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#1160091 - 23.09.15 22:33 île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika
Tom72
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Beiträge: 707
Dauer:
Zeitraum:
Entfernung:1200 Kilometer
Bereiste Länder:frFrankreich



Prolog

Dieser Reisebericht vereinigt eigentlich zwei Berichte. Das liegt daran, dass ich letztes Jahr (2014) eine Korsika-Tour geplant hatte, mit Start in Lyon, einem Auftakt auf dem französischen Festland (oder, wie der Korse sagt, „sur le Continent“), und anschließend knapp zwei Wochen auf der „île de Beauté“. Nach wenigen Tagen auf Korsika ereilte mich allerdings ein ebenso heftiger wie überflüssiger Sturz, mit Ellenbogenbruch, so dass ich operiert werden und mehrere Tage im Krankenhaus in Ajaccio verbringen musste und die Planungen für die verbleibende knappe Woche somit ärgerlicherweise Makulatur waren. Ein knappes Jahr später, im Juli dieses Jahres, habe ich dann die Radreise auf Korsika so, wie ich sie letztes Jahr geplant hatte, zu Ende geführt. Ich stelle die aufgrund dieses unglücklichen Zwischenfalls in zwei Teile „zerfallene“ Tour daher trotzdem in einem Bericht dar. In der Titelzeile „Zeitraum:“ muss es daher heißen (dort nicht darstellbar):

30.08. bis 20.09.2014 und 04.07. bis 19.07.2015.

Nachdem ich vor anderthalb Jahrzehnten bereits zwei Wochen auf der Insel verbracht hatte (damals mit dem Auto) und sehr begeistert war und außerdem Frankreich auf zahlreichen Radtouren als optimales Radreiserevier schätzen gelernt hatte, stand der Entschluss fest, Korsika nun auch einmal zu beradeln (angeregt auch durch Berichte hier im Forum). Als Vorspiel wollte ich mich zunächst auf dem Festland durch Südostfrankreich zur Mittelmeerküste und zur Fähre ab Nizza „vorarbeiten“ und bei der Gelegenheit auch den einen oder anderen Pass der Route des Grandes Alpes in Angriff nehmen. Als Startpunkt bot sich deshalb Lyon an aufgrund seiner guten Erreichbarkeit dank der vor wenigen Jahren eingerichteten TGV-Direktverbindung von Frankfurt. Von Lyon aus hatte ich bereits zwei Jahre zuvor eine Radreise gestartet (siehe hier). Auf Korsika habe ich mich bewusst auf den mir teilweise bereits bekannten Nordteil beschränkt. Ich habe mir (ohne mich im Vorfeld im Detail festzulegen) eine Kombination aus landschaftlich reizvollen Küstenstraßen und dem Hochgebirge im Inselinneren zusammengestellt.

Übernachten wollte ich so oft wie möglich auf Campingplätzen, die ja in Frankreich reichlich vorhanden sind. Von zu Hause aus gebucht habe ich nur einen Platz in der Jugendherberge in Lyon für den ersten Abend, in der ich schon zuvor auf zwei Radreisen übernachtet habe. Außerdem habe ich per Internet das Fährticket für die Hinfahrt von Nizza nach L’Île-Rousse gebucht. Damit war ich allerdings insofern festgelegt, als ich von Lyon aus in acht Fahrtagen Nizza erreichen musste.

Für die Planung und die Navigation vor Ort habe ich Michelin-Karten im Maßstab 1:200 000 verwendet. Außerdem hatte ich den Reiseführer „Korsika“ aus dem Michael Müller Verlag dabei. Im Übrigen hat mir die Beherrschung der französischen Sprache gute Dienste geleistet, ganz besonders natürlich während meines Krankenhausaufenthalts.

Da Korsika auch ein herrliches Wanderrevier ist, habe ich auch das extra Gewicht und entsprechend bis zur Kapazitätsgrenze beladene Packtaschen in Kauf genommen und meine Wanderschuhe eingepackt, um den einen oder anderen Tag statt im Sattel auf Schusters Rappen die Insel zu erkunden.

1. Tag (30.08.2014), Zugfahrt Dresden-Lyon

Da ich bereits zwei Jahre zuvor eine Radreise von Lyon aus gestartet habe (Richtung Westen nach Nordspanien) und die Anreise diesmal im Wesentlichen genauso verlaufen ist, verwende ich den Text für den Anreisetag aus meinem entsprechenden Bericht (mit neuen Bildern) hier der Einfachheit halber noch einmal:

Heute geht es zunächst mit dem ICE von Dresden nach Frankfurt und von dort mit dem TGV nach Lyon. Die im Dezember 2011 eingeführte TGV-Verbindung von Frankfurt nach Marseille verläuft nicht über Paris, was weniger von der dadurch erzielten etwas geringeren Fahrzeit, als vielmehr deswegen interessant ist, weil der, gerade mit verpacktem Rad, zwar machbare, aber sehr umständliche Umstieg in Paris von einem Bahnhof zum anderen, quer durch die Innenstadt, vermieden wird. Und verpacken muss ich das Rad, da dieser TGV mit seinen Doppelstockwagen (TGV Duplex) nicht zu den wenigen TGVs mit Fahrradmitnahme zählt, und im ICE gibt es ja generell keine Radmitnahme. Die Methode „teildemontiert und im Fahrradsack verpackt“ habe ich aber schon zahlreiche Male in deutschen und französischen Hochgeschwindigkeitszügen praktiziert, so dass es inzwischen Routine ist. Gerade in den zwischen Dresden und Frankfurt eingesetzten ICE-Zügen (ICE-T) ist genug Platz für das verpackte Rad:



Abfahrt um 20 nach 8 in Dresden, in Frankfurt Hbf habe ich eine komfortable Umsteigezeit von über einer Stunde. Um 14 Uhr fährt der tägliche TGV Richtung Marseille. In den TGV-Duplex-Zügen gibt es im Oberdeck geräumige Gepäckregale, wo mein Fahrrad-Paket liegend hineinpasst (auf dem Bild schlecht zu erkennen):



Die Fahrt geht über Mannheim, Karlsruhe, Straßburg, Mulhouse, Belfort-Montbéliard TGV, Besançon Franche-Comté TGV und Chalon sur Saône. Die TGV-Verbindung Frankfurt-Marseille ist zeitgleich mit der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke vom Südelsass durch die Franche-Comté (LGV Rhin-Rhône) eingerichtet worden (Ende 2011); auf diesem Streckenabschnitt erreicht der Zug ausweislich der Anzeige in den Wagen zeitweilig eine Geschwindigkeit von knapp 320 km/h (auf dem Bild nicht ganz erreicht).



Die Bahnhöfe an der Hochgeschwindigkeitsstrecke, Belfort-Montbéliard TGV und Besançon Franche-Comté TGV, liegen, wie in Frankreich bei Neubaustrecken üblich, weit außerhalb der Städte, deren Namen sie tragen.

Die Verpflegung im französischen Bordbistro ist leider so enttäuschend, wie sie teuer ist. Aber da ich schon etliche TGV-Reisen erlebt habe, bin ich bereits daran gewöhnt.
Kurz vor 20 Uhr steige ich am Bahnhof Lyon Part-Dieu aus,









baue das Rad auf und fahre durch die Innenstadt, über die Rhône und die Saône Richtung Westen und finde aus der Erinnerung ziemlich schnell die schön am Hang oberhalb der Saône gelegene Jugendherberge, wo ich bereits einige Jahre zuvor, auf meiner ersten Frankreich-Tour (Freiburg-Marseille) und vor zwei Jahren zum Auftakt einer Tour Richtung Nordspanien übernachtet habe und zu der eine extrem steile Straße hinaufführt.

Ich habe reserviert, ich bekomme ein Bett in einem Vierbett-Zimmer. Die Jugendherberge ist gut ausgelastet. Eigentlich wollte mich ich noch ein wenig in der Stadt umsehen und dort zu Abend essen, aber da es nun schon nach neun ist und die Jugendherberge über eine Bar verfügt, die auch einfache warme Snacks anbietet, bleibe ich hier oben und genieße auf der Terrasse den grandiosen Blick über Lyon.

2. Tag (31.08.2014), Lyon-Vienne

Strecke: 42 km

Fahrzeit: 2 Std. 25 min

Höhenmeter: 250


Da ich ja zwei Jahre zuvor bereits in Lyon eine Tour gestartet habe, damals nach Nordspanien, verweise ich ergänzend zu meiner nun folgenden Stadtbesichtigung auch auf die Bilder und den Text zu Lyon in meinem disebezüglichen Bericht "Lyon-Kantabrien".

Von der Jugendherberge aus bietet sich ein fantastischer Blick auf Lyon. Die Innenstadt liegt auf einer Landzunge zwischen den etwas südlich der Innenstadt zusammenfließenden Flüssen Saône (im Vordergrund zu erkennen) und Rhône.



Ich will heute erst gegen frühen Nachmittag aufbrechen, um mich in der mir ja schon von zwei vergangenen Radreisen etwas vertrauten Stadt umzusehen, zunächst zu Fuß.
Ich steige von der hoch über dem Saône-Ufer gelegenen Jugendherberge hinunter in die Stadt und fahre mit der Standseilbahn wieder den Hang hinauf zur die Stadt überragenden Basilika Notre-Dame de Fourvière.





Imposant, vor allem auch die Innenausstattung, aber irgendwie auch etwas kitschig… Die Basilika verdankt ihre Entstehung der gleichen patriotischen, aber gleichzeitig anti-republikanischen und anti-säkularen Motivation wie die etwa zeitgleich, um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert, entstandene Sacré-Coeur in Paris.







Die Metro wird fahrerlos betrieben, daher hat man, wenn man ganz vorne sitzt, während der Fahrt freien Blick auf die Strecke.



Noch einmal ein Blick auf Notre-Dame

[

Nun hole ich Rad und Gepäck in der Jugendherberge ab und starte die erste Etappe.







Der Brunnen auf dem Platz vor dem Rathaus ist wohl eine Allegorie auf die beiden Flüsse der Stadt, Saône und Rhône.





Dieses Haus ist mir schon bei meinem letzten Lyon-Aufenthalt aufgefallen. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass die Fenster, Balkone und Bewohner auf der schmalen Seite nur aufgemalt sind.





Das gleiche auf der Rückseite. Die Hauswand ist in Wahrheit vollständig fensterlos und glatt verputzt. Dargestellt sind bedeutende Lyoner aus Geschichte und Gegenwart. Die Illusion ist verblüffend.



Ohne mit der Lyoner Prominenz vertraut zu sein, erkenne ich immerhin die Brüder Lumière (oben rechts),



Paul Bocuse



und Antoine de Saint-Exupéry mit seinem Kleinen Prinzen.





Nun geht es endgültig Richtung Süden. Der Plan sieht vor, der Rhône ein ganzes Stück abwärts zu folgen bis kurz vor die Mündung der Isère, dann das dem Alpenbogen vorgelagerte, schroffe und landschaftlich spektakuläre Gebirgsmassiv des Vercors zu überqueren und schließlich „schräg“ durch die südwestlichen Alpen Nizza zu erreichen. Ich folge also der Saône, deren Uferpromenade über großzügige Radwege verfügt, südwärts aus der Stadt hinaus. Es ist bereits Nachmittag, und so beschließe ich, heute nur noch die gut 40 km bis Vienne zu fahren.











Südlich der Innenstadt fließen Saône und Rhône zusammen.



Erst seit einigen Jahren gibt es einen mehr oder weniger durchgehenden Radweg entlang der Rhône („Via Rhôna“); als ich die Rhône 2008 bis zum Mittelmeer beradelt habe, habe ich mich stattdessen noch über überwiegend kleine und verkehrsarme Nebenstraßen durchgeschlagen. Südlich von Lyon ist der Radweg aber erst ab kurz vor Vienne vorhanden, so dass ich erstmal bis Givors derselben Straße entlang des Flusses folge, die ich schon vor zwei Jahren (2012) gefahren bin (damals bin ich dann nach Westen Richtung St.-Etienne abgebogen).

Schließlich erreiche ich Vienne.



Ich finde nach einigem Suchen ein nettes und einigermaßen preiswertes Hotel und esse mit Blick auf die Kathedrale zu Abend.



3. Tag (01.09.2014), Vienne – Romans-sur-Isère

Strecke: 92 km

Fahrzeit: 5 Std.

Höhenmeter: 295


Heute muss ich mal ordentlich Strecke machen, mir bleiben schließlich nur noch sieben Tage bis zur Fähre in Nizza. Ich breche daher halbwegs zeitig auf.





Nun kann ich durchgehend dem ausgebauten und ausgeschilderten Rhône-Radweg („Via Rhôna“) folgen, teils auf dem rechten, teils auf dem linken Ufer und einmal auch auf einer Insel zwischen zwei Rhône-Armen.





In diesem Wäldchen wird der Radreisende über mehrere Kilometer alle paar hundert Meter mit solchen ausgeklügelten Schikanen „beglückt“, die bei bepacktem Rad zum Absteigen zwingen.







In Serrières stärke ich mich mit einem Döner. Mit der Zeit fällt mir auf, dass fast alle Brücken über die Rhône baulich sehr ähnlich gestaltete Hängebrücken sind.



Die Via Rhôna ist gut ausgeschildert.





Ein weiterer malerischer Ort: Andance







In Tournon auf der rechten Rhône-Seite wechsle ich zum letzten Mal das Ufer, um die Rhône Richtung Südwesten zu verlassen.



Bei dieser nur Radfahrern und Fußgängern vorbehaltenen Brücke hat man offenbar aus statischen Gründen eine solche Angst für missbräuchlicher Kfz-Nutzung, dass an den beiden Enden angebrachte Absperrungen nur schmale Durchlässe für Fußgänger und unbepackte Räder freilassen – ich muss also die Packtaschen vom Rad nehmen, um es auf die Brücke schieben zu können!



Ein paar Kilometer folge ich noch dem Fluss, dann fahre ich den Hang des Rhône-Tals hinauf, um in südwestlicher Richtung über ein kleines, verkehrsarmes Sträßchen (D 101) die Isère ein Stück oberhalb ihrer Mündung in die Rhône zu erreichen. Die Landschaft ist hier flach und von Weinbau geprägt.



Bereits auf der Karte ist mir ein winziger Ort namens „les 7 Chemins“ aufgefallen. Tatsächlich treffen in diesem nur aus ein paar Häusern bestehenden Flecken sieben Straßen sternförmig aufeinander.

Ich erreiche die Isère bei Beaumont-Monteux und folge dem Fluss aufwärts. Die Straße verläuft teils spektakulär im felsigen Steilhang.



Nun kann man in der Ferne auch die den Alpen vorgelagerten Gebirgszüge sehen. Ab morgen gilt es, Höhenmeter sammeln! Ein markanter historischer Eisenbahnviadukt überspannt die Isère.





In Romans angekommen, suche ich mir eine preiswerte Pension, da es nach Auskunft Einheimischer keinen Campingplatz gibt.



In einem netten Restaurant esse ich zu Abend. Auf der Karte entdecke ich zum ersten Mal auf meinen zahlreichen Frankreich-Reisen die für die französische Küche fast schon klischeehaften Froschschenkel (ohne freilich je danach gesucht zu haben). Sie sind heute allerdings schon aus, sonst hätte ich mich aus Neugier dazu hinreißen lassen… Dann also stattdessen ein Pasta-Gericht; ob ich was verpasst habe, weiß ich nicht. Sehr nett auch die kreative künstlerische Gestaltung der Glasfront des Restaurants.



4. Tag (02.09.2014), Romans-sur-Isère – Die

Strecke: 82 km

Fahrzeit: 5 Std. 27 min

Höhenmeter: 1386


Heute steht die Überquerung des Vercors über den Col de Rousset (1254 m) nach Die auf dem Programm. Das Vercors ist ein den eigentlichen Alpen vorgelagertes, landschaftlich spektakuläres, sehr schroffes und unwegsames Gebirgsmassiv, bekannt durch seine tiefen Schluchten und teils abenteuerlich in die Felswände gesprengten Straßen. Ich bin durch Berichte im Internet und auch hier im Forum auf es aufmerksam geworden und habe hohe Erwartungen, die keinesfalls enttäuscht wurden.

Nachdem ich mich noch etwa in Romans umgesehen habe,



geht es zunächst flach auf das Gebirge zu (zunächst über die N 92).



