Es hat ja nun eine ganze Weile gedauert, dass ich mit diesem kleinen Bericht unsere Spätsommerrunde vom letzten Jahr aufbereite. Wie bei allen war die natürlich komplett anders als geplant. Drolligerweise hatten wir für 2020 keine „größere“ Tour vorgehabt – die Ernüchterung nach der etwas verkorksten
Ost-Kanada/USA - Plan und Wirklichkeit 2019 (Reiseberichte) wirkte nach und auf lange Flugreisen hatten wir keine Lust. Dass es allerdings nun so nah in Urlaub gehen würde, hatten wir auch nicht geahnt.
Die eigentlich geplante Wanderung im Balkan im Juni platzte natürlich und wich einem 3 Tage Aufenthalt auf einem brandenburgischen Campingplatz. Es folgte eine einwöchige Wanderung im Erzgebirge im August, und dann Ende September die Radreise. Die Idee, unser Forumstreffen-Ticket zu verfahren und von Mannheim nach Berlin zu radeln scheiterte an der Tatsache, dass es am fraglichen Wochenende in keinem einzigen Zug mehr freie Radstellplätze gab – unabhängig ob um 4 Uhr morgens oder 22 Uhr abends. Aufgrund unserer ganz persönlichen Corona-Risikoabschätzung war Ausland keine Option und auch auf lange Zugfahrten waren wir eigentlich nicht wirklich scharf. Da die Motivation für größere Planung allerdings auch aowieso überschaubar war, klickerten wir letztlich kurz vor der geplanten Abfahrt schnell ein erweitertes „U“ zusammen: Start in Falkenberg südlich von Berlin (von uns aus schnell erreichbar mit dem RE) – von dort nach Süden vorbei an Meißen und Freiberg in Richtung Erzgebirge. Durchs Vogtland nach Bayreuth, und im Bogen um Nürnberg wieder nach Norden. Kurzer Abstecher durch den Thüringer Wald zum Herbsttreffen nach Erfurt und dann auf direktem Wege nach Dessau, um von dort in den RE nach Berlin zu steigen. Wie gesagt: Die Routenplanung erfolgte ohne große Sorgfalt – eigentlich ging es uns nur drum, endlich mal wieder für ein paar Tage auf dem Rad zu sitzen. Und hier ist, was dabei rauskam:
Tag 1: Berlin – Falkenberg – Riesa: 57 km Wir lassen es sehr entspannt angehen, denn durch die Anreise mit dem RE fehlt jeglicher Zeitdruck. So trödeln wir ziemlich rum und es ist bereits kurz nach eins, als wir schließlich in Falkenberg am Startpunkt stehen. Und kommen auch nicht weit – da Bernd schon nach 1,5 km mit dem Ausruf: „Wir haben schließlich Urlaub!“ das erste Eiscafé ansteuert.
Nach schwachem Protest beuge ich mich und wähle einen im Eierlikör ertränkten Schwedenbecher. So gestärkt geht‘s dann irgendwann gegen halb drei auch tatsächlich mal los. Wir rollen Richtung Elbe und folgen bei schönstem Sonnenschein dem Elberadweg.
Es folgt die ein oder andere Ablenkung am Wegesrand, aber es rollt sich entspannt.
Ziel für heute ist ein kleiner Privat-Campingplatz in einem Örtchen hinter Riesa.
Die Zeltfläche liegt mitten im Ort – außer uns nächtigt hier nur noch ein weiteres Radlerpärchen, dass wir aber kaum zu Gesicht bekomme, da sie bald in den gemieteten Bauwagen verschwinden.
Tag 2: Riesa - Flöha: 93 km Auch am nächsten Tag stahlt die Sonne. Wir folgen noch 15 km dem Elberadweg und biegen dann ab Richtung Erzgebirge.
Und gleich geht es steil bergan. Um den Tag in wenigen Worten vorab zusammenzufassen: Es geht bergauf und bergab und alle Bäckereien haben geschlossen.
