Berge des Balkans 2 von Belgrad nach Istanbul – mit bergigen Schlenkern
knapp 3 Wochen ca 1700km, Höhenmeter ca 23 000 Ruhetage: 3
Reisende: ich (natash) und Micha (mgabri)
Räder: Reiseräder auf MTB-Basis ca 20 kg Gebäck pro Person + zusätzlich etwa 3-5 Liter Wasser pro Person. Die Räder wurden vorab von Schutzblechen und Licht befreit
Übernachtung: überwiegend im Zelt
Pannen:2 Platten (ich), 1 gebrochener Ständer(Micha), 1 gebrochener Sattel ( Micha)
2 gebrochene Lowrider (ich)
getrunkene Biere und Weine: einige, wegen der Hitze degustierten wir aber überwiegend Mineralwasser
Karten:Freytag und Bernd:für Serbien, Mazzedonien und Bulgarien. Taugt lediglich zur groben Orientierung.
Digital: : zahlreiche Topokarten der entsprechenden Regionen.
Die gefahrene Strecke bis Tekirdag in der Türkei (Istanbul wurde nicht mit aufgezeichnet und fehlt somit)findet sich
HIER Vorab:
“Schon wieder Balkan!” - war der verständnislose Kommentar von Freunden, Verwandten und Nachbarn. Auch in den bereisten Ländern konnte man in manchen Regionen kaum fassen, dass wir keinerlei Wurzeln in der Region besitzen und dort trotzdem Urlaub machen. Wir wurden gefragt warum wir eigentlich nicht in Griechenland am Meer tourten-da sei es schön, aber doch nicht hier....
Andere hingegen baten uns darum daheim zu erzählen, wie schön es im serbischen und bulgarischen Bergland sei und dass sich eine Reise dorthin durchaus lohne.
Das wollen wir hiermit tun: Die bergigen Landschaften der südöstlichen Balkanregion sind sehr vielfältig, einsam, wild, und atemberaubend schön!
Die Region vereint eine lebendige Mischung aus Mittel-Süd- und Osteuropa mit einem belebendem Schuss Orient, der zunimmt, je weiter man Richtung Süden vorrückt.
Diesmal waren wir zu einem Großteil der Tour in wirklich einsamen, überwiegend sehr gebirgigen Regionen unterwegs und kamen oft durch Orte und Regionen, die in keinem Reiseführer Erwähnung finden und die kaum ein Fremder je aufsucht.
Aus diesem Grund ging man oft selbstverständlich davon aus, dass wir aus der näheren Umgebung stammen müssten. Unsere geradebrechten Antworten sorgten fast immer für sanftes Erstaunen und große Heiterkeit. Und das, obwohl die dort lebenden Menschen sich unter Lebensbedingungen durchschlagen müssen,die, zumindest mit westeuropäischem Maßstab betrachtet, wahrlich nicht zum Lachen sind. Dennoch wurde uns fast überall mit freundlichem Interesse und oft mit großer Offenheit begegnet. Dass wir mit dem Fahrad und Zelt unterwegs sind, fand niemand verwunderlich, dass wir aus Deutschland kommen, hingegen schon.M anche haben uns unsere Geschichte nur zur Hälfte geglaubt, was sie jedoch nicht davon abhielt uns ein Bier oder einen Kaffee zu spendieren.
Wir hatten auf noch keiner von uns gefahrenen Tour dermaßen regenarmes und warmes Wetter. An den meisten Tagen strahlte die Sonne mit voller Kraft von einem wolkenarmen Himmel und trieb das Thermometer selbst in den höheren Lagen in schweißtreibende Höhen.
Ein Großteil des umgetauschten Geldes ging deshalb diesmal tatsächlich für Mineralwasser drauf.
die Regenjacken hingegen haben die tiefsten Innereien des Gepäcks nie verlassen.
Da diesmal das Befahren von Gebirgen auf teilweise unbefestigten Straßen, Wegen und Pfaden im Vordergrund stand, fiel die zurückgelegte Distanz deutlich geringer aus als bei manch anderer Tour. Es blieb also genug Zeit die durchquerten Gebirgszüge in vollen Zügen zu genießen
Wer an Bildle interessiert ist, findet diese
HIER Teil I Serbien
Route: Belgrad-Ub-Gori Milanovac-Cacak-Gorni Dubac-Ivanica- Pridvorica-Kloster Studenica-Usce-Josanicka Banja-Brus-Blace.-Belolin-Prokuplje-Zitorada-Dubovo-Bojnik-Lebane-Mirosevce-GolemoSelo-Vlace-Vranje-Babastancici-Kloster St. Prochor Pcinia-Pelince (MK)
Serbien ist nichts für Sammler berühmter Sehenwürdigkeiten. Außerhalb Belgrads scheint dieser interessante Landstrich für professionelle Reisberichterstatter aller Art nicht zu existieren.
Einen Vorgeschmack darauf gibt es bereits bei der Anreise, die wir mit einer bekannten Billigfluglinie vom Flughafen Stuttgart aus in Angriff nehmen.
Nachdem ich einige auf serbisch hervorgebrachte Fragen meiner Sitznachbarin mit eindeutigen Gesten kontern konnte, muss ich bei dem Versuch eines längeren Gesprächs passen.
“Sprechen Sie etwa NUR Deutsch?”verwundert sich die Dame- und nachdem ich bejaht habe: “Aber Sie sind schon Yugo?”. Ich schüttele den Kopf. “Aber zur Hälfte!” Ich verneine.”Wenigstens ein Viertel”! Nein - auch damit kann ich nicht dienen. Sie deutet triumphierend auf Micha: “Aber er!”. Nachdem geklärt ist, dass wir rein touristische Ziele verfolgen, ein Schock, der von unserer Mitreisenden erst einmal mit einem Rotwein-Cola verdaut werden muss,erfahren wir einiges über die serbischen Alltagsumstände und über die Schönheiten des Berglands. Prima, genau das wollen wir wissen!