Nach Unterquerung einer architektonisch interessanten Autobahnbrücke



habe ich schließlich auf der D 21 A das Vercors direkt vor mir. Man erkennt bereits von hier die steilen Hänge und tief eingeschnittenen Täler.



Auch von einer Brücke über die Isère bietet der Blick einen Vorgeschmack auf das bevorstehende landschaftliche Erlebnis.



Über die D 531 erreiche ich Pont-en-Royans am Fuß des Vercors. Hauptsehenswürdigkeit ist ein imposanter historischer Aquädukt.





Es bleibt zunächst weiter flach, mir begegnen zahlreiche Rennradler – das Vercors ist natürlich bei Radsportlern sehr beliebt.





Schließlich geht es aufwärts ins Gebirge. In Ste.-Eulalie, einem malerischen Gebirgsdorf, kehre ich noch einmal kurz ein,



dann führt mich die D 518 weiter aufwärts. Was das Schild verkündet, nämlich, dass der einst wohl spektakulärste Streckenabschnitt, derjenige durch die Schlucht der Grands Goulets, mittlerweile durch einen Tunnel ersetzt wurde, habe ich glücklicherweise schon bei der Reisevorbereitung erfahren, so dass mir die Enttäuschung erspart bleibt.



Zunächst kann ich aber die Fahrt durch die Petits Goulets genießen. Einfach traumhaft.







Anschließend geht es über mehrere Serpentinen weiter aufwärts, aber mit verhältnismäßig moderater Steigung.



Hier beginnt der Streckenabschnitt durch die Schlucht der Grands Goulets. Rechts die ursprüngliche, landschaftlich spektakuläre Straße durch die extrem enge Schlucht, seit einigen Jahren (und wohl dauerhaft) gesperrt wegen Steinschlags; ein Gitter vor der Einfahrt des im Hintergrund erkennbaren in den Fels gehauenen Tunnels verwehrt selbst Fußgängern den Zutritt. Links der neugebaute Tunnel als Ersatz des stillgelegten Abschnitts, durch den auch ich nun muss. Das scheinbar auf der alten Trasse fahrende Kfz vermittelt einen falschen Eindruck; es handelt sich um ein dort abgestelltes Fahrzeug der Straßenbaubehörde.



Auch am oberen Ende des stillgelegten Straßenabschnitts ist der Zugang hermetisch vergittert.



Immerhin bietet ein kurzer Wanderweg von oben einen Blick auf die aufgegebene Straße und einen Eindruck von ihrem malerischen Verlauf durch die Grands Goulets.



Durch den Ort la Chapelle geht es weiter aufwärts, meist sanft ansteigend. Das Tal weitet sich.



Ich erreiche zum ersten, aber bei weitem nicht zum letzten Mal auf der Reise die 1000-Höhenmeter-Marke.



Der Col de Rousset ist nun fast erreicht,



nur noch ein paar Serpentinen.



Auf dem Pass befindet sich eine um diese Jahreszeit verlassenen Wintersportstation. Die Passhöhe (1254 m) befindet sich direkt vor dem Portal eines Tunnels, durch den es nun wieder abwärts geht.



Nach dem Tunnel verkündet ein Schild die nun bevorstehende lange, wohlverdiente Abfahrt nach Die.



Da es schon recht spät ist, liegt der Hang schon im Schatten, trotzdem erkennt man auf dem Bild an mehreren Stellen die Serpentinen, die ich mich nun genüsslich hinabrollen lassen darf. Der Landschaftseindruck begeistert.





In Die gibt es einen Campingplatz, so dass ich das erste Mal auf der Tour zelten kann. In den Gassen der recht malerischen Altstadt lasse ich den Abend in einer Pizzeria ausklingen.

Fortsetzung folgt...

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:01)
Änderungsgrund: Südwestfrankreich -> Südostfrankreich
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#1160124 - 24.09.15 06:43 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
mstuedel
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
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Beiträge: 1.882
Wow; da freut man sich auf was noch zu kommen verspricht; sehr schöne Fotos des Vercors! Die Ecke gefällt mir gut und ist zum Radeln einfach traumhaft. Allerdings hatte ich nicht solche Mühe, dort geeignete Zeltplätze zu finden! grins

Grüsse
Markus
volvo, ergo sum!


Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:01)
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#1160135 - 24.09.15 07:21 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
talybont
Mitglied
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Beiträge: 758
Toller Bericht!!

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:02)
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#1160234 - 24.09.15 13:17 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
kettenraucher
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 1.588
Ein fabelhafter Bericht mit fabelhaften Bildern über eine fabelhafte Tour in einer fabelhaften Gegend. Und das auch noch bei fabelhaftem Wetter.
Jetzt freu ich mich natürlich tierisch auf die Fortsetzung! schmunzel Merci bien!
Allen gute Fahrt und schöne Reise.

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:02)
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#1160256 - 24.09.15 14:46 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 707
5. Tag (03.09.2014), Die - Lus-la-Croix-Haute

Strecke: 42 km

Fahrzeit: 3 Std. 16 min.

Höhenmeter: 940


Heute werde ich das Vercors in westlicher Richtung über den Col de Grimone (1318 m) verlassen und bin dann bereits in den Alpen.

In Die ist heute morgen Markt. Da ich immer gerne die Gelegenheit wahrnehme, mich für unterwegs mit regionalen Produkten zu versorgen, erstehe ich ein dickes Stück Schinken, das mir die kommenden Tage fürs mittägliche Picknick dient.



Es geht also nun wieder in die Berge.







Auch die Strecke über den Col de Grimone bietet im unteren Abschnitt eine spektakuläre Schlucht, die Gorges des Gâts.









Bedrohlich hängen die Felswände über der Straße; hier der Blick fast senkrecht nach oben:







Solange es im Vercors noch solche abenteuerlichen Strecken gibt, lässt sich der „Verlust“ des Abschnitts durch die Grands Goulets vielleicht verschmerzen…



Auch die Teilnehmer einer Oldtimer-Veranstaltung genießen die spetakuläre Strecke; ich werde von einem Dutzend schicker historischer Sportwagen überholt.



Und auch weiterhin verläuft die Straße wie an und in den Fels geschmiegt.



Das Tal weitet sich, und über etliche Serpentinen erreiche ich die Passhöhe des Col de Grimone bei 1318 m.







Die Abfahrt ist recht kurz, es geht aber auch nur auf gut 1000 m hinab (mein heutiger Startpunkt Die lag dagegen auf ca. 400 m).



Ich treffe auf die Departementalstraße 1075, die von Norden, von Grenoble, kommend, ein paar Kilometer nördlich den Col de la Croix Haute überquert. Für mich geht es nun aber auf selbiger Straße Richtung Süden weiter. Aber jetzt suche ich erstmal ein Nachtquartier. Etwas abseits der Hauptstraße, im netten kleinen Ort Lus-la-Croix-Haute, gibt es zwar auch einen Campingplatz, aber ich habe heute keine Lust zum Zelten. Im sehr einfachen, aber auch sehr sympathischen Hotel zu den Drei Murmeltieren (Les trois Marmottes) bekomme ich ein sehr preiswertes Zimmer (meiner Erinnerung zufolge 30 €, wäre mir Dusche und WC im Zimmer wichtig gewesen, nur unwesentlich mehr). Wie ich es schon mehrfach in einfachen Hotels in Frankreich erlebt habe, gibt es jeden Abend nur ein Menü, das wird dann aber auch sehr ordentlich und lecker zubereitet. Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, was es an diesem Abend war, ich weiß nur noch, dass es irgendetwas Regionaltypisches war und sehr gut geschmeckt hat.

6. Tag (04.09.2014), Lus-la-Croix-Haute – Lac de Serre-Ponçon

Strecke: 82 km

Fahrzeit: 4 Std. 43 min

Höhenmeter: 893


Schon gestern Abend habe ich mit dieser netten zum Hotel gehörigen Hundedame Bekanntschaft gemacht. Sie hört auf den Namen Jette und ist äußerst verspielt. Beim Frühstück interessiert sie sich für mein Croissant und hat es wenige Sekunden nach dieser Aufnahme auch tatsächlich von meinem Teller geschnappt.



Das Hotel „Les trois Marmottes“



Heute soll es, überwiegend über große Hauptstraßen, Richtung Süden und dann ostwärts nach Gap und möglichst noch ein ganzes Stück weiter nach Osten gehen. Ich verlasse Luz, erreiche wieder die D 1075 und folge ihr südwärts.



Hier beginnt die Region Provence Alpes Côte d’Azur.



Die Straße verläuft mit leichtem Gefälle dem Flüsschen Grand Buëch folgend in einem weiten Tal, das langsam enger wird.



Schilder kündigen bereits die hochalpinen Skistationen an.



Ich verlasse das Tal des Buëch. Es geht über die D 994 B über einen kleinen Pass, den Col des Eygaux, der nach nur gut 100 Höhenmetern erreicht ist.





Nach kurzer Abfahrt erreiche ich den kleinen Ort Veynes. Über der Hauptstraße hängen, trotz der Jahreszeit an Weihnachtsschmuck erinnernd, sternförmige Kunstwerke. Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass sie aus leeren, farbigen Kunststoffflaschen bestehen.



Sanft ansteigend folge ich der D 994 nach Osten Richtung Gap.



Schließlich bietet sich ein fantastischer Blick auf Gap, die größte Stadt in diesem Teil der Alpen. Es folgte eine herrliche, lange Abfahrt hinunter in die Stadt.



Die Innenstadt von Gap ist es wert, hier kurz zu verweilen und sich zu stärken.



Ein gutes Stück Richtung Osten sollte ich es heute aber noch schaffen. Ich erhalte Informationen, dass der nächste Campingplatz am Ufer des Stausees von Serre-Ponçon liegt. Das klingt doch recht verlockend. Also weiter Richtung Stausee. Über die N 94 erreiche ich nach knapp 20 km Chorges, und von hier führt ein kleines, kaum befahrenes Sträßchen (D 3) entlang des Westufers des Sees mit schönen Ausblicken.



Die Straße steigt allerdings zunächst stark an, ich muss über einen Pass von gut 1100 Metern.



Es folgt eine lange Abfahrt mit weiteren herrlichen landschaftlichen Ausblicken,



dann erreiche ich den immer noch recht hoch über dem Seeufer gelegenen Camping „la Viste“.



Es ist eine Vier-Sterne Anlage, die sogar ein Schwimmbad hat und einen traumhaften Blick über den Stausee und die umliegenden Bergwelt bietet.



Das Schwimmbad ist um diese Jahreszeit bereits geschlossen. Für mich entscheidender ist, dass das zum Campingplatz gehörige Restaurant geöffnet ist, denn einen Ort mit Gastronomie scheint es in der Nähe nicht zu geben. So kann ich bei einem leckeren Menü auf der Terrasse des Campingplatzrestaurants den Tag mit dem Blick auf den Lac de Serre- Ponçon und das von der Abendsonne in rötliches Licht getauchte gegenüberliegende Gebirgsmassiv ausklingen lassen.



7. Tag (05.09.2014), Lac de Serre-Ponçon – Barcelonnette

Strecke: 45 km

Fahrzeit: 3 Std. 12 min

Höhenmeter: 791


Nun bleiben mir noch drei Tage, in denen ich Nizza erreichen muss. Heute ist das Ziel Barcelonnette. Dort treffe ich auf die Route des Grandes Alpes, die vom Genfer See an die Côte d’Azur über etwa ein Dutzend berühmter und bei Radsportlern beliebter Alpenpässe, darunter mehrere Zweitausender, führt, wie den Col du Galibier, Col d’Izoard und Col de Vars. Einige der Pässe sind durch die Tour de France legendär geworden. Ich werde dieser Strecke allerdings ab Barcelonnette nur über einen der Pässe, den Col de la Cayolle (2326 m), und dann dem Tal des Var abwärts an die Küste folgen.

Etwas unterhalb des Campingplatzes befindet sich die Staumauer des Lac de Serre- Ponçon. Hier fließt die Durance aus dem Stausee, die schließlich in die Rhône mündet.





Bei Espinasses erreiche ich das Ufer, dann geht es parallel zum Südufer Richtung Osten.
Die Straße (D 900 B) steigt stetig an. Landschaftlich ist die Strecke traumhaft.





Die Straße verläuft nun mehrere Hundert Meter oberhalb des Stausees. Der Blick ist fantastisch.





Kaum vorzustellen, dass diese grandiose Bergregion nur wenige Monate später auf tragische Weise in die Schlagzeilen geraten ist – der Absturz des Germanwings-Flugs im März 2015 hat sich nur wenige Kilometer südlich von hier ereignet.

Auf einem Rastplatz vertilge ich das letzte Stück des Schinkens, den ich mir vor drei Tagen in Die auf dem Markt gekauft habe.



Weiter geht es nach Barcelonnette das Tal der Ubaye aufwärts, einer der beiden Flüsse, die den Lac de Serre-Ponçon speisen (der andere ist die Durance).





Ich erreiche Barcelonnette; auf dem Eingangsschild ist der Ortsname auch auf Provenzalisch angegeben.



Obwohl es auch einen Campingplatz gibt, ist mir heute nicht nach Zelten zumute. Ich finde direkt im Ortszentrum ein preiswertes Hotel.



Der Ort gefällt mir auf Anhieb. Es fällt auf, dass unter den zahlreichen Touristen, die die Terrassen der Restaurants um den zentralen Platz bevölkern, auch viele Radfahrer sind – wegen ihrer berühmten Pässe ist gerade diese Region ein beliebtes Radsportrevier.



Mein Abendessen vor einem der zahlreichen Restaurants im Ortszentrum muss ich nicht alleine einnehmen – am Nachbartisch sitzt ein ebenfalls alleinreisender Radfahrer, ein junger Australier, der zur Zeit in Zürich lebt und arbeitet und die Route des Grandes Alpes komplett vom Genfer See bis an die Côte d’Azur fährt, mit dem Rennrad und wesentlich weniger Gepäck als ich. Für ausreichend Gesprächsstoff ist also gesorgt.

Fortsetzung folgt...
Gruß
Tom

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:03)
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#1160307 - 24.09.15 16:33 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Keine Ahnung
Moderator
abwesend abwesend
Beiträge: 13.167
Der Herbst ist da - es kommen die schönen Radberichte grins

Man möchte gleich wieder losfahren. Einen Teil kenne ich aus eigener Erfahrung, andere Teile machen große Lust auf einen baldigen Besuch mit dem Fahrrad.

Danke!
Gruß, Arnulf

"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:02)
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#1160332 - 24.09.15 18:40 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Kettensalat
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 50
Unterwegs in Deutschland

Danke für den schönen Bericht und die Bilder.
Ware auf Fortsetzung :-)
Gruß
Robert

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:03)
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#1160344 - 24.09.15 19:23 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 707
Ich sehe gerade, dass mir bereits in der Titelzeile (keine Ahnung, wie das passieren konnte) ein grober Schnitzer unterlaufen ist. Es muss natürlich statt "Südwestfrankreich" "Südostfrankreich" heißen. Ebenso im zweiten Satz im zweiten Absatz des Prologs.

Wäre klasse, wenn einer der Moderatoren/Moderatorinnen die beiden Korrekturen vornehmen könnte. Danke im Voraus!

Ein guter Reisebericht muss belohnt werden zwinker
Gruß
Tom

Geändert von Keine Ahnung (24.09.15 20:04)
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#1160718 - 26.09.15 10:41 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 707
8. Tag (06.09.2014), Barcelonnette – Entrevaux

Strecke: 81 km

Fahrzeit: 5 Std. 10 min

Höhenmeter: 1287


Heute geht es südwärts über einen der Pässe der Route des Grandes Alpes, den Col de la Cayolle. Das ist mit 2326 m der höchste Pass, den ich je gefahren bin. Ich habe ihn bei der Planung ausgewählt, weil ich zum einen wenigstens einen Zweitausender in die Tour „einbauen“ (und meine bisherige Höchstmarke, 2001 m, übertreffen) wollte, zum anderen, weil er auf der einschlägigen Rennrad-Internet-Seite „quäldich.de“ als landschaftlich schön, aber nicht allzu anspruchsvoll beschrieben wird, und weil ich nach der Passhöhe dem knapp unterhalb entspringenden Fluss Var direkt abwärts an die Küste bei Nizza folgen kann, das bedeutet (wenn auch mit einer Zwischenübernachtung) von gut 2300 m direkt auf Meeresniveau, ca. 130 km immer nur abwärts, jedenfalls ohne nennenswerte weitere Höhenmeter.

