Wenn ich Pumpe, Ersatzschlauch und -reifen mitzähle, werde ich auch auf so ein Gewicht kommen. Die Frage ist doch immer, wie viel Zeit man wegen einer möglichen Panne opfern möchte. Man wird selten in einer Situation sein, wo ein langer Fußmarsch nicht den Kontakt zu anderen Menschen ermöglichen wird. Will man das aber wirklich? Wenn ich eine Tour mache, die sich über Monate hinzieht, werden 2 oder 3 Tage "Pause" keine so große Rolle spielen. Habe ich aber gerade einmal meinen regulären Urlaub zur Verfügung und fahre in drei Wochen (so war das bei mir) eine gewisse Strecke, so würden diese Unterbrechung deutlich ärgerlicher sein, als das halbe Kilo, welches ich evtl. noch zusätzlich dabei hatte. Auch ich versuche, vorher zu überprüfen, welche Schrauben es an meinem Fahrrad so gibt. Dennoch war ich vor zwei Jahren recht froh, mein Multitool dabei gehabt zu haben. An meinem Pedal hat sich im Klickmechanismus ein kleines Schräubchen gelöst, von dessen Existenz ich vorher gar nichts wusste. Zum Glück hatte das Tool einen entsprechend kleinen Inbusschlüssel integriert gehabt, mit dem ich das schnell wieder hinbekommen habe. Die Tour war für 20 Minuten unterbrochen, ich musste niemanden suchen, der mir hier weiterhelfen konnte - das empfand ich als sehr vorteilhaft. Natürlich wäre ich auch so irgendwie weitergekommen, aber es wäre nicht angenehm gewesen.
Ähnlich ist es beim Verbandszeug, welches ich all die Jahre (bis auf ein paar Pflaster) "umsonst" durch die Gegend gefahren habe. Dieses Jahr war ich froh, dass ich mich hier gut vorbereitet hatte. Ein Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus ist mir erspart geblieben, da ich meine doch recht erheblichen Schürfwunden am Arm sehr gut selber reinigen, desinfizieren und verbinden konnte. Ich wäre ganz schön blöd mitten in Montenegro gestanden, wenn ich hier nur ein paar Pflaster dabei gehabt hätte.
Natürlich kann man nicht für alles Vorsorge treffen. Es wird hoffentlich auch meistens so sein, dass man Werkzeug und Verbandszeug nicht braucht. Man kann aber aus der Erfahrung einzelner Touren, bei denen diese Dinge nicht nötig waren, nicht schließen, dass man mit Flickzeug alleine immer glücklich werden wird. Dieses Jahr hatte ich im Hinterrad plötzlich keine Luft mehr. Ganz klar - da habe ich mir etwas in den Reifen gefahren ... Nein, der Schlauch ist genau am Ansatz des Ventils eingerissen (warum, das weiß ich nicht). Da war nichts mit Flicken. Ohne Ersatzschlauch hätte ich hier auch sehr dumm aus der Wäsche geguckt. Es hat danach übrigens sehr lange gedauert, bis ich endlich eine Fahrradwerkstatt gefunden habe, in der ich mir einen neuen Ersatzschlauch besorgen konnte.
Fazit: Es geht lange auch ohne Werkzeug gut - die wenigen Male, wo dann aber doch etwas passiert, ist es meiner Meinung nach dennoch wert, ein paar Gramm mehr in die Taschen zu packen. Wenn ich am Ende einer pannenfreien Tour mein Werkzeug zuhause unberührt aus der Tasche entnehme, so verdrängt die Freude über die problemlose Fahrt mühelos den Gedanken, zu viel eingepackt zu haben. Das heißt allerdings nicht, dass man bei der Wahl des Werkzeugs nicht auch Gewicht sparen kann. Die im Startbeitrag genannte Zangensammlung braucht man tatsächlich nicht.
Gruß, Arnulf
"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)