Der erste Reisetag beginnt flach mit gewittriger Schwüle, die sich etliche Kilometer hinter der Stadt Ub, wo der Streckenverlauf hügeliger wird, in einem Gerwitter entlädt.
Beim Unterstellen werden wir ins Haus gewunken und verbringen die Dauer des Gewitters bei Kaffee und interessanten Gesprächen im Wohnzimmer einer serbischen Familie.
Die Dame des Hauses hält zwei schreiende Kleinkinder in Schach, während Sie in flüssigem Englisch über Ihre Liebe zur Kunst erzählt. Der Gatte wirft gelegentlich einen Satz auf serbisch ein, wir antworten in eine slawischem Sprachbrockengemisch und bevor der Rakia auf den Tisch kommt ist das Gewitter bereits weitergezogen.
Der nächste Tag führt uns bei feuchtwarmer Witterung- es fährt sich wie im Dampfbad-ins serbische Bergland, wo außer uns nur der Milchwagen unterwegs ist, der jede noch so kleine Milchkanne am Straßenrand einsammelt.
Erst nach einigen Kilometern und etlichen Stunden Fahrt kommen wir wieder in eine Stadt, (Cacak) wo wir unsere Vorräte aufstocken können.
Weiter geht es auf die Straße Richtung
Guca , einen Ort, der Freunden der Blasmusik sicherlich ein Begriff sein dürfte.
Vor Guca biegen wir jedoch auf eine einsame Piste ab, die hinter jeder Wegbiegung neue Ausblicke auf ein beeindruckendes Panorama offeriert.
Bei einer erfrischen Pause an einer Wasserstelle,die es erfreulichweise in ausreichender Anzahl gibt, hält ein entgegenkommender Pickup, auf dessen Ladefläche ein jämmerlich blökendes Schaf kauert. Die begleitenden Herren sind auf dem Weg zum Tierarzt und wollen genau wissen wer wir sind und wo wir hinwollen.
Die nächsten Stunden ist auf staubiger Route kein Mensch zu sehen, auch wenn qualmende Köhlerhütten auf die Anwesenheit solcher schließen lassen.
Danach geht es hinunter ins Flußtal der Moravica und wieder hinauf ins nächste Bergland.
Wasserstellen gibt es, die Temperaturen haben sich auf einem Bereich um die 30°C und höher eingependelt, genug. Wir machen regen Gebrauch von diesem Angebot, dass manchmal sogar Picknickstellen offeriert. Meist hängt ein Becher neben der Quelle, oft gibt es auch Seife und manchmal gar ein Handtuch.
In den meisten Fällen kommt jemand neugierig fragend vorbei und es entwickelt sich ein Gespräch nach dem Woher und Wohin, was uns nach mehreren Tagen der Wiederholung recht gut in gebrochenem Serbisch über die Lippen kommt.
Auf diese Art vergehen die nächsten Tage wie im Flug. Wir fahren auf einsamen Pisten und leeren Straßen von einer Bergkette in die nächste, wobei wir jeden denkbaren Straßenbelag unter die Räder nehmen. Dabei kommen wir auch durch mehrere Sauerkirschplantagen.
Sehr angenehm ist auch die Rast an Klöstern, die ruhigen Festungen gleich, an besonders schönen Stellen in der Landschaft trohnen und oft mit gepflegten Rastplätzen, Wasserstellen, sogar Toilettenanlagen aufwarten, ganz als würden große Pilgerhorden erwartet, die wir jedoch nirgendwo erspähen konnten.
Auch das Klosterinnere ist in der Regel sehenswert , größere Klöster verfügen über Gastehäuser, die gegen eine Geldspende Übernachtung, Kaffee und einfaches Essen offerieren.
Während die ersten Tage in Serbien sehr mitteleuropäisch anmuteten umso “südlicher” wird das Flair, das zunimmt je näher wir der mazedonischen Grenze kommen.
Die Orte werden bunter, chaotischer aber auch vermüllter, die Straßencafes werden voller, die Stimmung ausgelassener. Dass hier die letzten Wahlen noch nicht allzulange her sind, bezeugen die mit Wahlplakaten und Parolen zugepflasterten Städte und Dörfer.
In Westen und der Mitte Serbiens war das Finden einer geeigneten Zeltstelle zu Übernachtungszwecken oft gar nicht so einfach, weil jeder verfügbare Fetzen Land und sei er auch noch so steil, bewirtschaftet wurde. Hatten wir dann eine abgelegen geglaubte Stelle gefunden, die halbwegs eben war und Platz für ein Zelt bot, kam mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit jemand mit einer Kuh-Schaf- oder Ziegenherde vorbei.
Nach kurzem Geplänkel mit den üblichen Fragen, war unser Ansinnen hier Zelten zu dürfen, mit einer einer flüchtigen Handbewegung als problemlos abgewunken.
Einmal leistete uns der Hirtenhund sogar noch beim Zeltaufbau Gesellschaft und trottete erst von dannen, als wir Anstalten machten im Zeltinneren zu verschwinden.
Geraume Zeit fahren wir an der Grenze zum Kosovo entlang. Hier ist nicht nur eine sehenswerte Landschaft zu bestaunen, sondern es gibt auch auffällig viele Friedhöfe, die selbst in winzigen Orten eine beachtliche Größe aufweisen und fast immer in den serbischen Nationalfarben beflaggt sind., was auf der anderen Seite der jungen Grenze mit Sicherheit mit geänderten Fahnen ähnlich ist, obwohl hüben wie drüben sowohl Serben als auch Albaner zu Hause sind.