Wie so oft, komme ich später als geplant los. Ich muss mich aber auch noch mit Proviant eindecken, da ich sicherheitshalber nicht mit Einkehrmöglichkeiten unterwegs rechne.



Nun geht es los, bis zur Passhöhe habe ich knapp 30 km und knapp 1200 Höhenmeter vor mir. Es sind aber trotzdem etwa 100 Höhenmeter weniger als vor einigen Tagen von Romans-sur-Isère auf den Col de Rousset.



Die Straße über den Col de la Cayolle hat verkehrstechnisch kaum eine Bedeutung, weshalb es angenehmerweise kaum Autoverkehr gibt.



Auch diese Passstraße verläuft im unteren Bereich durch eine spektakuläre Schlucht.





Natürlich sind zahlreiche Rennradler unterwegs. Reiseradler mit Gepäck sind jedoch selten, einen werde ich später, auf der Passhöhe, treffen.



Die Steigung bleibt durchweg moderat.





In le Vilard d’Abas gibt es eine unverhoffte Einkehrmöglichkeit, so dass ich mir ein Bierchen gönne. Ich komme mit einer Gruppe britischer Rennradler ins Gespräch.



Wie so viele französische Gebirgspässe, ist auch die Strecke über den Col de la Cayolle mit einer Beschilderung speziell für Radfahrer versehen. Im Abstand von je einem Kilometer ist auf einer Tafel die verbleibende Entfernung zum Pass, die aktuelle Höhe und die durchschnittliche Steigung des folgenden Kilometers angegeben. Sehr praktisch, um gegebenenfalls den Höhenmesser des Tachos zu justieren.





Zum ersten (und letzten) Mal auf der Reise und zum zweiten Mal überhaupt knacke ich die 2000-Höhenmeter-Marke.



Mein bisher höchster Pass war im vergangenen Jahr der Col de Pailhères in den Pyrenäen mit 2001 m, so dass ich ab jetzt, was die Höhe betrifft, „Neuland“ befahre. Nun habe ich mir auch mein Picknick verdient.



Auf den letzten Kilometern wird es etwas steiler (hier zum Beispiel laut Schild 8 %).





Ich habe die Baumgrenze hinter mir gelassen und genieße die karge Hochgebirgslandschaft. Es sind mehr Rennradler als Kfz unterwegs.



Ich bin schon ein bisschen stolz, als ich schließlich meinen bisher höchsten Pass erreicht habe (2326 m).



Von den Informationen auf der Stele ist für mich die interessanteste (aber das wusste ich ja bereits), dass es ab hier bis Nizza 130 km abwärts geht. Natürlich heißt das nicht, dass ich die ganze Strecke einfach nur rollen kann, irgendwann wird es dafür zu flach werden…

Nun mache ich die Bekanntschaft eines älteren Herren, ein Deutscher, den ich kurz vor der Passhöhe überholt habe und der wie ich nicht mit dem Rennrad, sondern als Reiseradler mit Gepäck unterwegs ist. Wir unterhalten uns angeregt über unsere Radreiseerfahrungen, dann bereitet er sich für die Abfahrt vor. Er hat eine Art Bremsfallschirm dabei, der ursprünglich beim Firngleiten verwendet werde (offenbar eine besondere Form des alpinen Skisports, ich habe noch nie davon gehört). Es handelt sich um eine Art Cape, das er nun anlegt, das heißt, irgendwie an Hand- und Fußgelenken befestigt. Dadurch müsse man weniger bremsen und schone die Bremsbeläge. Sehr kurios. Ich habe im Nachhinein dazu nichts im Internet gefunden. Das Ding sei auch schon recht alt und so etwas gebe es heutzutage eigentlich auch nicht mehr. Er verabschiedet sich und rollt los, das „Cape“ bläht sich wie der Umhang eines Comic-Superhelden.

Ich genieße noch ein wenig die grandiose Bergwelt



und rolle dann ebenfalls los. Es ist schon recht spät, bis zum nächsten größeren Ort, Entrevaux, sind es noch etwa 55 km, aber vielleicht übernachte ich ja auch vorher in einem der kleineren Dörfer, die auf meiner Karte verzeichnet sind.

Erstmal genieße ich die Abfahrt durch zahlreiche Serpentinen.





Ein paar Kilometer unterhalb der Passhöhe entspringt der Fluss Var, dem ich abwärts bis zu seiner Mündung ins Mittelmeer, etwas westlich von Nizza, folgen werde.



Der Verlauf der Straße ist landschaftlich spektakulär.



Welcher Laune der Natur diese aus grauem, sandigem Gestein bestehende Mondlandschaft zu verdanken ist, weiß ich nicht.



Die beiden kommenden kleinen Orte, Entraunes und Guillaumes, erscheinen mir, trotz vorhandener Hotels, für eine Übernachtung irgendwie nicht so recht sympathisch. Das heißt aber, dass ich mich nun wirklich beeilen muss, um noch bei Tageslicht Entrevaux zu erreichen.

Nun erwartet mich noch ein weiteres Highlight, eine spektakuläre Schlucht, die Gorges de Daluis. Aufgrund der nötigen Eile kann ich das Landschaftserlebnis allerdings nicht so recht genießen. Zudem steigt die Straße im Bereich der Schlucht ab und zu auch wieder ein wenig an – ich hatte gedacht, es geht bis zum Meer nur noch bergab…







Das Gefälle wird flacher, ich muss nun wieder treten. Schließlich trifft die kaum befahrene Departementalstraße auf die west-ostwärts verlaufende Nationalstraße, auf die ich Richtung Osten einbiege (auch der Var knickt hier nach Osten ab). Ich strample emsig mit knapp 30 km/h gegen die Dämmerung an und erreiche gerade bei Einbruch der Dunkelheit Entrevaux.

Direkt an der Hauptstraße, gegenüber der malerischen Altstadt mit der den Ort überragenden Festung ist ein Hotel, das auch noch ein preiswertes Zimmer frei hat (das letzte). Prima, es ist schon nach acht, ich hatte etwas Sorge hinsichtlich einer Unterkunft. Ich frage auch gleich, wie lange das zugehörige Restaurant geöffnet habe. Noch eine Weile, aber ich solle mich beeilen. Ich beziehe also rasch mein Zimmer, mit dem ich recht zufrieden bin, die Dusche ist im Zimmer, das Klo auf dem Gang. Auf dem Rückweg von selbigem treffe ich auf dem Gang den älteren Herren, den ich auf dem Col de la Cayolle kennengelernt habe. Er hat es also auch bis hierher geschafft und sich hier einquartiert. Er will auch im Restaurant des Hotels essen, wir verabreden uns also zum Abendessen in einer Viertelstunde. Wir unterhalten uns angeregt über dies und das, vor allem natürlich über das Radreisen, er bezahlt den Wein. Er ist bereits über 70, ist aber seit Jahren regelmäßig mit dem Fahrrad in den französischen Alpen unterwegs. Respekt!

9. Tag (07.09.2014), Entrevaux – Nizza

Strecke: 70 km

Fahrzeit: 3 Std. 44 min

Höhenmeter: 122


Von meinem Hotelzimmer aus habe ich einen herrlichen Blick auf die Altstadt von Entrevaux und die darüber thronende Festung.



Sie ist ein Werk von Vauban, dem Festungsbaumeister Ludwigs des XIV. Es gibt in ganz Frankreich zahlreiche seiner Fortifikationen zu bewundern. Diese Zitadelle wurde errichtet, weil Entrevaux früher Grenzort war; alles östlich einschließlich Nizza gehörte bis in die 1860er Jahre zu Italien, genauer zu Savoyen-Piemont.



Bevor ich losfahre, steige ich hinauf auf die Festung und genieße den Ausblick.







Man erkennt im Vordergrund, an den Hang geschmiegt, die Altstadt, und unten im Tal den Var und die Straße, der ich nun weiter nach Nizza folgen werde, sowie die Schmalspur-Bahnlinie Nizza-Digne der Chemins de Fer de Provence, auf der der überwiegend touristisch bedeutsame „Pinienzapfenzug“ (Train des Pignes) verkehrt. Hier findet gerade eine Nostalgiefahrt mit Dampfbetrieb statt.



Nun will ich zügig ans Meer, es sind noch etwa 70 km bis Nizza. Ich folge der D 4202/D6202 ostwärts weiter entlang des Var-Tals. Obwohl ich dem Flusslauf abwärts folge, ist es flach, das Gefälle kaum wahrnehmbar.



Auch die Strecke des „Pinienzapfenzugs“ nach Nizza verläuft weiterhin im Tal des Var. Hier ein moderner Triebzug desselben Typs, den auch die Bahn auf Korsika neuerdings einsetzt.



Ich komme durch die hübschen Orte Puget-Théniers und Vilars, dann wird das Tal enger und landschaftlich interessanter.



Hier mündet von Norden kommend die Route über den Col de la Bonette ein. Ich hätte auch auf dieser Strecke von Barcelonnette bis hier fahren können, über den (mit der Schleife um die Cime de la Bonette) höchsten Straßenpass der gesamten Alpen (2802 m), aber ich hatte mich ja für den Col de la Cayolle entschieden, und man muss sich ja auch noch Herausforderungen für die Zukunft übrig lassen…



Schließlich machen der Var, die Straße und die Bahnlinie einen scharfen Knick nach Süden, nun geht es auf direktem Wege Richtung Küste.



Ca. 20 km vor der Küste beginnt ein Radweg, so dass die Einfahrt in den Ballungsraum von Nizza sich recht angenehm gestaltet.





In Cagnes-du-Mer, etwas westlich von Nizza, bewege ich mich erstmals seit Lyon wieder in großstädtischem Gebiet. Hier erreiche ich schließlich den Strand und bin am endlich am Mittelmeer angekommen. Ich bin sehr zufrieden.



Bis Nizza gibt es nun durchgehend einen Radweg, auch entlang der berühmten Promenade des Anglais. Ich befinde mich nun auf bekanntem Terrain, da ich zwei Jahre zuvor in umgekehrter Richtung von der italienischen Grenze über Monaco, Nizza und weiter bis hierher geradelt bin, um dann etwas westlich von hier über die „Route Napoléon“ hoch in die Berge zu fahren (dann durch die Gorges du Verdon, über den Mont Ventoux, anschließend Ardèche-Schlucht, Cevennen und letztlich nach Katalonien).

Bei der Einfahrt nach Nizza kündet ein Schild von der 150jährigen Zugehörigkeit Nizzas zu Frankreich.



Es geht am direkt am Meer gelegenen Flughafen von Nizza vorbei. Hier beginnt die Promenade des Anglais; dies ist nun also die zweite Radreise, auf der ich hier entlangradele.





Bevor ich mich auf Unterkunftssuche mache, gönne ich mir in einer Strandbar ein Bier. Es ist das teuerste meines Lebens, 11 Euro für einen halben Liter! Nun ja, Nizza ist halt ein teueres Pflaster… Aber was soll‘s, ich habe planmäßig in acht Fahrtagen die Küste erreicht und bin sehr zufrieden, der morgigen Überfahrt nach Korsika steht nun nichts mehr im Wege. Am Horizont sehe ich dann auch eine Fähre von Corsica Ferries, die gerade in den Hafen einläuft.



Aufgrund des nur wenige Kilometer westlich von hier direkt am Meer gelegenen Flughafens liegt der Strand direkt in der Einflugschneise. Diese beiden Fotos sind an gleicher Stelle auf meiner Radreise zwei Jahre zuvor entstanden:





Ich fahre zielstrebig den mir bereits bekannten Weg zum Bahnhof, weil ich mich erinnere, dass es dort für Nizzas Verhältnisse preiswerte Hotels gibt und ich dort schon einmal fündig geworden bin. Ich komme auch schnell in einem sehr einfachen Hotel unter. Anschließend sehe ich mich noch etwas in der Stadt um. Nizza hat, wie viele französische Städte, vor einigen Jahren die Straßenbahn wieder eingeführt.



Der Einfachheit halber begebe ich mich, wie auch das letzte Mal, zum Abendessen auf die Touristen-Abfütterungs-Meile, den Cours Saleya, wo ich immerhin ein leckeres Fischgericht bekomme. Ich freue mich auf morgen, morgen früh um acht geht meine Fähre, und es beginnt der Hauptteil der Reise: Korsika!

Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (26.09.15 10:45)
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#1160751 - 26.09.15 14:32 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Keine Ahnung
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Am liebsten würde ich sofort nach Südfrankreich aufbrechen. Die Bilder erzeugen Fernweh. Die Radwege im Bereich von Nizza und an der Côte d’Azur hatte ich vor zwei Jahren auch genutzt. Bei meiner ersten Tour dort 1982 gab es nur die Straße und zum Teil schon ordentlich Verkehr. Abseits der Côte d’Azur ist es deutlich ruhiger. Die Küste ist allerdings sehr schön und wenn man, wie ich vor zwei Jahren, dort Anfang Juni unterwegs ist, hält sich der Verkehr noch in Grenzen.

Ich bin schon gespannt auf Deine Fortsetzung.
Gruß, Arnulf

"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)
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#1160808 - 26.09.15 22:07 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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10.Tag (08.09.2014), Überfahrt nach Korsika und L’Île-Rousse-Algajola

Strecke: 8 km

Fahrzeit: 29 min

Höhenmeter: 99


Die Fähre geht um acht, also habe ich mir den Wecker auf sechs Uhr gestellt. Das Ticket nach L'Île-Rousse habe ich mir ja bereits übers Internet besorgt. Ich fahre Richtung Küste und dann entlang der Strandpromenade Richtung Westen zum Fährhafen.



Zum Fährhafen geht es um den Yachthafen (Vieux port) herum, dann sehe ich auch schon die „Mega Express“, eines der beiden Flaggschiffe von Corsica Ferries.







Am mir zugewiesenen Platz sichere ich mein Rad mit meinen Gummispannern gegen Umfallen.



Kaum habe ich mein Gepäck über mehrere Decks nach oben aufs Oberdeck geschleppt, legen wir auch schon ab. Ich habe noch nicht gefrühstückt; auf mehreren Etagen gibt es mindestens genauso viele Restaurants. Ich beschließe aber, die Überfahrt (gut vier Stunden) an Deck zu verbringen, auf dem Achterdeck gibt es Liegestühle, einen Pool und eine „Strandbar“, an der es Kaffee und Snacks gibt, so dass ich hier meinen Frühstückskaffee samt Croissant bekomme.





Ich genieße die Überfahrt an Deck bei herrlichem Sonnenwetter, kühle die Füße im Pool (zahlreiche Kinder und auch einige Erwachsene baden auch darin), lese in meinem Korsika-Reiseführer und meinem Wanderführer, um mich auf die Insel einzustimmen (die Details sind ja noch nicht festgelegt) und komme nun auch zur Lektüre mehrerer französischer Zeitungen, die ich in den vergangenen Tagen gekauft habe, die zu lesen ich aber nicht die Zeit gefunden habe.

Nun gönne ich mir auch das erste korsische Bier der Reise, das mit Kastanienmehl aromatisierte Pietra, das mir bereits von meiner letzten Korsika-Reise bekannt ist. Sehr lecker!





Schließlich kommt am Horizont die Nordküste Korsikas in Sicht.



Wir erreichen L’Île-Rousse an der Nordküste der Insel. Die Stadt ist am östlichen Ende der Balagne gelegen, einer fruchtbaren und für korsische Verhältnisse dicht besiedelten Küstenregion, die sich Richtung Westen bis Calvi und darüber hinaus erstreckt. Ob ich heute noch bis Calvi fahre oder mich vorher auf einem Campingplatz einquartiere, werde ich später entscheiden. Der Plan sieht vor, von Calvi südwärts der Küste zu folgen bis Porto, dann ins Inselinnere über den höchsten Straßenpass Korsikas, den Col de Vergio, und dann irgendwie bis Bastia, mit wenigstens zwei Pausentagen zum Wandern. Dass in Porto verletzungsbedingt erstmal Schluss sein wird und ich die restliche Tour erst im kommenden Jahr werde zu Ende führen können, werde ich dann in einigen Tagen schmerzhaft erfahren.



