von: Hansflo
Re: Via Lusitana: Lissabon - Santiago de C. - 09.05.24 06:47
Etappe 10, 29.04.2024: Pontevedra – Santiago de Compostela
Beim morgendlichen Aufbruch in unseren letzten Tag auf dem Rad bestätigt sich der gestrige Eindruck: Pilger, Pilger, Pilger
Heute überholen wir nicht Dutzende, sondern Hunderte davon
und wir biegen immer wieder einmal vom ausgeschilderten Camino ab, um in Ruhe radeln zu können. Das gelingt uns anfangs recht gut und wir durchfahren schöne Landschaften.
Die Landschaft bleibt weiterhin schön, aber auf den Nebenstraßen wird es uns irgendwann einmal zu steil. Das Höhenprofil für den heutigen Tag zeigt drei Steigungen von jeweils etwa 200 Höhenmetern an, nach der ersten Steigung haben sich aber bereits 450 Höhenmeter angesammelt: viele kleine Gegengefälle und dann wieder Steigungen, die uns aus dem Sattel werfen und zum Radschieber machen.
Wir verlegen unsere Strecke also auf die Nationalstraße N 550, dort donnern zwar im Sekundenabstand die LKW an uns vorbei, aber auf dem Seitenstreifen ist es noch erträglich.
Wir sind heute auch etwas ungeduldig, wir wollen ankommen. Die letzte Steigung von 250 Höhenmeter schaffen wir auf der gleichmäßigen Steigung der Nationalstraße mit Genuss und Bravour und plötzlich sind wir (wieder) da:
Wie letztes Jahr sind wir auch dieses Mal nicht alleine auf der Praza do Obradoiro, dem Platz vor der Kathedrale. Wenn wir auf dem Camino Portugues an jedem der letzten Tage schon Hunderte Pilger überholt haben, müssen es aus den anderen Richtungen, vor allem vom Camino Francés Aberhunderte sein, die täglich hier ihr Ziel erreichen.
Wie letztes Jahr ist es auch dieses Mal für uns ein bewegender Moment und ein schönes Gefühl.
Wir sind gut angekommen und haben es auch ganz profan gedacht mit dem Wetter noch gut erwischt. Diesen Nachmittag scheint noch die Sonne, am Abend trübt es sich ein und mehrere Regentage stehen bevor. Wir bringen unser Gepäck ins Hotel und danach gleich die Räder zur Post. Heute schupfen zwei junge Frauen den Laden, freundlich, hilfsbereit und mit fast militärischem Drill sorgen sie dafür, dass alle Radler ihre Geräte nach Vorschrift zerlegen und verpacken, die Luft aus den Reifen lassen und nichts Verbotenes in die Versandkartons kommt. Sie helfen dabei auch kräftig mit, vom Ankommen im Postamt bis zu den fertig verklebten und frankierten Kartons vergeht bei uns keine halbe Stunde.
Wir hatten für unsere Radreise zwei Reservetage eingeplant gehabt, an einem davon wollten wir eine geführte Bustour zu den Rias Baixas, den schmalen, tief ins Land reichenden Meeresbuchten der galizischen Küste machen – samt Bootsfahrt zu den Muschelbänken etc. Das fällt sprichwörtlich ins Wasser und wir verbringen die zwei Tage in Santiago mit Bummeln, Erholen, Essen und Pilgermesse.
Zum Abendessen gehen wir an allen drei Tagen in die ehemalige Markthalle, die zu einem großen gastronomischen Park mit zehn Küchen mit den unterschiedlichsten Angeboten umgebaut wurde. Viele Sitzplätze, großteils einheimisches Publikum und gutes Essen, dieses La Galiciana liegt außerdem nur wenige Minuten von unserem Hotel entfernt, was bei Regen (und, wie meine Frau netterweise bemerkt, in fortgeschrittenem Alter) ein großer Vorteil ist. An einem der Abende können wir auch einen Teil vom UEFA Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und Bayern München mitverfolgen.
Und ja, der Wetterbericht hat Recht, diese Tage herrscht wirklich Grauswetter. Ein paar Mal blitzt zwischen den Regenschauern die Sonne heraus, aber wenige Minuten später bläst uns der Wind bei 10 bis 12 Grad wieder den Regen um die Ohren und wir sind froh, am nächsten Tag wieder die Heimreise ins sonnige Österreich antreten zu können.