Auf spitzen Bergen ruhende Burgruinen zeugen von einer bewegten Vergangenheit der Region, der zu hoffen bleibt, dass sie vielleicht einmal eine gewisse Stabilität erlangt.
Zwischen Lebane, einer Stadt deren Charme dem flüchtigen Besucher verborgen bleibt und der lebendigen Stadt Vranje fahren wir, begleitet von den Klängen einer Blaskapelle, über unwegsame Forstwege bergan um tags drauf hinter dem Ort Vjucje, wo der gleichnamige Fluß (Vukjanska rieka) eine atembauebend schöne Schlucht geformt hat, eine ruhige serpentinenreiche Straße hochzufahren.
Leider befindet sich etliche Höhenmeter vor der Passhöhe die Straße in verschiednen Stadien der Auflösung, was zusammen mit der nicht unerheblichen Steigung so manchen Schweißtropfen erzeugt.
Hier treffen wir zwei französiche Motoradfahrer, die ersten anderen Touristen unserer Tour, deren Serbischkenntnisse jedoch auf eine gewisse Beziehung zu der Region schließen lassen.
Eine grandiose (asphaltierte) Abfahrt führt herunter nach Vranje, wo wir einen Großteil unserer serbischen Dinare in Euro zurücktauschen.
Nach Mazedonien fahren wir dann doch nicht die Hauptraße über Kumanovo nach Skopje, sondern wählen eine Nebenroute, die uns über eine steile Bergkette zum Kloster St. Prochor von Pcinia bringt.
Eine felsige Schlucht führt von dort nach Mazedonien, wo der gelangweilte Grenzbeamte mehr an unserer Route als an unserem Pass interessiert ist.
Mazedonien ist ein kleines Land mit großem Charme, deshalb widme ich ihm, auch wenn wir diesmal nur sehr kurz durchgefahren sind, ein eigenes Kapitel.
Teil II MazedonienPelince-Kriva Palanka-Kustendil(BG)
Im Bereich der Grenze ist kein Mensch zusehen, nur eine vorwitzige
Schildkröte mimt das Empfangskommitee.
Am Ufer eines Flusses legen wir eine Mittagsrast ein, bei der wie aus dem Nichts ein Hirte mit 4 Kühen,3 Ziegen und 5 Schafen auftaucht. Er schubst eine neugierige Kuh beiseite, deutet auf die vom Himmel brennende Sonne und meint “brutalnije”. Dem können wir nur zustimmen.
Beim weiteren Reiseverlauf gibt es nur noch spärlich schattenspendende Bäume, die Hitze flimmert und es riecht nach Thymian und Rosmarin.
Paralell zur E 871 (M2) nach Bulgarien ist noch die alte Straße in verschiedenen Stadien der Vernachlässigung vorhanden, die holpern wir zunächst entlang, bis wir feststellen, dass die Europastraße an diesem Samstagnachmittag vollkommen verwaist da liegt. Wir wechseln auf die bestens ausgebaute glatte Straße, auch mit dem Hintergedanken dabei vielleicht an einen Ort oder eine Raststelle zu gelangen, bei der wir kalte Getränke erwerben und und unser Geld in mazedonische Dinare tauschen können.
Es kommen jedoch keine Orte, deren Größe über die Ansammlung von vier Häusern hinausgeht, wir sind nahezu alleine in einer beeindruckenden, felsigen Berglandschaft.
Dann kommt endlich eine Art Rastätte, ein Buffet. Wir laben uns zunächst am dazugehörigen Brunnen, Micha fragt derweil die Bedienung, ob sie auch serbische Dinare oder Euro entgegen nimmt.
Bevor wir jedoch den Geldbeutel zücken können, werden wir von an einer Männergruppe an einen Tisch gewunken und kurz darauf steht ein kühles Bier vor uns.
Die sechs Herren kommen, wie wir in einem Gemisch aus Englisch und Russisch erfahren, gerade aus Skopje, wo sich zum Zwecke der Arbeit und Ausbildung wochentags offenbar ein Großteil der mazedonischen Bevölkerung aufhält und sind auf dem Weg in ihre Heimatdörfer.
Einer unserer Gastgeber, wir sind bereits bei den nächsten Bieren angelangt, hat seinen augenblicklichen Arbeitsplatz im russischen Sotschi, wo dringend Facharbeiter zur Errichtung von Hotelanlagen benötigt werden. Arbeitsplätze sind rar in Mazedonien und nicht besonders gut bezahlt. Meine eigenen Pendlerstrecken zur Arbeit erscheinen mir plötzlich als privilegierte Kurzstrecke, die Bedingungen als unschlagbar verlockend.
Neben uns hat sich derweil ein lustiges Grüppchen älterer Damen und Herren niedergelassen und fängt an zu singen, das halbe Lokal wippt mit.
Weil wir in den vollbesetzten Lada nicht mehr hineinpassen, versuchen uns unsere Gastgeber mit weiteren Bieren zu ködern, sollten wir weitere 40km in ihr Heimatdorf zurücklegen.
Ich habe jedoch bereits jetzt nach 2-3 Bieren eine gewaltige Schlagseite und wir beschließen uns einen schönen Zeltplatz in der näheren Umgebung zu suchen, wo wir schlafen wie die Könige.
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Auch Sonntags ist auf unserer Europastraße kaum Verkehr, wir fahren nahezu alleine auf einer aalglatten Straße in Richtung Grenzgebirge.
Erst in Kriva Palanka können wir Geld tauschen, einkaufen und an der Uferpromenade ein Frühstück einnehmen, wo deutsch sprechende Romakinder mit allerlei Kunststückchen auf ihren Kinderrädern um unsere Aufmerksamkeit buhlen.