Zunächst einmal freue ich mich, dass ich auf Korsika angekommen bin, das dritte Mal nach einer Reise mit dem Kfz 2001 und einem kurzen Abstecher nach Bastia im Rahmen eines Segeltörns um Elba 2007.



Durch L’Île-Rousse verläuft eine Linie der korsischen Schmalspurbahn Richtung Calvi.



Der Strand von L’Île-Rousse



Ich folge der küstenbegleitenden Straße (N 197) westwärts Richtung Calvi. Da die Balagne zwischen L’Île-Rousse und Calvi für korsische Verhältnisse dicht besiedelt ist, ist auch der Verkehr deutlich heftiger als später in abgelegeneren Regionen an der Küste und im Inselinneren. Außerdem ist die Straße trotz der Küstennähe alles andere als flach, ich habe gleich nach L’Île-Rousse einen Pass von ca. 100 m vor mir. Die Landschaft der Balagne ist weniger karg als weite Teile der Insel, hier ist eines der bedeutendsten korsischen Weinbaugebiete, und es wachsen Kakteen.



Bei Algajola verläuft die Straße wieder auf Meeresniveau, und hier gibt es mehrere Campingplätze an einem langen Sandstrand. Hier gefällt es mir, und ich verwerfe den Plan, heute noch bis Calvi zu fahren, obwohl es erst früher Nachmittag ist und ich heute nur wenige Kilometer gefahren bin. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, verbringe ich den restlichen Nachmittag am Strand.



Gleich hinter dem Strand verläuft die Strecke der korsischen Eisenbahn.



In meiner bislang nur groben Planung ist auch eine Bahnfahrt mit den Chemins de fer de la Corse enthalten, aber erst später, im Inselinneren, wo die Trasse spektakulär durch die Hochgebirgslandschaft führt (es wird sich dann in wenigen Tagen herausstellen, dass das erst im zweiten Teil der Tour, im folgenden Jahr, stattfinden wird, aber dazu später mehr…).

Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (26.09.15 22:08)
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#1161183 - 28.09.15 13:49 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Herry B
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Unterwegs in Deutschland

Wahnsinns Bilder! Bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung schmunzel
Kommt der Regen schräg von vorn, regnets der Kuh direkt aufs Horn.
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#1161283 - 28.09.15 21:58 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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Bevor es weitergeht, noch einige Korrekturen. Irgendwie bekomme ich beim Schreiben regelmäßig Osten und Westen durcheinander. Nachdem die Moderation dankenswerterweise den entsprechenden Fehler im Titel und im Prolog berichtigt hat, ist es mir, wie ich gerade merke, schon wieder passiert: Ich habe ich am dritten Tag zweimal geschrieben, ich hätte die Rhône in südwestlicher Richtung verlassen. Wahrscheinlich ist es niemandem aufgefallen, aber falls jemand tatsächlich so genau gelesen haben sollte und beim Versuch, meine Reiseroute nachzuvollziehen, in Verwirrung geraten sein sollte: Natürlich habe ich die Rhône in südöstlicher Richtung verlassen. Und ebenso bin ich gestern in Nizza Richtung Fährhafen nicht Richtung Westen, sondern nach Osten gefahren.

11. Tag (09.09.2014), Algajola – Calvi

Strecke: 19 km

Fahrzeit: 1 Std. 19 min

Höhenmeter: 242


Ich habe über Nacht den Akku meiner Kamera im Ladegerät zum Aufladen im Waschraum des Campingplatzes gelassen, heute Morgen ist er weg (und auch nicht etwa an der Rezeption abgegeben worden). Sch…, aber ich hoffe, dass ich heute in Calvi, immerhin eine der größeren Städte der Insel, einen passenden Akku samt Ladegerät kaufen kann, bin aber skeptisch. Also bleibt mir bis auf weiteres zum Fotografieren nur die Smartphone-Kamera, deshalb fotografiere ich heute wenig. Daher gibt es zum heutigen Tag auch kaum Bilder.

Auch Küstenstraßen können bemerkenswerte Steigungen aufweisen, so auch die D 197, die Hauptstraße der Balagne; zwischen Algajola und Calvi führt sie über einen Pass von ca. 240 m Höhe. Die Landschaft der Balagne, die sich zwischen L’Île-Rousse und Calvi erstreckt, ist landschaftlich reizvoll, links bietet sich der Blick aufs Meer, rechts steigt das Hochgebirge an. Nur gut 20 km weiter landeinwärts gibt es bereits Gipfel über 2000 m. Allerdings ist die Balagne auch eines der Ballungsgebiete Korsikas (neben den beiden größten Städten, der Inselhauptstadt Ajaccio und Bastia). Zwischen L’Île-Rousse und Calvi reihen sich zahlreiche Strandorte mit Campingplätzen, Hotels und Ferienwohnungen (allerdings alles noch im bescheidenenen Rahmen, richtig „verbaute“ Küstenabschnitte gibt es auf Korsika zum Glück kaum). Aber gemessen an vielen anderen Regionen der Insel ist die Landschaft zwar schön, aber „lieblicher“ (ein besserer Ausdruck fällt mir nicht ein) als die wesentlich interessanteren, weil einsameren, kargeren und „wilderen“ Gebiete, die noch auf der Agenda stehen und auf die ich mich, wie sich herausstellen wird, zu Recht, freue.

Calvi gefällt mir mit seinem Yachthafen, der Altstadt und der Zitadelle. Ich sehe mich ein wenig in der Stadt um und quartiere mich dann in einem der zahlreichen östlich der Innenstadt gelegenen Campingplätze ein. Schnell finde ich einen kleinen Laden für Elektrogeräte; ein passender Akku und Ladegerät für meine Kamera ist nicht vorrätig, aber die Verkäuferin meint, sie könne die Artikel bis morgen bestellen. Prima, sieht so aus, als sei morgen meine Kamera wieder einsatzbereit.

Daher mache ich heute auch nur einige wenige Fotos mit dem Smartphone. Hier der Blick vom Strand Richtung Westen auf Calvi mit der Altstadt und der Zitadelle.



Ich suche mir zum Abendessen ein Restaurant in einer der malerischen, engen Altstadtgassen, vor dem man draußen sitzen kann, und genieße ein korsisches Menü. Als Hauptgang gibt es Pasta mit Wildschweinragout, und zum Nachtisch Kastaniencreme. Wildschweine und Kastanien sind typisch für die korsische Fauna und Flora. Die Bilder sind allerdings im gleichen Restaurant ein Jahr später entstanden.





Am Nachbartisch sitzt ein Schweizer Ehepaar, das die Insel mit dem Wohnmobil bereist, mit dem ich angeregt ins Gespräch komme.

12. Tag (10.09.2014), Wanderung auf den Capu di a Veta

Heute werde ich in Calvi bleiben und zum ersten Mal auf der Reise wandern, auf den Hausberg der Stadt, den 703 m hohen Capu di a Veta.

Der sehr sympathische und familiär geführte Campingplatz hat eine Bar, an der ich meinen Frühstückskaffee bekomme, außerdem gibt es frisches Baguette. Etwas Wurst und Käse habe ich noch im Gepäck.

Im Elektroladen ist die Bestellung angekommen. Tatsächlich passt der Akku zu meiner Kamera, aber das Ladegerät leider nicht zum Akku. Aber das dieses Mal wirklich richtige Ladegerät könne bis morgen bestellt werden. Ärgerlich, aber na gut, ich habe ja ohnehin eine weitere Übernachtung in Calvi geplant. Also gibt es auch vom heutigen Tag nur ein paar Handy-Bilder.

Also auf zur Wanderung, ich habe meine schweren Wanderschuhe und den Wanderführer „Korsika“ aus dem Verlag Rother ja nicht umsonst mitgeschleppt. Wanderung Nummer 11 auf den 703 m hohen Capu di a Veta verspricht einen herrlichen Ausblick auf Calvi und aufs Meer.

Der erste Teil der im Wanderführer beschriebenen Route vorbei am Feriendorf „störrischer Esel“ (es trägt tatsächlich diesen deutschen Namen) bis zum Hotel „Corsica“ verläuft noch im Stadtgebiet auf Straßen, so dass ich erstmal radeln kann. Dann beginnt der schöne, aber auch etwas anstrengende Aufstieg. Zunächst verirre ich mich etwas im Gestrüpp (der für Korsika typischen Macchia), dann ist der Wanderweg recht gut markiert. Vom Gipfelkreuz des Capu di a Veta bietet sich ein herrlicher Blick auf Calvi mit seiner markanten Zitadelle.





Die im Wanderführer beschriebene Route führt auf einem andern Weg wieder hinab nach Calvi, und auch hier ergeben sich wunderschöne Ausblicke.



In Calvi ist mir bereits gestern auf Plakaten aufgefallen, dass zur Zeit die mehrtägigen Rencontres de chants polyphoniques, ein Festival des typisch korsischen mehrstimmigen Gesangs, in der Zitadelle stattfinden. Das klingt interessant, und ein bisschen Kultur muss auf einer Radreise ja auch sein. Ich besorge mir also im Verkaufsbüro auf der Zitadelle ein Ticket.

Zunächst esse ich wieder im selben Restaurant wie gestern zu Abend, und auch heute komme ich mit meinen Tischnachbarn nett ins Gespräch, diesmal ein junges Paar aus Polen. Aufhänger ist, dass mir auffällt, dass sie mit der Bedienung eine Sprache sprechen, die ich aufgrund meiner beiden Radtouren in Polen als Polnisch zu erkennen glaube, was sich, als ich sie darauf anspreche, als zutreffend herausstellt. Wir unterhalten uns dann auf Englisch. Was die ebenfalls polnische junge Dame betrifft, die hier bedient, so ist mir im weiteren Verlauf auf Korsika noch mehrfach aufgefallen, dass viele junge Leute aus Ost(mittel)europa hier in der Gastronomie arbeiten.

Anschließend begebe ich mich wieder in die Zitadelle und genieße die auf einer Bühne im Freien von mehreren Gruppen dargebotenen „Chants polyphoniques“, überwiegend von Männerchören und in korsischer Sprache vorgetragen, die dem Italienischen sehr nahe steht. Diese Art der Musik gefällt mir sehr gut, und ich bin froh, mich für diese Abendgestaltung entschieden zu haben.

Fortsetzung folgt...
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#1161485 - 29.09.15 21:13 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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Noch ein Nachtrag zu Tag 11: Ich habe versehentlich geschrieben, auf dem Weg von Algajola nach Calvi habe das Meer links und das Gebirge rechts gelegen. Natürlich war es genau umgekehrt, schließlich war ich ja Richtung Westen unterwegs.

13. Tag (11.09.2014), Calvi – Galéria

Strecke: 38 km

Fahrzeit: 2 Std. 33 min

Höhenmeter: 371


Wie schon gestern Morgen frühstücke ich auf der Terrasse der Campingplatz-Bar. Und wie gestern Morgen begebe ich mich wieder zu „meinem“ Elektrohändler, um zu schauen, ob mein bestelltes Ladegerät eingetroffen ist. Ist es, aber es passt wieder nicht zu meinem Akku. Zum Glück muss ich es nicht kaufen. Sehr ärgerlich, ich habe keine Lust, während der verbleibenden gut anderthalb Wochen nur mit der Smartphone-Kamera fotografieren zu können, also entschließe ich mich, eine möglichst einfache und billige Kamera als Ersatz zu kaufen. Hätte ich gewusst, dass bereits nach drei weiteren Tagen die Tour verletzungsbedingt beendet sein würde und ich sie erst im kommenden Jahr würde zu Ende führen können, hätte ich mir diese Investition (knapp 90 Euro) erspart…

Es gibt ganz in der Nähe tatsächlich einen recht großen Elektronikmarkt. Überraschenderweise ist die Verkäuferin, die mich berät, die junge Polin, die mich gestern Abend im Restaurant bedient hat und die also hier einen weiteren Job hat. Ich kann sie dann mit einigen der wenigen Brocken Polnisch, die ich mir auf meinen Radtouren in Polen angeeignet habe, beeindrucken: „Dziekuje“ (danke) und „do widzenia“ (auf Wiedersehen).

Nun verlasse ich Calvi.



Direkt hinter Calvi verlasse ich die dichtbesiedelte Balagne und habe den Eindruck, als sei ich in einer völlig anderen Welt. Die Küstenstraße Richtung Porto (D 81 B) ist schmal und kurvig, es gibt kaum Autoverkehr, auch keine Ortschaften mehr. Nur noch schroffe, wilde und einsame Landschaft. Herrlich. Die heutige Etappe ist mit die landschaftlich spektakulärste der gesamten Reise. Ich bin einfach nur begeistert. Heute werde ich der Küstenstraße südwärts bis zum nächsten Küstenort, Galéria, folgen (dazwischen ist nichts), und auch der morgige Abschnitt ist bis kurz vor Porto kaum besiedelt.

Statt vieler Worte mögen die Bilder für sich sprechen:























Schließlich schwenkt die Straße ins Landesinnere; der bis hierher einwandfreie Straßenbelag wird etwas holprig. Man hat einen Blick auf die Hochgebirgslandschaft im Inselinneren; zahlreiche Gipfel auf Korsika überragen deutlich die 2000 Meter.





Mitten im Nichts taucht überraschend am Straßenrand eine Pizzeria auf. Ich nutze die Gelegenheit und gönne mir ein Pietra, das korsische Kastanienbier.



Nun stößt die Straße wieder ans Meer, mit Blick auf den Golf von Galéria. Mein Etappenziel Galéria ist im Hintergrund auch schon zu erkennen.



Die Strecke verlief bisher ohne allzu starke Steigungen, aber immer recht hoch oberhalb der Küste. Einige Höhenmeter habe ich doch gesammelt. Umso mehr genieße ich nun eine lange Abfahrt bis fast auf Meeresniveau.



In einem breiten, flachen Tal überquere ich den Fango, einen Fluss, der hier ins Meer mündet.



Ins Fango-Tal führt eine Straße hinauf, die zu den landschaftlichen Highlights auf Korsika zählen soll, das steht aber nicht auf meiner Agenda. Die Straße weiter Richtung Süden nach Porto hingegen verläuft ab hier zunächst im Landesinneren und erreicht erst nach einem recht hohen Pass (Col de Palmarella, gut 400 m) wieder die Küste. Das steht morgen auf dem Programm. Jetzt biege ich auf eine Stichstraße ab, die mich an der Küste entlang nach einigen Kilometern nach Galéria führt. Der Ort ist mir sofort sympathisch.

Aufgrund seiner geographischen und verkehrstechnischen Abgeschiedenheit geht es angenehm beschaulich zu, von Massentourismus wie etwa in Calvi keine Spur. Trotzdem bietet der Ort an touristischer Infrastruktur alles, was sich brauche: einen wunderschönen Strand (kein Sand, aber nicht allzu grober Kies), Läden, Restaurants und Bars und vor allem einen Campingplatz, auf dem ich mich einquartiere. Hier fallen mir auch zahlreiche Wanderer auf, die auf dem Campingplatz übernachten; hier verläuft einer der beliebtesten korsischen Wanderwege (Tra Mare e Monti Nord).

Mit einem leckeren Fischgericht in einem Restaurant direkt am Strand lasse ich den Abend ausklingen.

Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom
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#1163059 - 07.10.15 22:52 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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14. Tag (12.09. 2014), Geléria – Porto

Strecke: 49 km

Fahrzeit: 2 Std. 51 min

Höhenmeter: 571


Die Bilder vom heutigen Tag stammen aus dem folgenden Jahr (2015), als ich dieselbe Strecke erneut geradelt bin.

Im beschaulichen Ortskern von Galéria frühstücke ich



und verbringe anschließend den Vormittag am wunderschönen Strand. Es ist wenig los, sehr angenehm. Wäre mein Zeitplan nicht so knapp kalkuliert, hätte ich hier glatt einen ganzen Tag verbringen können.



Aber ich muss weiter, es ist nun schon Mittag, ich baue mein Zelt ab, packe und mache mich auf den Weg, zunächst die Stichstraße, an deren Ende Galéria liegt, zurück zur D 81, auf der ich gestern von Calvi gekommen bin und die mich heute weiter Richtung Süden nach Porto führen wird.

Wenn man auf Korsika unterwegs ist, trifft man regelmäßig auf freilaufende Tiere (Esel, Kühe, Schweine). Hier also meine erste Begegnung der animalischen Art, eine Gruppe Rindviecher. Sie scheinen sich nicht sonderlich für mich zu interessieren, einen gewissen Respekt habe ich als Stadtmensch aber trotzdem.



