Für September/Oktober hatte ich mal wieder einen längeren Urlaub mit meinem Chef ausgehandelt und hatte vom ersten September bis zum 14. Oktober freibekommen. Die ersten drei Wochen verbrachte ich mit meiner Freundin in der Normandie. Hier waren wir mit Auto, Fahrrad und Zug unterwegs und sind auch ein paar hundert Kilometer geradelt.
Am 21. September ging es für meine Freundin mit dem Auto zurück nach Deutschland und für mich erst einmal mit dem Zug nach St. Quentin.
Hier bin ich in einer günstigen Absteige untergekommen. Das erstaunliche dort war, dass man ab 4.00 Uhr morgen frühstücken konnte, was ich nicht getan habe.
Ich war nur bis St. Quentin gefahren, da ich die Nacht nicht in Paris verbringen wollte. Ich hatte nicht so rechte Lust auf Metropole.
So schaute ich mir St. Quentin an und ging als erstes mal zum Friseur,
der mir einen Topp-Haarschnitt verpasste.
Er empfahl mir auch ein Restaurant fürs Abendessen, was mich dann aber nicht so begeistert hat.
Ansonsten hat St. Quentin eine beeindruckende Basilika zu bieten...
...sowie einige Häuser im Stil des Art déco.
22.09.2018; St. Quentin – Paris – Auxerre (mit dem Zug) – Merry-sur -Yonne
Von St. Quentin ginge es mit dem TER nach Paris zum Gare du Nord.
Am Gare du Nord war am Samstag Vormittag die Hölle los. Mir kam es jedenfalls so vor, da ich jetzt drei Wochen in irgendwelchen Nestern und kleinen Städtchen in der Normandie verbracht hatte.
Nun musste ich mit dem Fahrrad weiter zum Gare du Brecy.
Als ich das letzte mal vor vielen Jahren in Paris war, wäre das noch fürchterlich gewesen. Inzwischen ist Paris zur Fahrradstadt geworden und so war die Fahrt durch die Innenstadt ein wirkliches Vergnügen. Erst einmal ging es in ein nettes Café für ein spätes zweites Frühstück.
Das Seine-Ufer ist beidseitig zur Fahrradstraße umgebaut, so dass ich da noch ein wenig auf und ab gondelte bevor ich zum Bahnhof fuhr.
In Auxerre kam ich am Nachmittag an und drehte nur eine schnelle Runde durch die sicherlich sehenswerte Innenstadt.
Hier beginnt oder endet der Canal du Nivernais, den ich nun fast 180 km entlangradeln sollte.
Der Canal du Nivernais verbindet die Seine mit der Loire, wird aber nur noch von Touristenbooten genutzt, die hier zahlreich rumschippern.
Ich fahre an diesem Nachmittag noch knapp vierzig Kilometer am Kanal entlang und miete mir dann ein kleines Hüttchen auf dem Campingplatz in Merry-Sur-Yonne.
Der Campingplatz wird von Engländern geführt und hat aber trotzdem das beste Camping-Platz-Restaurant in dem ich je gegessen habe.
Ich befinde mich ja nun im Burgund und so gibt es erst einmal ein halbes Dutzend Schnecken.
Anschließend ein wirklich köstliches Boeuf Bourgingon.
Statt Dessert gönne ich mir einen leckeren Talisker (Whisky)
23.09.2018; Merry-sur -Yonne – Clamecy
Nach einem doch eher bescheidenen französischem Frühstück breche ich zu einer Kurz-Etappe auf. Der Wetterbericht verspricht für heute Regen und ordentlich Gegenwind. So fahre ich bei trübem, aber noch trockenem Wetter am Vormittag nur etwa 25 km bis Clamecy.
In Clamecy hatte ich auf Tripadvisor schon ein Hotel mit gutem Restaurant ausgemacht, welches auch am Sonntag Abend geöffnet hat.
So mietete ich mich schon am frühen Mittag im Hotel zur Post ein. Da ich um ein ruhiges Zimmer bat, bekam ich ein ziemlich düsteres Zimmer zum winzigen Innenhof gelegen. Beim Duschen bemerkte ich dann auch Schimmel an der Decke im Bad. Sollte ich um ein anderes Zimmer bitten?
Ich beließ es dabei und dachte, dass das für eine Nacht auszuhalten sei. Naja, der Tag war noch nicht um.
Nach der Dusche und einer kurzen Ruhepause begab ich mich zum Sightseeing in die historische Altstadt von Clamecy. Wie meistens, schaue ich mir erst einmal die Kirche (Collegiale Saint Martin) an.
Die Innenstadt ist durchaus sehenswert, aber zum Teil auch ziemlich runtergekommen und ärmlich.
Der Regen treibt mich dann irgendwann in die einzige geöffnete trostlose Bar des Ortes auf einen Pastis.
Für den Abend hatte ich mir einen Tisch im Hotel-Restaurant reserviert.
Das war schon gehobene Küche zu allerdings auch gehobenen Preisen. Ich erinnere mich vor allem an die Foie Gras und den köstlichen Rotwein.