Weil die Grenze nach Bulgarien auf einem Pass liegt, geht es zum Abschluss in angenehmen Serpentinen bergauf, wo wir in einem kleinem Laden ganz in Grenznähe die restlichen Dinare gegen kalte Getränke und Käse eintauschen. Im Laden sind mehrere Bulgaren damit beschäftigt mit Klebeband mehrere Zigaretten-Packungen an ihrem Oberkörper zu befestigen, eine Schmuggelmethode, die den Grenzbeamten gewiss vollkommen unbekannt sein dürfte.
Der Schmuggel lohnt sich indes: in Bulgarien kosten Zigaretten fast das 5-fache des Preises, der in Mazedonien entrichtet werden muss.
Wir selbst werden an der Grenze lediglich durchgewunken und verlassen mit ein wenig Wehmut dieses schöne, lebensfrohe Land und betreten wieder die Grenzen der EU.
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Teil III Bulgarien RilaRoute: ab Grenze MK - Kustendil - Nevestino - Boboschewo - Rila - Rila Kloster-Makedonia Hütte - Belitsa
Auf einer breiten vollkommen leeren Prachtstraße rollen wir bis Kustendil fast nur bergab. Im Gegensatz zu seinen Nachbarländern ist Bulgarien in dieser Region auffallend grün. Da wo vorher Felsen, vertrockenete Sträucher und Macchiagwächse vorherrschten, wächst nun Wald in Hülle und Fülle. Dass es hier auch relativ oft regnet, habe ich bereits bei vorherigen Aufenthalten in Bulgarien feststellen dürfen. Jetzt zeigt sich jedoch kein Wölkchen am Himmel.
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Kustendil ist eine sehr angenehme Stadt, die nach den vorherigen geradezu herausgeputzt wirkt.
Wir besichtigen die römischen Thermen, die, wie so oft bei Kulturgut in Bulgarien üblich, in einem schönen öffentlichen Park liegen und für jeden kostenlos zugänglich sind. Da wo woanders Kassenhäuschen, Andenkenbuden und fliegende Händler um den besichtigungsfreudigen Touristen buhlen, spazieren hier Großmütter mit Ihren Enkeln, händchenhaltende Paare und herausgeputzte ältere Damen und Herren herum. Große Tafeln informieren uns darüber, dass hier die am besten erhaltensten römischen Bäder Bulgariens stehen, was man angesichts der Anlage gerne glauben mag.
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Die modernen Bäder sind direkt nebenan und versprühen den Charme des späten Sozialismus. Es ist aber ohnehin viel zu heiß um sich in heißen Bädern zu suhlen.
Bald breiten sch die Höhenzüge des Rilagebirges majestätisch vor uns aus. Wir rollen jedoch erst einmal durch eine schöne, felsige Schlucht und widmen uns im dortigen glasklaren Fluss der Körperhygiene. Und weil es hier gerade so schön rastet, stellen wir dort auch unser Zelt auf.
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Auf dem Weg nach Rila fahren wir über weinbewachsene Hänge, durch urige Dörfer und an kleinen Weingütern vorbei.
Rila selbst ist ganz auf den Tourismus ausgerichtet: Zahlreiche Hotels bieten ihre Dienste an und erholungssuchende Wanderer in den unvermeidlichen karierten oder flecktarnfarbenen Freizeithosen, die hierzulande zur gängigenn Freizeituniform gehören, flanieren in den Straßen.
Wir fahren weiter Richtung Rila Kloster, hierbei geht es an schönen Felsformationen vorbei stetig bergauf.
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Gemeinsam mit einem französischen Reisebus erreichen wir das Rilakloster. Die lustigen Parkplatzwächter, die sich ihre Zeit mit einem Würfelspiel und einer kreisenden braunen Flasche vertreiben, passen gerne auf unsere bepackten Räder auf und wir können unbesorgt das Kloster besichtigen.
Das Kloster ist tatsächlich beeindruckend, das liegt nicht nur an den mit echtem Silber und Gold verzierten Ikonen, der reichhaltigen Zurschaustellung klerikaler Handswerkskunst und den bunten detaillierten Wandmalereien, sondern auch an der Lage. Das Kloster liegt inmitten hoch aufragender Berge und strahlt allem Touristenrummel zum Trotz eine gewisse Ruhe aus.
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Wir spazieren noch ein wenig in der Umgebung umher und machen uns dann an eine kurze Abfahrt um in den Forstweg abzubiegen an dem die Biwakstelle liegt.
Biwakstellen gibt es in Bulgarien an mehreren von Touristen frequentierten Orten. Es handelt sich um Wiesen oder Freiflächen an denen Picknicktische und Bänke sowie Mülltonnen aufgestellt sind. In der Regel gibt es auch eine Wasserstelle. Hier kann ganz legal frei und kostenlos gezeltet werden, Sanitäranlagen gibt es jedoch keine.
Die Stelle ist einladend, der Tag ist jedoch jung und wir haben gesehen, dass an der Straße noch eine Alm mit Übernachtungsmöglichkeit liegen muss.
Die haben wir dann nach mehreren Kilometern übelem Geholper über faustgroße Steine auch erreicht und erhalten, nachdem wir uns mit unserem vereinten Wortschatz slavischer Sprachkenntnisse und wildem Gefuchtel verständlich machen können, ein schönes , komfortabeles Zimmer zu einem sehr angenehmen Preis.
Hier machen auch zwei bulgarische Familien Urlaub, die in der bestens ausgestatteten Gemeinschaftsküche allerlei Köstlichkeiten zaubern. Sogar das Brot wird selbst gebacken.