Ich treffe wieder auf die D 81, bis Porto sind es noch 46 km, dazwischen liegen zwei Pässe, der Col de la Palmarella mit 405 m und der Col de la Croix mit 260 m.



Zunächst nutze ich noch eine unverhoffte Einkehrmöglichkeit für einen kleinen Snack. Hier komme ich mit einem deutschen Motorradreisenden angeregt ins Gespräch und halte mich daher länger als geplant auf.

Bis zum Col de la Palmarella verläuft die D 81 ohne Meerblick im Landesinneren. Die großartige Landschaft ist genauso einsam wie gestern, mir begegnen noch weniger Kfz als gestern und überhaupt keine Radler. Sie erscheint mir aber etwas fruchtbarer und als gestern, mit etwas üppigerer Vegetation.



Sanft ansteigend und sehr kurvig schraubt sich die Straße gemütlich auf 400 m hinauf, schließlich kommt in der Ferne der Pass in Sicht (der Einschnitt am Horizont):



Am Col de la Palmarella (405 m) stößt die Straße wieder auf die Küste. Hier verläuft auch die Grenze zwischen den beiden korsischen Départements, Haute-Corse und Corse-du-Sud.



Hier oben gibt es einen Aussichtspunkt mit herrlichem Ausblick aufs Meer.



Ich bin hier allerdings nicht allein, außer mir genießen auch die Insassen zweier großer Touristenbusse die Aussicht.

Ab hier verläuft die D 81 bis Porto entlang der Küste, der Blick aufs Meer ist durchweg atemberaubend.



Der nächste Pass ist deutlich niedriger, es geht überwiegend bergab, und nach einem kurzen Gegenanstieg ist der Col de la Croix (260 m) erreicht. Auf dem Schild ist auch die korsische Form des Namens angegeben.



Das Landschaftserlebnis ist fantastisch, die Straße verläuft nun spektakulär entlang der Steilküste.





Es geht abwärts bis fast auf Meeresniveau. Hier ist einer der für die korsische Küste typischen Genuesentürme zu sehen. Korsika ist erst seit 1769 Teil Frankreichs, davor, seit dem Mittelalter, gehörte es über Jahrhunderte zu Genua. In dieser Zeit sind entlang der gesamten Küste im Abstand von wenigen Kilometern Wachtürme zum Schutz vor Angriffen von See errichtet worden, von denen heute noch mehrere Dutzend, teils als Ruine, erhalten sind.



Es geht wieder eine Weile ordentlich bergauf, dann rolle ich endgültig abwärts nach Porto. Der Ort ist in einem tief eingeschnittenen Tal an der Mündung des gleichnamigen Flusses gelegen. Er ist touristisch sehr belebt, ganz im Gegensatz etwa zu Galéria, aber sehr sympathisch, mit zahlreichen Hotels, Campingplätzen, einem Jachthafen und einer Vielzahl von Restaurants in den netten Altstadtgassen. Auf dem sehr großen städtischen Campingplatz (Camping municipal) schlage ich mein Zelt auf und sehe mich anschließend im Ort um. In Porto bin ich vor Jahren bereits, von Süden kommend, mit dem Auto gewesen.

Die Hafeneinfahrt von Porto wird von einem weiteren genuesischen Wachturm dominiert.



Beim Blick ins Landesinnere sieht man das hier direkt auf die Küste treffende Hochgebirge, in das ich morgen vorzustoßen gedenke, über den höchsten Straßenpass der Insel, den Col de Vergio.



Beim Abendessen in einem der zahlreichen netten Restaurants nehme ich anhand meiner Karte, meines Reise- und meines Wanderführers die Detailplanung für die verbleibenden sechs Fahrtage vor, in denen ich Bastia erreichen muss, um von dort die Fähre zurück zu nehmen. Der Plan, den ich mir schließlich zurechtbastele, sieht vor, über den Col de Vergio (1477 m) ins Inselinnere nach Corte, dort ein Tag Aufenthalt zum Wandern (und eine Fahrt mit der korsischen Bahn auf dem landschaftlich spektakulärsten Abschnitt des Netzes zwischen Corte und Vizzavona) und abschließend eine Umrundung von Cap Corse, der markanten Halbinsel im Nordosten der Insel, mit mindestens einer weiteren Wanderung.

Ich kann noch nicht ahnen, dass morgen alles ganz anders kommen wird und aus den schönen Plänen bis auf Weiteres nichts wird…

15. Tag (13.09.2014) Porto – Calanches – Porto und Krankenwagen nach Ajaccio

Strecke: ca. 20 km

Höhenmeter: ca. 400


Heute will ich die Küste verlassen und ins Inselinnere vorstoßen, über den Col de Vergio, den höchsten Pass der Insel. Zunächst steht aber ein kurzer Abstecher auf der Küstenstraße Richtung Süden in die Calanches auf dem Programm, eine bizarre Felslandschaft, die ich mir auf meiner letzten Korsikareise (2001) mit dem Auto bereits angesehen habe. Die kurze Wanderung von damals, die ich als sehr reizvoll in Erinnerung habe, möchte ich wiederholen. Ich lasse also das Zelt aufgebaut und fahre mit Wanderschuhen und ohne Gepäck los. Hoffentlich bin ich einigermaßen zeitig wieder zurück in Porto, denn für die Fahrt über den Col de Vergio (1477 m, und das ab Meeresniveau, sind ja kein Pappenstiel) sollte ich nicht zu spät loskommen.

Ich bin überrascht, dass es zu den Calanches doch auf ca. 400 m hinaufgeht. Das hatte ich so nicht in Erinnerung, aber damals mit dem Auto habe ich wohl naturgemäß die Höhenmeter anders wahrgenommen als jetzt mit dem Rad. Es bietet sich ein schöner Blick zurück auf Porto.



Am höchsten Punkt der wildromantischen Felslandschaft ist ein Aussichtspunkt mit Parkplatz und einer Snackbar, wo gerade die Ladungen mehrerer Touristenbusse abgefüttert werden. Auch ich gönne mir hier einen Kaffee und eine Kleinigkeit, da ich noch nicht richtig gefrühstückt habe, und genieße den Ausblick.





Ich beschränke mich auf eine Wanderung von einer knappen Stunde, man kann in den Calanches auch einen ganzen Tag verbringen, ohne dass es langweilig wird, aber ich habe ja keine Zeit… Aber auch so bekomme ich einen guten Eindruck der bizarren Felsformationen hoch über dem Golf von Porto.









Nun genieße ich die Abfahrt zurück nach Porto. Während der Fahrt bin ich gedanklich schon bei der heutigen Tagesetappe, die ja noch vor mir liegt. Es ist nun schon fast Mittag, ich muss noch mein Zelt abbauen und packen, vor eins werde ich kaum loskommen, schaffe ich es heute noch über den Col de Vergio und bis zum nächsten Ort danach, in dem mit Übernachtungsmöglichkeiten zu rechnen ist (Calacuccia), oder sollte ich doch heute vor dem Pass auf halber Höhe in Evisa übernachten?

All diese Überlegungen sind letztlich überflüssig, denn bei der Einfahrt in den Campingplatz in Porto passiert es: Vor der Rezeption, quer über der Einfahrt, liegt ein Tau, das, schon ziemlich plattgefahren, Kfz und Wohnmobile zu langsamem Fahren veranlassen soll. Ich bin hier bereits gestern Abend und heute Morgen drübergefahren, aber dieses Mal – ich habe bis heute nicht begriffen, warum – stürze ich, und zwar richtig heftig und schmerzhaft. Das nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass ich ziemlich benommen auf den Stufen der Campingplatzrezeption sitze und die Dame von der Rezeption und zwei weitere Campingplatzgäste auf mich einreden und meine Blessuren mit Desinfektionsmittel und Wattetupfern versorgen.

Da ich ja „nur“ einen kurzen Abstecher zum Wandern gemacht hatte, habe ich meinen Helm nicht aufgehabt und bin auch mit dem Kopf aufgeschlagen. Hätte böse ausgehen können, immerhin brauche ich eine Weile, bis ich wieder völlig bei mir bin und mir klarzumachen versuche, was passiert ist. Ich muss heftig auf die rechte Körperseite gefallen sein, ich habe Abschürfungen am Knie, an der Hüfte, am Ellenbogen und an der Schulter, dazu ein leichtes Veilchen ums rechte Auge und eine Beinahe-Platzwunde in der rechten Augenbraue. Ich entschließe mich, heute nicht weiterzufahren, mich erstmal in Ruhe von dem Schreck zu erholen, und buche gleich in der Rezeption eine weitere Nacht. Mist, dadurch verliere ich einen Tag und muss meine schönen Planungen entsprechend zusammenstreichen…

Am Rad ist zum Glück nichts, außer dass die Halterung für die Lenkertasche angeknackst ist (die Tasche hatte ich nicht dran). Mir ist völlig unklar, wie das Rad ausgerechnet mit dem Bereich des Lenkervorbaus auf den Asphalt knallen konnte, es muss einen spektakulären Looping vollführt haben…

Nun erst merke ich, dass das eigentliche Problem nicht die oberflächlichen Blessuren sind, denn ich habe nun das Gefühl, dass im rechten Ellenbogen irgendetwas nicht in Ordnung ist. Weniger ein Schmerz, als vielmehr ein Gefühl, dass da drinnen irgendetwas nicht stimmt. Etwa gebrochen? Das muss sich auf alle Fälle sofort ein Arzt ansehen. Ich packe also meine Gesundheitsdokumente (Impfpass, Blutgruppenausweis etc.) in meinen Rucksack und marschiere die paar Hundert Meter in den Ort zur Tourismusinformation. Hätte ich geahnt, was kommen würde, hätte ich sicher etwas mehr eingepackt.

In der Tourismusinformation heißt es, Ärzte gebe es in Porto eigentlich nicht (was mich aufgrund der touristischen Bedeutung des Ortes etwas wundert), und schon gar nicht jetzt, Samstags nachmittags. Man könne mir aber einen Rettungswagen bestellen (dafür sind hier aus irgendwelchen Gründen „les pompiers“, also die Feuerwehr, zuständig), der mich in die Inselhauptstadt Ajaccio ins Krankenhaus fahren könne. Also gut, hilft ja nichts.

Der Krankenwagen ist auch recht schnell da mitsamt Besatzung von drei Mann/Frau. Mit der netten Sanitäterin, die mich während der Fahrt betreut, unterhalte ich mich über meine Reise, meine nun in Frage gestellten weiteren Reiseplanungen und meine Enttäuschung darüber, dass das wohl nun alles Makulatur sein wird. Das hilft etwas, meinen Frust abzubauen. Auf der Pritsche liegend kann ich während der Fahrt aus dem Rückfenster immerhin die landschaftlich herrliche Strecke südwärts entlang der Küste genießen, wir fahren zunächst die gleiche Strecke an den Calanches vorbei, die ich heute Vormittag hin und zurück gefahren bin, und auch die weitere Strecke südwärts (überwiegend) entlang der Küste bis zur Inselhauptstadt Ajaccio bin ich während meines Korsikaurlaubs 2001 bereits mit dem Auto gefahren. Landschaftlich traumhaft, aber irgendwie hatte ich das anders geplant… Schließlich kommen wir auch auf halbem Wege zwischen Porto und Ajaccio durch den Küstenort, in dem ich mir 2001 mit einem Kumpel für zwei Wochen eine Ferienwohnung gemietet hatte. Aus der Erinnerung heraus erkenne ich den Ort im Vorbeifahren tatsächlich wieder.

Schließlich endet der Zuständigkeitsbereich „meiner“ Sanitäter, und in einer Feuerwache werde ich von einem schon bereitstehenden neuen Krankenwagen mit neuer Besatzung in Empfang genommen, die mich dann schließlich nach Ajaccio fahren. Die Gesamtstrecke von Porto nach Ajaccio beträgt immerhin ca. 80 km; ich hoffe immer noch, dass sie mich im Krankenhaus nicht dabehalten und ich vielleicht heute noch (und sei es um den Preis einer extrem teuren Taxifahrt) nach Porto zurückkehern kann…

In der Notaufnahme im Krankenhaus in Ajaccio (Centre hospitalier Notre-Dame de la Misericorde) komme ich recht schnell dran, dank meiner Französischkenntnisse verläuft die Verständigung problemlos. Anhand der Röntgenaufnahmen ist die Diagnose schnell klar: „Oui, le coude est cassé, il faut opérer“. Merde, also doch gebrochen. Es handelt sich, wie ich später erfahre, um eine sogenannte Olekranonfraktur, die bei Stürzen häufig vorkommt, das heißt, die obere Spitze des Ellenknochens ist (zum Glück glatt) abgebrochen. Man habe ein Bett auf der entsprechenden Station frei und könne mich gleich morgen (obwohl Sonntag ist) operieren. Mitte kommender Woche würde ich dann voraussichtlich entlassen werden. Also gut, was muss, das muss, die ebenfalls zur Wahl gestellte Alternative, den Arm provisorisch ruhigzustellen, nach Deutschland zu fliegen und mich dort operieren zu lassen, verwerfe ich schnell.

So liege ich also am Ende des Tages in einem Krankenzimmer in Ajaccio. Immerhin habe ich vom Bett aus einen schönen Blick über die Bucht von Ajaccio, und die Sonne scheint ins Zimmer, das ich mir mit einem sympathischen Korsen teile, der nach einem Autounfall ein Schleudertrauma erlitten hat. Das Personal ist ebenfalls sympathisch, und ich fühle mich gut aufgehoben.



Die schlaflose Nacht verbringe ich mit Gedanken an meine nun vereitelte weitere Radreise und mit der Frage, wie ich denn nun, nach meiner hoffentlich baldigen Entlassung (offenbar ja bereits in wenigen Tagen), gehandicapt, wie ich sein werde, mich, das Rad, Zelt und Gepäck, was ja alles noch ca. 80 km entfernt auf dem Campingplatz in Porto steht, zurück nach Deutschland bekommen soll…

Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (07.10.15 23:00)
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#1163218 - 08.10.15 15:57 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
veloträumer
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Hallo Tom,
nun habe ich dich mehrere Beiträge schreiben lassen und bin ausgerechnet mit dem Unglückstag in deinen Bericht eingestiegen. traurig Das ist aber sehr ärgerlich, um so mehr freut es mich, dass du noch im Urlaubsland offenbar medizinisch gut versorgt worden bist. Gab es da eigentlich erhöhte Kosten? (Eine kleine Zuzahlung muss man ja auch in Deutschland z.B. bei Krankenwagentransport zahlen.) Der Übersicht entnehme ich, dass ich dir keine gute Genesung mehr wünschen muss, derweil du den Schicksalsschlag so gut überlebt hast, dass du offenbar wieder an den Ort des verdammten Geschehens zurückgekehrt bist. (Wie beim Pferd, dass bei Verweigerung oder Abräumen des Hindernisses nochmal springen soll, damit die Angst nicht hängen bleibt... schmunzel)

Die schönen Bilder wecken auch bei mir liebgewonnene Erinnerungen und Wehmut, trotzdem sind auch noch ein paar Neuheiten dabei, z.B. scheint der Col de Crimone mit der Gâts-Schlucht eine Empfehlung zu sein. Mit dem Col de Cayolle hast du sicherlich die beste Entscheidung zwischen schönster Route und flottem Durchmarsch gewählt - Bonette ist weniger attrakiv (zumindest ohne Moutiers-Ergänzung) und Allos auch eine Stufe niedriger zu bewerten, zumal du im unteren Bereich mit der Daluis-Schlucht einen höchst attraktiven Passauslauf vorgefunden hast, ohne Zusatzanstieg. Die Etappeneinteilung scheint dir auch gelungen zu sein, was die Orte angeht (Gap, Barcelonette, Entrevaux).