Fazit:
Wie gesagt, den Tipp für unsere Tour hatten wir im Vorjahr ebendort in Santiago mit der Information aufgeschnappt, dass der Weg von Lissabon nach Santiago der schönere und radtauglichste der Jakobswege wäre. Nun, so wirklich können wir das nicht bestätigen. Es war eine sehr schöne Radreise, aber die vielen Steilansteige (oft genug mit Schieben) haben den Reisegenuss getrübt, ebenso wie die Etappen, die wir auf verkehrsreichen Hauptstraßen zurück gelegt haben.
Landschaftliche Highlights gab es viele, aber auch viele Streckenabschnitte, die nicht viel geboten haben.
In Sachen Verpflegung ist es uns sehr gut ergangen, wesentlich besser als im Vorjahr ab Sevilla. Einerseits war durch die dichtere Besiedlung die Auswahl wohl deutlich größer und abwechslungsreicher, andererseits haben wir die Öffnungs- (und vor allem die Küchenzeiten) als deutlich flexibler erlebt. Auf den Tellern war naturgemäß meist Fisch zu finden, in den unterschiedlichsten Zubereitungsarten, und (fast) immer hat es uns sehr gut geschmeckt.
Die Preise fürs Essen sind günstiger als bei uns, überraschend niedrig sind die Getränkepreise. Für die Flasche Wein zum Abendessen haben wir meist um die 10 bis 12 Euro bezahlt; der kleine Kaffee (Expresso) kostet meist unter einem Euro. Für Frühstück im Café mit zwei großen Kaffee (bei uns meist ein Cappucino und ein Americano) samt zwei Croissant haben wir meist unter fünf Euro bezahlt.
Spätestens ab Porto haben wir eine hohe Pilgerdichte wahrgenommen. Radpilger sehr wenige, Fußpilger in großen Scharen, viele davon mit kleinem Rucksack, sprich Gepäckstransport von Hotel zu Hotel. Unangenehm war die Pilgerdichte für uns nicht, auch wenn das Vorbeikommen auf schmalen Straßen oft einen Zuruf oder Klingeln erforderlich machte. Beachtlich war aber letztlich, mit wie wenigen wir ins Gespräch gekommen sind. Abschließend lässt sich sagen: wenn man abends in einem Ort auf drei Pilger trifft, dann kommt man mit ihnen ins Gespräch, wenn man Hunderte sieht, dann nicht.
Auffällig für uns langjährige Italienradler war, dass es insgesamt sehr sauber war: Kaum Müll neben den Straßen. So würden wir uns das auch für unseren südlichen Nachbarn wünschen.
Auffällig in Portugal war für uns auch, wie viele dunkelhäutige Menschen offensichtlich „ganz normal“ in die Gesellschaft integriert sind: in den Supermärkten, den Bars, gänzlich normaler, entspannter Umgang. Offenbar sind die Menschen aus den früheren afrikanischen Kolonien großteils gut angekommen.
Aufgefallen sind uns in Portugal auch die vielen jungen Frauen an Arbeitsplätzen, die hierzulande eindeutig männlich besetzt sind: vor allem viele, viele Busfahrerinnen und Straßenbahnfahrerinnen haben wir gesehen.
Weiters aufgefallen sind uns die vielen Taxis (in beiden Ländern) mit Hybrid-Antrieb.
Sprachlich sind wir völlig problemlos durchgekommen. Vor der Reise dachte ich noch, dass in Portugal mein Spanisch oft hilfreich sein könnte, aber letztlich war es dann doch meist Englisch, in dem wir uns im Land verständigt haben.
Eine Herausforderung unserer Radreise war der Wind. Dass wir statistisch betrachtet GEGEN den Wind radeln werden, war von vornherein klar, dass es aber mehrere Tage gegen STURM geht, damit und mit dieser Stärke hatten wir nicht gerechnet.
An- und Rückreise haben problemlos geklappt. Der Flughafen Wien (Hinflug nach Lissabon mit Ryan Air) ist für uns im Salzburger Land sehr gut erreichbar – auch mit den Rädern im Reisegepäck. Bei der Rückreise (mit Vueling via Barcelona) waren wir dann aber wieder froh, die Räder am Postamt in Santiago losgeworden zu sein.