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Unser Weg zur Makedonia Hütte führt über einen 2200 m hohen Grat und ist ein Wanderweg, den wir wegen seiner gemäßigten Steigung, die wir unserer bulgarischen Wanderkarte entnehmen können, trotzdem hoffen mit bepackten Rädern meistern zu können.
Zunächst einmal ist unser Weg jedoch durch umgefallende Bäume und hineinwachsenes Gestrüpp versperrt, so dass wir nach gut einer Stunde Schwerstarbeit überlegen wieder umzukehren.
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Weil dann aber wieder ein sogar fahrbarer Abschnitt kommt, beschließen wir weiter zu fahren.
Das geht jedoch nur solange,bis unser Weg wieder zugewachsen oder durch weitere Baumstämme blockiert ist - immerhin ist die Markierung ausgezeichnet.
Die Wegführung geht entlang eines Baches, der munter durch Wald und Felsen sprudelt. Das ist nicht nur sehr pittoresk, sondern hat auch den Nachteil, dass der Bach, der durch die Schneeschmelze enorm an Volumen gewonnen hat, sich an manchen Stellen auf unseren Wanderweg ergießt.
Wer schon einmal ein vollbepacktes Rad durch einen Bach über glitschige Steine steil bergauf gewuchtet hat, der weiß, was er getan hat. Stellenweise müssen wir zu zweit jeweils ein Rad hochschieben, gelangen aber in den höheren Lagen wieder an Stellen, an denen man fahren kann. Die Landschaft ist übrigens unbeschreiblich schön, die Sumpfdotterblumen blühen, Schnetterlinge flattern um uns herum und ein blauer Himmel erstrahlt über einer beeindruckenden Berglandschaft. Über soviel Schönheit vergesse ich doch glatt meine nassen Füße
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Nach dem Pass geht es zur Hütte ersteinmal wieder bergab und dann können wir die Hütte schon sehen - 2 Stunden lang übrigens.
Die Schneeschmelze hat hier matschige Riefen im Weg hinterlassen, es ist unmöglich hier ein vollbepacktes Fahrrad hochzuschieben.
Ich versuche einen kurzen Abstecher über die Grasmatten links des Wegs, aber auch hier muss ich die Taschen abnehmen.
Bei dem Versuch den Bach zu queren fällt übrigens eine meiner Taschen hinein und ich muss mich beeilen um sie wieder herauszufischen. Bei der Gelegenheit stelle ich fest, dass an der Wasserdichtigkeit tatsächlich nichts auszusetzen ist.
Letztendlich tragen wir die Vordertaschen vor und zerren dann jeweils zu zweit ein Fahrrad mit dem Hinterradgepäck nach und gelangen so nach endlos lang erscheinender Zeit endlich zur Hütte.
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Der Hüttenwirt tut so, als käme hier ständig ein vollbepackter Reiseradler vorbei und will nur wissen, ob wir eine Gemüsesuppe essen wollen.
Wir plaudern noch ein wenig mit den anwesenden Wanderern, die aus Sofia stammen und wissen wollen, ob unsere Strecke mit dem Rad allzu schwierig gewesen wäre. Jetzt nachdem wir wohlbehalten oben angekommen sind, sehen wir die Strecke natürlich in einem anderen Licht: Alles halb so wild!
Wir nehmen die flachere Abstiegsvariante Richtung Samokov, von der wir vom Wirt erfahren haben.
Die ist nach der Durchquerung eines steilen Schnee- und Schotterfelds tatsächlich fahrbar und führt durch blühenden Ginster und mit schönen Ausblicken bergab.
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Hierbei verabschiedet sich mein rechter Lowrider mit einem vernehmlichen Knacken und bricht an der selben Stelle, an der schon sein linkes Pendant in Serbien den Dienst quittiert hat.
In Belitsa angekommen, ein Ort den den Höhepunkt seine Zeit offenbar schon einige Jahre hinter sich hat, suchen wir ersteinmal einen Lebensmittelladen auf, der wie hier üblich, mit schönen Bänken vorm Eingang zum Verzehr des Gekauften einlädt.
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Weil Bänke und Laden vollkommen verlassen sind, wollen wir uns hier einen leckeren Joghurt ein ein Bier genehmigen und dann weiterfahren um nach einer Zeltstelle Ausschau zu halten.
Im Laden wird es plötzlich voll. Als ich bezahlen möchte, streckt sich ein kleines bebrilltes Mädchen mit langen brauen Zöpfen unter meinen Armen zu mir empor und starrt mit erfurchtsvollem Erstaunen in mein Gesicht. Fremde scheinen hier wahrlich nicht oft durchzukommen.
Kaum haben wir den Laden verlassen, finden wir die Bänke belegt und uns im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses.
Weil wir deratiges in Bulgarien noch nie erlebt haben, ergreifen wir postwendend die Flucht und schlagen auf einer Wiese am Fluß unter alten Obstbäumen unser Zelt auf, was nur von einer Kuh am anderen Flußufer zur Kenntnis genommen wird.
RhodopenBelitsa-Goce Delcev-Dospat-Borino-Shiroka Laka-Smoljan-Ardindo-Kardzhali
Kaum haben wir das eine Gebirge verlassen, türmt sich auch schon das nächste vor uns auf – schneebedeckte Gipfel des Pirin Gebirges locken in der Ferne.
Wir lassen das Pirin jedoch rechts liegen und wenden uns Richtung Rhodopen. Bis Goce Delcev geht es in einem schönen, felsigen Flußtal beständig leicht bergab.
Die Stadt selbst hat sich in den letzten Jahren stark verändert – überall sind nagelneue Einrichtungshäuser, Kaufhausketten und Küchenstudios entlang der Straße wie Pilze aus dem Boden geschossen, neue Hotels und Restaurants werben um Kunden und das überwiegend auf griechisch. Neue Grenzübergänge haben die Grenze zu Griechenland durchlässiger gemacht und auch die deutlich niedrigeren bulgarischen Preise scheinen viele Besucher aus dem südlichen Nachbarland hierher zu locken.