Trotz der dünnen Versorgungslage gefällt und die Strecke recht gut. Wir passieren das tatsächlich sehr hübsche Städtchen Freiberg, wo wir auf dem dortigen Campingplatz eigentlich unser Nachtlager aufschlagen wollten. Im örtlichen Fahrradladen hören wir aber, dass der Camping seit diesem Jahr geschlossen hat. Die Alternative: ein 28 km entfernter Kanuklub in Flöha. Klingt nett, also fahren wir noch ein paar km weiter und schlagen abends um Sieben unsere Zelt auf der Vereinswiese auf.
Tag 3: Flöha – Bad Schlema: 59 km Die Nacht ist ruhig und am Morgen das Zelt durch den nahen Fluss patschnass. Allerdings haben wir uns da noch nie sonderlich Gedanken drum gemacht – insofern kommt das Zelt so wie es ist in den Packsack und los geht‘s.
Auch heute sammeln wir wieder Höhenmeter. Es geht durch wunderschöne Waldabschnitte, aber sonderlich flott kommen wir nicht voran. Für die nächsten 20 km zum Örtchen Einsiedel brauchen wir fast drei Stunden.
Am Edeka in Einsiedel machen wir ausgiebigst Pause auf der Sonnenterasse der angeschlossenen Bäckerei. Frisch gestärkt und gut verbrannt brechen wir dann auf zu den nächsten Hügelkilometern nach Bad Schlema.
Die Trackführung zum Campingplatz ist – nun ja – etwas eigenwillig. Aber es ist die kürzeste Anfahrt!
Blöderweise ist die getrackte Brücke über die Bahngleise noch im Bau, allerdings gibt es wenige Meter weiter einen Alternativ-Übergang, so dass wir den Campingplatz doch auf recht direktem Weg erreichen.
Tag 4: Bad Schlema – Talsperre Pirk: 74 km Der Aufbruch verzögert sich leicht, weil sich in der Tasche des zum Kopfkissen umfunktionierten Trickots irgendwie gestern Abend noch eine reife Banane versteckt hatte.
Insofern wird noch eine schnelle Wäsche-Pause eingelegt bevor wir starten. Der Track startet wie er gestern geendet hat – mit rauf und runter auf kleinen Fußwegen.
Für ein paar Kilometer wird‘s dann aber wieder entspannter, als wir eine Weile dem Mulderadweg folgen.
Eigentlich ein hübscher Abschnitt. Bloß haben wir tatsächlich ein gutes Händchen dafür, die am Weg liegenden Bäckereien immer am jeweiligen Ruhetag zu passieren. Heute ist Mittwoch…
Der Mulderadweg bleibt nur kurz unser Begleiter, dann biegen wir ab und weiter geht es auf eigener Route mal mehr mal weniger komfortabel durch allerdings sehr schöne Gegenden.
Da es auf unserer geplanten Route in nächster erreichbarer Nähe keine Campingplätze gibt, biegen wir ab und steuern den Platz an der Talsperre Pirk an. Die Route dorthin ist recht rustikal und wir verlieren einen Haufen an Höhenmetern, die – so ist das wohl – dann morgen wieder auf dem Programm stehen.
Der Campingplatz ist nicht unbedingt eine Reise wert, aber schon etwas skurril. Unmittelbar an der Autobahn gelegen braucht es schon eine Menge Phantasie um den Lärm in Meeresrauschen umzuinterpretieren. - oder Ohropax. Die Dauercamperhütten füllen dicht an dicht gefühlte Quadratkilometer Fläche. Man kann es im Hintergrund des Bildes unten etwas erahnen. Nichtsdestotrotz treffen wir auf mehrere ausgesprochen hilfsbereite Camper, die uns mit Duschmarken und einem Feierabendbier versorgen, da die Rezeption schon geschlossen ist. Sie versichern uns, dass sie das Verkehrsgetöse gar nicht mehr hören.
Tag 5: Talsperre Pirk - Weißenstadt: 77 km Die Nacht ist laut und am nächsten Morgen geht‘s auch wie erwartet erst mal wieder bergauf. Die Streckenführung ist allerdings so kreativ, dass es Freude macht.
