang teils unbefestigt, erschließt als eine von zwei möglichen Straßenverbindungen den Landesteil Kaschmir, speziell die Region Ladakh. Aufgrund der andauernden Grenzkonflikte mit den Nachbarstaaten Pakistan und China hält Indien dort eine hohe Militärpräsenz vor. Entsprechend hoch ist der Schwerverkehr, da fast alle benötigten Güter für Zivil und Militär über diese Straße befördert werden müssen, insbesondere Treibstoffe. Hinzu kommen speziell über den Rohtangpass zahlreiche kommerzielle Touristenverkehre. Die Straßenbenutzung ist nur Kraftfahrzeugen mit Kennzeichen der beiden am NH 21 liegenden Bundesstaaten Jammu and Kashmir sowie Himachal Pradesh gestattet.
Eine Sondergenehmigung ist nicht erforderlich. Fahrräder sind von der zeitabhängig geltenden Einbahnstraßenregelung in Nordrichtung nicht erfasst.
Die Straße wird vom Militär betrieben und erhalten, die Border Roads Organization (BRO). Die Erhaltungsarbeiten werden auf der gesamten Rohtang-Strecke während der ganzen Öffnungszeit der Straße (ab ca. Juni bis September) durchgeführt, da die Passstraße im Winter sowie im Monsun stark von Gerölllawinen und Rutschungen erodiert wird. Die Erhaltungsarbeiten werden zu erheblichem Teil von Hand durchgeführt, insbesondere der Bau von Stützwällen und die Geröllbeseitigung. Zur Zeit befindet sich die Straße im 2-spurigen Ausbau. An vielen Stellen ist es immer noch schwierig, 2 LKW aneinander vorbei zu rangieren.
Zur Verkürzung der Verbindung in die Region Lahaul, die unmittelbar durch den Pass erschlossen wird, sowie als ganzjährige Gebirgsquerung wird z.Z. in ca. 3100 m Höhe ein Tunnel von etwa 8 km Länge geschlagen. Der indische Baufortschritt ist jedoch um ein Vielfaches träger als in Europa gewohnt, obwohl mindestens zeitweise eine österreichische Firma die Exkavationsarbeiten durchführte. Mit der Fertigstellung und Aufnahme des Schwerverkehrs ist Ende des Jahrzehnts zu rechnen. Die Passverbindung wird wohl als asphaltierte Straßenverbindung weiter aufrechterhalten und beräumt.
Anfahrt:Ab Delhi fakultativ Bus, Zug (Shatabti Express) oder Selbstanfahrt nach Chandigarh (bzw. Gebirgsvorort Kalka, Ende der Schnellzugstrecke). Von dort wahlweise auf dem NH 22 und NH 88 über Shimla nach Bilaspur oder verkehrsfrei über Nebenstrecke unter Umgehung von Shimla (hierzu sind importierte Karten nötig, Google Maps ausreichend, OSM nicht ausreichend). Der NH 21 ist zur Anfahrt nach Bilaspur wegen Ausbau und schnellem Verkehr nicht zu empfehlen! Von Bilaspur den NH 21 über Mandi und das Kullu-Tal nach Manali (1950 m), ein Touristenhauptort mit umfassenden Versorgungsmöglichkeiten im Vorhimalaya. Ebenfalls möglich ist eine Höhenanfahrt ins Kullutal über Shimla und den Jaloripass (ca. 3100 m).
Dauer der Anfahrt nach Manali (Solang) ab Delhi 5-9 Tage je nach Pensum und Strecke. Vorliegende Anfahrt (2 Tagesetappen durch Zugfahrt gekürzt) 5,5 Tage inkl. Bahnfahrt.
Reisezeit, Wetter:Die dargestellte Befahrung wurde kurz vor der offiziellen Schließung des NH 21 Anfang September 2013 durchgeführt. Der Monsun (Sommerregenzeit mit heftigen Regenfällen und dauerbewölktem Himmel) war schon weitgehend abgeklungen. Während der Anfahrt von Chandigarh gab es heftige Hitzetage mit durchweg heiterem Wetter. Im Hochbereich ab Manali überwogen hohe Wolken, aber der gefürchtete Dauerregen am Rohtang blieb aus. Die Straßenverhältnisse waren weitgehend trocken bis auf die Querungen der ungefassten Gebirgsbäche. Im Nordabstieg hochsommerliches, heißes Wetter. Passhöhe sonnig ohne Schnee. Kein Frost.