Uns steht jedoch der Sinn weniger nach dem Kauf einer Mamorplatte für unsere Einbauküche, auch wenn sie hier sicherlich zum Sonderpreis zu haben ist, sondern uns zieht es auf die Straße in Richtung Dospat. Und weil der Ort auf über 1300m Höhe liegt, geht es nun wieder beständig bergauf.
Rechts und links der Straße beweisen junge Männer, dass man im heutigen Europa mit Steineklopfen noch immer Geld verdienen kann. Goldgelbe Steinplatten hauen sie aus den hiesigen Felsen und bieten sie am Straßenrand für alle stolzen Eigenheimbesitzer zum Kauf an. Bei der Hitze ist das eine schweißtreibende Sache und viele haben sich dazu entschieden lieber im Schatten sitzend zu pausieren.
Erfreulicherweise gibt es unzählige sehr schön eingefasste Quellen am Straßenrand, oft mit dazugehöriger überdachter Picknikstelle, Grillplatz und Holzofen.
Dospat ist ein überwiegend muslimischer Ort mit ,trotz seiner wunderbaren Lage an einem prächtigen Stausee, nur sehr eingeschränkten touristischen Ambitionen. Hier in den Rhodopen lebt, oft recht zurückgezogen, die Volksgruppe der Pomaken. Das sind Bulgaren, die während der osmanischen Besatzungszeit zum Islam konvertiert sind.
Die bescheidenen Strandanlagen am See liegen vollkommen verlassen da, nur gelegentlich kommt ein Liebespärchen vorbei, um vor romantischer Kulisse auf einer strategisch günstig aufgestellten Bank zu sitzen.
Die Rhodopen sind ein sehr waldreiches Gebirge und weil es sehr warm ist, hängt der harzige Geruch von Nadelbäumen in der Luft.
Die Straßen winden sich beschaulich auf und ab, viele Orte kleben am Hang der Berge und das in den Dorfläden erhältliche Sortiment wird immer spärlicher, je weiter wir Richtung Nordosten fahren.
Schmale felsige Schluchten gibt es hier, sehr schöne alte Orte und Bären - wie die Schilder am Straßenrand mitteilen, inklusive einer Anleitung, wie man sich im Falle des Falles zu verhalten hat, allerdings auf Bulgarisch. Es läßt sich jedoch kein Bär blicken, dafür aber allerlei Echsen, Schmetterlinge, Libellen und eine gelegentliche Schlange.
Bei Pamporovo kreuzen wir eins der größten Skigebiete der Region und dann geht es nach einem stark 1700 m hohen Paß bis Smoljan nur noch bergab.
Smoljan ist eine schön gelegene, attraktive Stadt, die sich von einem Flußtal aus bis auf die Gebirgshänge hinaus ausbreitet. Wir verlassen den Ort einmal wieder durch eine felsige Schlucht und Micha teilt mir kurz darauf mit, dass wir nun in flachere Gebiete kämen.
Weil ich um mich herum nur Berge sehe, räumt er ein, dass die Berge jetzt niedriger würden, sie seien nun nur noch um die 1500m hoch.
Die niedrigeren Höhen werden durch eine steilere Straßenführung ausgeglichen und als wir nach Kardzhali abfahren trifft uns die Hitze der tieferen Lagen wie ein Heißluftofen.
Kardzhali liegt an einem sensationell schönen, tiefblauen Stausee. Und weil hier eine überwiegend türkischstämmige Bevölkerung zu Hause ist, sucht man vergeblich eine öffentliche Badestelle, die bei der Hitze eine wahre Wohltat gewesen wäre.
Statt dessen steuern wir das nächste Straßenkaffe an, wo wir ein kaltes Bier genießen.
Bald werden wir von den Herren des Nachbartischs zu weiteren Bieren geladen und führen, wie so oft, in einem Gemisch aus Russisch und Englisch eine angeregte Unterhaltung.
Die Männer können gar nicht glauben, dass wir hier in der Gegend herumradeln wollen, sie empfehlen uns einen Abstecher nach Griechenland an die Küste- da sei es viel schöner als hier.
Der Wirt gibt uns zum Abschied, wir werden winkend von der gesammelten Kneipenrunde verabschiedet, noch eine eisgekülte Flasche Mineralwasser mit und wir verlassen nach kurzer Stadtbesichtgung diesen schönen Ort, dessen vertrocknete Vegetation von interessanten Felsformationen geschmückt wird. Später kommen wird durch kleine Dörfer, die in grüne Hügel gebettet ein abgeschiedenes Dasein fristen.
Ans Meer, ans Meer:SchwarzmeerregionKardzhali-Harmanli-Topolovgrad-Elhovo-Boljarovo-Sredez- Prisad- Marinka-Burgas- Tschernomorjez-Sozopol-Rosen-Jansnaja Poljana-Malko Tarnovo
Die aktuellen Temperaturen befeuern den Wunsch baden zu gehen enorm. Wir überlegen also einen Abstecher ans Meer einzulegen- nur welches?
Zur Wahl steht eine Spritztour an die griechische Küste sowie eine an das schwarze Meer.
Wir entscheiden uns nach kurzer Debatte für letzeres- immerhin waren wir dort beide noch nie.
Wir wenden uns also Richtung Nordosten, wo wir durch eine ausgetrocknete Hügellandschaft kommen, in der sich Schildkröte und Eidechse, Sonnenblumen- und Maisfelder gute Nacht sagen. Die Orte werden ebenso spärlicher wie das Waldaufkommen. Erfrischung bringt nur der recht kräftige Gegenwind, hier gibt es nämlich auch kaum mehr Brunnen.