Zum Beispiel diese Stelle: Wir zögerten einen Moment, nicht ganz sicher ob unser Track hier quer über die Wiese wirklich korrekt war. Als ein besorgter Bauer auf seinem Traktor angefahren kam und fragte ob er uns helfen konnte, winkten wir ab und entschieden, dass das wohl so richtig sein müsste. War‘s auch. Nur wenig später trafen wir wieder auf einen schönen Waldweg.
Ein wirklich schöner Abschnitt ist das hier an der Grenze zwischen Sachsen, Tschechien und Bayern.
Auf etwa 3 Kilometern geht es auch durch tschechischen Wald. Die Grenze merkt man kaum, bloß die Beschilderung sieht auf einmal anders aus.
Wir passieren Selb und folgen im weiteren Verlauf mal Bahntrassenwegen, mal Feld und Waldwegen. Auch heute nochmal ein schöner Abschnitt, aber die Landschaft in Bayern hat sich doch verändert. Die Gegend ist zersiedelter. Man sieht mehr kleine Industrieunternehmen. Ziel für heute ist der Campingplatz in Weißenstadt – der mit 30 Euro pro Nacht mit Abstand teuerste Platz der Tour. Und man weiß nicht wirklich warum.
Tag 6: Weißenstadt - Bayreuth: 42 km Unseren ursprünglichen Plan, Nürnberg südlich zu umrunden, haben wir inzwischen fallen gelassen. Wir haben zu viel getrödelt und wollen hier in Bayern auch noch eine Freund treffen. Sprich, wir werden auch weiter trödeln. Also planen wir um und entscheiden uns, erst mal in Bayreuth einen Wasch- und Pausentag einzulegen und dann dem Mainradweg über Bamberg und Schweinfurt nach Westen zu folgen. So geht auch der Tag heute sehr entspannt an. Nach dem ersten Anstieg treffen wir aber bald auf den Mainradweg und rollen so zunächst mal sehr entspannt nach Bayreuth.
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Bei der Einfahrt nach Bayreuth dann eine der großen Skurrilitäten dieser Reise. Es herrscht Verkehrschaos. Kilometerweit stauen sich die Autos in alle Richtungen um eine Kreuzung. Die Polizei versucht, die Straßen abzuriegeln und das Chaos unter Kontrolle zu bringen – allerdings recht erfolglos. Was ist los?
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Es gibt Benzin für lau! Und zwar ganze 20 L! Für eine Stunde! Eine Werbeaktion der Tankstellenkette - Umsonst tanken in Franken – oder so ähnlich. Dafür stellt man sich gerne mal in einen 2 Kilometer langen Stau.
Wir sind einigermaßen fassungslos. Ehrlich gesagt bleibt unser Eindruck von Bayreuth etwas gedämpft. Das Wetter stellt auf Landregen um und von der Altstadt hatten wir uns eigentlich auch etwas mehr versprochen. Es bleibt Gelegenheit, mal Wäsche zu machen und alle Sachen durchzutrocknen.
Aber immerhin, es gibt Berlin-Döner – den hatten wir echt vermisst...
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Tag 7: Bayreuth - Lichtenfels: 61 km Der nächste Tag bleibt wettermäßig trüb. Es ist Samstag und heute Abend wollen wir den Freund aus Bayern treffen. Ziel für uns ist heute Lichtenfels. Entspanntes Radeln auf dem Mainradweg. Schön, aber ohne größere Höhepunkte. Der Weg ist hier kein klassischer Flussradweg sondern führt auch immer mal wieder über Straßen oder Feldwege.
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Kulmbach lassen wir rechts liegen. In Burgkunstadt machen wir nochmal Kuchenpause im örtlichen Edeka-Markt. Und um halb vier rollen wir bei strömendem Regen auf den Campingplatz bei Lichtenfels.
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Am Abend dann treffen wir Steffen und fahren mit ihm („hier in Lichtenfels gibt‘s wirklich nichts wo man hingehen könnte“) nach Bamberg. Auch Bamberg zeigt sich im Regen, aber mit ein bisschen Glück finden wir immerhin ein Lokal zur Einkehr.
Gleich geht‘s weiter….