Den als Regen- Matsch- und Wetterloch gefürchteten Rohtangpass bei durchgehend guter Witterung mit dem Rad zu befahren gilt als Glücksfall.
Unbedingt vermeiden sollte man die Fahrt in offensichtlich schlechte Wetterbedingungen mit Schneestürmen, die hier auch im Monsun auftreten können. Es gibt im Hochbereich außer auf der Passhöhe so gut wie keine Unterstände.
Kondition, Höhenanpassung:Der Rohtangpass erfordert ungeachtet der für europäische Verhältnisse beachtlichen Höhe keine höheren konditionellen Anforderungen als für Alpen-Pässe. Die Straßenführung der in den 80er Jahren neu angelegten Straße ist eher mäßig steigend, da die Motorleistungen indischer LKW nicht amerikanisch-europäischem Niveau entsprechen.
Sehr günstig wirkt sich eine Selbstanfahrt über das Vorgebirge aus. Dagegen ist vom Transfer mit dem Taxi vom Flughafen Delhi nach Manali oder gar vom Direktflug auf den Höhenflugplatz Bhuntar bei Kullu abzuraten. So ist das Scheitern im sauerstoffkritischen Hochbereich bereits angelegt.
Durch das Training in den durchaus steigungsreichen und teilweise auch heißen Vorbergen gewöhnt sich der Metabolismus an die Belastung und kann den Sauerstoffentzug in der Höhe besser kompensieren.
Zur Vermeidung von meist zeitverzögert auftretenden, teils eine Weiterfahrt verunmöglichenden Höhensymptomen (AMS) ist eine Höhenakklimatisierung nach medizinischer Vorschrift ist durchzuführen, insbesondere wenn der NH 21 bis Leh durchgefahren werden soll.
Medizinisch angeraten werden über 3000 m Höhe für Sportler Maximalaufstiege von ca 500 m pro Tag mit Abstieg und maximalem Höhengewinn von 300 m pro Übernachtung. In der Praxis ist das für einen Radfahrer kaum durchführbar. Es ergibt aber, daß es gesundheitlich/konditionell ungünstig ist, den Rohtangpass von Talort zu Talort mit 2000 Höhenmetern Differenz in einer Strecke zu fahren. Üblicherweise scheitert dies schon am Verkehr oder am Wetter.
Günstig ist den Startpunkt in Solang oberhalb von Manali auf ca. 2400 m Höhe zu wählen. Die exklusive Feriensiedlung Solang ist deutlich teurer als Manali-Stadt und bietet nur marginale Versorgungsmöglichkeiten im Nachbarort Palchan. Restaurants vorhanden. Dafür ist das Ambiente um Größenordnungen schöner.
Auffahrt über 1000 Höhenmeter nach Marhi (3360 m) und dort Übernachtung im eigenen Zelt oder im PWC-Resthouse (Möglichkeit muss vor Ort erfragt werden). Die Dabha-Hütten waren 2013 komplett aufgelassen wegen einer polizeilichen Schließungsverfügung für den gesamten touristischen Teil der Siedlung.
Am 2. Tag Passüberquerung (3978 m) und Abstieg nach Khoksar (3140 m). Übernachung dort (oft ausgebucht) oder in Sissu (ca. 3060 m).
Weitere Höhenanpassung (Ruhetage) in Keylong (3080 m) oder Jispa (3200 m) zur Weiterfahrt nach Ladakh unbedingt empfohlen.
Material:Zum Einsatz kam ein einfaches Tourenrad aus dem Fachhandel mit 3x7-Gang MTB-Schaltung. Die Maximal-Untersetzung beträgt 22:32. Es war zum Zeitpunkt der Passbefahrung schon über 80 tkm gelaufen. Da noch weitere, eher kalte Höhenregionen besucht werden sollten, war eine Beladung des Velos mit ca. 35 kg Gepäck und Proviant nötig, darunter 2 Schlafsäcke und ein höhentaugliches Zelt (für Rohtangpass selbst nicht nötig!!).
Rollen: Tauglich sind MTB-Reifen nach Wahl oder für Tourenräder 29er Reifen in einer Breite, die im Rahmen unterzubringen ist. Weniger wegen der Traktion als zur Dämpfung. Mit handelsüblichen Treckingreifen ist bereits am Nordhang des Rohtang kein Durchkommen mehr, geschweige denn mit Rennrad, was ich auch beobachten konnte. Auch für den Anfahrtsweg ist starke Bereifung wegen der Dämpfung sehr zu empfehlen. Die Belagsqualität ist mangelhaft.