Weitere Bilder der Reise wie immer in meinem Web-Album
Hans
Beim morgendlichen Aufbruch in unseren letzten Tag auf dem Rad bestätigt sich der gestrige Eindruck: Pilger, Pilger, Pilger
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Heute überholen wir nicht Dutzende, sondern Hunderte davon
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und wir biegen immer wieder einmal vom ausgeschilderten Camino ab, um in Ruhe radeln zu können. Das gelingt uns anfangs recht gut und wir durchfahren schöne Landschaften.
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Die Landschaft bleibt weiterhin schön, aber auf den Nebenstraßen wird es uns irgendwann einmal zu steil. Das Höhenprofil für den heutigen Tag zeigt drei Steigungen von jeweils etwa 200 Höhenmetern an, nach der ersten Steigung haben sich aber bereits 450 Höhenmeter angesammelt: viele kleine Gegengefälle und dann wieder Steigungen, die uns aus dem Sattel werfen und zum Radschieber machen.
Wir verlegen unsere Strecke also auf die Nationalstraße N 550, dort donnern zwar im Sekundenabstand die LKW an uns vorbei, aber auf dem Seitenstreifen ist es noch erträglich.
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Wir sind heute auch etwas ungeduldig, wir wollen ankommen. Die letzte Steigung von 250 Höhenmeter schaffen wir auf der gleichmäßigen Steigung der Nationalstraße mit Genuss und Bravour und plötzlich sind wir (wieder) da:
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Wie letztes Jahr sind wir auch dieses Mal nicht alleine auf der Praza do Obradoiro, dem Platz vor der Kathedrale. Wenn wir auf dem Camino Portugues an jedem der letzten Tage schon Hunderte Pilger überholt haben, müssen es aus den anderen Richtungen, vor allem vom Camino Francés Aberhunderte sein, die täglich hier ihr Ziel erreichen.
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Wie letztes Jahr ist es auch dieses Mal für uns ein bewegender Moment und ein schönes Gefühl.
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Wir sind gut angekommen und haben es auch ganz profan gedacht mit dem Wetter noch gut erwischt. Diesen Nachmittag scheint noch die Sonne, am Abend trübt es sich ein und mehrere Regentage stehen bevor. Wir bringen unser Gepäck ins Hotel und danach gleich die Räder zur Post. Heute schupfen zwei junge Frauen den Laden, freundlich, hilfsbereit und mit fast militärischem Drill sorgen sie dafür, dass alle Radler ihre Geräte nach Vorschrift zerlegen und verpacken, die Luft aus den Reifen lassen und nichts Verbotenes in die Versandkartons kommt. Sie helfen dabei auch kräftig mit, vom Ankommen im Postamt bis zu den fertig verklebten und frankierten Kartons vergeht bei uns keine halbe Stunde.
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Wir hatten für unsere Radreise zwei Reservetage eingeplant gehabt, an einem davon wollten wir eine geführte Bustour zu den Rias Baixas, den schmalen, tief ins Land reichenden Meeresbuchten der galizischen Küste machen – samt Bootsfahrt zu den Muschelbänken etc. Das fällt sprichwörtlich ins Wasser und wir verbringen die zwei Tage in Santiago mit Bummeln, Erholen, Essen und Pilgermesse.
Zum Abendessen gehen wir an allen drei Tagen in die ehemalige Markthalle, die zu einem großen gastronomischen Park mit zehn Küchen mit den unterschiedlichsten Angeboten umgebaut wurde. Viele Sitzplätze, großteils einheimisches Publikum und gutes Essen, dieses La Galiciana liegt außerdem nur wenige Minuten von unserem Hotel entfernt, was bei Regen (und, wie meine Frau netterweise bemerkt, in fortgeschrittenem Alter) ein großer Vorteil ist. An einem der Abende können wir auch einen Teil vom UEFA Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und Bayern München mitverfolgen.
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Und ja, der Wetterbericht hat Recht, diese Tage herrscht wirklich Grauswetter. Ein paar Mal blitzt zwischen den Regenschauern die Sonne heraus, aber wenige Minuten später bläst uns der Wind bei 10 bis 12 Grad wieder den Regen um die Ohren und wir sind froh, am nächsten Tag wieder die Heimreise ins sonnige Österreich antreten zu können.