Ich bin mal gespannt, was jetzt noch zu Korsika kommt, wenngleich ich da noch weniger Lücken habe. Was mich auch interessiert: Hast du signifikante Unterschiede zwischen den beiden Reisemonaten September einerseits und Juli andererseits in Korsika bemerkt? - Eines hast du mir sicherlich voraus: Als Weintrinker versäumte ich das Kastanienbier zu probieren. peinlich bier
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
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Geändert von veloträumer (08.10.15 15:58)
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#1163280 - 08.10.15 21:02 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: veloträumer]
Tom72
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Hallo Veloträumer,

ja, den Unglückstag habe ich doch recht gut überstanden, und der Reisebericht geht weiter, wie ja bereits im Prolog angedeutet. Ich habe dieses Jahr ziemlich genau die Planung durchgeführt, die ich mir letztes Jahr am Vorabend des Unglückstags zurechtgebastelt habe. Dass ich bei nächster Gelegenheit die geplante Tour zu Ende führen würde, dieser Entschluss ist eigentlich schon im Krankenhaus gereift. Noch etwas Geduld, ich bin noch am Schreiben...

Zu den Kosten: die Krankenkassenformalitäten waren im Krankenhaus in Ajaccio nach Vorlage meiner Krankenkassenkarte unproblematisch, und soweit ich mich erinnere, hat die Kasse die Behandlungskosten und den Krankentransport nach Ajaccio komplett übernommen. Teuer war halt der kurzfristig gebuchte Flug von Ajaccio nach Deutschland...

Ob ich Unterschiede zwischen den Monaten September und Juli auf Korsika bemerkt habe? Schwer zu sagen, ich hatte letztes Jahr im September großes Glück mit dem Wettter, aber es war nicht zu heiß. Dieses Jahr war der Juli ja extrem heiß, das hat sich merklich auf meine Leistungsfähigkeit ausgewirkt. Ich bin daher, völlig entgegen meinen üblichen Gepflogenheiten, fast jeden Tag um sechs aufgestanden, um spätestens um acht loszukommen und wenigstens einen Teil der Tagesetappe vor der Mittagshitze absolviert zu haben (normalerweise bin ich schon froh, wenn ich zwischen zehn und elf loskomme).

Und natürlich habe ich nicht nur das korsische Kastanienbier genossen, sondern auch den korsischen Wein wein
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (08.10.15 21:13)
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#1163463 - 09.10.15 16:04 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
BeBor
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In Antwort auf: Tom72
Und natürlich habe ich nicht nur das korsische Kastanienbier genossen, sondern auch den korsischen Wein wein

Beides zu seiner Zeit. Die korsischen Weine (habe bei meinen Korsikatrips verschiedene, rote und weiße, probiert, deren Bezeichnungen aber nicht gemerkt) sind durchweg sehr ordentlich. Zum korsischen Wein hat mir ein älterer Korse, der nach dem Krieg als Soldat in Deutschland war und nach eigener Aussage sogar beim FC Kaiserslautern Fußball gespielt hat, eine Geschichte erzählt. Der Ostteil der Insel war demnach bis 1945 malariagefährdet und wurde nach dem Krieg mit Hilfe von amerikanischem Militär und viel DDT "entmückt", danach war Ruhe im Stall. Die damit gewonnenen Areale sind im Anschluss daran argrartechnisch erschlossen worden und sollten nach dem Willen von Staatschef De Gaulle ursprünglich korsischen Jung-Weinbauern als Existenzgrundlage überlassen werden. Auch um bei den Korsen ein wenig gute Stimmung zu machen.

Dazwischen kam aber die Unabhängigkeit Algeriens mit der ungeplanten "Übernahme" vieler Algerier, die sich entschieden hatten, die französische Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz auf französischem Gebiet zu behalten. Statt korsischer Jungbauern wurden daher Algerier angesiedelt, die dann den Weinanbau in den Gebieten betrieben. Leider wohl mit teilweise illegalen Panschermethoden und dem Effekt, das korsischer Wein viele Jahre im Rest Frankreichs geächtet und unverkäuflich war. Das wird den Algeriern dort heute noch ziemlich übel angekreidet und ist wohl mit ein Grund dafür, dass selbst nach Jahrzehnten die algerische Minderheit ghettoisiert lebt, vor allem in Bastia.

Das korsische Kastanienbier gehörte bei mir stets zum Ritual, wenn ich abends auf einem Campingplatz angekommen bin und nach des Tages Qual eine erste Belohnung brauchte.

Bernd
Mit Fahrrädern? So mit selber treten? Wo ist denn da der Sinn? (Heinz Erhardt im Film “Immer diese Radler”)

Geändert von BeBor (09.10.15 16:06)
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#1163490 - 09.10.15 17:59 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Friedrich
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Erinnerungen werden wach ... trotz Unfall - ein empfehlenwertes "Radreiseziel".
Fritz
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#1163513 - 09.10.15 19:23 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: BeBor]
Axurit
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In Antwort auf: BeBor
Dazwischen kam aber die Unabhängigkeit Algeriens mit der ungeplanten "Übernahme" vieler Algerier, die sich entschieden hatten, die französische Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz auf französischem Gebiet zu behalten. Statt korsischer Jungbauern wurden daher Algerier angesiedelt, die dann den Weinanbau in den Gebieten betrieben. Leider wohl mit teilweise illegalen Panschermethoden und dem Effekt, das korsischer Wein viele Jahre im Rest Frankreichs geächtet und unverkäuflich war. Das wird den Algeriern dort heute noch ziemlich übel angekreidet und ist wohl mit ein Grund dafür, dass selbst nach Jahrzehnten die algerische Minderheit ghettoisiert lebt, vor allem in Bastia.
Bei den angesprochenen "Algeriern" handelte es sich um so genannte "Pieds-Noirs", also Franzosen, die während der Kolonialzeit in Algerien gelebt haben, meist über Generationen hinweg. Die Abneigung der Korsen gegen diese aus ihrer Sicht von der Regierung bevorzugt behandelten Zuwanderer eskalierte 1975 im Drama von Aléria, der ersten bewaffneten und blutigen Auseinandersetzung zwischen der Regierung und den korsischen Nationalisten.

Der korsische Wein, den ich in den 70er-Jahren kosten durfte und der garantiert aus eingeborener Produktion stammte, wäre auch ohne Panschskandal auf dem Festland höchstens zur Essigproduktion verwendet worden.
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Off-topic #1163518 - 09.10.15 20:02 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Friedrich]
Keine Ahnung
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Was hast denn Du da angestellt? Vielleicht solltest Du zur Helmdiskussion beitragen zwinker .
Gruß, Arnulf

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Off-topic #1163552 - 09.10.15 21:44 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Keine Ahnung]
Friedrich
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Von einem PKW von hinten angefahren (Madam war mit Handy und Lenkrad „a weng“ überfordert ) – mit dem Kopf auf dem rechten Kotflügel gelandet, an der rechten Seite des PKW entlang geschrammt und voll auf der Fresse gelandet. Der Helm wurde vom rechte Außenspiegel zerfetzt. Was man auf den Bildern nicht sehen kann – ein bohnengroßes Hämatom auf der linken Hirnhälfte, einen Riss am linken Schulterblatt, Risse am linken Jochbein und Schmerzen, Schmerzen, Schmerzen, ... Ich war 9 Tage im Krankenhaus in Ajaccio, 4 Tage in einem Hotel und wurde anschließend nach München geflogen (in Begleitung eines Arztes).

Bleibende Erinnerungen – an Händen, Beinen und vor allem im Gesicht.

An einer Helmdiskussion möchte ich nicht teilnehmen – dafür haben wir unsere Kampf-, Akkord- und Vielschreiber die en detaille erklären können (und müssen) warum die Matschbirne behelmt oder unbehelmt durch die Gegend gefahren werden sollte.
Fritz
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Off-topic #1163562 - 09.10.15 22:28 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Friedrich]
Keine Ahnung
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Dann freut mich, dass Du das doch noch einigermaßen glimpflich überstanden hast. Ich habe mich unglücklicherweise schon wieder hinreißen lassen, in der Helmdiskussion mitzuwirken, wobei ich selber schon einen Unfall hatte, in dem de Helm zu Bruch gegangen ist - aber ich bin einfach der Meinung, dass solche Entscheidungen privater Natur sein sollten.

Ich hoffe für Dich, dass der Unfall nicht ein "Angstproblem" hinterlassen hat. Nachdem ich einmal bei einer Passabfahrt (im jugendlichen Leichtsinn selbst verschuldet) ziemlich spektakulär gestürzt bin, überkommen mich noch heute bei Abfahrten ganz unvermittelt kurze Angstgefühle, die mich die Geschwindigkeit etwas drosseln lassen (obwohl meine Frau meint, dass ich immer noch zu schnell fahre grins ). Das kann ein guter Schutzmechanismus sein, kann aber sicher auch lästig werden.
Gruß, Arnulf

"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)
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#1164307 - 12.10.15 22:20 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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16.-22. Tag (14.-20.09.2014), Krankenhaus in Ajaccio und Rückflug

Die Operation am nächsten Vormittag verläuft problemlos, ich bekomme bei regionaler Anästhesie zwei Metallstifte und eine Drahtschlinge in den Ellenbogen gebastelt, die das abgebrochene Stück des Ellenknochens, gegen den Zug der dort ansetzenden Muskeln bzw. Sehnen, an seinem Platz halten. Der medizinische Fachbegriff dafür lautet Zuggurtungsosteosynthese.

Auch mit 42 Jahren ist man noch sehr dankbar, sich in Notsituationen auf elterlichen Beistand verlassen zu können: Meine Eltern haben sofort nach kurzfristigen Flügen geschaut und für meine Mutter Hin- und Rückflug nach Ajaccio gebucht, so dass sie mich abholen kann, den Rückflug (am Samstag) sogar mit Radtransport. Nur den Rückflug für mich noch nicht, da ja erst sicher sein muss, dass ich rechtzeitig entlassen werde. Meine Mutter wird am Mittwoch in Ajaccio sein.

Die nächsten Tage im Krankenhaus gestalten sich ziemlich öde, ich bin in meinem Aktionsradius ziemlich eingeschränkt – Infusionsschläuche im linken Arm, Drainage für den Blutabfluss aus der Wunde am rechten Arm. Immerhin habe ich in diesen Tagen mehr Gelegenheit, Französisch zu sprechen, als auf der gesamten bisherigen Reise, und kann meinen Wortschatz noch um einige Kuriositäten erweitern: die Bettpfanne z. B. nennen sie hier „Pistolet“, wie die Handfeuerwaffe, wohl wegen der vage daran erinnernden Form. Ich rufe auf dem Campingplatz in Porto an, um Bescheid zu geben, dass ich mein Zelt und mein Rad bis auf weiteres stehenlassen muss und mich wieder melde, wenn ich Näheres weiß. Man versichert mir schließlich, dass ich aller Wahrscheinlichkeit nach am Donnerstag aus dem Krankenhaus entlassen werde.

Am Mittwoch ist schließlich meine Mutter da, als ehemalige Französischlehrerin hat sie sich gut zurechtgefunden und hat mit Hilfe eines freundlichen Taxifahrers ein Hotel für sich (und ab morgen auch für mich) gefunden. Der Taxifahrer hat ihr auch einen Kollegen vermittelt, mit dem sie für mich für Freitag die Fahrt nach Porto vereinbart hat, damit ich meine Sachen abholen kann.

Am Donnerstag werde ich tatsächlich entlassen, mein Arm ist mittels einer abnehmbaren Kunststoffschale ruhiggestellt, ich bin natürlich (als Rechtshänder) hinsichtlich aller alltäglichen Verrichtungen extrem eingeschränkt. Nun kann ich immerhin noch zwei nette Abende mit meiner Mutter in Ajaccio verbringen. Und ich kann nun auch für mich den Rückflug buchen, das kostet mich so kurzfristig allerdings über 700 Euro, immerhin bekomme ich noch einen Platz für denselben Flug, den meine Mutter (mit Fahrradmitnahme) bereits für sich gebucht hatte. Aber anders wäre es gar nicht gegangen…

Am Freitag fahre ich also mit einem freundlichen Taxifahrer nach Porto, er hilft mir, der ich ja gehandicapt bin, mit dem Zeltabbau, mit dem Packen meiner Sachen und damit, das Rad für den Flug zu verpacken (ich habe ja meine Transporthülle für den Zugtransport dabei, damit ist das Rad auch schon mehrfach geflogen). Als ich mich an der Campingplatzrezeption melde, um die für vergangenen fünf Nächte zu zahlen, meint man (wohl auch aus Mitleid), das sei nicht nötig, ich sei ja selber gar nicht dagewesen. Ich freue mich über diese Kulanz. Es geht zurück nach Ajaccio. So bin ich zum Abschluss zwar noch zweimal, hin und zurück, in den Genuss der wunderschönen, mir ja nun schon von meinem Urlaub 2001 und dem Krankentransport vor einigen Tagen bekannten Strecke zwischen Ajaccio und Porto gekommen, aber aufgrund der Entfernung (ca. 80 km für die einfache Fahrt) war es natürlich sehr teuer, ca. 260 Euro (nach Taxameter wäre es noch mehr gewesen). Aber dafür habe ich nun Rad und Gepäck in Ajaccio.

Der Rückflug am folgenden Tag gestaltet sich nochmal recht abenteuerlich, wir müssen in Paris umsteigen, vom Flughafen Orly nach Charles de Gaulle, das Gepäck und das Fahrrad werden nicht durchgestellt, so dass wir es selber im Flughafenbus transportieren müssen. Zwar zu zweit, aber mit nur drei funktionsfähigen Armen ein gewaltiger Stress, die fünf zur Verfügung stehenden Stunden reichen gerade.

Endlich in Stuttgart angekommen, verbringe ich noch ein paar Tage bei meinen Eltern, ich bin ja ohnehin noch länger krankgeschrieben und mit dem ruhiggestellten rechten Arm recht hilflos, so dass ich erstmal nicht nach Dresden zurück fahre. Meinen Eltern sei an dieser Stelle für die Unterstützung ein ganz besonderer Dank ausgesprochen. Allein hätte ich mein Gepäck mitsamt Fahrrad kaum nach Deutschland bekommen.

Intermezzo

Die Wund- und Knochenheilung verläuft planmäßig, ich bin für gut sechs Wochen krankgeschrieben, und nach längerer Physiotherapie (bis in den Januar) ist die Bewegungsfähigkeit des Arms fast zu Hundert Prozent wieder hergestellt. Ein paar Wochen vorher kann ich schon wieder radfahren.

Für das kommende Jahr (2015) ist schnell klar, wohin die jährliche Radreise diesmal gehen soll: Natürlich muss ich unbedingt die so unglücklich abgebrochene Korsikatour zu Ende führen. Ich habe gut zwei Wochen im Juli zur Verfügung. Mein Termin für die Metallentfernung ist erst einige Wochen danach, so dass die beiden Metallstifte samt Drahtschlinge im Ellenbogen noch einmal mit zurück nach Korsika reisen.

23.-28. Tag (04.07.-09.07.2015), Zugfahrt nach Marseille, mit dem Rad nach Toulon, Fähre Toulon – L’Île-Rousse, mit dem Rad nach Porto

Bei der Zählung der Tage fahre ich einfach dort fort, wo der Bericht für den letztjährigen Teil der Reise aufgehört hat. Die Fahrt nach Porto, wo mich letztes Jahr der Unfall ereilt hat und von wo aus ich meine Reiseplanungen fortführen will, sei auch nur kurz dargestellt.

Ich habe wieder den TGV von Frankfurt genommen, diesmal bis Marseille, bin in zwei Tagen landschaftlich reizvoll entlang der Küste bis Toulon geradelt, habe in Toulon die Fähre nach L’Île-Rousse genommen und bin dann dieselbe Strecke wie im Vorjahr nach Porto geradelt. In Calvi derselbe Campingplatz, dasselbe Restaurant mit dem leckeren korsischen Menü, und auch in Galéria wieder derselbe Campingplatz. Die traumhafte Strecke Calvi-Porto habe ich so ein zweites Mal genießen können. In Porto habe ich mein Zelt dann wieder auf dem Camping municipal aufgeschlagen. In der Rezeption erinnert man sich tatsächlich noch an mich und meinen Unfall vom letzten Jahr. Auch bei nochmaliger Betrachtung der Campingplatzeinfahrt wird mir nicht so recht klar, wie und warum ich hier derartig stürzen konnte.

Als das Zelt aufgebaut ist, ist es erst früher Nachmittag, und ich erfahre, dass es von Porto aus Bootsrundfahrten gibt. Eine der angebotenen Strecken führt entlang der Calanches, der wildromantischen Felsküste, die ich mir letztes Jahr am Vormittag des Unglückstages mit dem Rad und auf einer kurzen Wanderung angesehen habe. Es gibt zahlreiche Anbieter, die Preise sind bei allen ähnlich (ca. 25 Euro), so dass ich mich für diejenige Tour entscheide, die mir zeitlich am besten passt. Nun seien dem geneigten Leser auch endlich mal wieder ein paar Bilder gegönnt schmunzel :

Etwas verspätet kommt das Boot von der vorhergehenden Tour zurück.