Angenehm, dass ich danach nur noch eine Treppe hoch in mein Bett musste.
Da lag ich dann auch schon relativ früh am Abend und versuchte zu schlafen.
Doch dann hörte ich ein plätscherndes Geräusch. Was kann das wohl sein? Ich stand auf und bekam direkt ein paar Tropfen ab. Es tropfte aus dem Badezimmer über mir durch die Decke! Was für ein Scheiß! Jetzt hieß es dann doch nach einem anderen Zimmer fragen. Also runter zu Rezeption. Dort schien mir, dass denen durchaus bewusst war, was für eine Bruchbude man mir vermietet hatte. Man gab mir sofort ein anderes Zimmer. Am vorgerückten Abend war dann nur noch die Suite frei, die ich dann bezog.
24.09.2018; Clamecy – Cercy-la-Tour
Auf ein Frühstück im Hotel verzichtete ich heute. Beim Bäcker holte ich mir ein Pain au Raisin und trank einen Grand Créme in einer Bar.
Heute ging es den ganzen Tag am Canal du Nivernais entlang. So schaffte ich dann auch etwa 110 km. Die Strecke entlang des Kanals ist fast durchgehend asphaltiert und leicht zu fahren.
Am Kanalufer wurden irgendwann viele Kirsch- und Walnussbäume gepflanzt. Für Kirschen war es jetzt zu spät, aber für die Walnüsse war es genau die richtige Zeit. Und auch hier im Burgund war ein absolutes Nussjahr. Ich hätte die Nüsse säckeweise einsammeln können. Ein paar Hände voll mussten aber reichen.
So langsam ging es hinauf zum höchsten Punkt des Kanals. Nun folgten die Schleusen dicht aufeinander.
Die Gegend hier ist eher dünn besiedelt und mit wenig Infrastruktur ausgestattet. Und an einem Montag hat in Frankreich eh fast alles geschlossen.
Trotzdem wagte ich im kleinen Dörfchen Mont-et-Marré dem Wegweiser zu einem Restaurant vom Kanal weg hoch ins Dorf zu folgen.
So landete ich in dem recht einfachen Lokal „Le Béroalde“. Der Patron machte mir aber ein vorzügliches Omelette mit Speck und etwas Salat dazu. Einen Viertel Roten gab es selbstverständlich auch dazu. Zum Café spendierte er mir einen wirklich guten Pflaumenschnaps der viele Jahre in einem Holzfaß gelagert hatte. So was macht doch viel mehr Spaß wie im teuren Restaurant am Vorabend.
Bester Dinge schwang ich mich wieder aufs Rad und fuhr weiter den immer langweiliger werdenden Kanal entlang. Immerhin war das Wetter inzwischen richtig gut.
Und zum Teil war es ja auch ganz schön, wie man auf den Fotos sieht.
Am späten Nachmittag erreichte ich Cercy-la-Tour. Hier hatte ich mir einen Campingplatz ausgesucht. Die erste Nacht im Zelt. Es ist ein kleiner kommunaler Campingplatz. Man stellt einfach sein Zelt auf und am frühen Abend öffnet kurz die Rezeption, an der man dann bezahlt. Für mich waren das 4,23 €.
Der Campingplatz war nicht besonders schön und kaum belegt. Der Platzwart war aber ein symphatischer junger Mann mit dem ich eine Weile auf Englisch plauderte. Keine Ahnung, was den hierhin verschlagen hatte. Cercy ist nämlich ein ziemlich trostloses Nest. Als ich Ihn nach Sehenswürdigkeiten fragte, lachte er nur.
Es gibt im oberen Ortsteil eine überlebensgroße Madonnenstatue, von da hat man einen schönen Ausblick. Das war´s aber auch schon.
Am Abend ging ich in den einzigen geöffneten Imbiss. Hier war der Treffpunkt der örtlichen Drogenszene zu der wohl auch die Wirtin gehörte. Trotz allem ließ ich mich dort nieder und bestellte einen Hamburger mit Pommes und ein Bier. Bier habe Sie nicht, und wollte mich zu Wein überreden. Dann fiel Ihr aber ein, dass sie zum Nachbarn gehen könnte. Sie ging tatsächlich mit einem leeren Bierglas aus dem Imbiss heraus und kam mit einem vollen zurück. Ich dachte mir, wenn ich das Abendessen heil überstehe, kann mich nichts mehr umbringen.
Das Essen habe ich heil und auch ohne üble Nachwirkungen überstanden.
Der Abend war kühl, so dass ich mich schnell mit einer Dose Bier in meinen kuscheligen Schlafsack verzog.
25.09.2018; Cercy-la-Tour – Digoin
Am Morgen waren es nur drei Grad. Ich hatte nicht besonders gut geschlafen und genoss es noch eine Weile in meinem sehr gemütlichen Schlafsack liegen zu bleiben.
Als die Sonne herauskam wurde es schnell wärmer und ich fuhr noch ein kurzes Stück bis Champvert am Kanal entlang.
Hier stößt man auf den Eurovelo 6, der hier an der Loire entlangführt. So brauchte ich nicht wie eigentlich geplant den Canal du Nivernais bis zum Ende fahren.