![[ von live.staticflickr.com]](https://live.staticflickr.com/65535/53697541407_0ed1de3bf5_b.jpg)
Fazit:
Wie gesagt, den Tipp für unsere Tour hatten wir im Vorjahr ebendort in Santiago mit der Information aufgeschnappt, dass der Weg von Lissabon nach Santiago der schönere und radtauglichste der Jakobswege wäre. Nun, so wirklich können wir das nicht bestätigen. Es war eine sehr schöne Radreise, aber die vielen Steilansteige (oft genug mit Schieben) haben den Reisegenuss getrübt, ebenso wie die Etappen, die wir auf verkehrsreichen Hauptstraßen zurück gelegt haben.
Landschaftliche Highlights gab es viele, aber auch viele Streckenabschnitte, die nicht viel geboten haben.
In Sachen Verpflegung ist es uns sehr gut ergangen, wesentlich besser als im Vorjahr ab Sevilla. Einerseits war durch die dichtere Besiedlung die Auswahl wohl deutlich größer und abwechslungsreicher, andererseits haben wir die Öffnungs- (und vor allem die Küchenzeiten) als deutlich flexibler erlebt. Auf den Tellern war naturgemäß meist Fisch zu finden, in den unterschiedlichsten Zubereitungsarten, und (fast) immer hat es uns sehr gut geschmeckt.
Die Preise fürs Essen sind günstiger als bei uns, überraschend niedrig sind die Getränkepreise. Für die Flasche Wein zum Abendessen haben wir meist um die 10 bis 12 Euro bezahlt; der kleine Kaffee (Expresso) kostet meist unter einem Euro. Für Frühstück im Café mit zwei großen Kaffee (bei uns meist ein Cappucino und ein Americano) samt zwei Croissant haben wir meist unter fünf Euro bezahlt.
Spätestens ab Porto haben wir eine hohe Pilgerdichte wahrgenommen. Radpilger sehr wenige, Fußpilger in großen Scharen, viele davon mit kleinem Rucksack, sprich Gepäckstransport von Hotel zu Hotel. Unangenehm war die Pilgerdichte für uns nicht, auch wenn das Vorbeikommen auf schmalen Straßen oft einen Zuruf oder Klingeln erforderlich machte. Beachtlich war aber letztlich, mit wie wenigen wir ins Gespräch gekommen sind. Abschließend lässt sich sagen: wenn man abends in einem Ort auf drei Pilger trifft, dann kommt man mit ihnen ins Gespräch, wenn man Hunderte sieht, dann nicht.
Auffällig für uns langjährige Italienradler war, dass es insgesamt sehr sauber war: Kaum Müll neben den Straßen. So würden wir uns das auch für unseren südlichen Nachbarn wünschen.
Auffällig in Portugal war für uns auch, wie viele dunkelhäutige Menschen offensichtlich „ganz normal“ in die Gesellschaft integriert sind: in den Supermärkten, den Bars, gänzlich normaler, entspannter Umgang. Offenbar sind die Menschen aus den früheren afrikanischen Kolonien großteils gut angekommen.
Aufgefallen sind uns in Portugal auch die vielen jungen Frauen an Arbeitsplätzen, die hierzulande eindeutig männlich besetzt sind: vor allem viele, viele Busfahrerinnen und Straßenbahnfahrerinnen haben wir gesehen.
Weiters aufgefallen sind uns die vielen Taxis (in beiden Ländern) mit Hybrid-Antrieb.
Sprachlich sind wir völlig problemlos durchgekommen. Vor der Reise dachte ich noch, dass in Portugal mein Spanisch oft hilfreich sein könnte, aber letztlich war es dann doch meist Englisch, in dem wir uns im Land verständigt haben.
Eine Herausforderung unserer Radreise war der Wind. Dass wir statistisch betrachtet GEGEN den Wind radeln werden, war von vornherein klar, dass es aber mehrere Tage gegen STURM geht, damit und mit dieser Stärke hatten wir nicht gerechnet.
An- und Rückreise haben problemlos geklappt. Der Flughafen Wien (Hinflug nach Lissabon mit Ryan Air) ist für uns im Salzburger Land sehr gut erreichbar – auch mit den Rädern im Reisegepäck. Bei der Rückreise (mit Vueling via Barcelona) waren wir dann aber wieder froh, die Räder am Postamt in Santiago losgeworden zu sein.
Weitere Bilder der Reise wie immer in meinem Web-Album
Hans