Wegen unabdingbarer Geröllpassagen am Nordhang muss festes hohes Schuhwerk benutzt werden, Radschuhe sind zu leicht. Bei schlechten Wetterbedingungen sollte der Einsatz von Gummistiefeln erwogen werden, die man in Manali erwerben kann. Es kann sehr tief schlammig werden (Südhang).
Wind- oder Sonnenbrille sowie starker Sonnenschutz unbedingt nötig.
Unterkunft, Verpflegung:Wie geschildert, ist eine Zeltnutzung nicht nötig, aber möglich. Bewirtschaftete Zeltplätze sind nicht vorhanden. Aufgrund der Weidewirtschaft sind günstige Plätze oft verkotet. Der Hochbereich des Passes ist beidseitig gerölllawinengefährdet. Man kann sich an der Lage der Zeltunterkünfte der Straßenarbeiter orientieren. Auf der Passhöhe sollte man als Neuankömmling nicht kampieren, es sei denn, man hat schon eine komplette andauernde Höhenanpassung bis 4000 m durch eine entsprechende Vortour durchlaufen (z.B. aus Richtung Srinagar/Leh).
Dagegen gibt es neben Manali (nicht empfohlen) mehrere Unterkünfte in Palchan, Solang, 1 PWC-Resthouse in Marhi (kann vor Ort angefragt werden), Unterkünfte und PWC-Resthouse in Khoksar (oft ausgebucht), ausreichend Hotels in Sissu. Nächste Stadt mit großer Hotelauswahl: Keylong. Keylong wird von Marhi (Höhenort vor Rohtang Top) selbst bei äußerst sportlicher Fahrweise kaum erreicht, da erhebliche Steigungen und schlechte unbefestigte Wegstrecken zu bewältigen sind.
Verpflegung:
Getränk bzw. bottled water kann an der Strecke in jeweils günstigen Entfernungen nachgekauft werden. Vorrat von 1,5 l mindestens dennoch anzuraten. Niemals aus öffentlichen Brunnen oder aus der Leitung trinken. Leitungs-, Brunnen- oder gar Oberflächenwasser muß auch im Hochbereich mit Micropur aufbereitet werden. Verseuchung durch Einzeller und Viren möglich.
Spezieller Bergsteigerproviant ist in Manali in großer Vielfalt erhältlich, auch nichtindustrieller Fertigung. Hier sollte man sich eindecken.
Die Verpflegungsauswahl an den Stationen Marhi (geschlossen bis auf einen temporären Verkaufsstand 2013) und Rohtang Top ist marginal und sollte nur ergänzend in Anspruch genommen werden. Mehrere Läden und Dhabas (einfache Wirtschaften mit Kantinenessen) jeweils in Palchan und Khoksar an den Füßen des Passes.
Kosten:Die laufenden Kosten einer Reise in Indien sind aufgrund des sehr hohen Wertgefälles niedrig. Hotelkosten in Touristenorten bei 8 - 12 Euro für ein sauberes Doppelzimmer mit Warmwasser, Reiseregion Nordindien. Hauptstädte teurer. Die Route am NH 21 ist durchgehend auf touristische Ansprüche ausgerichtet. Speziell in Lahaul bietet die in tibetischer Hand befindliche Gastronomie ein gutes Niveau. Im übrigen Indien sind dagegen viele Hotels qualitativ nicht für europäische Ansprüche geeignet.
Die Übernachtungskosten an der durch Inlandstourismus stark entwickelten Südseite des Passes liegen jedoch deutlich höher. In Solang muss mit Zimmerpreisen bei 25 Euro gerechnet werden. Ebenso werden an den exponierten und stark nachgefragten Resthouses in Khoksar und Marhi hohe Preise an Touristen berechnet. Dies nivelliert sich bei den anschließenden Ortschaften. Schon Keylong kann man aus europäischer Sicht als ausgesprochen preisgünstig bewerten (abhängig vom gewählten Unterkunftsplatz). Essen ist sehr günstig ab 1,50 EUR pro Mahlzeit.
Organisierte Abenteuerreisen in diese Region, gebucht ab Deutschland, sind hingegen extrem teuer und vorwiegend für Teilnehmer interessant, die sich alleine den Belastungen und der Orientierung nicht gewachsen fühlen.