Das Meer ist recht aufgewühlt, nichts für schwache Mägen, mir aber bereitet der Ritt über die recht heftigen Wellen besonderes Vergnügen. Im Rückblick sieht man den genuesischen Wachturm von Porto.



Es ist interessant, den Blick vom Meer auf die Felslandschaft zu genießen, die ich ja letztes Jahr schon vom Land aus kennengelernt habe.



Bisweilen fährt das Boot ganz nah an die bizarren Felsformationen heran; an mehreren Stellen haben die Brandung und die Erosion im Laufe der Jahrtausende regelrechte Tunnel geschaffen.





Mit voller Kraft geht es zurück nach Porto. Dieser Bootsausflug hat sich wirklich gelohnt.



Anschließend gönne ich mir am Strand von Porto noch ein Bad in der schäumenden Brandung.



Ich bin froh, endlich wieder in Porto zu sein; ab morgen kann ich nun endlich meine Reise, so wie ich sie letztes Jahr geplant hatte, zu Ende führen, fast so, als sei nicht passiert… Morgen geht es also tatsächlich ins Hochgebirge Richtung Col de Vergio (1477 m), wie ich es für den Nachmittag des Unglückstages geplant hatte, allerdings werde ich morgen erstmal auf etwa halber Höhe, in Evisa, übernachten.

Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (12.10.15 22:25)
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#1164367 - 13.10.15 08:45 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
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Ich bin froh, zu hören, dass Du am Ende die ganze Sache mit Hilfe Deiner Mutter bewältigen konntest. Schön ist auch, dass Du nicht aufgibst und die Tour nun fortgesetzt hast. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung Deines Berichts.
Gruß, Arnulf

"Ein Leben ohne Radfahren ist möglich, aber sinnlos" (frei nach Loriot)
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#1166111 - 20.10.15 21:06 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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29. Tag (10.07.2015), Porto – Evisa

Strecke: 24 km

Fahrzeit: 2 Std. 29 min

Höhenmeter: 907


Ich hatte letztes Jahr im September mit dem Wetter Glück gehabt, Sonnenschein und kein Tropfen Regen, nun bin ich im Juli unterwegs, der ja dieses Jahr schon in Deutschland extrem heiß ist, umso mehr hier im Süden, so dass es mit dem schönen Wetter doch etwas zuviel des Guten ist und das Fahren in der Mittagshitze sehr schweißtreibend und kräftezehrend. Das habe ich an den beiden Tagen zwischen Marseille und Toulon gemerkt (ich bin jeweils, wie üblich, spät aufgestanden und erst losgekommen, als es bereits fast unerträglich heiß war und habe entsprechend geschwitzt und gelitten), so dass ich vorgestern in Calvi beschlossen habe, nun regelmäßig möglichst um sechs aufzustehen und spätestens um acht loszufahren, um jeweils für einen möglichst großen Teil der Tagesetappe die einigermaßen kühlen Vormittagsstunden zu nutzen.

Tatsächlich schaffe ich es auch heute, nach Zeltabbau und Packen, wenig später als acht loszufahren. Bereits vom Campingplatz sieht man das aufragende Hochgebirge, in das mich mein Weg nun führen wird.



Ziel ist heute Evisa, das auf ca. 850 m liegt; die kompletten gut 1400 Höhenmeter des Col de Vergio (ich starte ja auf Meeresniveau) sind mir bei der Hitze für eine Tagesetappe zuviel, der Pass (der höchste Straßenpass der Insel) muss bis morgen warten. Es geht auch sofort ordentlich bergauf, aber mit durchweg mäßiger Steigung. Die Straße ist kaum befahren. Die Landschaft begeistert.



Recht bald ergibt sich eine weitere der auf Korsika unvermeidlichen Begegnungen mit freilaufenden vierbeinigen Zeitgenossen.



Die Schweine sind recht zutraulich, während ich fotografiere, kommen sie auf mich zu und beschnuppern meine verschwitzten Schuhe. Keine Ahnung, was daran so interessant ist…



Am Hang gegenüber liegt das hübsche Bergdorf Ota. Den Ort kenne ich bereits von meiner Reise vor etlichen Jahren (damals ohne Fahrrad).



Durch die grandiose Bergwelt gewinne ich langsam an Höhe. Autos begegnen mir so gut wie nicht.









Bereits am späten Vormittag macht mir die Hitze ziemlich zu schaffen. Kurz vor Evisa bietet sich noch einmal ein fantastischer Blick auf Ota; man kann am Horizont sogar das Meer sehen, das auf dem Foto allerdings mit dem Blau des Himmels verschwimmt.



Gegen Mittag komme ich in Evisa an. Ein typisches korsisches Gebirgsdorf, sehr gemütlich, ohne Massentourismus, aber mit einigen netten Restaurants, so dass mein Mittagessen sichergestellt ist. Eine historische Benzinzapfsäule rostet vor sich hin.



Weitere gut 100 Höhenmeter oberhalb des Ortes liegt ein sehr schöner Campingplatz. Es ist nun, am frühen Nachmittag, schon sehr heiß, und ich bin froh, dass ich mein Zelt unter schattenspendenden Bäumen aufschlagen kann.



So kann ich mir trotz der Nachmittagshitze im Zelt einen Mittagsschlaf gönnen.

Den Rest des Tages nutze ich für eine Wanderung in die Spelunca-Schlucht, die sich von Ota bis unterhalb von Evisa erstreckt. Ich rolle also wieder hinunter nach Evisa, schließe mein Rad am Beginn des in meinem Wanderführer beschriebenen Weges am unteren Ortseingang an und marschiere los. Der Wanderweg führt mehrere Hundert Meter hinab in die Schlucht.





Es handelt sich bei dem Wanderweg um einen alten Saumpfad, der Ota mit Evisa verband in einer Zeit, als es im Inselinneren noch keine Straßen gab und der gesamte Verkehr zwischen den Dörfern nur zu Fuß und mit Eseln möglich war. Teilweise ist die historische, aus groben Bruchsteinen bestehende Pflasterung noch erhalten.



Ich erreiche schließlich die Spelunca-Schlucht, durch die das Flüsschen Porto fließt, bei einer von mehreren historischen Brücken aus genuesischer Zeit, auf der der Pfad über den Fluss führt.



Hier gibt es wunderschöne Badestellen. Ich bin nicht der Einzige, der sich hier ein erfrischendes Bad gönnt. Das Wasser ist ziemlich kalt, aber bei der Hitze eine Wohltat.



Ich marschiere noch ein paar Hundert Meter die Schlucht abwärts, kehre aber recht bald wieder um, da es bereits früher Abend ist und ich nicht weiß, wann in Evisa die Bürgersteige hochgeklappt werden und vor allem, wann die Restaurants schließen.



Der recht anstrengende Aufstieg zurück nach Evisa kommt mir ziemlich lang vor. Bin ich vorhin wirklich so weit abgestiegen? Trotzdem ist es, als ich schließlich wieder im Ortskern von Evisa bin, noch nicht allzu spät, und ich bekomme in einem netten Restaurant noch ein leckeres korsisches Menü; als Hauptgang wähle ich zum wiederholten Mal das bewährte Wildschweinragout.

30. Tag (11.07.2015), Evisa - Corte

Strecke: 61 km

Fahrzeit: 4 Std. 22 min

Höhenmeter: 893


Heute geht es zunächst weiter aufwärts, über den Col de Vergio, den mit 1477 Metern höchsten Straßenpass Korsikas; heutiges Ziel ist Corte im Zentrum der Insel. Auch heute schaffe ich es, um sechs aufzustehen und nach Zeltabbau und Packen gegen acht loszukommen, so dass ich auch heute zunächst wieder ein paar einigermaßen kühle Stunden habe, um wenigstens über den Pass zu kommen, bevor die Mittagshitze zuschlägt.

Die Straße verläuft durch ein ausgedehntes Waldgebiet, den Forêt d’Aïtone.





Der Wald lichtet sich,



und der Col de Vergio ist erreicht. Eine monumentale Christus-Statue markiert die Passhöhe.



Ich werde von einigen freilaufenden Kühen begrüßt.



Über den Pass verlaufen einige der korsischen Fernwanderwege, neben dem hier ausgewiesenen „Mare a Mare“ auch der GR 20, der über den Kamm des die Insel von Norden nach Süden durchziehenden Gebirges verläuft und als der schwerste Fernwanderweg Frankreichs gilt.



Ich komme nun ins Zentrum Korsikas.



Richtung Osten reicht der Blick in die Landschaft des Niolo bis zum Stausee von Calacuccia; bis dorthin und noch weiter erwartet mich nun eine herrliche, lange Abfahrt.







Ich rolle abwärts durch das größte Waldgebiet Korsikas, den Forêt de Valdu-Niellu.



Einige der typischen korsischen schwarzen Schweine suhlen sich in der Mittagshitze am Straßenrand genüsslich im Schlamm.



Weiter unten wird die Landschaft karger und vegetationsärmer. Nach Verlassen des Waldes habe ich einen fantastischen Blick auf das Gebirgspanorama.



Richtung Norden (rechts im Bild) ist der Monte Cinto, der mit gut 2700 m höchste Gipfel der Insel, zu sehen.



Im ersten größeren Dorf, Calacuccia, kehre ich kurz ein und esse eine Kleinigkeit.



Unterhalb von Calacuccia verläuft die Straße durch eine spektakuläre Schlucht, die Scala di Santa Regina.







In Pont de Castirla, auf einer Höhe von etwa 350 Metern gelegen, verlasse ich die abwärts führende Departementalstraße 84; um nach Corte zu gelangen, sind noch ca. 300 Höhenmeter über den Col d’Ominanda zu bewältigen. Von der Passhöhe bietet sich ein erster Blick auf die Stadt, die ich schließlich nach einer schönen Abfahrt erreiche.

Corte ist nach Ajaccio und Bastia die drittgrößte Stadt der Insel und wirkt daher für korsische Verhältnisse recht urban. Hoch über der Altstadt thront die Zitadelle, im Volksmund „Adlernest“ (Nid d’Aigle) genannt.



Sehr zentral gibt es mehrere Campingplätze. Ich entscheide mich für einen direkt unterhalb der Altstadt gelegenen, auf dem ich drei Nächte verbringen werde, um in Corte zwei volle Tage zur Verfügung zu haben, da ich von hier aus zwei Wanderungen geplant habe – einmal kombiniert mit einer Fahrt mit der korsischen Schmalspurbahn, das andere Mal mit einer Fahrt mit dem Rad durch die Restonica-Schlucht.

Nach dem Zeltaufbau sehe ich mich in der Altstadt von Corte um. Auf dem zentralen Platz steht ein Denkmal zu Ehren von Pasquale Paoli, der Mitte des 18. Jahrhunderts (1755 bis 1769) von Corte aus den einzigen unabhängigen korsischen Staat der Geschichte regierte, mit einer für die damalige Zeit, noch vor der französischen Revolution und der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, sehr modernen Verfassung und Staatsordnung.



Das nur kurzlebige Staatswesen konnte seinen Unabhängigkeitskampf gegen das die Insel seit dem Mittelalter beherrschende Genua zunächst noch durchhalten, aber als das mit der Rebellion überforderte Genua die Hilfe Frankreichs in Anspruch nahm, führte dies letztlich 1769 zur dazu, dass Korsika Teil Frankreichs wurde und der Traum von einem korsischen Staat endgültig ausgeträumt war. Nur wenige Monate später wurde der wohl bedeutendste Sohn der Insel, Napoleon, geboren, aber während in Ajaccio und Bastia zahlreiche Bonaparte-Standbilder die zentralen Plätze zieren, gilt hier in Corte, der „heimlichen Hauptstadt“ der Insel und Keimzelle der korsischen Autonomiebewegung, nach wie vor Paoli als „Vater des Vaterlands“ (korsisch "u Babbu di a patria") und korsischer Nationalheld.

Die beiden auf dem Foto zu Füßen Paolis ausruhenden Herren sind Teilnehmer eines Gebirgslaufs, der heute auf einer offenbar sehr langen und anstrengenden Strecke von Corte hinauf ins Gebirge und wieder zurück stattfindet. Daher auch die Absperrung rechts im Bild, die die Zielgerade markiert. Noch Stunden später, lange nach Einbruch der Dunkelheit, rennen immer noch alle paar Minuten erschöpfte Läufer durch die Altstadtgassen Richtung Ziel, unter dem Beifallklatschen der Gäste an den Tischen vor den Restaurants.

Auch diese Statue des Generals Gaffori, eines Widerstandskämpfers gegen die Herrschaft Genuas, zeugt, wie auch die aus dieser Zeit stammenden Einschusslöcher in der Fassade dahinter, vom auch heute noch gepflegten rebellischen Geist Cortes und seiner Bedeutung für die korsische Identität.



Dazu passt auch, dass nicht etwa in Ajaccio oder Bastia, sondern in Corte die einzige korsische Universität ihren Sitz hat, die natürlich nach Pasquale Paoli benannt ist und für die hier auf einem Plakat in korsischer Sprache geworben wird.



Von einem Aussichtspunkt oberhalb der Altstadt hat man einen schönen Ausblick auf die Zitadelle und die umliegenden Berge.



Unten, jenseits des Tals des Flusses Tavignano, erstrecken sich die modernen Stadtviertel von Corte.



In einer der malerischen Altstadtgassen lasse ich den Abend in einem der zahlreichen Restaurants bei einem ausgezeichneten korsischen Menü ausklingen. Wieder entscheide ich mich beim Hauptgang für ein Wildschweingericht.

Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom
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#1166682 - 22.10.15 20:54 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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31. Tag (12.07.2015), Bahnfahrt von Corte nach Vizzavona und Wanderung auf die Punta di l’Oriente

Heute dient das Fahrrad nur für die Fahrt zum Bahnhof von Corte; es steht eine Fahrt mit der korsischen Eisenbahn nach Vizzavona und eine Wanderung auf die Punta di l’Oriente mit einer Höhe von 2112 m auf dem Programm.

Der Plan für den heutigen Tag verbindet eine Fahrt mit der korsischen Schmalspurbahn auf dem landschaftlich spektakulärsten und höchstgelegenen Teil des Streckennetzes mit einer Wanderung von Vizzavona aus auf einen gut 2000 Meter hohen Gipfel mit anschließender Bahnrückfahrt nach Corte. Da die korsische Bahn keine Fahrräder mitnimmt, nutze ich sie eben für diesen fahrradlosen Abstecher von Corte aus.

Der Zug von Bastia Richtung Ajaccio fährt in den Bahnhof von Corte ein.



Das bescheidene Streckennetz der korsischen Schmalspurbahn besteht aus einem „Y“ mit Endpunkten in Bastia, Calvi und Ajaccio. Der Knotenpunkt liegt nördlich von Corte in Ponte Leccia. Vor einigen Jahren sind moderne, komfortable Dieseltriebzüge beschafft worden. Der Zug ist gut ausgelastet, die Bahn wird insbesondere von zahlreichen Wanderern genutzt.

Die aufwändig trassierte Strecke gewinnt über zahlreiche Viadukte und durch zahlreiche Tunnels und enge Kehren mit fantastischen Ausblicken auf die grandiose Hochgebirgslandschaft langsam an Höhe.

Über den Fluss Vecchio führt die Bahn auf einem imposanten, von Gustave Eiffel konstruierten eisernen Viadukt, den ich naturgemäß vom Zug aus nicht fotografieren kann, der aber auf der entsprechenden Wikipedia-Seite zu sehen ist. Parallel des Eisenbahnviadukts verläuft die moderne Straßenbrücke der Inseltransversale Bastia-Ajaccio.



In der Bildmitte, mehrere Hundert Meter weiter unten, sieht man einen Teil der Strecke und eine Tunnelmündung, durch die der Zug nur wenige Minuten zuvor gefahren ist.



Weiter bieten sich vom Zugfenster aus fantastische Ausblicke auf die Landschaft im Zentrum Korsikas.