Weil es hier aber vergleichweise eben, die Straße gut ausgebaut und der Verkehr eher bescheiden ist, kommen wir sehr zügig voran.
In Harmanli, in dessen schönem Stadtpark sich ein Freibad mit angeschlossenenm Campingplatz befindet, erstehen wir eine Badehose, bei Topolovgrad genießen wir an unserer Zeltstelle mitten im Weinberg einen süffigen einheimischen Tropfen und kurz darauf sind wir bereits in den Aussenbezirken Burgas.
Kurz vorher hatten wir uns noch an einer Autoraststätte in der Gesellschaft zwei russischer Herren, die sich lautstark darüber beschweren, dass es keine russische Speisekarte gibt, verpflegt. Als dann ein griechischer Reisebus einfällt, sitzen wir wieder auf den Rädern.
Und kurven, um dem nun stark anschwellenden Verkehr aus dem Weg zu gehen, durch ein heruntergekommenes Industriegebiet. Ausser einem aus dem Fenster eines halbverfallenen Plattenbaus hängenden jungen Mann, der verzweifelt versucht von der benachbarten Straßenlaterne Strom abzuzapfen, ist hier kein Mensch zu sehen.
Kurzzeitig gelangen wir auf die Straße nach Sozopol, die jedoch zu einer vierspurigen Autostraße ausgebaut wurde. Der bulgarische Verkehr, den wir bisher als relativ zurückhaltend erlebt haben, tost hier in ungewohnten Geschwindigkeiten und wir flüchten an der nächsten Ausfahrt.
Später holpern wir über den zweifelhaften Belag einer kleinen Straße durch angenehme Steineichenwälder und erreichen nach einigem auf und ab einen Strand, wo ein ehemaliges Ausflugsschiff mit allerlei anderem Metall um die Wette rostet.
Parallell zur Schnellstraße existieren noch Reste der ehemaligen Straße in verschieden Stadien der Auflösung, die kämpfen wir mühevoll voran, bis diese besser wird. Richtung Wasser sind nun mehrere Zelter im Wald zu sehen, auch etliche Radfahrer sind hier unterwegs.
Zwischen Tschernomorjez und Sozopol finden wir zwischen neu gebauten Luxusappartments und heruntergekommenen ehemaligen Ferienanlagen einen Campingplatz, der den Charme ex-sozialistischer Freizeiteinrichtungen mit einem Hauch “Waikiki-Beach” kombiniert. Hier mieten wir für wenig Geld eine in die Jahre gekommene Holzhütte und verbringen dann einen ganzen Tag am Strand, was mir einen Fünf-Sterne-Sonnenbrand am Bauch einbringt.
Weil wir hier weit und breit die einzigen Ausländer sind, bekommen wir nach dem zweiten Aufenthalt im gleichen Strandrestaurant stolz eine tschechische Karte präsentiert
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Tags drauf geht es dann wieder ins hügelige Hinterland. In Jansnaja Poljana sind allerlei geschnitzte Kunstwerke zu bewundern, auch viele mit Jungvögeln bestückte Storchennester gibt es.
In Malko Tarnovo bemühen wir uns, die letzten Leva in Getränke und Lebensmittel anzulegen, was angesichts leerer Regalbretter in etlichen Läden gar nicht so einfach ist. Dann begeben wir uns zur türkischen Grenze, an der die Grenzer damit beschäftigt sind einen türkischen Reisebus in alle Einzelteile zu zerlegen.
Wir werden von dem bulgarischen Grenzbeamten nur kurz auf russisch zu unseren ausgeführten Waren befragt und dürfen uns dann im türkischen Zollgebäude unseren Einreisestempel abholen.
AUF ZUM LETZTEN TEIL GEHTS HIERTürkei -ThrakienKirkarelli-Terkirdag-> Istanbul
Die Türkei empfängt uns mit einer dreispurig ausgebauten Prachtstraße und einer ausladenenden Nationalfahne, hinter der das bulgarische Pendant kaum auszumachen ist.
Die Straße haben wir nahezu für uns alleine. Bergauf- hier hält man von gefällausgleichendem Straßenbau rein gar nichts, weswegen man jedes Hügelchen komplett ausfahren muss- liefere ich mir ein spannendes Kopf-an - Kopf-Rennen mit einem Pferdefuhrwerk.
Der Fahrer ist ein guter Verlierer und schenkt mir ein großzügiges Winken und ein freundliches Lächeln. Ansonsten läßt sich kaum ein Fahrzeug blicken, wobei sich jedoch jedes einzelne dazu berufen fühlt, grüßend zu hupen.
Wir kommen, die Landschaft ist hat nur noch leichte Wellen, sehr zügig voran und erreichen in den frühen Abendstunden die Stadt Kirkarelli.
Wenn man aus den abgeschiedenen ländlichen Gebieten Bulgariens kommt, ist das fast ein Kulturschock, ganz als käme man aus einer Gegend des Mangels in eine des Überflusses.
Überall werden verführerisch drapierte Waren aller Art ausgestellt, nahezu alles scheint käuflich erhältlich- nur eine Türkeikarte findet sich nicht.
Wir bummeln ein wenig durch die abendliche Stadt , die einen recht ansehnlichen Altstadtkern hat und genießen das Getümmel, bevor wir uns in unsere Unterkunft zurück begeben.
Anderentags treffen wir eine Gruppe Reiseradler aus Bremen, die über den Donauradweg ab Passau und das schwarze Meer hierher gelangt sind und ebenso wie wir Istanbul zum Ziel haben.
Wir radeln ein Stück des Wegs gemeinsam, was eine sehr unterhaltsame Angelegenheit ist, auch weil zwei der drei über türkische Sprachkenntnisse verfügen.