Der EV6 verläuft allerdings nur selten wirklich an der Loire. Den Fluss bekommt man nur ab und zu zu sehen.
Ich quälte mich bei Gegenwind durch die nicht sehr inspirierende und ausgetrocknete Landschaft. Von hinten kam dann ein Radler aus North-Wales angerauscht. Wir fuhren ein kurzes Stück zusammen. Er war in Wales gestartet und seit etwa drei Wochen unterwegs. Vorher war er sechs Jahre lang kein Fahrrad mehr gefahren. Aber er meinte seine Muskeln würden sich erinnern und dann zog er auf und davon. Für mich etwas deprimierend, da ich mich nicht sehr fit fühlte.
In Bourbon-Lancy steuerte ich im kleinen Kurviertel erst einmal ein Restaurant an.
Das Wetter war sonnig und warm, so dass man draußen auf der Terrasse sitzen konnte.
Ich bestellte wie gewohnt, dass Mittagsmenu mit einem Viertel Roten
Ausgeruht und gestärkt ging es nun ein Stück über eine alte Bahntrasse an den Canal latéral. Die ist im Prinzip der schiffbare Teil der Loire. Aber auch hier sind nur kleine Touristenboote unterwegs.
Also wieder mal am Kanal entlang. Gähn.
In Digoin führt der Kanal dann auf einer beeindruckenden Brücke über die Loire.
Digoin selber ist nicht besonders bemerkenswert und wie viele Orte in der französischen Provinz etwas runtergekommen. In der Innenstadt gab es keinen einzigen Lebensmittelladen und auch kein mich anlockendes Restaurant. Der Imbiss vom Vorabend reichte mir noch.
Am Rande der Innenstadt am Loireufer gibt es einen Campingplatz. Hier schlug ich mein Zelt auf.
Auch hier war nicht mehr viel los, das Camping-Restaurant hatte schon geschlossen. Immerhin konnte ich mir zwei Dosen Bier kaufen und zum Frühstück Baguette und Croissant bestellen.
So begnügte ich mich am Abend mit etwas Roquefort, altem Baguette und dem Bier.
In der Ferne hörte man die ganze Nacht den LKW-Verkehr dröhnen. Aber mit Ohropax wurde es dann doch eine einigermaßen erholsame Nach für mich.
26.09.2018; Digoin – Saint-Jean-Saint-Maurice-sur-Loire
Meine bestellten Backwaren holte ich beim Platzwart ab, packte meine Sachen zusammen und fuhr zum Frühstück ans Ufer der Loire hinunter, da dort schon die Sonne schien.
Anschließend überquerte ich noch einmal auf der Kanalbrücke die Loire.
Hier verließ ich den EV6 wieder, um nun am Canal du Roanne entlangzufahren. So langsam wurde ich zum Experten für französische Kanäle.
Vom Kanal weg ging es dann hinüber zu einer alten Bahntrasse die schnurgerade durch den Wald führte. Das war ja jetzt fast noch spannender als der Kanal!
Bei Pouilly endet auf der Karte und bei Komoot die Bahntrasse, aber Sie scheint nun bis Roanne als Radweg fertiggestellt zu sein. Es war jedenfalls so ausgeschildert.
In Pouilly hatte ich mal wieder vergeblich auf ein nettes kleines Restaurant gehofft, bekam aber immerhin beim Bäcker ein Stück kalte Pizza.
Ich entschied mich für die geplante Route und fuhr hier wieder an den Canal du Roanne hinüber. Nach der eher öden Bahntrasse, dann doch lieber Kanalradeln. Hier war es dann sogar ganz hübsch und ich kam noch an einem sehr schönen romanischen Kirchlein vorbei.
In Roanne endete dann nun endlich die Kanalradelei. Bisher war ich ohne Karte gefahren und hatte nur bei Bedarf bei Komoot nachgeschaut. Viele Möglichkeiten sich zu verfahren gab es ja nicht.
Nun besorgte ich mir für die nächsten Streckenabschnitte die IGN Karten in 1:100.000. Ich finde diese Karten deutlich besser als die Michelin-Karten.
Ich radelte etwas durch die hübsche Altstadt und ließ mich in einem Café nieder. Hier wirkte es schon etwas südfranzösisch und mediterran.
Hinter Roanne genoss ich es durch die hügelige Landschaft zu fahren und kam am Nachmittag im wunderschönen kleinen Ort Saint-Jean-Saint-Maurice-sur-Loire an. Hier hatte ich mir eine Ferienwohnung gemietet. Der Ort liegt hoch oberhalb der Loire, die dort angestaut ist. Der Stausee hatte wegen der extremen Trockenheit einen sehr niedrigen Wasserstand.
Die Wonhung war ein ganzes Häuschen über zwei Geschosse. Ich hatte genug Platz um mein feuchtes Zelt zum Trocknen auszubreiten.
In der Nachbarschaft gab es ein hübsches Restaurant in dem ich am Abend sehr ordentlich gegessen habe. Leider war ich der einzige Gast.
Teil 2 folgt in Kürze.