In Vizzavona steige ich aus, wie auch die meisten anderen Fahrgäste, die, wie auch ich, offenbar alle zum Wandern unterwegs sind. Nicht nur der anspruchsvollste Fernwanderweg der Insel, der GR 20, führt hier vorbei, sondern mehrere andere beliebte Wanderwege haben hier ihren Ausgangspunkt.



Der Bahnhof von Vizzavona ist mit ca. 900 m der höchste Punkt der Bahnlinie; direkt hinter dem Bahnhof beginnt der Scheiteltunnel, nach dessen Durchquerung die Strecke abwärts nach Ajaccio an der Westküste führt.



Im Bahnhof von Vizzavona findet auch die Zugkreuzung mit dem Gegenzug statt.



Es ist nun schon später Vormittag, und der letzte Zug zurück nach Corte fährt noch vor 17 Uhr, so dass der Zeitplan für die im Wanderführer mit fünfeinhalb Stunden angegebene Tour recht knapp bemessen ist.

Die Wanderung aus meinem Wanderführer auf die Punta di l’Oriente beginnt ein ganzes Stück oberhalb von Vizzavona, am 1163 m hoch gelegenen Col de Vizzavona, dem höchsten Punkt der Ajaccio an der Westküste mit Bastia an der Ostküste verbindenden Hauptstraße, zu dem ich erst einmal hinaufsteigen muss. Vom Pass geht es sofort steil aufwärts, ich habe ja auch ca. 1000 Höhenmeter vor mir. Zunächst führt der Weg durch ein Waldgebiet. Dann, oberhalb der Baumgrenze, bieten sich herrliche Ausblicke in die Bergwelt und auf die vom Col de Vizzavona abwärts Richtung Westküste führende Straße. Gemessen an der Vielzahl der in Vizzavona ausgestiegenen Wanderer sind auf diesem Weg verhältnismäßig wenig Menschen unterwegs.











Der Weg ist zwar durch Steinmännchen (Steinhaufen als Wegweiser) und farbige Markierungen an den Felsen gekennzeichnet, ich muss aber irgendwann falsch abgebogen sein, und die grobe Übersichtsskizze in meinem Wanderführer ist auch nur bedingt hilfreich. Hätte ich mir mal doch eine detaillierte Wanderkarte besorgt… Jedenfalls endet der Weg an einem hochgelegenen Punkt, von dem aus man einen herrlichen Blick hat, Richtung Osten kann man bis zur Küstenebene (Plaine orientale) schauen.

Ich weiß zwar nicht, wo ich hier bin, aber es ist definitiv nicht der angestrebte Gipfel der Punta di l’Oriente. Da ich aber in Vizzavona den letzten Zug zurück nach Corte erreichen muss, definiere ich diese Stelle als Endpunkt der Wanderung; ich vermute, dass ich auch hier eine Höhe von ca. 2000 m erreicht habe und bin trotzdem sehr zufrieden.

Auch auf dem Abstieg genieße ich herrliche Ausblicke in die Hochgebirgslandschaft.



Ich bin rechtzeitig wieder am Bahnhof von Vizzavona und habe vor der Abfahrt meines Zuges sogar noch Zeit für einen Kaffee in der Bahnhofsgaststätte. Im Zug bekomme ich einen Platz, von dem aus ich durch das Fenster des rückwärtigen Führerstandes auf die Strecke schauen kann.



Hier noch einmal die Fahrt über den von Gustave Eiffel konstruierten höchsten Eisenbahnviadukt der Insel:



Und weitere interessante Ausblicke auf die Bahnstrecke:







Zurück in Corte, lasse ich den Tag in der Altstadt im selben Restaurant wie gestern Abend bei einem weiteren leckeren korsischen Menü ausklingen.

Fortsetzung folgt…

Geändert von Tom72 (22.10.15 21:04)
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#1167360 - 25.10.15 21:05 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
BeBor
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Bist Du eigentlich sicher, dass es sich bei den mehrfach genannten "Wildschein"-Gerichten um echte Wildschwein-Zubereitungen gehandelt hat. Oder eher (im besten Falle) um Fleisch von den im Wald gemästeten korsischen Hausschweinen?

Bernd
Mit Fahrrädern? So mit selber treten? Wo ist denn da der Sinn? (Heinz Erhardt im Film “Immer diese Radler”)
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#1167377 - 25.10.15 22:36 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: BeBor]
Tom72
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Hallo Bernd,

ehrlich gesagt, genau weiß ich es nicht, auf den Speisekarten war halt immer von "sanglier" die Rede. Keine Ahnung, ob es auf Korsika noch "wildere" Schweine gibt, viellecht waren es tatsächlich die häufig am Straßenrand begegnenden freilaufenden, meist schwarzen, Hausschweine, aber lecker war es trotzdem...
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (25.10.15 22:36)
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#1167380 - 25.10.15 23:36 Re: île de Beauté - Südostfrankreich und Korsika [Re: Tom72]
Tom72
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32. Tag (13.07.2015), Restonica-Schlucht und Wanderung zum Lac de Melo und Lac de Capitello

Strecke: 28 km

Fahrzeit: 2 Std. 13 min

Höhenmeter: 904


Auch heute lasse ich Zelt und Gepäck auf dem Campingplatz in Corte, denn auch heute ist ein weiterer Abstecher für eine Wanderung geplant, diesmal kombiniert mit einer Anfahrt mit dem Rad durch die Gorges de la Restonica, gut 900 Höhenmeter. Die Straße ist eine Stichstraße, die bis zur Bergerie (Almhütte) de Grotelle auf einer Höhe von 1377 m führt und dort endet. Ich fahre daher mit leichtem Gepäck los, nur mit meinem kleinen Wanderrucksack auf dem Gepäckträger und einer Packtasche mit den Wanderschuhen.

Das Flüsschen Restonica, dessen Schlucht ich nun aufwärts fahren werde, mündet in Corte in den Tavignano. Das Straßenschild am Fuß der Restonica-Schlucht ist zweisprachig Französisch/Korsisch, und, und wie auf Korsika üblich, ist die französische Namensvariante von Autonomisten mit schwarzer Farbe überstrichen.



Ich habe nun knapp 15 km und gut 900 Höhenmeter vor mir. Die Steigung ist zunächst einigermaßen moderat und der Landschaftseindruck fantastisch, obwohl ich auf der Reise ja nun schon von etlichen Fahrten durch spektakuläre Schluchten verwöhnt bin.







Die Steigung ist von Anfang an recht anspruchsvoll, und in der zweiten Hälfte verläuft die Stecke über mehrere Kilometer mit einem Steigungswinkel deutlich im zweistelligen Prozentbereich.



Da ist es eine Wohltat, die Trinkflaschen mit eiskaltem Gebirgswasser auffüllen zu können.



Die bislang enge Schlucht weitet sich. Der höchste Punkt der Straße ist fast erreicht.



Kurz vor Ende der Straße gibt es in einer Berghütte eine einfache Einkehrmöglichkeit, in der ich mich mit einem Snack stärke, und kurz darauf ist das Ziel und das Ende der Straße, die Bergerie de Grotelle, erreicht. Hier schließe ich mein Rad an, schnüre meine Wanderschuhe und marschiere los. Die Wanderung zum Lac de Melo und Lac de Capitello ist sehr beliebt; anders als auf meiner gestrigen Tour zur Punta di l‘Oriente (die ich ja letztlich nicht erreicht habe) sind hier Scharen von Wanderern unterwegs.



Auf einer Höhe von 1711 m erreiche ich den Lac de Melo, traumhaft inmitten des grandiosen Hochgebirgspanoramas gelegen.



Weiter geht es aufwärts; streckenweise muss man sich an Eisenketten über die Felsen emporziehen.





Je höher ich komme, desto fantastischere Ausblicke ergeben sich zurück auf den Lac de Melo.



Schließlich erreiche ich auf einer Höhe von 1930 m den Lac de Capitello, mein heutiges Ziel.



Hätte man noch mehr Zeit, könnte man laut meinem Wanderführer auch noch ein paar Hundert Meter weiter aufsteigen, auf einen Gipfel namens Pointe des Sept Lacs auf 2266 m, von dem aus sich der Blick auf sieben umliegende Gebirgsseen eröffnet, aber die Zeit habe ich nicht, und so sitze ich lange am Ufer des Capitellosees und genieße den fantastischen Ausblick.

Beim Abstieg bietet sich wieder ein herrlicher Blick auf den Lac de Melo.



Unterhalb des Melosees wähle ich eine etwas andere Route als beim Aufstieg; es ist nun schon später Nachmittag, und die umliegenden Berge werfen bereits ihre Schatten ins Tal.



Nach Begegnungen mit freilaufenden Rindviechern und Schweinen fehlten mir bisher noch die für Korsika ebenfalls typischen Esel. Alors – voilà:



Zurück an der Bergerie de Grotelle schließe ich mein Rad los, auch die am Rad zurückgelassene Packtasche ist zum Glück noch da. Nun kann ich die knapp 15 km lange Abfahrt durch die Restonica-Schlucht zurück nach Corte genießen. Herrlich. Habe ich mir ja auch mit der doch recht anstrengenden Auffahrt heute Vormittag redlich verdient.





Meinen dritten und letzten Abend in Corte verbringe ich in der Altstadt wieder im selben Restaurant wie die beiden vorhergehenden Abende. Nun habe ich aber auch alle drei in der Speisekarte angebotenen Varianten des korsischen Menüs durch.

33. Tag (14.07.2015), Corte – Étang de Biguglia

Strecke: 64 km

Fahrzeit: 3 Std. 32 min

Höhenmeter: 399


Heute verlasse ich nach drei Übernachtungen den Campingplatz in Corte und fahre ein letztes Mal hinauf in die Altstadt.



Ich schaffe es leider nicht, so zeitig wie die vergangenen Tage aufzustehen, und als ich schließlich in der Altstadt von Corte ein leckeres Frühstück genieße,



ist es schon später Vormittag. Ich werde also in der Mittagshitze starten. Außerdem fühle ich mich heute nicht besonders fit.

Ich hatte eigentlich geplant, heute bis Saint-Florent an der Nordküste zu fahren, um anschließend von dort aus die Halbinsel Cap Corse im Uhrzeigersinn zu umrunden. Das bedeutet aber eine recht beachtliche Strecke mit etlichen Höhenmetern. Ich überlege daher, ob ich nicht heute einfach die die Insel durchquerende Hauptstraße abwärts bis Basta fahren soll, um dann Cap Corse andersherum in Angriff zu nehmen. Mir ist heute einfach nicht nach Steigungen zumute. Aber bis Ponte-Leccia habe ich noch Zeit, mich zu entscheiden; bis dorthin muss ich in jedem Fall.

Ich verlasse also nach drei Tagen Corte auf der N 193 Richtung Norden.



Ich komme an der einzigen Universität Korsikas vorbei, die hier in Corte ihren Sitz hat und die nach dem Führer des einzigen unabhängigen korsischen Staates, dem im 18. Jahrhundert nur ein kurzer Bestand beschieden war (der aufmerksame Leser sei an das Denkmal in der Altstadt erinnert), benannt ist: Università di Corsica Pasquale Paoli.



Nördlich von Corte steigt die N 193 heftig an; ich bin heute nicht so richtig in Form, und in der Mittagshitze macht mir die Steigung ziemlich zu schaffen. Trotzdem genieße ich den Ausblick auf malerische Gebirgsdörfer.



Schließlich führt die Straße durch einen Tunnel, und der höchste Punkt zwischen Corte und der Ostküste und damit des heutigen Tages ist erreicht. Jetzt kann ich zügig abwärts fahren. Das Gefälle ist aber zu gering, um ohne zu treten abwärts zu rollen. Der Verkehr auf der Nationalstraße ist relativ dicht, aber noch halbwegs erträglich.



Parallel zur Nationalstraße verläuft die Bahnstrecke Richtung Ponte-Leccia, wo die Linie sich gabelt, zum einen nach Calvi, zum anderen nach Bastia.



In Ponte-Leccia angekommen (einem winzigen Ort ohne besonderen Reiz, dessen einzige Bedeutung darin besteht, dass es der einzige Eisenbahnknoten der Insel ist), muss auch ich mich entscheiden, ob ich, wie ursprünglich geplant, weiter Richtung Norden fahre, um heute noch die Nordküste im östlichen Bereich der Balagne, bei Lozari, östlich von L’Île-Rousse, zu erreichen, und im Idealfall sogar bis Saint-Florent zu gelangen, oder ob ich einfach der N 193 abwärts bis Bastia folge. Da die erstere Alternative noch etliche Hundert Höhenmeter bedeutet, für die ich mich heute nicht fit genug fühle, entscheide ich mich für die direkte Abfahrt auf der Nationalstraße nach Bastia.

Die Waldbrandgefahr ist auf Korsika generell sehr hoch, umso mehr bei der derzeitigen extremen Hitze, daher weist eine elektronische Anzeigetafel abwechselnd auf Französisch und (hier im Bild) Korsisch auf das Rauchverbot in der Natur hin.



Die N 193 folgt, ohne besondere landschaftliche Highlights, aber auch fast ohne weitere Steigungen, dem Tal des Flusses Golo abwärts Richtung Küste; parallel verläuft die Bahnstrecke nach Bastia über malerische Viadukte.



Ich erreiche schließlich in Casamozza die Küstenebene etwa 20 km südlich von Bastia. Bis hierher erstreckt sich das Ballungsgebiet entlang der nun nach Norden Richtung Bastia abbiegenden N 193. Jetzt ist es mit der einsamen Bergwelt erstmal vorbei, stattdessen gibt es starken Verkehr und hässliche Gewerbegebiete. Da ich erfahren habe, dass es ein ganzes Stück südlich von Bastia, auf der Landzunge, die den Étang de Biguglia, eine Art Lagune, vom Meer trennt, einen Campingplatz gibt, verlasse ich die N 193 recht bald und fahre durch die Ebene direkt Richtung Küste, von der ich noch einige Kilometer entfernt bin.

Das winzige Sträßchen überquert eine offenbar erst vor kurzem fertiggestellte Autobahn, wohl die einzige der Insel, und führt dann direkt südlich am Flughafen von Bastia, Poretta, vorbei. Nach den extrem gebirgigen Landschaften, die ich seit meiner Ankunft auf Korsika kennengelernt habe, bietet sich nun als interessanter Kontrast der Blick über die weite Küstenebene.



Ich erreiche schließlich die Küste im Strandörtchen Plage de Pineto, dann verläuft die Straße nordwärts entlang der Landzunge, die den Étang de Biguglia vom Meer trennt. Ab und zu ergeben sich Ausblicke auf das schilfbewachsene Ufer der Lagune und die Berge im Hintergrund.



Der Campingplatz lässt auf sich warten, aber gerade, als ich an seiner Existenz zu zweifeln beginne, ist er erreicht. Der Camping San Damiano ist eine große, gut besuchte 4-Sterne-Anlage, direkt am Strand gelegen, nicht gerade idyllisch und auch nicht ganz billig, aber mit einem Restaurant am Strand und einem großen Lebensmittelladen, so dass ich hier alles habe, was ich brauche und heute Abend hierbleiben kann und nicht mehr zum Abendessen die ca. 10 km bis Bastia hin und zurück fahren muss. Mein Zelt kann ich mit Meerblick aufbauen



und verbringe den restlichen Spätnachmittag am herrlichen langen Sandstrand.



Das Wasser ist angenehm warm. Richtung Norden reicht der Blick bis Bastia.



Beim Abendessen im Restaurant direkt am Strand, das sehr voll ist, so dass ich nur mit einigem Glück noch einen Platz bekomme, plane ich die Details für die Cap-Corse-Umrundung. Soll ich im Uhrzeigersinn oder andersherum fahren? Und soll ich am Ende von Bastia aus die Fähre zurück nach Südfrankreich nehmen, oder von L’Île-Rousse? Ich bin, was das betrifft, noch nicht festgelegt. Schließlich hört man in der Ferne ein Feuerwerk, ich begebe mich, wie die meisten anderen Gäste auch, an den Strand. In Bastia findet ein großes, aufwändiges Feuerwerk statt, das man von hier aus hervorragend beobachten kann. Ich überlege, was der Anlass sein könnte. Natürlich, heute ist der 14. Juli, der französische Nationalfeiertag. Ein schöner Ausklang des Abends.

Fortsetzung folgt…
Gruß
Tom

Geändert von Tom72 (25.10.15 23:45)
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