Gegen Mittag müssen wir uns jedoch trennen, weil wir deutlich weniger Zeit zur Anreise zur Verfügung haben als unsere Begleiter und deshalb planen am Abend Tekirdag anzusteuern Von dort hoffen wir eine Fähre nach Istanbul zu erreichen.
Die Landschaft besteht nun im wesentlichen aus Weizen und Sonnenblumenfeldern, wir passieren etliche Militärstützpunkte.
Kurz vor Tekirdag wird der Verkehr dichter. Da ist es ungünstig, dass nun das Gestell von Michas Sattel bricht. Der einzig auftreibbare Ersatz besteht aus einem silberfarbenem Kindersattel, der mit Herzchen in Rosa und Gelb geschmückt ist. Der ist zwar nicht sehr bequem, erfüllt aber immerhin seinen Zweck bis zum Ende der Reise.
Tekirdag ist eine lebhafte Hafenstadt, jedoch brauchen wir mangels Aushangplänen und einer geöffneten Information ein Weilchen, um herauszufinden wo und wann die Fähren dort verkehren. Nach Istanbul fahren sie aber leider nicht.
Und weil uns eine Tagesreise über vollgestopfte Straßen durch Wohnsilos und Einkaufszentren wenig reizvoll erscheint, besteigen wir einen Reisebus.
Der bringt uns zum Istanbuler Busbahnhof, der schon alleine durch seine Größe beeindruckt.
Der Busfahrer beschützt seine Passagiere beim Ausladen davor überfahren zu werden und danach darf man sich selbstständig durchs Gewühl kämpfen. Uns werden Busreisen nach Bulgarien, Rumänien, Aserbaidjan und Turkmenistan angeboten, während wir versuchen auf die Straße ins Stadtzentrum zu kommen.
Das haben wir nach etwa 2 stündiger Fahrt auch endlich erreicht. Der Verkehr ist harmloser als man denken mag, der größte Teil der Verkehrsregeln wird tatsächlich beachtet. Das habe ich anders in Erinnerung und bin wohltuend übberrascht. Ein einheimischer Rennradler fotografiert uns beim Überholen und wünscht uns viel Glück. Überhaupt sind hier überraschend viele Radfahrer unterwegs, die meisten grüßen freundlich winkend.
Wir suchen uns ein preisgünstiges Hotel in einem Handwerkerviertel in Akseray und begeben uns auf Besichtigungstour – und zwar zu Fuß.
Für die Heimreise müssen wir dann auf die asiatische Seite wechseln, was wir mit einer Fähre bis Kadikö erledigen.
Bis Pendik gibt es tatsächlich einen Radweg an der Strandpromenade - und hier ist allerhand los, es wird geradelt, gepicknikt und posiert was das Zeug hält.
Ab Pendik geht es dann über einen verkehrsgeschwängerten Hügel durch die Viertel der Besserverdienenden zum Flughafen, von wo wir den Rückflug Richtung Heimat antreten.
Insgesamt:
Hat uns diese Reise sehr viel Spaß gemacht. Dazu hat natürlich auch das wunderbare sonnige und heiße Wetter beigetragen. Bei kaltem Regenwetter wären viele der Pistenfahrten in Serbien und Bulgarien gar nicht ohne weiteres machbar gewesen und wir wären eher eine andere Strecke gefahren.
Da wir nicht das erste Mal in der Region unterwegs sind, wissen wir, dass gerade im Bergland durchgängig gutes Wetter keine Selbstverständlichkeit ist. Wir hatten also enormes Glück.
Landschaftlich waren vor allem die verschiedenen Gebirgsregionen besonders reizvoll und auch sehr unterschiedlich.
Von mitteleuropäisch anmutenden Hügeln, über spitze burgbewehrte Berggipfel und sensationell schöne und wilde Schluchten in Serbien, trockene Berghänge und violett schimmernde Felsen in Mazedonien, Hochgebirgslandschaften im Rila, mediterane, dicht bewaldete Bergkuppen und felsenreiche Flußtäler in den Rhodopen, bizarre Gesteinsformationen rund um Kardzhali bis hin zu den Steineichenwäldern in der Schwarzmeerregion, war vieles zu bewundern. Gerade Bulgarien zeigte hier eine enorme Vielfalt. Lediglich der türkische Teil der Route punktete eher mit kulturellen Qualitäten.
Wir sind unterwegs überall sehr freundlichen und aufgeschlosssenen Menschen begegnet und haben von Ihnen einiges über den Alltag der jeweiligen Regionen erfahren.
Oft entpuppte sich erst auf den zweiten Blick, dass sich hinter dem Gewand des Landarbeiters oder Kneipenwirts oft ein gebildeter, kluger Kopf verbirgt, die grimmig blickende Bäurin eine heitere Frau ist, wenn man sie nur anspricht und ein die Hand aufhaltender Zöllner kein Schmiergeld erwartet sondern die Straßenkarte zu sehen wünscht, um sich die Reiseroute zeigen zu lassen.
Die Balkanländer befinden sich ich einem rasanten Wandel, in dem sich die von uns bereisten Länder immer stärker an die EU-dominierenden Länder angleichen. Das war besonders im Norden Serbiens, im Westen Bulgariens und in der West-Türkei zu merken.
Die Behauptung, man fände in der Türkei immer einen der Deutsch spricht, kann ich übrigens nicht bestätigen. Russisch sprechende Personen waren dort deutlich häufiger anzutreffen. Ich würde mir für eine eventuell projektierte Türkeireise deshalb lieber eine Grundlage türkischer Sprachkenntnisse aneignen.
Der Bericht ist nun also wirklich endlich am Ende
Fragen und Anmerkungen sind erwünscht
Gruß Nat